| Titel: | Ueber die Verfälschungen der verschiedenen Getreide- und Mehlarten; von Hrn. Louyet in Brüssel. | 
| Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. LXI., S. 291 | 
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                        LXI.
                        Ueber die Verfälschungen der verschiedenen
                           Getreide- und Mehlarten; von Hrn. Louyet in
                           Brüssel.
                        Aus dem Journal de Chimie médicale, März 1848, S.
                              164.
                        Louyet, über die Verfälschungen der verschiedenen Getreide-
                           und Mehlarten.
                        
                     
                        
                           Von Hrn. Louyet enthält der
                              XIV. Bd. des Bulletin de l'Acad. royale de Belgique zwei
                              Mittheilungen über Getreideverfälschungen folgenden wesentlichen Inhalts.
                           In seiner ersten Mittheilung stellte der Verf. Untersuchungen über die Einäscherung
                              der verschiedenen Mehlarten an, und schließt aus denselben, daß die genaue
                              Untersuchung der Verbrennungsproducte des Mehls für Gutachten in Handelssachen
                              etc. genügende Anhaltspunkte gibt. Verschiedene Mehlarten gaben ihm nämlich wenig
                              von einander abweichende Resultate, deren Abweichungen oft in den Varietäten des
                              Weizens, oder in dem Vorhandenseyn mit dem Weizen geschnittener und ausgedroschener
                              fremder Getreidearten ihren Grund hatten. Bei gehöriger Umsicht lassen sich daher
                              sehr genaue und ganz vergleichbare Resultate erhalten.
                           In der Regel gibt bei 80° R. getrocknetes gebeuteltes Weizenmehl im Maximum
                              0,8 Proc. Asche; gebeutelter Roggen im Minimum 1 Proc.; gebeuteltes und getrocknetes
                              Weißbohnen- und Erbsenmehl 3 Proc.; von seinem Oel durch kochenden Alkohol
                              erschöpfter Leinsamenkuchen 10 Proc., woraus folgt, daß die Beimengung von
                              Bohnen-, Erbsen- oder Leinmehl zum Weizen- oder Roggenmehl die
                              Quantität Asche, welche bei der Verbrennung dieses Mehls zurückbleibt, nicht
                              unbedeutend vermehren muß. Hr. Louyet hat wirklich dargethan, daß ein Zusatz von 10 Proc.
                              Bohnenmehl zum Weizenmehl hinreicht, um das Mengenverhältniß der Asche zu
                              verdoppeln. Ueberdieß modificiren die Mehle der Hülsenfrüchte auch die
                              Beschaffenheit der Asche. So enthält nach Fresenius die
                              Asche des Leins, des Hanfs zweibasische (neutrale) phosphorsaure Salze, deren Lösung
                              das salpetersaure Silber weiß fällt; die Asche der Hülsenfrüchte (Leguminosen), der
                              Cruciferen und Coniferen enthält in der Regel dreibasische (basische) phosphorsaure
                              Salze, deren Lösung das salpetersaure Silber gelb niederschlägt. Wenn die Beimengung
                              von Hülsenfruchtmehl zum Getreidemehl eine beträchtliche ist, liefert die Asche, mit
                              Wasser behandelt, eine Flüssigkeit, welche das salpetersaure Silber blaßgelb
                              niederschlägt. Das Vorkommen basischphosphorsaurer Salze in der Asche der
                              Hülsenfrüchte macht sie sehr zerfließlich und alkalisch, welche Eigenschaft, wenn
                              sie sich der Weizenasche mittheilt, zur Entdeckung der Verfälschung schon
                              hinreicht.
                           Die Asche von gebeuteltem Weizenmehl ist trocken und sandig und verändert sich nicht
                              an der Luft. Mit etwas destillirtem Wasser angerührt, gibt sie eine Flüssigkeit, die
                              sich gegen Lackmuspapier schwach alkalisch verhält, auf Curcumäpapier aber gar nicht
                              reagirt. Die Beimengung von 12 Proc. Bohnen zum Weizenmehl reicht hin, um die
                              Hauptcharaktere der Asche zu verändern; sie zieht dann leicht Feuchtigkeit aus der
                              Luft an und liefert, mit Wasser angerührt, eine alkalisch reagirende Flüssigkeit.
                              Ferner enthält die Asche der Hülsenfrüchte einen Körper, welcher in der Asche des
                              Weizens gänzlich fehlt und nur zufällig in der des Roggens vorkommt, nämlich ein
                              salzsaures Alkali. Der weiße Niederschlag, welcher durch salpetersaures Silber in der Flüssigkeit
                              entsteht, die man durch Anrühren der Weizenasche mit Wasser erhält, verändert sich
                              nämlich, mehrere Tage dem Lichte ausgesetzt, nicht im geringsten; wogegen der
                              vermittelst der Asche von Hülsenfrüchten erhaltene blaßgelbe Niederschlag ein
                              Gemenge von dreibasischem und Chlorsilber ist, welches, ohne Zweifel in Folge der
                              Gegenwart dieses letztern, am Lichte endlich eine violette Farbe annimmt; ferner
                              nimmt die überstehende Flüssigkeit eine Weinfarbe an, was bei der Weizenasche nie,
                              bei Roggenasche selten der Fall ist. Bei letzterer nimmt dieser Niederschlag, dem
                              Lichte ausgesetzt, bisweilen eine graue Färbung an.
                           Doch sind diese Merkmale allein nicht hinreichend, um auf die Verfälschung des Mehls
                              mit solchem von Hülsenfrüchten schließen zu können; Hr. Louyet führt dieselben nur behufs ihrer
                              gleichzeitigen Anwendung mit andern bekannten Verfahrungsweisen an, wie z.B. den von
                              Donny entdeckten mikroskopischen Merkmalen
                              (polytechn. Journal Bd. CVI S. 297). Jedoch
                              geben diese – zur Untersuchung eines Mehls auf eine andere Hülsenfrucht als
                              Weißbohne und Wicke angewandt – nicht immer sehr bestimmte Resultate, wenn
                              man den Versuch in großem Maaßstab anstellt, z.B. mit einem Sack Weizenmehl, welcher
                              10 Proc. Bohnenmehl enthält.
                           In folgender Tabelle hat Hr. Louyet die bei Einäscherung einer großen Anzahl Mehlsorten
                              erhaltenen Resultate zusammengestellt. Jeder Versuch wurde mit 5 Grammen Mehls
                              angestellt, das vorher bei 80° R. getrocknet, auf einer Kaffeemühle gemahlen
                              und durch ein feines Seidensieb geschlagen worden war. Die Verbrennung geschah in
                              Platinschalen, welche mit Weingeistlampen mit einfachem Zuge so erhitzt wurden, daß
                              sie die Dunkelrothgluth nicht überschritten, um Zersetzungen und Verluste zu
                              vermeiden.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 108, S. 293
                              Mehl- oder Getreidearten;
                                 Gewicht der fixen Bestandtheile; Verhältniß der fixen Bestandtheile zur
                                 Pflanzensubst. in Proc.; Bemerkungen; Weizenmehl vom J. 1846; dass. 2ter
                                 Versuch; Weizenmehl mit 1/10 Weißbohnen; Weizenmehl, braunes, vom J. 1843;
                                 deßgl. mit der Kleie; Kleie des vorhergehenden Weizens; Weizenmehl vom J. 1847;
                                 2ter Versuch; deßgl. 3ter Versuch; Roggenmehl vom J. 1847, mit der Kleie; ohne
                                 die Kleie; vom J. 1846 mit der Kleie; 2ter Vers.; ohne die Kleie; Roggen, alter
                                 russischer, mit der Kleie; ohne die Kleie, gebeutelt; Gerste, vom J. 1847, mit
                                 der Kleie; Haber vom J. 1846, mit der Kleie; gesiebtes Mehl; Haber vom J. 1847,
                                 mit der Kleie; Geschälter Reis; Türkischkorn, mit der Kleie; Mehl, aus
                                 Frankreich; Von ein Bäcker zu Brüssel; Die Berechn. ergab 0,060; Aus der Umgeg.
                                 v. Brüssel; Aus den Dampfmühlen zu Molenbeck; Aus der Umgeg. v. Brüssel; Aus der
                                 Umgeg. v. Wavre; Dieser Roggen wurde bei einem Brüsseler Bäcker gekauft, welcher
                                 ihn aus der Gegend von Louvain bezieht; Er ist, wie er sagt, von der schwestern
                                 Gattung und wiegt 76 Kil. per Hektoliter; Diese Zahl stimmt mit derjenigen des
                                 Habers vom Jahre 1846 auffallend überein; Der Reis gibt eine sehr schwer
                                 einzuäschernde Kohle; es konnte keine graue Asche erhalten werden; Aus der
                                 Umgeg. v. Brüssel; Aus dem südl. Fankreich, schon als Mehl erhalten
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 108, S. 294
                              Mehl- oder Getreidearten;
                                 Gewicht der fixen Bestandtheile; Verhältniß der fixen Bestandtheile zur
                                 Pflanzensubst. in Proc.; Bemerkungen; Buchweizen, mit der Kleie; gesiebtes Mehl;
                                 Weißbohnen, mit der Kleie; Erbsen, mit der Kleie; Erbsen, gesiebtes Mehl;
                                 Leinsamenmehl, Nr. 1 im Handel; Leinsamenmehl ohne Oel; Kohlsaat (Colza)
                                 gemahlen; ohne Oel; Oelkuchen; Normales Roggenbrod; Kartoffelsatzmehl; Gram; Die
                                 Asche der Bohnen und Erbsen ist sehr zerfließlich und ätzend; Durch Zerstoßen
                                 des Samens erhalten; Durch kochenden Alkohol des Oels beraubt; Durch Aether
                                 erschöpft; Käufliches; Einäscherung sehr langwierig; sehr feine, dichte, sehr
                                 leichte und trockene Asche
                              
                           
                           Eine zweite Tabelle enthält die sehr von einander abweichenden Resultate, welche
                              andere Chemiker beim Einäschern verschiedener Getreidearten erhielten.
                           
                              
                                     Getreide-Arten.
                                     Analysirt
                                    von:
                                  Verhältnis der fixen
                                    Bestandtheile            zur
                                    Pflanzensubstanz                in
                                    Procenten.
                                 
                              
                                 Weizen
                                     Boussingault
                                                       2,40
                                 
                              
                                   deßgl. von Hopeton
                                           Way
                                                       1,81
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,51
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,48
                                 
                              
                                       „  von
                                    Spalding
                                           dems.
                                                       1,81
                                 
                              
                                       „
                                     kriechender
                                           dems.
                                                       1,73
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,65
                                 
                              
                                       „  von
                                    Hopeton
                                           dems.
                                                       1,56
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,63
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,61
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,63
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,71
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,69
                                 
                              
                                       „              „
                                           dems.
                                                       1,76
                                 
                              
                                       „
                                     französischer
                                           dems.
                                                       1,55
                                 
                              
                                       „
                                     ägyptischer
                                           dems.
                                                       1,97
                                 
                              
                                       „
                                     polnischer
                                           dems.
                                                       1,50
                                 
                              
                                       „  von
                                    Marianopel
                                           dems.
                                                       1,70
                                 
                              
                                       „
                                       
                                    Sprengel
                                                       1,11
                                 
                              
                                 Gerste, aus der Moldau
                                           Way
                                                       2,12
                                 
                              
                                   deßgl.
                                         Bichon
                                                       2,37
                                 
                              
                                       „                „
                                           Way
                                                       2,04
                                 
                              
                                       „                „
                                         Daubeny
                                                       1,90
                                 
                              
                                       „
                                     Chevallier
                                           Way
                                                       2,25
                                 
                              
                                       „                „
                                           dems.
                                                       2,43
                                 
                              
                                       „
                                     zweizeilige
                                         Köchlin
                                                       2,70
                                 
                              
                                       „                „
                                 Wiegmann und Polstorff
                                                       2,432
                                 
                              
                                 Haber von Hopeton
                                           Way
                                                       2,27
                                 
                              
                                       „  Potato
                                    (schwerer)
                                           dems.
                                                       2,45
                                 
                              
                                       „
                                     polnischer
                                           dems.
                                                       2,65
                                 
                              
                                       „
                                     deßgl.
                                           dems.
                                                       3,31
                                 
                              
                                       „                „
                                           dems.
                                                       2,75
                                 
                              
                                       „                „
                                      Boussignault
                                                       4,00
                                 
                              
                                       „                „
                                         Sprengel
                                                       2,50
                                 
                              
                                 Roggen
                                         Bichon
                                                       2,42
                                 
                              
                                       „                „
                                           Way
                                                       1,36
                                 
                              
                                       „                „
                                         Sprengel
                                                       1,04
                                 
                              
                           
                           Eine dritte Tabelle enthält die Reactionen, welche die bei Behandlung der Asche
                              verschiedener Mehl- und Getreidearten mit Wasser erhaltenen Flüssigkeiten mit
                              mehreren Reagentien hervorbringen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 108, S. 296
                              Asche von; Salpetersaures Silber;
                                 Rothes Lackmuspapier; Curcumäpapier; Weizen von 1844, 1846 und 1847; Weizen mit
                                 1/2 Weißbohnen; Gebeuteltes Roggenmehl; Gerste; Haber; Kartoffelsatzmehl;
                                 Weißbohnen; Erbsen; Buchweizen; Gebeuteltes Buchweizenmehl; Türkischkorn;
                                 Colza-Oelkuchen käufliche; Colza-Körner; Leinsamen;
                                 Leinsamen-Mehl, käufliches; Reiner, weißer Riederschlag, überstehende
                                 Flüssigkeit durchsichtig und farblos; der Niederschlag am Licht, unveränderlich;
                                 Weißer Niederschlag; Weißer Niederschlag, welcher sich am Lichte graulich färbt;
                                 überstehende Flüssigkeit blaß gefärbt; Weißer Niederschlag; Keine; Gelblicher
                                 Niederschlag, wird am Lichte dunkler; überstehende Flüssigkeit schmutzigbraun;
                                 Weißer Niederschlag; Reichlicher weißer Niederschlag; Trübung, dann schwacher
                                 gelblichweißer Niederschlag; Sehr reichlicher gelber Niederschlag; Sehr schwache
                                 alkalische Reaction; Blau; Sehr schwache alkalische Reaction; Starke React.;
                                 Intensiv. Blau; Merklich gebräunt; Braun; Wird stark gebräunt; De; Schwach
                                 gebr.; Intens. Braun
                              
                           
                           Hr. Louyet schließt aus seinen
                              Versuchen, daß wenn 5 Gramme eines gebeutelten Weizenmehls, welches bei 80°
                              R. getrocknet ist, über 0,045 Asche geben, fast mit Gewißheit eine Verfälschung
                              anzunehmen ist. Uebersteigt der Mehrbetrag nicht 0,100, so ist es sehr
                              wahrscheinlich, daß er von keiner mineralischen Beimengung herrührt, denn eine
                              solche muß, um einigen Vortheil zu gewähren, 1 1/2 bis 2 Proc. vom Gesammtgewicht
                              des Mehls, also bei 5 Grammen betragen. Wenn das Gewicht der Asche über 0,050
                              steigt, ohne jedoch 0,100 zu erreichen, so hat man es wahrscheinlich mit
                              Hülsenfrüchten zu thun; die Alkalinität der Asche macht dieß noch wahrscheinlicher.
                              Die mikroskopische Untersuchung endlich nach dem Donny'schen Verfahren und die Präcipitation des Mehlaufgusses durch Essigsäure
                              nach Martens führen zur vollen Gewißheit.
                           Gebeuteltes Roggenmehl, bei 80° R. getrocknet, soll nicht über 0,050 bis 0,055
                              Asche von 5 Grammen geben. Die Asche des gebeutelten Roggenmehls reagirt ziemlich
                              stark alkalisch und zieht Feuchtigkeit aus der Luft an, ohne jedoch das Papier, auf
                              welchem sie liegt, zu befeuchten, wie dieß bei der Erbsenasche beinahe sogleich
                              geschieht. – Ein Mehrbetrag des Aschengewichts, welcher 0,100 nicht
                              überschreitet, kann nicht bloß von Hülsenfrüchten, sondern auch von Leinkuchenmehl
                              herrühren, in welchem Fall die mikroskopische Besichtigung jeden Zweifel heben und
                              den entschiedensten Aufschluß geben kann.
                           In einer zweiten Mittheilung erwähnt Hr. Louyet, daß das Aftermehl (Kleienmehl)
                              und die Grießkleien (geringe Mehlsorten) viel mehr Asche
                              geben als andere Mehlarten, weßhalb man sich hier wohl hüten muß, auf eine
                              Verfälschung zu schließen; hinsichtlich der Reactionen ist diese Asche von jenen der
                              mit Hülfenfrüchtemehl verfälschten Mehle wesentlich verschieden.
                           Bezüglich des in den Mehlen enthaltenen hygrometrischen Wassers kam Hr. Louyet zu dem Resultate, daß die
                              nicht feuchten Mehle alle von Natur aus, sowohl gebeutelt als mit der Kleie,
                              zwischen 12 und 13 Proc. hygrometrisches Wasser
                              enthalten, welches bei 80° R. verjagt werden kann. Das Wasser, welches zu
                              seiner Vertreibung mehr als 80° R. bedarf, ist nach ihm chemisch
                              gebundenes.
                           In Betreff der Verfälschung der Mehle mit Leinölkuchen bestätigt Hr. Louyet die Richtigkeit der
                              mikroskopischen Merkmale, welche Donny angibt; er glaubt
                              aber nicht an die Anwendbarkeit des von Mareska und Donny empfohlenen Verfahrens zur Entdeckung dieses
                              Betrugs, nämlich durch Ausziehung des in den Kuchen noch befindlichen Oels.
                           Um die Verfälschung der Mehle mit Leinkuchen darzuthun, empfahl Hr. Martens das Mehl 24 Stunden lang mit
                              seinem zwei- bis dreifachen Gewicht destillirten Wassers bei gewöhnlicher Temperatur maceriren zu
                              lassen und von Zeit zu Zeit umzuschütteln; wenn man die Flüssigkeit sich durch Ruhe
                              abklären läßt und dann abgießt, so bringen einige Tropfen einer starken Auflösung
                              basisch-essigsauren Bleies in der von verfälschtem Mehl herrührenden
                              Flüssigkeit einen reichlichen, weißen, flockigen und zu Klumpen geronnenen
                              Niederschlag, bei einer aus reinem Roggenmehl bereiteten Flüssigkeit aber nur eine
                              schwache Trübung oder milchartige Färbung hervor. Ferner macht Alkohol von 90 Proc.
                              letztere etwas opalisirend, während er in der erstern einen reichlichen stockigen
                              Niederschlag erzeugt (Folge der Unauflöslichkeit des Leinsamenschleims in Alkohol),
                              der sich sehr bald von der übrigen Flüssigkeit abscheidet. Nach Hrn. Louyet's neuern Untersuchungen haben
                              aber diese Merkmale bei sogenanntem erhitzten Mehle,
                              welches eine theilweise Gährung bestand, keinen Werth mehr. Die Gährung entwickelt
                              eine Säure, welche durch ihre Einwirkung auf den einen oder andern Bestandtheil des
                              Mehls eine schleimige Materie erzeugt, die dem Leinkuchenschleim ähnlich ist, dessen
                              wässerige Lösung von Alkohol und basisch-essigsaurem Blei gefällt wird.
                           Um die Beimengung von Hülsenfrüchtemehl im Getreidemehl zu erkennen, empfahl Hr.
                              Martens einen wässerigen
                              Aufguß des verdächtigen Mehls mit einigen Tropfen Essigsäure oder dreibasischer
                              (gewöhnlicher) Phosphorsäure zu Probiren; entsteht kein Niederschlag, so ist das
                              Mehl rein; entsteht aber ein solcher, so rührt derselbe von dem im Mehl enthaltenen
                              Legumin (Pflanzencaseïn) her und es ist
                              folglich verfälscht.
                           Nach den von Hrn. Louyet
                              darüber angestellten Versuchen lassen aber die von Hrn. Martens angegebenen Merkmale diesen Schluß nicht
                              zu. Er fand nämlich, daß durch Essigsäure und Phosphorsäure ein Niederschlag erzeugt
                              wird in den wässerigen Aufgüssen:
                           1) von Weizenmehl und gebeuteltem Roggenmehl, welchen etwas Chlorkalium oder
                              Chlornatrium zugesetzt wurde;
                           2) von gebeuteltem Buchweizenmehle;
                           3) von Buchekernmehle;
                           4) von käuflichen Colzakuchen und gestoßenen Colzasamen;
                           5) von frischem Mehl aus geleimter und nicht geleimter Gerste; der Aufguß derselben
                              auf 64° R. erwärmt, trübt sich, scheidet weiße Flocken ab, und nach dem
                              Filtriren sondern Alkohol und Essigsäure nichts mehr ab; nachdem die Flüssigkeit 24
                              Stunden an der Luft gestanden hat, wird sie von Essigsäure nicht weiter gefällt.
                           Läßt man eine Auflösung von Legumin, mit einem Aufguß von Colzaölkuchen versetzt,
                              kochen, so wird das Legumin von dem geronnenen Eiweiß der Colza mitgerissen und die filtrirte Flüssigkeit
                              bleibt auf Zusatz von Essigsäure klar.
                           Läßt man ferner das durch Essigsäure gefällte Legumin auf einem Papierfilter
                              trocknen, so breitet es sich auf demselben in einer dünnen, glänzenden,
                              durchsichtigen, kaum sichtbaren Schichte aus; setzt man das Filter nacheinander
                              Salpetersäure- und Ammoniakdämpfen aus, so nimmt die Leguminschicht eine
                              schön canariengelbe Farbe an. Erbsen- und (Schmink-)Bohnenmehl,
                              denselben Dämpfen ausgesetzt, färben sich ebenfalls dunkelgelb. Diese Reaction rührt
                              offenbar vom Legumin her, und wenn dieselbe bei Weißbohnen und Wicken nicht
                              beobachtet wird, so enthalten diese wahrscheinlich eine eigenthümliche Substanz,
                              deren besondere Reaction die Färbung des Legumins maskirt.
                           Schließlich empfiehlt Hr. Louyet die größte Genauigkeit bei den Donny'schen Versuchen behufs der Entdeckung von Weißbohnen oder Wicken im
                              Brod oder Mehl, denn, sagt er, wenn man es unterläßt, das alkoholische Extract mit
                              Aether zu behandeln, so erhält man nur negative Resultate, selbst wenn das Mehl oder
                              Brod 1/10 Weißbohnenmehl enthält. Die eine Substanz nämlich, welche in Alkohol
                              aufgelöst wurde und in Aether löslich ist, erzeugt unter dem Einfluß von
                              salpetersauren und ammoniakalischen Dämpfen eine Färbung, welche die unter gleichen
                              Umständen von dem eigenthümlichen Stoff der Weißbohnen und Wicken angenommene
                              Purpurfarbe maskirt.