| Titel: | Ueber die Darstellung künstlicher Rubine und geschmolzenen Bergkrystalls; von Hrn. A. Gaudin. | 
| Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XCV., S. 444 | 
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                        XCV.
                        Ueber die Darstellung künstlicher Rubine und
                           geschmolzenen Bergkrystalls; von Hrn. A. Gaudin.
                        Aus den Comptes rendus, 1848, Bd. XXVI No.
                              3.
                        Gaudin, über die Darstellung künstlicher Rubine und geschmolzenen
                           Bergkrystalls.
                        
                     
                        
                           Schon im Jahr 1836 war ich bemüht künstliche Rubine darzustellen, worüber ich später
                              einen Bericht veröffentlichte (polytechn. Journal Bd. LXXXI S. 223); das Verfahren, bei welchem ich stehen blieb, bestand
                              darin, Ammoniak-Alaun welcher mit einigen Tausendsteln chromsaurem Kali
                              versetzt war, der Knallgasflamme auszusetzen; ich erhielt so geschmolzene Kügelchen,
                              welche bloß aus Thonerde und Chromoxyd bestanden und alle Eigenschaften des
                              orientalischen Rubins besaßen. Mein Tiegelchen bestand aus Lampenschwarz, welches
                              calcinirt und durch Pressen compact gemacht wurde. Mein Löthrohr blies von oben nach
                              unten und die Gase wurden vor ihrem Austritt aus demselben erhitzt; dasselbe hatte
                              2500 Fr. gekostet, wog fast 2 Kilogr. und war von Hrn. Cuocq-Couturier mit großer Sorgfalt
                              ausgeführt worden. Der Hauptkörper des Apparats bestand (in einem Stück) aus zwei
                              concentrischen Cylindern mit einem gemeinschaftlichen Boden; der äußere Cylinder
                              hatte 7 Centimeter im Durchmesser und war 6 Centimeter hoch; den anderen
                              gemeinschaftlichen Boden bildete eine Scheibe, welche auf die innere Wand des großen
                              Cylinders bis zu erfolgter Verschließung des kleinen Cylinders geschraubt wurde.
                              Diese Scheibe war mit drei Löchern durchbohrt; eines war nämlich im Centrum
                              angebracht und die zwei anderen entsprechend dem ringförmigen Raum zwischen den zwei
                              Cylindern. An jedem dieser Löcher wurde eine Röhre von 12 Centim. Länge angebracht,
                              welche in eine Platinstange gebohrt war; diese Röhren waren am Ende erweitert und
                              mit Schraubengängen versehen, so daß sie sich mit großer Genauigkeit aufpassen
                              ließen: auf diese Weise war der Apparat auf eine Länge von 18 Centimet. vollkommen
                              verbunden ohne einen Gran Loth; drei gekrümmte Röhren aus mit Gold gelöthetem Platin
                              ergänzten dieses Löthrohr und dienten um es mittelst Eisendrähten aufzuhängen. Die
                              untere Seite war für jedes Gas mit fünfzig bis sechzig Löchern durchbohrt (von
                              solcher Weite daß eine Stecknadel hindurchging); diese Löcher waren schief und in
                              derselben Richtung gebohrt, um der Flamme eine kreisende Bewegung zu ertheilen,
                              welche die schmelzende Substanz unaufhörlich zu verdrängen strebt. Ich habe übrigens
                              diesen Apparat nicht oft angewandt; die Gasometer waren für denselben viel zu klein, sie
                              faßten bloß 500 Liter, wovon also 250 Liter Sauerstoffgas waren. Ich konnte mir kein
                              Lampenschwarz verschaffen, welches hinreichend rein und compact war. Durch die Hitze
                              erhielten die Tiegel Spalten; in diese fielen die Rubine, worauf sie die Flamme
                              nicht mehr erreichen konnte; ich erhielt daher statt eines einzigen erbsengroßen
                              Rubinstückchens, deren fünf bis sechs von der Größe eines starken Getreidekorns. Bei
                              gehöriger Anwendung dieses Apparats müßte man Rubinstücke von der Größe einer
                              Haselnuß erzeugen können. Um mit diesem Löthrohr den höchsten Effect zu erhalten,
                              brachte ich seinen Körper zur Weißgluth; die strahlende Hitze war dann so intensiv,
                              daß mir das Gestell der Brille mit blauen Gläsern, welche ich während der Operation
                              trug, die Haut verbrannte.
                           Mit einem schwächeren Löthrohr erhielt ich schon früher ein klares erbsengroßes
                              Kügelchen, indem ich Kali-Alaun ohne Zusatz anwandte; nach dem Erkalten war
                              dasselbe jedoch krystallisirt, mit allen Eigenschaften der Thonerde, Härte,
                              Demantglanz etc.
                           Hr. Regnault veranlaßte mich
                              ein kleines Quarzstück in mein Tiegelchen aus Lampenschwarz zu bringen; ich schmolz
                              es und bemerkte nun, daß es klebrig war, während die Thonerde immer sehr flüssig
                              oder krystallisirt ist. Nach einigen Versuchen gelang es mir auch den Bergkrystall
                              so leicht zu spinnen wie man das Glas spinnt; ich beobachtete hiebei daß er sehr
                              flüchtig ist.
                           Ich übergebe hiemit der Akademie der Wissenschaften Stäbchen von Bergkrystall zu
                              Löthrohrproben und zum Studium der Flammen; ferner 6 Linsen aus geschmolzenem.
                              Bergkrystall welche um 60 bis 200 Durchmesser vergrößern; endlich Rubine welche mit
                              einem kleinen Löthrohr mittelst Aetherflamme dargestellt wurden und wovon bereits zu
                              Zapfenlöchern für Chronometer eine Anwendung gemacht wurde.
                           Ich zweifle nicht mehr, daß man den Bergkrystall im Großen zu optischen Zwecken
                              schmelzen könnte, indem man Tiegel aus Kalk anwendet welche mit Kohlenstoff
                              gefuttert sind. – Ich vermuthete, daß sich mein Verfahren auch zur Bereitung
                              von Glas mit Thonerdebasis anwenden ließe und erhielt schon beim ersten Versuch ein
                              sehr schmelzbares, topasgelbes Glas, welches das Licht außerordentlich stark bricht,
                              indem ich 2 Theile salpetersaures Blei mit 1 Theil salpetersaurer Thonerbe schmolz;
                              durch ein größeres Verhältniß von salpetersaurer Thonerde hoffe ich ein Glas für die
                              Optik zu erzielen, welches eben so hart ist und das Licht wenigstens ebenso stark
                              bricht wie der Bergkrystall.
                           Zum Schluß will ich einige Substanzen nach ihrer Widerstandskraft gegen die Hitze
                              classificiren, indem ich mit dem Platin, als dem schmelzbarsten darunter,
                              anfange: Platin, Kieselerde, Thonerde, Chromoxyd, Iridium, Kalk und Bittererde,
                              Kohlenstoff. Hienach wäre der Kohlenstoff der am meisten widerstehende Körper; diese
                              Ansicht gründe ich auf folgende Thatsache: wenn man Bittererde oder Kalk als sehr
                              feines Pulver dem Knallgasgebläse aussetzt, so bilden sie wegen ihrer vollständigen
                              Verflüchtigung chromatische Farben, während unter denselben Umständen der noch
                              zertheiltere Kohlenstoff den blendenden Glanz der Sideralflammen hervorbringt.