| Titel: | Vorrichtung zum Ein- und Auslösen zweier Transmissionen während ihres Ganges; von Jos. Thoma. | 
| Autor: | Jos. Thoma | 
| Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XXXI., S. 185 | 
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                        XXXI.
                        Vorrichtung zum Ein- und Auslösen zweier
                           								Transmissionen während ihres Ganges; von Jos. Thoma.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Thoma's Vorrichtung zum Ein- und Auslösen zweier
                           								Transmissionen.
                        
                     
                        
                           Ueberall wo in Fabriken Transmissionen zur Fortpflanzung der Kräfte angewendet
                              									werden, findet man sogenannte Auslösungen, d. h. Vorrichtungen, mittelst deren man
                              									an einem Wellbaum die Fortpflanzung der Kraft plötzlich aufheben kann.
                           Diese Vorrichtungen bestehen bekanntlich darin, daß man solche Transmissionen durch
                              									plattes Aneinanderstoßen zweier Wellbäume trennt, sodann auf den treibenden Wellbaum
                              									eine Hülse mit sogenannten Wolfszähnen befestigt, welche gegen den (andern) zu
                              									treibenden Theil der Transmission gerichtet sind; auf dem andern Wellbaum, welcher
                              									in und außer Gang gesetzt werden soll, bringt man eine ganz ähnliche Hülse mit
                              									entsprechenden Zähnen an, die aber nach der Richtung der Transmission verschiebbar
                              									ist, indem die Hülse eine Nuth und der Wellbaum eine entsprechende Erhöhung hat.
                              									Greifen nun diese einander entsprechenden Zähne ineinander, so muß der zweite
                              									Wellbaum die Bewegung des erstern annehmen; soll die Bewegung plötzlich aufgehoben
                              									werden, so zieht man die verschiebbare Hülse mittelst eines Hebels zurück, so daß
                              									die Zähne außer Eingriff kommen; soll diese Bewegung wieder hergestellt werden, so
                              									hat man die verschiebbare Hülse wieder gegen die andere hinzuziehen, um den Eingriff
                              									zu bewerkstelligen. Wenn aber erstere Welle etwa 100–600 Umdrehungen per Minute macht, je nachdem ihr Zweck es erfordert, und
                              									man will die zweite in Ruhe befindliche Welle mit ihr verbinden, wo also letztere,
                              									sobald der Eingriff erfolgt, plötzlich die Bewegung der erstern annimmt, so muß dieß
                              									wie man leicht einsieht, einen ungeheuren Stoß verursachen, und die Folge davon ist,
                              									wie die Erfahrung lehrt, das Absprengen der Hülsenzähne, sowie derjenigen der
                              									treibenden und getriebenen Räder, überhaupt der Ruin der Transmission und der damit
                              									in Verbindung stehenden Maschinen. — Um diesem Umstand zu entgehen, hat man
                              									kein anderes Mittel, als das Wasserrad, die Turbine oder Dampfmaschine abzustellen
                              									und alsdann im Zustand der Ruhe die erforderliche Verbindung herzustellen. In diesem
                              									Falle kommen also alle Maschinen der Fabrik, die von diesem Wasserrad etc. getrieben
                              									werden, außer Thätigkeit, eine Störung, welche  für den Fabrikbesitzer und für die Arbeiter gleich
                              									unangenehm ist. Oft erfordert es sogar die Arbeit, welche eine Maschine zu
                              									verrichten hat, daß dieselbe continuirlich fortgesetzt werde, wie es z. B. beim
                              									Ausbohren und Poliren eines Dampfcylinders oder beim Abdrehen einer Glättwalze für
                              									Papiermaschinen etc. der Fall ist, weil durch das Abstellen und wieder in Gang
                              									setzen der Arbeitsmaschinen stets Absätze entstehen, die, wenn sie auch noch so
                              									unbedeutend sind, nie mehr an dem Gegenstand völlig ausgebessert werden können.
                              									— In dieser Hinsicht ist es also gewiß vortheilhaft, die Verbindung ohne
                              									Abstellen des Wasserrades etc. bewerkstelligen zu können.
                           Ehe wir zu der hiezu nothwendigen Einrichtung übergehen, wollen wir noch kurz
                              									betrachten, in welchen Fällen hauptsächlich solche Auslösungen anzubringen sind:
                           1) In allen Arbeitssälen oder Werkstätten, wo Räder- und Riemenwerke
                              									vorkommen, damit man im Falle eines einem Arbeiter zugestoßenen Unglücks nicht
                              									zuerst das entfernte Wasserrad etc. abstellen muß, während welcher Zeit sich das
                              									Unglück vergrößern könnte. Wenn ferner in solchen Werkstätten Riemen herunterfallen
                              									oder zerrissen werden, so schlingen sie sich meistens um die andern herum, wodurch
                              									auch diese zerrissen werden und überhaupt Zerstörungen angerichtet werden können,
                              									falls man nicht frühzeitig genug die Transmission abstellen oder auslösen kann.
                              									— In solchen Fällen bringt man die Auslösung immer an demjenigen Ende des
                              									Saales an, wo die Kraft des Motors zuerst übertragen wird.
                           2) In sehr vielen Fällen arbeiten gewisse Maschinen nur während einer gewissen
                              									Tageszeit, andere Maschinen arbeiten dagegen Tag und Nacht; in diesem Falle hat man
                              									darauf zu achten, daß man nur die nothwendige Transmission laufen läßt und bringt
                              									also die Auslösung dort an, wo die nicht stets im Gange befindlichen Maschinen
                              									aufhören.
                           3) Sehr häufig kommt es vor, daß die Wasserkräfte sehr veränderlich sind, daß bei
                              									gewissen Jahreszeiten, ja oft sogar bei gewissen Tageszeiten (z. B. wenn das Wasser
                              									durch ein Vorrecht zu einem andern Zwecke abgegeben werden muß) eine Dampfmaschine
                              									zur Nachhülfe angewendet wird. In diesem Falle ist es am geeignetsten die Auslösung
                              									in der Nähe der Dampfmaschine anzubringen.
                           Die Einrichtung der in Frage stehenden Auslösung ist folgende:
                           In Fig.
                                 										5–7 ist a der vom Wasserrad, der Turbine oder
                              									Dampfmaschine herkommende Wellbaum; b derjenige, welcher
                              									ausgelöst werden soll. Auf a befindet sich ein Stirnrad
                              										c, an dessen Nabe die mit Zähnen  versehene Hülse e angegossen ist; dieses Rad sammt Hülfe ist auf der
                              									Welle fest. Auf dem Wellbaum b befindet sich eine Rolle
                              										g, an deren Nabe ebenfalls eine Hülse f angegossen ist, deren Zähne in diejenigen der Hülse
                              										e passen. Diese Nabe läßt sich mit der Rolle g hin und her schieben, indem in derselben eine oder
                              									zwei Nuthen, und auf dem Wellbaum h entsprechende
                              									Erhöhungen angebracht sind. Um dieses Verschieben zu bewerkstelligen, ist auf der
                              									andern Seite der Nabe bei g eine Vertiefung eingedreht,
                              									in welche man 2 Halbringe i (die man aus der vordern
                              									Ansicht ersieht) einlegt, welche mit einander durch Schrauben verbunden werden
                              									können. Jeder Halbring hat in der Mitte einen Zapfen, welche von dem bügelartig
                              									gebogenen Hebel h in Schlitzen gefaßt sind. Wird also
                              									der um n drehbare Hebel nach der Richtung der
                              									Transmission hin und her gezogen, so kann auch der Ein- oder Ausgriff der
                              									Hülsenzähne f hervorgebracht werden. — In das Rad
                              										c greift ein kleines Wechselrad c″, welches sich
                              									um einen an dem Hänggerüst angebrachten Zapfen m dreht;
                              									in c″ greift ein
                              									anderes Rad c′,
                              									welches auf der Achse a′ fest ist. Auf derselben Achse befindet sich auch eine
                              									feste Rolle d, die 4–5 Fuß breiter als d ist. Der Wellbaum a′ wird bei p, p in Lagern gehalten, welche entweder von
                              									den beiden Hänggerüsten q, q
                              									getragen, oder auch an die beiden Balken r, r befestigt werden können. Ueber die beiden Rollen d und d′ wird ein Riemen geschlungen, welcher so schlaff ist, daß
                              									er die Rolle d unten nicht berührt, sondern frei auf d′ aufliegt. Je
                              									nach der Größe der zu übertragenden Kraft der Welle b′ kann man diesen einfach oder
                              									doppelt aufeinander genäht anwenden. An dem Hebel h
                              									befindet sich bei l ein Auge, an welches ein Zapfen
                              									befestigt ist, woran sich eine Rolle k frei bewegen
                              									kann. Bei n hat der Hebel ein anderes Auge, durch das
                              									eine kreisförmig gebogene Führung gesteckt ist, welche durch Supporte in ihrer
                              									richtigen Lage erhalten wird. Der Hebel h soll bis auf
                              									die gewöhnliche Mannshöhe gegen den Fußboden reichen; damit er aber die Passage
                              									nicht versperrt, schneidet man ihn oben ab und macht einen sogenannten Ansetzhebel
                              										o, welcher leicht eingesteckt und wieder abgenommen
                              									werden kann.
                           Nehmen wir nun an, die Welle a drehe sich mit ihrer gehörigen Geschwindigkeit; b dagegen sey in Ruhe, also ausgelöst, und man wolle
                              									letztere, während a im Laufe ist, mit dieser verbinden.
                              									Der Bügelhebel h befindet sich in der gezeichneten
                              									Stellung, welche er annehmen wird, wenn der Ansetzhebel a hinweg ist und keine Kraft an demselben wirkt, weil die Lage des
                              									Schwerpunkts diese Stellung bedingt. Die Welle a′ wird also auch die Bewegung von
                              										a angenommen haben so  wie die Rolle d′; der Riemen
                              									wird aber die Bewegung der Rolle d nicht mittheilen
                              									können, weil er keine Spannung hat. Setzt man nun den Hebel o an und zieht ihn gegen die Lage der punktirten Linie x, während er sich um die Wellbaumsachse dreht und das
                              									Auge n auf seiner Führung hinschleift, so wird die Rolle
                              										k den Riemen spannen, und folglich die Rolle d′ die Bewegung
                              									auf den Wellbaüm b übertragen müssen. Man spanne nun den
                              									Riemen so lange, bis man beobachtet hat, daß die Welle b
                              									ungefähr gleich viel Umdrehungen macht wie die Welle a,
                              									was man an den Zähnen der beiden Hülsen leicht bemerken kann. Ist dieser Moment
                              									eingetreten, so ziehe man den Hebel plötzlich nach der Längenrichtung des Wellbaumes
                              									gegen die feste Hülse e; der Eingriff der
                              									correspondirenden Zähne wird also erfolgen ohne den geringsten Stoß zu verursachen,
                              									weil beide Wellen die gleiche Geschwindigkeit im Eingriffsmoment der Zähne hatten.
                              									Nimmt man den Ansetzhebel o wieder hinweg, so wird der
                              									Bügel wieder seine vorige Stellung aufsuchen.
                           Soll die Verbindung der Wellen wieder aufgehoben werden, so setze man den Hebel an
                              									und ziehe nach der entsprechenden Richtung an demselben. Da jedoch der Druck,
                              									welchen die Zähne der Hülse e auf diejenigen von f ausüben, sehr bedeutend seyn kann, und man also beim
                              									Auslösen der Zähne die davon herrührende Reibung zu überwinden hat, so kann man in
                              									den meisten Fällen nur mit großer Anstrengung die Zähne auseinander bringen. Diesen
                              									Umstand können wir aber bei unserer Anordnung gar leicht beseitigen. Man mache
                              									nämlich die Rolle d circa einen Zoll im Durchmesser
                              									kleiner als die Rolle d′; will man alsdann auslösen, so spanne man den Riemen auf
                              									oben erwähnte Art; dadurch wird also wegen Uebersetzung der Rollen, die Welle b′ derjenigen von
                              										a etwas vorlaufen müssen, wodurch die Zähne der
                              									Hülfe f′ von
                              									denjenigen der Hülse e zurückgeschoben und somit außer
                              									Eingriff gesetzt werden; man hat alsdann höchstens noch ein wenig am Hebel h rückwärts zu ziehen, um circa 1 Zoll Spielraum zwischen den Zähnen hervorzubringen.
                           Nehmen wir ferner an, die Welle a werde von einem
                              									Wasserrad, die Welle b dagegen von einer Dampfmaschine
                              									getrieben und beide Wellen seyen ausgelöst. Man lasse beide Maschinen im Gang; ist
                              									der Beharrungszustand des Wasserrades eingetreten, d. h. hat dasselbe seine
                              									bleibende Geschwindigkeit erreicht, so regulire man die Dampfmaschine durch den
                              									Zustrom des Dampfes, bis sie die Geschwindigkeit des Wasserrades erreicht hat (was
                              									man ebenfalls am besten an den Zahnen beider  Hülsen beobachten kann) und alsdann kehre man ein. Man
                              									kann also hier die gewöhnliche Auslösungsart ohne Schaden anwenden. Hiebei ist
                              									jedoch zu bemerken, daß man, um allen Unglücken vorzubeugen, niemals einkehre oder
                              									die Verbindung beider Wellen vornehme, während beide Kraftmaschinen in Ruhe sind;
                              									denn geschieht dieses, und man läßt sodann beide Maschinen laufen, so wird anfangs
                              									wahrscheinlich entweder das Wasserrad die Dampfmaschine treiben müssen, oder
                              									umgekehrt. Ist ersteres der Fall, so wird bei jedem Hub ein Moment eintreten, wo der
                              									Druck des Dampfs auf den Kolben gerade so groß ist als die Wirkung, welche vom
                              									Wasserrad her auf den Dampfkolben ausgeübt wird; in diesem Moment haben die Keile,
                              									welche die Verbindung der Zäume an dem Kurbel- und Balancierzapfen
                              									bewerkstelligen, keine Pressung von den zu verbindenden Theilen auszuhalten, und
                              									dieselben werden also bald von der einen Seite, bald gar nicht, und bald von der
                              									andern Seite her gedrückt, und weil sie durch die Bewegung der Schubstange in
                              									geneigte Stellungen kommen, so können sie sich sehr leicht herausschaffen. Welche
                              									Zerstörungen an der Maschine selbst, sowie an den sie umgebenden Gegenständen
                              									dadurch aber angerichtet werden können, hat die Erfahrung schon gezeigt; denn nehmen
                              									wir an, der Zaum, welcher die Kurbel mit der Schubstange verbindet, sey auf diese
                              									Art abgefallen, so daß die Schubstange frei am Balancier hängt, welcher von der
                              									Dampfmaschine noch in Bewegung gesetzt wird; wo nun dieselbe aufzusitzen kommt oder
                              									hängen bleibt, richtet sie Zerstörungen an, wenn sie wegen ihrer Stärke nicht
                              									bricht.
                           Bei betrachteter Vorrichtung befindet sich der horizontale Wellbaum a, b circa 12–15 Zoll
                              									unter dem Balkenwerk r, welche Höhe man gewöhnlich
                              									anwendet, um Platz für Rollen und Riemen zu haben; und für solche Fälle ist es
                              									leicht möglich die ganze Vorrichtung zwischen zwei Balken r, r oberhalb der Transmission anzubringen.
                              									Erlaubt es aber die Localität nicht, so kann man den Wellbaum a, auch in der gleichen Höhe wie a, b seitwärts anbringen und ohne wesentliche Aenderungen
                              									nach dem gleichen Princip verfahren.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
