| Titel: | Ueber elektrische Telegraphen; von Jacobi. | 
| Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XCII., S. 438 | 
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                        XCII.
                        Ueber elektrische Telegraphen; von Jacobi.
                        Aus dem Bulletin physico-mathématique de
                                 l'Académie de St. Pétersbourg, Bd. VII S.
                              30.
                        Jacobi, über elektrische Telegraphen.
                        
                     
                        
                           Hr. Akademiker Jacobi
                              verbreitete sich in einem mündlichen Bericht über die Schwierigkeiten, welche der
                              Betrieb der elektrischen Telegraphen mittelst unvollkommen isolirter unterirdischer
                              Leitungen darbietet. Diese Schwierigkeiten bestehen nicht nur darin, daß während des
                              Zeichengebens ein bedeutender Theil der Kraft im Boden verloren geht, sondern auch,
                              und zwar hauptsächlich darin, daß diese Leitungen gerne einen gewissen Zustand von
                              Polarisation annehmen, welche sehr bedeutend werden kann. Bei gut isolirten
                              Leitungen verschwindet die fortgepflanzte Kraft gänzlich und in demselben
                              Augenblick, wo der Hauptstrom unterbrochen wird. Bei Leitungen hingegen, welche
                              minder vollkommen isolirt sind, wird ein secundärer oder polarisirter Strom erzeugt,
                              welcher energisch und beträchtlich lang fortwirkt, selbst nach der Unterbrechung des
                              Hauptstroms. Dieser secundäre Strom ist nicht von constanter Kraft; er nimmt während
                              der Thätigkeit des Telegraphen bedeutend zu, vermindert sich aber während der
                              Pausen. Es leuchtet ein, daß diese Fluctuationen der Kraft dem regelmäßigen Gang
                              dieser Vorrichtungen sehr nachtheilig werden können. Wirklich tritt oft der Fall
                              ein, daß die von einer Feder getragene Armirung vom Elektromagnet entweder gar nicht
                              angezogen wird oder demselben stark und wie angekittet anhaftet. Auf diese
                              Eigenschaft der unterirdischen Leitungen, sagt Jacobi,
                              wurde ich schon bei Errichtung der Zarskoje-Selo-Eisenbahn aufmerksam, und ich stellte,
                              nachdem ich sie studirt hatte, in einer am 27. Nov. v. J. der Akademie übergebenen
                              Abhandlung die darüber angestellten Versuche zusammen. Noch niemals hatte diese
                              Eigenschaft aber so große Unannehmlichkeiten zur Folge, wie in diesem Jahr.
                              Wahrscheinlich war die Isolirung der unterirdischen Leitung noch unvollkommener
                              geworden und veranlaßte dadurch die secundären Ströme sich noch stärker zu
                              entwickeln. Wie ist aber diesen Schwierigkeiten zu begegnen? Ich muß gestehen, daß
                              ich in meiner Verlegenheit diese unterirdische Leitung lieber gänzlich aufgegeben
                              hätte. Doch war ich so glücklich, eine einfache und sehr erfolgreiche Combination zu
                              finden, durch welche ich im Stande war den Kampf noch fortzusetzen. Zu dieser
                              Combination sind nur zwei breite Platin-Elektroden oder Platten erforderlich,
                              welche man in ein mit verdünnter Schwefelsäure gefülltes Gefäß taucht; wird dieses
                              Paar in die Kette eingeschaltet, nämlich zwischen die Leitung und die Spule des
                              Elektromagnets, so wird es selbst polarisirt und wirkt in entgegengesetztem Sinne
                              des erwähnten aus dem Strom hervorgehenden Nebenstroms. Ein vorläufiger Versuch mit
                              einer Magnetnadel zeigte, daß in der That diese beiden Ströme nicht vollkommen im
                              Gleichgewicht sind. Unmittelbar nach dem Aufhören des Hauptstroms hat das Platinpaar
                              das Uebergewicht; bald darauf kehrt die Nadel auf Null zurück und beginnt gegen die
                              andere Seite abzuweichen; alsdann erhält die Leitung, deren Wirkung constanter ist,
                              die Obergewalt. Erstere Wirkung ist von Nutzen, indem der Gegenstrom, so schwach er
                              auch seyn mag, doch dazu beiträgt den Elektromagnet zu entmagnetisiren. Die zweite
                              Wirkung würde sich in entgegengesetztem Sinne bethätigen, wenn sie nicht erst
                              hintendrein käme und ihre Intensität, gerade durch die Wirkung des Gegenpaares, auf
                              ein Minimum reducirt würde. Auch sieht man, daß, sobald dieses Paar außer Wirkung
                              gesetzt ist, die Armatur angezogen bleibt und der Telegraph zu wirken aufhört.
                           Man wird mir einwerfen, daß nach den von mir selbst in einer frühern Abhandlung (Bulletin Bd. IV S. 120) aufgestellten Formeln der Strom
                              durch die Anwendung dieses Platinpaars bedeutend geschwächt werden muß. Allerdings
                              ist dem so. Aber die erforderliche Verstärkung der Batterie um einige Paare wird
                              durch die Vortheile eines regelmäßigen und richtigen Ganges der telegraphischen
                              Apparate reichlich eingebracht. Ihre Aufmerksamkeit auf einige andere
                              Vorsichtsmaßregeln zu lenken, verspare ich mir auf eine andere Gelegenheit; unter
                              andern muß im Fall einer einzigen Leitung, wo die Erde als zweiter Leiter dient,
                              diese Leitung immer mit demselben, und zwar dem positiven oder Zinkpol der Batterie
                              verbunden werden.
                           
                           Ein nicht minder bedeutender und allen Telegraphen, bei welchen Elektromagnete als
                              Motor dienen, gemeinschaftlicher Uebelstand besteht darin, daß magnetisirtes weiches
                              Eisen seinen Magnetismus in dem Augenblick, wo der durch die Spulen gehende Strom
                              unterbrochen wird, nicht ganz verliert. Diese rückständige Kraft ist um so größer,
                              je stärker die frühere Magnetisirung war. Hinsichtlich der von mir getroffenen
                              Maßregeln zur Beseitigung dieses Uebelstandes bemerke ich jetzt nur, daß wenn ich
                              mich desselben Gegenpaares, oder sonst eines schwach geladenen Paares bediente, und
                              dasselbe auf eine von der Hauptspirale getrennte Gegenspirale wirken ließ, es mir in
                              gewissen Fällen gelang einen Versuchs-Telegraphen durch eine Batterie in
                              Thätigkeit zu setzen, welche ich, von zwei Elementen ausgehend, nach und nach bis
                              auf zwölf vermehren konnte, ohne daß es nothwendig wurde die Tragfeder zu spannen.
                              Diese Resultate sind für die Constructoren telegraphischer Apparate gewiß von
                              Werth.