| Titel: | Bericht über die Fortschritte in der Photographie; der Société d'Encouragement in Paris erstattet von Hrn. Seguier. | 
| Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XCVII., S. 451 | 
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                        XCVII.
                        Bericht über die Fortschritte in der
                           Photographie; der Société d'Encouragement in Paris
                           erstattet von Hrn. Seguier.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, April 1848, S. 195.
                        Seguier, über die Fortschritte in der Photographie.
                        
                     
                        
                           Folgendes sind im Wesentlichen die Fortschritte, welche die Photographie in der
                              neuesten Zeit gemacht hat.
                           Einem Mitglied ihres Verwaltungsrathes gelang es, die Farben des Prismas zu sammeln
                              und augenblicklich zu fixiren.Hr. Edmund Becquerel
                                    hat nämlich der Akademie der Wissenschaften in Paris die Mittheilung
                                    gemacht, daß bei gewissen Vorsichtsmaßregeln durch die Einwirkung von freiem
                                    Chlor auf eine Silberplatte auf dieser eine empfindliche Schicht
                                    hervorzubringen sey, welche dem prismatischen Sonnenspectrum ausgesetzt, die
                                    entsprechenden Farben desselben annehme. Obwohl es ihm noch nicht gelungen
                                    ist, ein Mittel zu finden, die nachfolgende Zerstörung dieser Farben am
                                    Tageslicht zu verhüten, so stellen doch seine Resultate die Möglichkeit
                                    heraus, dereinst mit dem Sonnenlicht naturgetreu zu malen, wie man jetzt mit demselben zeichnet. (Comptes rendus, 1848, Nr.
                                    6.) Diese aus dem Kreise der reinen Wissenschaft noch nicht herausgetretene
                              Entdeckung enthüllte uns bisher unbekannte Thatsachen hinsichtlich der
                              Zusammensetzung und Eigenschaften der Sonnenstrahlen.
                           Durch die HHrn. Nicéphor
                                 Niepce und Daguerre wurden uns die Eigenschaften des Jods als eines für das
                              Licht empfindlichen Stoffes entschleiert; ersterm war es vorbehalten uns auch die
                              Anziehungskraft aller dunklen Körper zu dieser Substanz kennen zu lehren. Er fand,
                              daß alle auf der Oberfläche weißer oder hellgefärbter Körper gezogenen dunkeln
                              Linien oder Striche das Jod anzuziehen und einige Augenblicke zurückzubehalten
                              vermögen.Polytechn. Journal Bd. CVII S.
                                       58. Durch unverdrossene Fortsetzung seiner Versuche gelangte er dahin,
                              zahlreiche Nachbildungen von Kupferstichen auf Papier, Glas, Porzellan und Metallen
                              ohne die geringste Veränderung des Originals fertigen zu können. Ferner entdeckte
                              Hr. Niepce eine dritte
                              Eigenschaft des Jods, sich vorzüglich auf hervorragende Körper und den Schnitt
                              (erhabenen Rand) aller Stoffe anzulegen. Die Vorliebe des Jods für Schwarz oder
                              Dunkel theilen, wie er fand, auch Phosphor- und Schwefeldämpfe mit demselben.
                              Sowie aber die schwarze Farbe eine Anziehungskraft für gewisse Substanzen besitzt,
                              so hat Weiß ebenfalls eine solche für gewisse andere Körper, z.B. Salpetersäure,
                              unterchlorigsauren Kalk etc., welche dagegen die schwarze Farbe abstoßt.
                           Hinsichtlich der eigentlichen Photographie entdeckte Hr. Niepce ein Verfahren, auf Platten von
                              durchsichtigen Körpern, welche mit essigsalpetersaurem Silber imprägnirt oder
                              überzogen wurden, negative Bilder aufzunehmen, deren positive Reproduction auf
                              empfindlichem Papier um so getreuer ausfällt, da die ungleichartige Durchsichtigkeit
                              der Masse, auf welcher das negative Bild erzeugt wurde, dem Endresultat keinen
                              Eintrag mehr thut.Polytechn. Journal Bd. CVII S.
                                       65.
                              
                           Die wichtigen Arbeiten des Hrn. Niepce bereicherten die Wissenschaft mit ebenso merkwürdigen als
                              neuen Thatsachen, welche vor ihm noch niemand angab oder auch nur vermuthet hätte;
                              er machte praktische Anwendungen von denselben, die der Kunst und Industrie zu gute
                              kommen; es wurden auch bereits Copien von Kupferstichen, sowohl in erhabener als
                              vertiefter Manier erzeugt, die man durch ein ihrer Natur entsprechendes Verfahren
                              abziehen kann und zwar mit einem Erfolge, welcher in industrieller Hinsicht keinen
                              Zweifel mehr übrig läßt.
                           Durch Niepce's Erzeugung
                              negativer Bilder auf durchsichtigen Körpern, wie Glas oder Glimmer, oder auf
                              gleichförmig durchscheinenden, wie Porzellan, Milchglas oder Horn, haben wir einen
                              großen Schritt zur Verbesserung der Photographie auf Papier gemacht; derselbe
                              verdient wegen dieser verschiedenen Entdeckungen Ihre Belohnungen in hohem Grade.
                              Ich darf indessen nicht unerwähnt lassen, daß die Bahn des chemischen Stichs auf
                              Platten, worauf Bilder photographisch aufgenommen oder übertragen wurden, von Dr. Donné gebrochen
                              wurde.
                           Nach ihm betraten die HHrn. Choiselat und Ratel dieselbe Bahn und der verstorbene Berres in Wien ging gleichen Schritt mit ihnen. Es muß aber auch anerkannt
                              werden, daß Hr. Fizeau dem
                              bisher noch von niemanden erreichten Ziele am nächsten kam. Die zahlreichen Abdrücke
                              von Lichtbildern mittelst Metallplatten welche nach der Methode von Fizeau chemisch gravirt wurden, bezeugen dieses. Wir
                              sprechen daher einen Theil des für diese Frage ausgesetzten Preises zu seiner
                              Ermunterung an; ist es doch auch Hr. Fizeau, welchem die Lichtbilder auf Plaqué eine Festigkeit
                              und Kraft verdanken, die ihre Dauerhaftigkeit sichern.
                           Das Graviren (Zeichnen) von Platten auf chemischem Wege kann zur wahrhaften Kunst
                              werden. Hr. Lepoitevin
                              reproducirt schon jetzt mittelst einer nach Bedarf vertieft oder erhaben gravirten Platte alle Arten
                              Zeichnungen nach Belieben in Schwarz oder Weiß und verdient deßhalb ebenfalls eine
                              Ermunterung.
                           Die Photographie auf Papier nahm mit Recht Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch; es
                              entging Ihnen nicht, wie vortheilhaft es wäre, wenn dünne, leichte, wohlfeile
                              Papierblättchen die Stelle der schweren und theuren Metallplatten vertreten könnten.
                              Hrn. Bayard's Bestrebungen
                              hierin haben Sie schon früher ermuntert; möchte derselbe bald Resultate seiner
                              weitern Bemühungen vorlegen, die das lange Ausbleiben derselben rechtfertigen.
                              Unterdessen verdient Hr. Blanquart-Evrard
                              Polytechn. Journal Bd. CIV S. 32.
                                    375. Bd. CVI S. 365. Ihre Beachtung, welcher alle seine Verfahrungsweisen bekannt machte, um auf
                              Papier Lichtbilder von großen Dimensionen auszuführen, deren Schönheit und Reinheit
                              ebenso sehr seine Sicherheit als die Güte der doppelten Objectivgläser des Hrn.
                              Charles Chevallier, deren
                              er sich dazu bediente, beurkunden.
                           Hr. Martens gab sich ebenfalls
                              mit der Photographie auf Papier sehr viele Mühe und seine Versuche wurden mit dem
                              besten Erfolge gekrönt. Durch sein sorgfältiges Verfahren und die getroffene Auswahl
                              des Papiers zu den negativen Bildern, erzielte er die schönsten positiven Bilder,
                              welche bisher mittelst der doppelten Operation auf Papier erhalten wurden. Er suchte
                              ein kleines Objectiv auf die bestmögliche Art zu benützen; wenn es ihm auch nicht
                              gelang, in der Vertical-Ebene seiner Copien die Aberrationen des Lichts und
                              die für die Bilder daraus hervorgehenden Mißstaltungen zu verhüten, so wußte er doch
                              durch successive Bewegung des Objectivs und die Anwendung einer longitudinalen
                              Blende dieselben in der Horizontalebene zu vermeiden und auf geeignet gebogenen
                              Platten aufeinanderfolgende Bilder aufzunehmen, wodurch wahrhaft panoramatische
                              Ansichten entstanden.Polytechn. Journal Bd. CVII S.
                                       239. Sie beschlossen Hrn. Martens an Ihren Ermunterungen Theil nehmen zu lassen.
                           Die Gesellschaft belohnte bei frühern Bewerbungen alle Verbesserungen an dem (Daguerre'schen) Apparat oder der Verfahrungsweise, welche
                              dahin zielten, die Photographie leichter, sicherer und vollkommener in ihren
                              Resultaten zu machen; so erfreuten sich die HHrn. Gaudin, Buron, Breton, Soleil und Voigtländer Ihrer Anerkennung für
                              ihre verschiedenen Arbeiten. Wir freuen uns, Hrn. Brebisson heute ebenfalls auf diese Liste sehen
                              zu können; er hat sich um die Photographie sehr verdient gemacht durch die Auswahl der Substanzen, seine
                              Vorrichtungen zum Poliren der Platten, seinen Jod- und Quecksilberkasten,
                              seine Camera obscura, sein Verfahren die Bilder abzuwaschen und zu trocknen, was
                              alles er nacheinander zu verbessern bestrebt war; seine Lichtbilder auf Glimmer,
                              Horn und andere durchsichtige Körper, die Anwendung der Photographie zur Autographie
                              und endlich die Anfertigung von Bildern behufs der Phantasmagorie stellen ihn an die
                              Spitze der nach Fortschritt Strebenden.
                           Die Anwendung vom Bromkalk,Polytechn. Journal Bd. CII S.
                                       225. dessen man sich zuerst in Amerika bediente, welcher aber jetzt in Frankreich
                              allgemein gebraucht wird, vereinfacht die Behandlung der beschleunigenden Substanzen
                              sehr. Hr. Bisson hat durch die
                              schönsten Bilder, welche je auf plattirten Platten aufgenommen wurden, bewiesen, daß
                              die einfachsten Verfahrungsweisen oft auch die besten sind. Die Offenheit, mit
                              welcher er alle seine Vortheile mittheilte, verdient besondere Anerkennung.
                           Hr. Thiéry, minder
                              mittheilend, ermittelte durch zahlreiche Versuche eine Flüssigkeit, welche er die
                              unveränderliche nennt, weil sie ziemlich constante
                              Resultate liefert. Trotz der Einsendung vortrefflicher Bilder, konnte er, wegen der
                              erwähnten Geheimhaltung, beim vorigen Concurs nicht unter die Preisträger
                              aufgenommen werden. Nachdem derselbe nun in diesem Jahre die Zusammensetzung seiner
                              Flüssigkeit eingereicht und vor Ihrer Commission Versuche mit derselben angestellt
                              hat, so unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß die Photographie Hrn. Thiery ein nützliches Verfahren
                              verdankt; derselbe verdient Ihre Ermunterung.
                           Die bei der letzten Preisbewerbung Hrn. Charles Chevallier zuerkannte Belohnung für seine Erfindung des
                              Objectivs mit zusammengesetzten Gläsern, sowie die dem Hrn. Voigtländer gewordene für die gewissenhafte
                              Sorgfalt, mit welcher er nur ganz ausgezeichnete Objectivgläser aus seiner
                              Werkstätte abliefert, erregten den Wetteifer anderer Künstler, von welchen die HHrn.
                              Buron, Plagniol und Desiré Lebrun zu nennen sind. Der letztere forderte muthig zur
                              Vergleichung der von ihm verfertigten Objective mit den deutschen auf, welche sie
                              bei gewissen Dimensionen auch aushielten. Auch ihm gebührt daher eine Belohnung.
                           Zwei Preisaufgaben scheinen jetzt, bei fortdauernden Bestrebungen die Photographie zu
                              verbessern, unerläßlich um die höchste Entwicklung dieser neuen Kunst zu
                              beschleunigen:
                           
                           1) ein Preis für die Verfertigung durchsichtigen Papiers oder anderer durchsichtiger
                              Substanzen zur Reproduction der negativen Lichtbilder mittelst doppelter Operation
                              auf Papier;
                           2) ein Preis für Fixirung der Farben.
                           Die Lösung des letztern wichtigen Problems, deren Möglichkeit durch die Arbeiten des
                              Hrn. Ed. Becquerel bereits
                              nachgewiesen ist, wäre gewiß die merkwürdigste Entdeckung, welche dem Menschen je in
                              den geheinmißvollen Büchern der Natur gelungen ist.
                           Wir schlagen schließlich die Ertheilung folgender Preise vor.
                           1ste Frage. Erzeugung von Abdrücken der Lichtbilder:
                           
                              
                                 Hrn.
                                 Niepce von Saint-Victor eine goldene
                                    Medaille im Werthe von2000 Francs.
                                 
                              
                                   „
                                 Fizeau eine deßgl. von 1000 Fr.
                                 
                              
                                   „
                                 Lepoitevin eine silberne Medaille von 500 Fr.
                                    (aus dem Fond der3ten Frage zu nehmen).
                                 
                              
                           2te Frage. Photographie auf Papier:
                           
                              
                                 Hrn.
                                 Blanquart-Evrard, silberne Medaille von
                                    500 Fr.
                                 
                              
                                   „
                                 Martens, deßgl. von 500 Fr.
                                 
                              
                           3te Frage. Verschiedene Verbesserungen:
                           
                              
                                 Hrn.
                                 Brebisson, silberne Medaille von 500 Fr.
                                 
                              
                                   „
                                 Bisson, deßgl. von 500 Fr.
                                 
                              
                                   „
                                 Thiéry, deßgl. von 250 Fr.
                                 
                              
                                   „
                                 Desiré Lebrun, deßgl.
                                    von 250 Fr.