| Titel: | Das Plauer Dampfschiff, jetzt genannt der Alban, oder geschichtliche Darstellung seines Baues und Beschreibung der eigenthümlichen Construction desselben und seiner Räder; von Dr. Ernst Alban. | 
| Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] | 
| Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XLIV., S. 242 | 
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                        XLIV.
                        Das Plauer Dampfschiff, jetzt genannt der Alban,
                           								oder geschichtliche Darstellung seines Baues und Beschreibung der eigenthümlichen
                           								Construction desselben und seiner Räder; von Dr. Ernst Alban.
                        Mit Abbildungen aus Tab.
                              									I und II.
                        (Fortsetzung von S. 184 des vorigen
                           								Hefts.)
                        Alban, Beschreibung der Construction des Plauer
                           								Dampfschiffs.
                        
                     
                        
                           Ein großes Glück war es bei allen diesen Prüfungen, denen ich ausgesetzt war, und die
                              									selten aus dem rechten Gesichtspunkte weder vom großen Publicum noch vom
                              									Directorium, angesehen wurden, daß die Maschine und die Räder von Anfang an nie
                              									einen namhaften Fehler zeigten, im Gegentheil stets vollkommen ihre Schuldigkeit
                              									thaten, und insoferne sich ungetheiltes Lob erwarben.
                           Ich hatte schon so manche Kessel für hohen Druck gebaut, aber dergleichen
                              									Widerwärtigkeiten hatte ich nie erfahren. Waren meine Kessel auch anfangs undicht,
                              									so verlor sich dieß doch immer in kürzester Zeit bei ruhigem Auskochen mit grobem
                              									Roggenmehl und Weizenkleie. Oft reichte eine Metze (der sechzehnte Theil eines
                              									Schaffes) dazu hin, um dieses Resultat herbeizuführen, und ein nachheriger längerer
                              									Gebrauch that das Uebrige. Waren sie aber einmal dicht, dann wurde später ein Kessel
                              									bei gehörig zweckmäßiger Behandlung nie wieder undicht. Diese Erfahrung wird mit mir
                              									jeder Maschinenbauer gemacht haben. Woher nun hier immer die neuen Undichtheiten?
                              									Lange blieb dieß mir und meinen Arbeitern ein Räthsel, und nur nach und nach ist
                              									dieses Räthsel gelöst worden. Was ich dadurch gelitten, ist kaum auszusprechen,
                              									vorzüglich in meiner Stellung gegen ein Directorium, welches im Ganzen nicht viel
                              									Rücksichten gegen mich nahm, und die Sache nicht richtig zu beurtheilen
                              									verstand.
                           Ich hatte contractlich versprochen, dem Directorium einen Maschinenmeister aus meinem
                              									Arbeiterpersonal zu überlassen. Unter allen meinen  Leuten waren damals aber nur
                              									zwei, die mit Dampfmaschinen umzugehen verstanden. Den einen konnte ich in keinem
                              									Falle entbehren, weil er die Stelle eines Werkführers mit versah, es blieb mir daher
                              									nichts anders übrig, als den zweiten zu diesem Posten zu nehmen, obgleich er ein
                              									sehr leichtsinniger Mensch und überhaupt von sehr zweifelhaftem Charakter war. Er
                              									hatte sich indessen in der letzten Zeit bei einer sehr scharfen Controle und einem
                              									strengen Benehmen von meiner Seite, erträglich betragen, hatte namentlich meine
                              									Dampfmaschine in der Werkstätte immer sehr gut in Ordnung gehalten, und wußte sich
                              									in schwierigen Fällen leicht zu helfen, wenn er dann gleich in der Wahl der Mittel
                              									nicht am gewissenhaftesten war. Auch war er klug, wußte sich zu machen, und hatte
                              									ein imponirendes Aeußere.
                           Als ich ihm von dieser Stelle sagte, nahm er dieselbe mit großer Freude an, und ich
                              									empfahl ihm bei dieser Gelegenheit sehr dringend gehörige Aufmerksamkeit in
                              									Behandlung der Maschine und des Kessels, und zeigte ihm, wie von seinem
                              									gewissenhaften Verhalten das Leben oft vieler Passagiere abhänge, versprach ihm auch
                              									daß ich, wenn er pflichttreu in seinem Berufe seyn würde, dafür sorgen wollte ihm
                              									eine feste Anstellung beim Schiff zu verschaffen und ihn in Plau ansässig zu machen.
                              									Er versprach goldene Berge, hielt aber nachher nichts. Von Natur sehr ehrgeizig,
                              									aber in einer Weise die bloße lächerliche und possenhafte Eitelkeit verrieth, mußte
                              									seinen überspannten Ansichten von sich und seinem Werthe oft ein sogenannter Drücker
                              									aufgesetzt werden, weil er sonst auf alle mögliche Weise übergriff. Eine höchst
                              									lächerliche Seite seiner Narrheit war die, daß er sich immer auf Kosten anderer, und
                              									das auf jede Weise, auf jede Gefahr hin, breit zu machen und in ein bedeutendes
                              									Licht zu stellen suchte, und es sehr verstand, hierdurch bei Uneingeweihten und
                              									Menschen, die ihn nicht zu durchschauen verstanden, sich in Auctorität zu setzen.
                              									Hier fand er nun leider im Directorium seine Leute. Er hatte diesem, wie er immer zu
                              									thun Pflegte, selbst auf meine Kosten, bald eine hohe Meinung von sich beizubringen
                              									gewußt und verstand sich bei ihnen einzuschmeicheln, indem er immer so sprach, wie
                              									sie es gerne hörten. Seinem Urtheile wurde zuletzt mehr Vertrauen geschenkt, als dem
                              										meinigen;Es ist ganz charakteristisch in Mecklenburg, daß man oft den Schülern mehr
                                    											Vertrauen schenkt, als dem Lehrer. Unser Maschinenmeister wußte alles was er
                                    											verstand, von mir oder solchen, die alle ihre Kenntnisse mir verdankten. Man
                                    											meint hier, daß einer praktischer Arbeiter seyn, den ganzen Tag mit
                                    											angreifen müsse, um praktischen Verstand zu gewinnen. Weil ich jetzt nicht
                                    											mehr mitarbeite, was ich früher wohl hie und da gethan habe, glaubt man, ich
                                    											sey ein bloßer Theoretiker, und was die Ausführung der von mir aufgegebenen
                                    											Arbeiten betreffe, so hätten die Arbeiter allein Verstand dazu, ihnen
                                    											gebühre alles Verdienst. Daß ich eine Sache nicht richtig anordnen könne,
                                    											wenn ich sie nicht von Grund aus und praktisch verstehe, fällt keinem ein.
                                    											Man sieht, daß alles von mir in meiner Werkstätte ausgeht, aber keiner denkt
                                    											daran, daß ich, wenn ich Sachen auszuführen aufgebe, die Möglichkeit und das
                                    											Wie ihrer Ausführung auf das genaueste kennen müsse. kurz er
                              									beherrschte bald sein Publicum,  und erreichte die respectvollste Behandlung; er wurde
                              									immer „Herr“ titulirt, man legte ihm gleich Lohn zu, ging mit
                              									ihm zu Rathe: etc. etc. Dieß war nun alles Wasser auf seine Mühle, und er zog den
                              									gehörigen Nutzen daraus. Meine Anordnungen und Befehle wurden gar nicht mehr
                              									beachtet, und wenn ich ihm seine Pflichtverletzungen vorhielt, und ihm derbe die
                              									Wahrheit sagte, antwortete er mir: ich habe ihm nichts mehr zu sagen, er stände
                              									jetzt unter dem Directorium, und nehme nur Befehle von diesem an. Beklagte ich mich
                              									beim Directorium, so sprach man ihm das Wort, suchte ihn auf alle mögliche Weise zu
                              									entschuldigen und in meiner Abwesenheit zu beruhigen, wobei es dann nicht fehlte,
                              									daß man einräumte ich habe ihn zu stark beleidigt, ich hätte das Recht jetzt nicht
                              									mehr, ihm Befehle zu ertheilen etc.
                           Auf diese Weise kam es denn, daß meine Vorschriften wegen des Kessels nicht mehr von
                              									ihm beachtet wurden, wenn er gleich bei einer Revision des Schiffs in Fällen, wo man
                              									ihm seine Lüge nicht genau nachrechnen konnte, immer mit frecher Stirn behauptete,
                              									er sey allen Vorschriften pünktlich nachgekommen. Vorzüglich aber da, wo meine
                              									Vorschriften seine Bequemlichkeit störten, wußte er hinter meinem Rücken dem
                              									Directorium weiß zu machen, daß sie nicht nöthig seyen. Auf diese Weise wurden, wie
                              									ich nun nachher nach seinem Abgange erfahren habe, alle meine Anordnungen mehr oder
                              									weniger verhöhnt und in den Wind geschlagen. Um den Kessel nach und nach mehr zu
                              									dichten, hatte ich den Befehl gegeben alle Morgen ⅛ Schäffel Weizenkleie in
                              									denselben zu thun, und des Abends wieder abzulassen. Statt eines Achtel Schäffel war
                              									ein halber hineingethan und nur selten einmal die Kleie abgelassen. Wenn das Schiff
                              									auf den Stationen ankam, ging er von Bord und ließ den Kessel so stehen. Das
                              									Sicherheitsventil, das er trotz meines Befehls immer mit einem größern als dem
                              									gesetzlichen Gewichte belastet hatte, öffnete sich dann zu spät, und der Kessel war
                              									einer Spannung von 130–150 Pfd. Druck auf den Quadratzoll ausgesetzt. Auch
                              									wurde alle Augenblicke meine Anordnung, während der Fahrt mit keinem höhern Druck
                              									als dem von 75 Pfd. auf den Zoll zu fahren, vernachlässigt; er achtete wenig auf den
                              									Wasserstand im Kessel, und war derselbe zuweilen sehr gesunken, so bekümmerte ihn
                              									das nicht. Auf diese 
                              									Weise hatten die obern Röhrenlagen verschiedenemal geglüht und waren undicht
                              									geworden, kurz er handelte in jeder Beziehung gegen jede Regel und Vorsicht.
                           Endlich brachte ich es dahin, daß er vom Schiffe entfernt wurde, und ich stellte nun
                              									einen andern meiner Leute an, der aber mit der Behandlung einer Dampfmaschine nicht
                              									so vertraut war, als der abgegangene Maschinenmeister. Dieser versah auf einer der
                              									Fahrten, die das Directorium anstellte, und auf welcher der Kessel sich ungewöhnlich
                              									dicht zeigte und das Schiff zu großer Zufriedenheit ging, während er die Maschine
                              									rückwärts gehen lassen wollte, etwas in der richtigen Handhabung des dazu dienenden
                              									Mechanismus. Um sich zu helfen, wollte er mit einem hölzernen Hebel hinter die
                              									Kurbel fassen, um diese über den todten Punkt zu helfen, wobei dieser Hebel beim
                              									plötzlichen Angehen der Maschine eine der Steuerstangen faßte und zerbrach, so daß
                              									das Schiff nicht weiter gehen konnte. Bei einem Neuling hätte man einige Nachsicht
                              									haben sollen, zumal er selbst über diesen Fall sehr betreten war, aber das geschah
                              									nicht, und so erklärte er mir, den Dienst als Maschinenmeister nicht weiter versehen
                              									zu wollen. Der alte Maschinenmeister wußte nun gleich das Directorium wieder so zu
                              									gewinnen, daß dieses ihn zurückwünschte, und ich mußte leider aus dem Grunde, weil
                              									es mir ganz an weitern tauglichen empfehlenswerthen Subjecten für diesen Dienst
                              									fehlte und periculum in mora war, das Schiff seine
                              									Fahrten aus diesem Grunde nicht einstellen konnte, und ich einigermaßen dafür
                              									verantwortlich war, endlich nachgeben, zumal er scheinbar seine frühere
                              									Nachlässigkeit sehr bereute, die vollkommenste Besserung angelobte, und sich dadurch
                              									beim Directorium in neue Gunst setzte. Die Sache ging nun auch wirklich etwas besser
                              									bis zur Zeit hin, wo die Fahrten (es war am 3. December) wegen zu weit vorgerückten
                              									Winters ganz eingestellt werden mußten. Der Kessel erschien ziemlich dicht und die
                              									Fahrten fanden regelmäßig statt, so daß ich selbst zu hoffen anfing, daß der
                              									Maschinenmeister sich wirklich bekehrt habe, und alles einem guten Ende zugehen
                              									würde. Ich sollte mich aber noch einmal schrecklich täuschen.
                           Da während der regelmäßigen Fahrten an eine genügende Reform des Kessels nicht zu
                              									denken gewesen war, so wurde nun die kurze Zeit des Winters dazu benutzt, ihn
                              									regelrecht, erst unter niedrigem und dann unter einem immer mehr steigenden Drucke
                              									auszukochen. Bis jetzt war an kein völliges Dichtwerden aus dem Grunde zu denken
                              									gewesen, weil der gleich angewandte hohe Druck während der Fahrten alles wieder
                              									verdorben hatte. Zu dem Roggenmehl und der Weizenkleie wurde, nachdem der Kessel
                              									vorher gehörig gereinigt und mit Wasser ausgespült war,  etwas wenig Kalkmilch genommen,
                              									die durch die schleimige Beschaffenheit des Roggenmehls im Wasser schwimmend
                              									erhalten wurde, und so der Mehlauflösung etwas Körper gab, wodurch in den Fugen,
                              									wohin es sich absetzte, eine Art künstlichen Kesselsteins gebildet werden sollte.
                              									Das Feuer wurde nur immer in einem gelinden Grade und mit Torf erhalten, der eine
                              									möglichst gleichmäßige Hitze gab. Ich hatte das Glück, bei dieser Procedur durch den
                              									gelinden Winter sehr begünstigt zu werden. Auch ließ ich an manchen Stellen die
                              									Fugen besser verstemmen, und um die Thüren herum die Verschraubungen besser anziehen
                              									und alles nachdichten. Da an dem einen Feuerplatze sich das Blech undicht und unganz
                              									gezeigt hatte, so wurde auch hier nachgeholfen.
                           Als nun der Kessel bei niedrigem Druck sich bald völlig dicht zeigte, wurde
                              									allmählich ein höherer Druck angewandt, und mit demselben nach und nach auf 9 und 10
                              									Atmosphären gestiegen. Zeigten sich bei diesem Drucke dann und wann auch noch einige
                              									Lecke, so verschwanden sie doch bald, und ich hatte die große Freude den Kessel
                              									selbst bei diesem bedeutenden Druck völlig dicht herzustellen. Ich erwartete nun mit
                              									Sehnsucht die wiederkehrende Zeit der beginnenden Fahrten.
                           Zugleich wurde diese Zeit der Ruhe benutzt das ganze Schiff zu revidiren und
                              									restauriren. Es wurde allenthalben gereinigt, bekam einen neuen Oelfarbanstrich und
                              									der Fußboden der ersten Cajüte wurde gebohnt, um nicht alle Tage den theuren Teppich
                              									auszulegen gezwungen zu seyn. Zugleich wurde die Maschine auseinander genommen,
                              									gehörig gereinigt, geputzt und alle Liederungen wurden neu gepackt, auch einige
                              									kleine unwesentliche Verbesserungen damit vorgenommen, um ihre Behandlung für den
                              									Maschinenmeister sicherer und bequemer zu machen.
                           Schon Anfangs März konnten die Fahrten wieder beginnen. Der Kessel war gereinigt und
                              									mit reinem Wasser gefüllt, worin nur ganz wenig Kleie gethan war. Einige
                              									Probefahrten, die zuerst angestellt wurden, hatten einen guten Erfolg, so auch die
                              									regelmäßigen Fahrten. Der Kessel zeigte sich fortwährend ganz dicht, und nur um die
                              									Thüren herum erschien beim Anheizen zuweilen einiges weniges Wasser, welches aber
                              									gewöhnlich wieder verschwand, wenn die Maschine in Gang kam und das Wasser, wie
                              									immer, dabei in stärkere Wallungen gerieth. Als ich Ende Aprils mit meiner Familie
                              									zu einer weitern Reise die Fahrt von Plau nach Waren mitmachte, war noch alles in
                              									diesem guten Zustande, und nur um die Thüren herum zeigte sich dann und wann, aber
                              									auch immer nur vorübergehend, etwas Schaum; die erfreulichen Resultate waren
                              									wahrscheinlich die Folge meines strengen Befehls, nicht über 70 bis 80 Pfd.
                              									Dampfdruck anzuwenden, und seiner mehrern Beachtung,  sowie meiner Bitte an den
                              									Steuermann, einen ruhigen, gesetzten und zuverlässigen Mann, mit auf Maschine und
                              									Kessel Acht zu haben und unsern Maschinenmeister zu controliren. Die Erfahrung, daß
                              									der Kessel selbst bei Füllung mit reinem Wasser nun endlich völlig dicht blieb,
                              									würzte mir das Vergnügen der Reise in einem hohen Grade und ich sing an freier zu
                              									athmen.
                           Diese Freude sollte aber bald wieder getrübt werden. Es war kurz vor meiner
                              									Zurückkunft von der Reise eine Wettfahrt mit großen Segelkähnen, die mit sehr
                              									günstigem und starkem Winde über den Plauer See fuhren, angestellt, und um sie
                              									schnell zu überholen war eine übermäßige Spannung im Kessel angewandt worden. Die
                              									Erfahrung, daß der Kessel sich jetzt unter allen Umständen so gut dicht hielt, hatte
                              									selbst den Steuermann verführt, zu dieser Wettfahrt seine Zustimmung zu geben, wobei
                              									eine kleine Eitelkeit von seiner Seite, mit seinem Schiffe Aufsehen zu erregen und
                              									den Sieg davon zu tragen, wohl im Spiele gewesen war. Bei meiner Zurückkunft fand
                              									ich den Kessel wieder sehr leck, und ich mußte wieder den Gebrauch von mehr Kleie
                              									erlauben, um ihn einigermaßen dicht zu erhalten, wobei ich jedoch wieder die Regel
                              									gab, nicht über ⅛ Scheffel jeden Morgen in den Kessel zu thun und wenigstens
                              									alle zwei Tage abzulassen.
                           Ich drang um diese Zeit beim Directorium darauf, dem Maschinenmeister eine
                              									vollständige schriftliche Instruction vorzulegen und ihn darauf zu beeidigen. Man
                              									schien die Nothwendigkeit dieser Maßregel einzusehen, und übertrug mir, eine solche
                              									Instruction auszuarbeiten. Obgleich ich nun selbige gleich anfertigte, und sie in
                              									Abschrift übergab, so daß sie als solche sogleich benutzt werden könnte, ohne dem
                              									Directorium irgend eine Unbequemlichkeit zu verursachen, so wurde sie doch ad acta gelegt und ist nie in Anwendung gekommen. Meine
                              									wiederholten Erinnerungen daran und meine dringenden Vorstellungen, unserm
                              									Maschinenmeister doch endlich auf diese Weise hinsichtlich seiner vielen
                              									Uebergriffe, Nachlässigkeiten und Regelwidrigkeiten einen Kappzaum anzulegen, und
                              									für sich etwas Positives zu haben, wonach er im Uebertretungsfalle gerichtet und
                              									bestraft werden könne, ohne Ursache zu haben sich zu beklagen, blieben aber
                              									fruchtlos. Es waren in dieser Instruction zugleich die Strafen für die verschiedenen
                              									Regelwidrigkeiten in seinem Dienste angegeben.
                           Man sieht hier aber wieder, wie wenig man beim Directorium geneigt war reellen
                              									Maßregeln Gehör zu geben, die eine bessere Organisation der Anlegenheit bezweckten.
                              									Wenn ich auch zugebe, daß bei einem soliden, zuverlässigen und pflichttreuen
                              									Maschinenmeister solche Vorkehrungen  unnöthig waren, so war dem Directorium doch schon zu oft
                              									der Beweis in die Hände gegeben, daß unser Maschinenmeister bei seinem Leichtsinne,
                              									seiner Nachlässigkeit und Gewissenlosigkeit nicht scharf genug controlirt werden
                              									könne. Auch war eine solche Instruction nichts Ungewöhnliches. Auf den meisten
                              									Schiffen und selbst auf den Eisenbahnen existiren solche Instructionen für die
                              									Maschinenmeister und Locomotivführer, und findet eine Beeidigung dieser Menschen auf
                              									ihre Instructionen statt. Auch sind in allen die Strafen angegeben, die sie in
                              									Uebertretungsfällen zu erleiden haben, und zwar sehr harte Strafen. Und dieß ist
                              									nicht mehr als billig, insoferne die Gesundheit und das Leben vieler Menschen in die
                              									Hände solcher Leute gegeben werden. Es war dem Directorium indessen bequemer, sich
                              									in allen Fällen an mich zu halten, mir und meiner Maschine und meinem Kessel die
                              									Schuld zu geben, insoferne als ich ihnen sicherer war, als ein Mensch der nichts
                              									besitzt, und insofern, als so alle lästigen Untersuchungen wegfielen. Ich will über
                              									die Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten, die auf diese Weise gegen mich vorkamen,
                              									einen Schleier decken, indem ich zur Ehre des Directoriums glauben will, daß es
                              									allein in totaler Unkunde mit allen technischen und administrativen Verhältnissen,
                              									die bei solchen Unternehmungen vorkommen, auf diese Art handelte. Hätten die
                              									Mitglieder desselben unter sich einen Mann aufgenommen, der die HHrn. Advocaten und
                              									Klugsprecher mit technischen Gründen hätte bekämpfen können, dann würden sie sich
                              									und mich besser gebettet haben; bei ihrer bisherigen Weise die Schiffsangelegenheit
                              									zu betreiben, kann aber nur der Ruin derselben davon die unausbleibliche Folge seyn.
                              									Anfangs hat noch immer das große Interesse, welches ich an dieser Angelegenheit
                              									nahm, meinen Muth aufrecht erhalten, mich zu vielen und großen Opfern vermocht, mich
                              									so manche traurige Erfahrung verschmerzen lassen, aber ich sehe jetzt täglich klarer
                              									ein, daß wenn das Directorium fortfährt, so wenig als bisher auf meine Rathschläge
                              									zu achten, sich selbst so viel Einsicht als bisher zuzutrauen, und darauf
                              									eigenmächtige Verfahrungsweisen zu gründen, wenn es bei vorkommenden Unglücksfällen
                              									die wahren Ursachen derselben nicht besser erforscht, und mir mehr Gerechtigkeit zu
                              									verschaffen sucht, als bisher, wenn es sein dienstthuendes Personal nicht besser
                              									beherrscht, und ihm nicht mehr Achtung vor den Anordnungen dadurch verschafft, daß
                              									es sie selbst mehr achtet, so werde ich die ganze Angelegenheit fallen lassen, und
                              									mich für immer jeder Beimischung dabei begeben, indem ich doch einsehe, daß alle
                              									meine Opfer zu nichts nützen, mir nur immer wieder neue Wunden schlagen, ohne die
                              									Sache wahrhaft zu fördern.
                           
                           Ich will hier noch eine kleine Bemerkung über das auf dem Schiffe angewandte
                              									Brennmaterial einschalten, der ich keinen andern Platz zu geben weiß, und die doch
                              									einigermaßen von Wichtigkeit ist.
                           Es war anfangs Plan, mit Torf zu heizen und auch eine ziemliche Menge davon angekauft
                              									und gelagert worden. Das Schiff enthielt zu diesem Zwecke zwei große Torfbehälter,
                              									die circa 4000 Soden Torf faßten. Es zeigte sich jedoch
                              									bei den Fahrten, daß diese Art der Heizung weder bequem, noch sachgemäß, noch viel
                              									vortheilhafter für die Verhältnisse unserer Gegend sey. Wir haben um Plau herum zwar
                              									sehr große Torfmoore, die aber größtentheils einen Torf liefern der viel erdige
                              									Bestandtheile enthält, daher keine helle und intensive Flamme gibt, viel Asche, zum
                              									Theil auch große Schlacken beim Verbrennen zurückläßt, und durch diese die Roste oft
                              									verlegt und den Zug im Ofen vermindert. Zu dem ist er in nassen Jahren nie gehörig
                              									trocken zu erhalten, weil er auf den Mooren nach dem Trocknen nicht in Scheuern
                              									gelagert, und aus diesen verkauft, sondern in Miethen gesetzt wird, die im Freien
                              									stehen und völlig unbedeckt bleiben, daher leicht durchregnen, und dann gar nicht
                              									wieder austrocknen. Man hat also für alle Fälle an diesem Torfe ein sehr
                              									unzuverlässiges Brennmaterial. Zudem ist er aber auch noch schwierig zu lagern,
                              									nimmt viel Raum ein, hat im Verhältnisse zum entwickelten Brennstoffe viel Gewicht,
                              									und muß sehr trocken liegen. Diese drei letzten Punkte sind vorzugsweise seinem
                              									Gebrauch auf Schiffen entgegen. Auch bringt seine Anwendung im Maschinenlocale viel
                              									Schmutz und Staub, und sein Aufbringen auf die Rosten ist mit großen
                              									Unbequemlichkeiten verbunden, vorzüglich da wo es an Raum gebricht, und nur kleine
                              									Heizthüren angewandt werden können. Alle diese Gründe bestimmten mich, dem
                              									Directorium die Heizung mit Steinkohlen vorzuschlagen, die hier zwar auch theuer,
                              									aber dennoch bei ihrer Anwendung nicht viel theurer als der hiesige Torf werden,
                              									dabei leicht zu lagern sind, viel Brennstoff im Verhältniß zu ihrem Volumen und
                              									Gewichte entwickeln, bei der Lagerung im Magazin und Schiff wenig Raum verlangen,
                              									auch im nassen Zustande Dienste thun, daher allenfalls, wo Raum fehlt, im Freien
                              									aufbewahrt werden können — und dieser Vorschlag wurde angenommen. Das Schiff
                              									hat durch diese Maßregel außerordentlich gewonnen. Die beiden großen Torfbehälter
                              									sind in ein paar niedrige Kästen verwandelt, wodurch der Maschinenraum bedeutend
                              									größer geworden ist, auch ist der Heizer nun im Stande bequemer und regelmäßiger
                              									Brennmaterial auf die Rosten zu tragen, braucht nicht auf eine schädliche Weise die
                              									Heizthüren lange offen zu lassen, vermag den Maschinenraum reinlicher zu halten etc.
                              									Da gegen diesen Vorschlag, mit  Steinkohlen zu heizen, nur das einzige Bedenken geäußert
                              									wurde, daß bereits eine bedeutende Menge Torf gekauft, also schon eine nicht geringe
                              									Summe dafür ausgegeben sey, so übernahm ich den Torf zur Heizung meiner in meiner
                              									Werkstätte arbeitenden Dampfmaschine, und so war alles in Ordnung. Der ganze Vorrath
                              									von Steinkohlen für eine Reise nimmt nur einen sehr kleinen Raum im Schiffe ein, und
                              									es ist nun völlig unnöthig geworden in Röbel ein Depot von Brennmaterial anzulegen,
                              									was früher beabsichtigt wurde. Daß aber endlich das Schiff durch diese Maßregel
                              									erleichtert werde, und durch einen geringern Tiefgang an Geschwindigkeit gewinne,
                              									ist der Hauptvortheil, der aus dieser nützlichen Veränderung hervorging.
                           Doch nun zum alten Thema zurück, und zwar zu einer Katastrophe, die dem ganzen
                              									Unternehmen einen sehr heftigen, traurigen und zerstörenden Einfluß übenden Stoß
                              									versetzte.
                           Die von neuem entstandenen Lecke im Kessel und das wiederum nöthig gewordene
                              									Hineinthun von Kleie in denselben führten diese Katastrophe herbei, die mich ein
                              									großes Opfer und viele schlaflose Nächte gekostet hat. Unser Maschinenmeister war
                              									wieder nach und nach in seine alten Fehler verfallen, ja hatte selbst die
                              									Aufmerksamkeit des Steuermanns getäuscht. Statt alle Morgen ⅛ Scheffel Kleie
                              									in den Kessel zu thun und alle zwei Tage wieder abzulassen, hatte er einen halben
                              									Scheffel hineingeschüttet, und äußerst selten, nach anderer Aussagen gar nicht
                              									wieder abgelassen. Die Kleie hatte in Folge dieser Nachlässigkeit sich als ein
                              									dicker Brei in die untern Theile des Kessels gelagert, war in derjenigen Gegend wo
                              									die intensivste Hitze auf denselben wirkte, an die Wände des Kessels stellenweise
                              									angebrannt, hatte diesen die nöthige Kühlung durchs Wasser entzogen, die Bleche
                              									waren glühend geworden und nach und nach zerstört. Auf einer der Reisen nach Röbel,
                              									es war im Anfange des Monats Junius, kurz vor der Abreise von da, als die Passagiere
                              									schon auf dem Schiffe sind und dieses im Begriff steht abzufahren, bekommt die
                              									hintere Wand des innern Kastens über dem Feuerherde einzelne kleine Sprünge, aus
                              									denen das Wasser in solcher Menge dringt, daß die Fahrt eingestellt werden muß.
                           Man kann denken wie schrecklich mich diese Nachricht berührte. Ich war fast außer
                              									mir, theils weil mir der wahrscheinliche Grund dieses Ereignisses beim Andenken an
                              									des Maschinenmeisters gewohnte Nachlässigkeit und Gewissenlosigkeit sogleich
                              									vorschwebte, theils weil ich einsah, daß eine schnelle Reparatur hier wegen der Enge
                              									des Raums nicht allein nicht gut möglich, sondern auch insoferne hoffnungslos sey,
                              									als der Kessel schon so viele Beweise seiner Unvollkommenheit abgelegt hatte.  Ich mußte mir bekennen,
                              									daß wenn auch künftig mehr Accuratesse und Vorsicht bei seiner Behandlung angewandt
                              									würde, als bisher geschehen war, seine unglückliche Construction, die ich leider von
                              									andern Kesseln dieser Art entlehnt hatte, doch höchst wahrscheinlich immer wieder
                              									Gelegenheit darbieten würde, die alten Calamitäten herbeizuführen. Meine
                              									Ueberzeugung war in Verfolg aller Begebenheiten, die sich mit demselben bei den
                              									Fahrten des Schiffes ereignet hatten, immer fester geworden, daß er schädlichen
                              									Spannungen zwischen seinen einzelnen Theilen unterliegen müsse, die bei
                              									verschiedenen Druckgraden der Dämpfe und einer wechselnden Temperatur einen alle
                              									Augenblicke veränderten Zustand in seinen Gefügen herbeiführen, fortwährend
                              									Veränderungen in der Stellung seiner einzelnen Theile zu einander zur Folge haben,
                              									und so immer wieder neue Lecke verursachen. Vorzügliche Schuld gab ich aber den
                              									vielen Verankerungen des Kessels, die eine gehörige Nachgiebigkeit zwischen dem
                              									äußern und innern Kasten verhinderten. Erwog ich nämlich, daß die Wände des innern
                              									Kastens stets vom Feuer und seiner strahlenden Hitze, sogar der unmittelbaren
                              									Berührung des in Brand sich befindenden Brennmaterials, ausgesetzt waren, während
                              									die des äußern Kastens in einer steten Temperaturverminderung durch die äußere Luft
                              									sich befinden, daß also in beiden eine sehr ungleiche Ausdehnung stattfinden müsse,
                              									so trug ich kein Bedenken mehr, hier die Wurzel alles Uebels zu suchen und fing am
                              									Ende an, dem Himmel zu danken, der es so gefügt habe, um mir endlich ein großes
                              									Kreuz aus dem Wege zu räumen. Dieser Kessel wurde bereits zu einem wahren Scandal
                              									für mich, und gab Veranlassung, daß die ganze Schiffsangelegenheit in einem
                              									unvortheilhaften Lichte erschien. Es war dieß um so trauriger, als die begangenen
                              									Fehler nun auch das Gute und Lobenswerthe an dem Schiffe zu verdunkeln anfingen. Wie
                              									verwünschte ich nun meine übertriebene Vorsicht, einen Kessel mehr nach gewöhnlichem
                              									Schnitte gebaut, und nicht meinem Genius wieder freies Spiel gelassen zu haben, der
                              									mich, wie der zweite Kessel beweiset, gewiß sogleich zu einem bessern Ziele geführt
                              									hätte. Durch mein Bestreben, möglichst sicher zu gehen, war ich offenbar in alle
                              									diese schrecklichen Calamitäten gerathen.
                           O daß alle Mechaniker, die diese Zeilen lesen, dieses mein Schicksal sich zur Warnung
                              									dienen ließen, nie dem alten Bestehenden zu viel Vertrauen zu schenken, wenn es die
                              									Verfolgung eines neuen Zieles gilt. Wo physikalische Umstände obwalten, hält es
                              									immer gar zu schwer, zu bestimmen, ob das bisher als zweckmäßig Erprobte bei
                              									veränderten Verhältnissen Stand halte. Man bleibe in solchen Fällen immer
                              									mißtrauisch und wäre die Veränderung der Verhältnisse auch noch so unscheinbar,  so nichts bedeutend.
                              									Ein Nagel, anders als vorher eingeschlagen, ändert oft viel, stößt die Berechnungen
                              									der tiefsten Forscher und Denker um, und zerstört die herrlichsten Pläne
                              									talentvoller Erfinder. Wer ist so in die Werkstätte der Natur eingedrungen, daß er
                              									die verwickelten und dunkeln Wege, die sie geht, erforscht habe; wer kann sich
                              									rühmen, daß er die Hülfsmittel, die sie uns beut, in allen Fällen richtig zu
                              									benutzen verstehe, ohne auf Abwege zu gerathen, Mißgriffe zu thun?! — Ich war
                              									ein Waghals, nicht daß ich mir zu viel Vertrauen schenkte, nein, daß ich meine
                              									bessere Ueberzeugung von mir stieß. Es waren viele Wochen nöthig gewesen, um die
                              									gegen diese Kessel in mir sprechende Stimme zu übertäuben; eine schlaflose Nacht am
                              									Zeichentisch hatte mit ihrer geistigen und körperlichen Erschlaffung erst ihren
                              									Einfluß geschwächt. Ich war der Schwäche unterlegen, auf anderer Thaten mein Glück,
                              									meine Sicherheit zu bauen, und daher war die Strafe eine natürliche Folge dieser
                              									Schwäche, und insoferne gerecht. Und wohl mir, daß ich sie erleiden mußte! Sie war
                              									der Stachel für neue Forschungen, sie erhob mich über meine Schwäche, sie verlieh
                              									dem schaffenden Geiste seine alte Kraft wieder, zog neue Blitze aus dem schwarz sich
                              									über mir verhüllenden Himmel.
                           Ich hatte schon die letzten trüben Erfahrungen an dem alten Kessel benutzt, um einen
                              									vernünftigen und regelrechten Plan zu einem neuen zu entwerfen, wenn der alte, wie
                              									ich erwartete, über lang oder kurz den Dienst versagen sollte, und wäre selbst an
                              									die Anfertigung desselben gegangen, wenn dieses Unglück mich nicht so überrascht
                              									hätte. War der alte Kessel auch noch so unvollkommen, bis zum nächsten Winter hoffte
                              									ich doch wenigstens mit demselben hinzukommen, und bis dahin das Directorium zur
                              									Anfertigung eines neuen zu bestimmen, oder doch wenigstens günstig
                              									vorzubereiten.
                           Zum Glück war der neue Plan schon ganz vollendet als der alte Kessel seinen Dienst
                              									versagte, und ich konnte sogleich dem Directorium eine Zeichnung desselben vorlegen.
                              									Um mich kurz zu fassen, sey es gesagt: der Plan wurde nach einigen kleinen Debatten
                              									angenommen, und um nun schnell Bleche zum neuen Kessel zu erhalten, wandte ich mich
                              									an die Maschinenbauanstalt in Güstrow, die, wie ich wußte, noch einige große Platten
                              									stehen hatte, wegen der Röhren aber an Hrn. Tischbein in Buchau, die auch beide die
                              									Güte hatten mir in dieser Noth zu dienen. Die Anstalt in Güstrow war mir sogar beim
                              									Bau behülflich, indem sie mir die beiden Recipienten lieferte, und mich dadurch zu
                              									großem Danke verpflichtete.
                           Dessenungeachtet dauerte der Bau des neuen Kessels gegen 7 Wochen.  Obgleich die Zeit so sehr
                              									drängte, so ließ ich doch alles daran mit gehöriger Ruhe und Besonnenheit machen,
                              									und stellte ihn mit besonderm Fleiße zusammen. Gewiß wäre ich eher mit demselben
                              									fertig geworden, hätte ich mehr eilen wollen, und hätte ich das zweizöllige flache
                              									Eisen zu den Herzen, da es nicht vorräthig war, mit vieler Mühe und großem
                              									Zeitverluste nicht erst ausschweißen lassen müssen.
                           Dieser Kessel war nun aus mehreren einzelnen Haupttheilen zusammengesetzt, die in
                              									ihrer Construction so angeordnet waren, daß nirgends schädliche Spannungen entstehen
                              									konnten. Die Möglichkeit, denselben zu zerlegen, wenn eine Hauptreparatur
                              									stattfände, war eine wichtige Verbesserung an demselben, deren Gewicht ich bald nach
                              									der Ingangsetzung desselben erfahren sollte. Seine Beschreibung werde ich später
                              									einmal geben und dann zugleich diejenigen Schwierigkeiten berühren, die ich vor
                              									seinem völligen Gelingen hinsichtlich des Zuges in ihm, und der Verlegung und
                              									Verschlammung der Zwischenräume zwischen seinen Röhren von Ruß zu beseitigen hatte
                              									und glücklich besiegte.
                           Der Kessel bewies sich bei der Probe als völlig dampf- und wasserdicht, und
                              									zwar unter jedem beliebigen Drucke. Es war auf keine Weise nöthig, denselben vor
                              									seinem Gebrauche auszukochen, auch hat sich diese Dichtigkeit bis auf den heutigen
                              									Augenblick und während zehnmonatlicher täglicher Fahrten des Schiffes vollkommen
                              									bewährt. Durch ihn habe ich den Beweis geliefert, daß ich bei gehöriger Ruhe wohl
                              									gute Kessel mit meinen Schlossern zu Stande zu bringen weiß, und zwar Kessel, die
                              									sehr oft mit einem Drucke von 10 Atmosphären arbeiten. Außer dieser Tugend besaß
                              									aber der neue Kessel auch noch eine viel sicherere, einfachere und viel leichter
                              									ausführbare Construction, als der alte. Ich bin seinetwegen, selbst bei sehr hoher
                              									Steigerung des Dampfdruckes ganz unbesorgt, während der alte Kessel seiner
                              									schlechten Form wegen, trotz der vielen starken Verankerungen mir in Absicht auf
                              									seine Sicherheit manche Sorge machte.
                           Ich habe hier noch anzuführen, daß beim Herausnehmen des alten Kessels aus dem
                              									Schiffe sich fand, daß er nach dem Ablassen des Wassers bis an die Röhren und noch
                              									höher mit Kleie angefüllt war, die in feste Massen zusammengesunken war, ein Beweis,
                              									daß diese Kleie während der letzten 2½ Monate der Fahrten wohl sehr selten,
                              									vielleicht nie, abgelassen war. Diese Erfahrung überstieg bei weitem alle meine
                              									Begriffe von der möglichen Lügenhaftigkeit und Gewissenlosigkeit eines
                              									Maschinenmeisters. Hätte ich diese Sudelei früher entdeckt, so würde ich den neuen
                              									Kessel ihm nimmer anvertraut haben. Gleich beim Abzapfen des alten Kessels war es
                              									mir aufgefallen, daß aus der Abzapföffnung  desselben länger denn 8 Tage fortwährend Wasser von
                              									bräunlicher Farbe und schäumend ablief. Nach dem Auffinden solcher großen Massen
                              									fester Kleien in demselben wurde dieser sonderbare Umstand bald dadurch erklärt, daß
                              									diese große Masse Kleie das ihr anhängende Wasser nur nach und nach hatte fahren
                              									lassen.
                           Wegen Mangels an einem neuen Maschinenmeister, und weil das Directorium ihn immer in
                              									Schutz nahm, wurde der alte Held unseres Drama's auch bei diesem neuen Kessel
                              									adhibirt. Die lange Zeit der Muße hatte ihn nun aber vollends demoralisirt, denn
                              									mein Vorschlag, ihn beim Bau des neuen Kessels mit anzustellen, blieb vom
                              									Directorium unberücksichtigt. Mein Urtheil über diesen saubern Patron sollte sich
                              									indessen bald auf eine schlagende Weise bestätigen, und er endlich seinen verdienten
                              									Lohn, so wie ich meine Rechtfertigung, erhalten.
                           Der schöne neue Kessel war unter seiner Pflege schon wieder in Zeit von 8 Tagen
                              									hingeopfert. Er hatte nach seiner beliebten Manier wieder den Wasserstandszeiger
                              									vernachlässigt, und die Folge davon war, daß der Kessel bis auf einige wenige
                              									Kubikfuß Wasser leer gekocht war. Bei einer Untersuchung desselben fand man alle
                              									Röhren im ausgeglühten Zustande und so verbogen, daß der Kessel wieder aus dem
                              									Schiffe genommen werden mußte, um eine so umfassende Reparatur gehörig besorgen zu
                              									können. Und sollte man es denken, das Directorium schenkte auch jetzt noch diesem
                              									verdorbenen Subjecte so viel Vertrauen, daß es nicht glauben wollte, der Kessel sey
                              									wasserleer und die Röhren glühend gewesen, ja daß es selbst noch dann zweifelhaft
                              									blieb, als zwei Schmiedmeister meine Angabe von dem Ausglühen der Röhren
                              									bestätigten. Sollte man ferner glauben, daß ein Directorium sich von einem so
                              									gewissenlosen Menschen weiß machen lassen könne, die Krümmung der Röhren nach unten
                              									rühre allein her von dem zuweiligen Werfen von etwas Schießpulver auf den Feuerherd,
                              									um durch kleine Explosionen den Ruß zwischen den Röhren zu entfernen; sollte man es
                              									endlich für möglich halten, daß das Directorium mir diese lächerliche und boshafte
                              									Erfindung noch mit großer Wichtigkeit mitzutheilen und sie allenthalben im Publicum
                              									als unbezweifelte Wahrheit vorzutragen nicht anstand, um diesen Hallunken auf meine
                              									Kosten in ein besseres Licht zu stellen? Ich frage hier jeden unbefangenen
                              									Mechaniker, was er von einem Directorium urtheile, welches seinen Baumeister so zu
                              									beleidigen, so tief herabzuwürdigen kein Bedenken trägt; frage ihn, ob er mich für
                              									hämisch halte, wenn ich mir hier öffentlich Gerechtigkeit zu verschaffen suche, wenn
                              									ich hier unumwunden und ohne Rücksicht berichte, um ihn über meine Stellung solchem
                              									Directorium gegenüber immer mehr aufzuklären.  Einem erwiesenen Schufte gegenüber einen Mann so
                              									bloßzustellen, der dem Directorium durch so viele Leistungen unter dessen Augen
                              									bewiesen, daß er ein besseres Schicksal verdiene, als ihm hier in seinem Vaterlande
                              									wird, dessen Dampfmaschinen und Kessel hier unter seinen Augen untadelhaft
                              										arbeiten.Von meinen Dampfmaschinen und ihren Kesseln arbeiten zwei in Plau selbst und
                                    											zwei ganz in dessen Nähe und zwar untadelhaft. Möchte er mit
                              									einem solchen Directorium zu thun haben? und würde er es mir verdenken, wenn ich
                              									jedem Geschäft mit demselben, es sey welcher Art es wolle, für die Zukunft aus dem
                              									Wege zu gehen mich bemühe.
                           Der Kessel wurde bald wiederhergestellt und ins Schiff eingesetzt, zugleich aber auch
                              									unser Maschinenmeister auf meine Erklärung, den neuen Kessel nicht wieder in Stand
                              									setzen zu wollen, wenn er nicht für immer abgelohnt würde, in Gnaden entlassen. Ich
                              									gebrauche mit Fleiß diesen Ausdruck; denn er erhielt seinen vollen Lohn, und es
                              									wurde ihm bei seinen vielen Schulden in der Stadt alle Nachsicht erwiesen, während
                              									man mir alle Kosten des neuen Kessels und dieser unverschuldeten Reparatur später
                              									aufgebürdet hat.
                           Nach Abgang dieses gewissenlosen Menschen wurde noch einmal ein Versuch mit einem
                              									andern Maschinenmeister aus meiner Werkstätte (dem früher schon einmal adhibirten)
                              									gemacht, aber auch ohne ein glückliches Resultat zu erlangen. Er zeigte keine Lust
                              									zu dem Dienst, verstand ihn nicht, und es waren daher allerlei Unannehmlichkeiten zu
                              									fürchten.
                           Jetzt erbot sich unser Steuermann die Rolle des Maschinenmeisters zu übernehmen, und
                              									ans Steuer einen tüchtigen Menschen zu stellen, der unter seiner Aufsicht sein
                              									Geschäft handhaben solle. Ich versprach mir von ihm mehr als von allen bisher
                              									benutzten Subjecten, und habe mich auch in meinen Erwartungen nicht getäuscht
                              									gefunden. Er verstand die Maschine gut zu behandeln und zu beherrschen, indem er
                              									zuweilen schon interimistisch dabei fungirt hatte. Nachdem er einige Tage zur
                              									höchsten Zufriedenheit unter meiner persönlichen Aufsicht gefahren hatte, wurde sein
                              									Anerbieten angenommen, und seit er die Zügel ergriffen hat, hat das Schiff noch
                              									keinen Tag gefeiert, Maschine und Kessel sind immer in guter Ordnung, das Schiff
                              									geht schneller als früher (die Maschine macht selten unter 55 Umgänge) und der
                              									Verbrauch an Steinkohlen ist ein geringerer.
                           Nur ein einzigesmal hat dieser Kessel einer namhaften Reparatur bedurft. Es hatte
                              									sich nämlich in einem der Siederöhren einer der zur  Befestigung desselben dienenden
                              									ringförmigen Keile gelöst, und dasselbe ließ plötzlich viel Dampf und Wasser aus, so
                              									daß der Heizer, der zur Aussteigelucke aus dem Maschinenraume hinaus wollte, und
                              									dabei stolperte und in den Maschinenraum zurückfiel, etwas vom Dampf verbrannt
                              									wurde. Er war indessen bald wiederhergestellt, auch feierte das Schiff deßhalb
                              									keinen Tag, es konnte vielmehr seine nächste Fahrt wieder ungestört antreten. Zum
                              									Glück trat dieser Fall nach der Fahrt, während des Landens der Passagiere, hier in
                              									Plau ein, so daß in keiner Weise irgend eine Unterbrechung im Dienst des Schiffes
                              									dadurch herbeigeführt wurde.
                           Dieser Steuermann, früher ein einfacher Matrose, hat sich in der kurzen Zeit seines
                              									Regiments auf dem Schiffe manche Verdienste um dasselbe erworben; er hat meine Ehre
                              									als Maschinenbauer, die durch das letzte große, mit dem neuen Kessel vorgefallene,
                              									und durch den verabschiedeten Maschinenmeister verschuldete Unglück schon wieder in
                              									ein zweifelhaftes Licht gestellt war, gerettet, hat dem Directorium sowohl als dem
                              									großen Publicum bewiesen, wie wichtig und unentbehrlich die regelrechte Behandlung
                              									einer Maschine sey, wenn sie ihre Schuldigkeit thun, und die gehofften und
                              									berechneten Erfolge haben soll; hat außer allen Zweifel gestellt, wie wenig der alte
                              									Maschinenmeister das Vertrauen verdient habe, welches ihm das Directorium schenkte,
                              									und auf meine Kosten schenkte, hat dem Directorium die weise Lehre gegeben, daß es
                              									nicht Ursache habe mit seinem eigenen Gouvernement in technischer Beziehung allzu
                              									zufrieden zu seyn, daß es endlich in Absicht auf mich künftig bescheidener,
                              									vertrauensvoller, rücksichtsvoller, folgsamer und zartfühlender aufzutreten
                              									habe.
                           In die erste Zeit des Maschinenmeisterdienstes unseres Steuermannes fielen die
                              									merkwürdigen Widerwärtigkeiten des verminderten Zuges unter dem Kessel. Wie schon
                              									oben berührt ist, hatte ich die Siederöhren, um mehrere in demselben Raume placiren
                              									zu können, um noch nicht einen vollen Viertelzoll näher an einander gelegt, und
                              									dieser Umstand setzte mich wieder längere Zeit einer Menge Prüfungen aus. Waren die
                              									Röhren gereinigt, so producirte der Kessel bedeutend mehr Dampf als der vorige,
                              									diese erfreuliche Wirkung ließ aber oft schon nach Verlauf von mehreren Stunden
                              									nach. Die Dampfspannung sank dann bedeutend und das Schiff ging langsam. Wir mußten
                              									nun während der Fahrten allerlei Mittel anwenden, z. B. etwas Schießpulver auf den
                              									Rost werfen,Diese kleinen unschädlichen Schießpulverexplosionen entfernten dann durch den
                                    											momentan entstehenden Luftdruck einigermaßen die Rußschichten zwischen den
                                    											Röhren. um nur das Schiff erträglich in Gang zu halten. Man  kann sich leicht
                              									vorstellen, daß unter diesen Umständen im Directorium und Publicum wieder allerlei
                              									Gerede in Umtrieb kam, und daß man sogleich bereit war, nun alle guten Eigenschaften
                              									des Kessels wieder zu vergessen, und mit allerlei Vorschlägen zur Abhülfe des Uebels
                              									hervorzugehen, die aber nicht sachgemäß waren, und die ich deßhalb natürlich auch
                              									unberücksichtigt ließ. Um nun jedoch der Sache möglichst bald eine günstige Wendung
                              									zu geben, versuchte ich mehrere Mittel zur Abhülfe dieses Uebels, und zwar
                              									veränderte ich zuerst den Rauchkasten, der etwas flach und gedrückt war, indem ich
                              									ihn mehr über das Deck hervortreten ließ, aber ohne besondern Erfolg. Das
                              									Directorium, welches der gefensterten Hitzevertheilungsplatte über den Röhren Schuld
                              									an diesem verminderten Zuge geben zu müssen meinte, faßte nun in einer Conferenz,
                              									ohne mich zu hören oder auch nur entfernt zu Rathe zu ziehen, den Entschluß, diese
                              									Platte, selbst gegen meinen Protest, herauszureißen, und führte mirabile dictu denselben auch wirklich aus. Der Zug
                              									wurde aber um nichts besser, und der Kessel producirte offenbar weniger Dampf, da
                              									nun nicht alle Röhren so gleichmäßig wirksam waren, denn das Schiff kam jetzt eher
                              									später als früher von seinen Fahrten zurück.
                           Dieses eigenmächtige grundlose Benehmen der Direction setzte allen feinen bisherigen
                              									Umtrieben die Krone auf. Wie unangenehm ich dadurch berührt wurde, als ich es
                              									zufällig erfuhr, kann man sich denken. Sollte ich dagegen hindernd auftreten?
                              									— das konnte ich nicht mehr; denn es war bereits geschehen. Ueberwarf ich
                              									mich aber mit dem Directorium, so blieb die Sache, wie sie war, und mein Ruf erlitt
                              									eine arge Schlappe, indem das Schiff selbst mit dem neuen Kessel unvollkommen blieb.
                              									Ich mußte also auch noch dießmal gute Miene zum bösen Spiel machen, hoffend auf eine
                              									bessere Zeit, wo ich meine Scharte würde auswetzen können. Da das Schiff täglich
                              									fuhr, so konnte nur allein der Sonnabend benutzt werden, um Versuche zur Abhülfe des
                              									Uebels zu machen. An diesem Tage feierte das Schiff in jeder Woche, um allenthalben
                              									nachgesehen und gereinigt zu werden. Wie wurde mir die Zeit von einem Sonnabend bis
                              									zum andern oft zur Ewigkeit!?
                           Endlich hob ich alle Schwierigkeiten durch die oben schon erwähnte Exhaustion des
                              									Dampfes der Maschine in den Schornstein. Dieß Mittel war radical, alle Calamitäten
                              										erschöpfend.Es stellte so zu sagen die Pulverexplosionen in fortwährenden Wiederholungen
                                    											dar, wobei dem Ruß keine Ruhe blieb sich anzulegen. Der Kessel
                              									producirte nun  fast
                              									jede Menge Dampf, und ich hatte die Freude, selbst dann noch fortwährend Dampf aus
                              									dem Sicherheitsventile blasen zu sehen, wenn die Maschine mit voller Füllung des
                              									Cylinders und mit 110 bis 120 Pfund Druck auf den Quadratzoll arbeitete. Der Ruß
                              									wurde durch die fortwährenden Luftstöße durch den Ofen vollkommen zwischen den
                              									Röhren herausgeworfen, und erst später fand sich eine Spur von demselben wieder, als
                              									nach der vom Directorium eigenmächtig getroffenen Anordnung zweier additioneller
                              									unbeweglicher Schaufeln an jedem Rade, die Maschine bedeutend weniger Umgänge
                              									machte, also auch nicht so oft ausblies.
                           Man kann sich leicht vorstellen, wie ich mich freute, endlich das Räthsel so
                              									befriedigend gelöst zu haben, und wie ich über diese Wirkung des Kessels erstaunte.
                              									Seine Feuerberührungsfläche, circa 192 Quadratfuß, war
                              									bei 8 Quadratfuß Rostfläche nun vermögend, fast doppelt so viel Dampf zu liefern als
                              									der frühere Kessel unter denselben Umständen erzeugt hatte, obgleich der Zug im Ofen
                              									nichts weniger als gebläseartig genannt zu werden verdiente, und er kaum die Stärke
                              									des bei dem alten Kessel stattgehabten Zuges erreichte. Die Rostfläche war dabei
                              									nicht vergrößert worden, und es wurde auch nicht mehr Brennmaterial verbraucht, im
                              									Gegentheil hatte sich sein Verbrauch von 16 Schäffel (für eine große Reise) auf 12
                              									bis 14 vermindert. Dabei machte die Maschine statt 40 bis 45 Hube deren 60 und mehr,
                              									und zwar mit voller Füllung des Cylinders, während beim alten Kessel höchstens mit
                              									halber Füllung gearbeitet werden konnte. Dieß war ein Resultat, welches meine
                              									kühnsten Erwartungen übertraf und diesem neuen Kessel ein unvergängliches Denkmal
                              									setzte. Meine Freude war ungemessen, wenn gleich im Ganzen vom Directorium wenig
                              									getheilt. Daß ich nun den Sieg über alle seine verkehrten Maaßregeln davontrug, kam
                              									ihm nicht ganz gelegen, und man suchte sich zum Theil dadurch zu entschädigen, daß
                              									man diesem erfreulichen Ereignisse eine gewisse Flauheit und Bedenklichkeit
                              									entgegensetzte, um meine Freude nicht zu sehr aufkommen zu lassen. Dieß war mir nun
                              									allerdings sehr gleichgültig, blieb dessenungeachtet doch die Sache wie sie war, und
                              									konnte man die Stimme des großen Publicums, welches mir im Ganzen günstig war, und
                              									mir manche Theilnahme bezeugte, nicht unterdrücken. Auch durfte man mir wegen der
                              									Versuche und der dazu verwendeten Zeit keine Vorwürfe machen, da ihretwegen das
                              									Schiff keinen Tag seiner Fahrten eingestellt hatte, und ich die Versuche auf meine
                              									alleinige Kosten vornahm.
                           Ich will jetzt noch untersuchen, wie viel Kraft die Maschine bei diesem neuen, in
                              									allen seinen Theilen so wohlgelungenen Kessel äußere.
                           
                           Durchmesser des Cylinders 9 Zoll.
                           Größe des Hubes 20 Zoll.
                           Umgänge durchschnittlich 55 in der Minute.
                           Mittlerer Druck im Kessel 105 bis 110 Pfd.
                           Bei einem Cylinderdurchmesser von 9 Zoll ist die Kolbenoberfläche, auf welche der
                              									Dampf wirkt = 63,58 Quadratzoll. Diese mit einem Dampfdruck von nur 100 Pfd. auf den
                              									Quadratzoll multiplicirt (denn der Cylinder arbeitet mit voller Füllung), gibt einen
                              									Druck auf den Kolben von
                           63,58 × 100 = 6358 Pfd.
                           Die Geschwindigkeit des Kolbens ist pro
                              									Minute:
                           = 2 × 20 × 55 Zoll = 2200 Zoll = 183,3 Fuß.
                           Das Kraftmoment der Maschine für die Minute ist also:
                           = 63,58 × 183,3 = 1164421,4.
                           Dieses Product mit 33000, dem Kraftmomente eines Pferdes pro Minute dividirt, gibt
                           1164421,4/33000 = 35,2 Pferdekräfte.
                           Dieses wäre nun aber der theoretische Effect der Maschine. Rechnen wir auf Reibungen
                              									und andere Nebenhindernisse an derselben und den Rädern ⅓ oder etwas mehr von
                              									diesem Effecte ab, so wäre der wirkliche Nutzeffect dem von 20 Pferden gewiß noch
                              									reichlich gleich zu schätzen, zumal da der Zulaßhahn der Dämpfe nach der Maschine
                              									hin immer ganz geöffnet erhalten wird.
                           Es ist sehr zu bedauern, daß unter solchen Umständen die Maschine nicht einen
                              									Dampfcylinder von größerm Durchmesser hat, so daß man sie expansiv, wie der
                              									anfängliche Plan war, arbeiten lassen kann. Sie würde unter solchen Umständen mit
                              									demselben Brennmateriale noch wenigstens um ein Drittel, ja wohl um die Hälfte mehr
                              									als jetzt geleistet haben, wo denn aber auch die Schaufeln nothwendigerweise hätten
                              									vergrößert werden müssen, die bei der jetzigen Kraft der Maschine schon viel zu
                              									klein sind. Man vergleiche hier das, was ich über diesen Gegenstand schon oben
                              									gesagt habe.Es ist jetzt (½ Jahr nach Schreibung der vorliegenden Abhandlung), da
                                    											das Schiff in andere Hände übergegangen ist, alle Aussicht zur Realifirung
                                    											des Ebengesagten vorhanden. Das Schiff wird schon um 15 Fuß verlängert, und
                                    											ich habe einen Plan entworfen, die Schaufeln zu vergrößern, ohne die
                                    											Räderkasten breiter machen zu müssen. Vielleicht daß die Maschine später
                                    											auch einen Dampfcylinder von größerm Durchmesser erhält, da ich jetzt schon
                                    											das Gestell derselben zu verstärken Gelegenheit gefunden habe. Die Resultate
                                    											aller dieser Verbesserungen werde ich dann zu seiner Zeit
                                    										mittheilen.
                           
                           Nach dieser geschichtlichen Darstellung meines ersten Dampfschiffbaues habe ich nur
                              									zwei Hauptpunkte des Contractes nicht ganz erfüllt, d. h.
                           1) ich habe das Schiff nicht zur rechten Zeit abgeliefert;
                           2) es hat einen größern Tiefgang als den im Contracte angegebenen und dieserhalb
                              									nicht ganz die versprochene Geschwindigkeit.
                           Was den ersten Punkt anbelangt, so hatte ich mir im Contracte die Clausel reservirt,
                              									daß wenn unvorhergesehene, von mir nicht gleich zu ändernde Unfälle eintreten
                              									würden, die den Bau und die Ablieferung verzögerten, ich von der Pön befreit seyn
                              									solle. Von den damals speciell zur Sprache gekommenen Unfällen war aber nur ein
                              									einziger nicht eingetreten, ich war beim Bau nicht erkrankt, sondern die ganze Zeit
                              									desselben (wunderbarerweise!) gesund geblieben.
                           Die Ursachen eines größern Tiefganges habe ich aber ausführlich angegeben; derselbe
                              									hat im vorletzten Sommer, wo unsere Canäle zwar auch ungewöhnlich seicht waren, wie
                              									oben schon bemerkt ist, keinen Nachtheil geübt, anders war es aber in diesem Sommer.
                              									So ein Wassermangel tritt hier aber so selten ein, daß die ältesten Leute sich
                              									dessen nicht zu erinnern wissen. Ich wohne nun auch schon 7 Jahre in Plau, und noch
                              									nie war, außer im vorletzten und letzten Sommer, über Wassermangel die mindeste
                              									Klage. Auch noch jetzt, während ich dieß schreibe (es ist Ende Novembers 1847), hat
                              									der Wasserstand eher ab-als zugenommen, die am Canal liegenden Mühlen stehen
                              									fast sämmtlich still, und die Canalschifffahrt ist ganz gestört. Die Kähne können
                              									mit ⅓ Ladung kaum mehr in die Schleußen einlaufen, und immer scheint noch gar
                              									keine Aussicht auf Regen zu seyn.
                           Wie wenig das Schiff an gesetzlicher Geschwindigkeit trotz des größern Tiefganges und
                              									der zu geringen, diesem größern Tiefgange entsprechenden Kraft der Maschine
                              									verliere, habe ich oben genugsam auseinandergesetzt.
                           Für diese beiden Mängel des Schiffes habe ich aber wieder manche Tugenden desselben
                              									in die Waagschale zu legen, die nicht in den mir gemachten Bedingungen lagen, viel
                              									weniger noch unter die gewöhnlichen Eigenschaften eines Dampfschiffes gerechnet
                              									werden können, und die allein aus der neuen und zweckmäßigen Construction dieses
                              									Schiffes, seiner Maschinen und Räder hervorgehen. Von diesen will ich nur folgende
                              									anführen:
                           1) Die Sicherheit und Solidität des Schiffes in Stürmen und bei hohem Wellengange.
                              									(Man vergleiche hier, was ich oben darüber gesagt habe.)
                           
                           2) Die reguläre Arbeit der Räder und der Maschine während Einwirkung derselben. (Ich
                              									habe oben diesen Vorzug besonders hervorgehoben und erläutert.)Auf einer Dampfschifffahrt, die ich einmal von Dower nach Calais machte, und
                                    											wo es nicht mehr oder weniger stürmte, als auf unsern großen Seen, gingen
                                    											Räder und Maschinen so unregelmäßig, daß sie oft momentan ganz stillstanden.
                                    											Zudem brauchten wir zu der Reise, die bei gutem Wetter in 3 bis 3½
                                    											Stunden gemacht wird, 6 volle Stunden.
                           3) Der wenige Verlust an Zeit bei der Fahrt, also an Geschwindigkeit, bei widrigen
                              									Stürmen und bösem Wetter.
                           4) Der äußerst sanfte und ruhige Gang des Schiffes, ohne alle Erschütterung, ohne
                              									alles Zittern.Diese Erschütterung und dieses Zittern ist auf manchen Schiffen so groß, daß
                                    											die Getränke aus den Gläsern geschleudert werden. Als ich einmal von Hamburg
                                    											nach Harburg auf dem Phönix fuhr, rieth mir der Marqueur, der mir ein Glas
                                    											Wein bringen mußte, das Glas in der Hand zu behalten, weil ich in dem Falle,
                                    											daß ich es auf den Tisch setzte, nicht viel Wein darin behalten
                                    										möchte. (In diesen drei letzten Punkten läßt es vorzugsweise alle
                              									andern gewöhnlich construirten Dampfschiffe weit hinter sich, und sind diese Vorzüge
                              									von allen Reisenden, die auf demselben fuhren, und die Unvollkommenheiten anderer
                              									Dampfschiffe in dieser Beziehung viel erfahren hatten, besonders hervorgehoben
                              										worden.Ich war oft im Stillen Zeuge des Lobes des Schiffs, indem mich die Passagiere
                                    											nicht kannten. Dieß Lob konnte als um so unparteiischer angesehen
                                    											werden.
                           5) Hat die Maschine eine größere Kraft als im Contracte stipulirt ist, ohne
                              									verhältnißmäßig mehr an Brennmaterial zu gebrauchen.
                           6) Sind die Räder so stark, daß sie selbst bei heftigen Stürmen und großem
                              									Wogendrange nie einen Unfall erlitten.Ich habe mehrere Dampfschifffahrten von Hamburg nach London und zurück
                                    											gemacht, wo wir trotz ruhiger See und bei schönem Wetter doch jedesmal
                                    											einige Radschaufeln einbüßten. In unsern an den Bollwerken sehr seichten
                                    											Canälen und bei unsern flachen Landungsplätzen würden, so bin ich überzeugt,
                                    											gewöhnliche Räder auf jeder Reise mehr oder weniger große und umfassende
                                    											Verletzungen erleiden. Die Räder unseres Schiffes sind nur einigemale an den
                                    											Schaufeln verbogen worden, als sie damit über seichten Stellen auf große
                                    											Steine stießen.
                           7) Theilt das Schiff mit seinem Körper die Wellen so vortheilhaft, daß noch nie eine
                              									Gefahr für die niedrig über dem Wasser gelegenen Fenster desselben entstanden
                              										ist.Es hat mir immer Vergnügen gemacht, mich bei hoher See und kurzen Wellen an
                                    											den Vordersteven zu stellen, und zuzusehen, wie schön der Vordertheil seines
                                    											Körpers die Wellen theilt und zur Seite wirft. Und dennoch habe ich viel
                                    											Schwierigkeiten beim Directorium gefunden, mit dieser Construction
                                    											durchzudringen, als ich ihm meinen Plan dazu vorlegte.
                           8) Ist das Schiff hinsichtlich seines Conforts und seiner Bequemlichkeit viel schöner
                              									eingerichtet als erwartet wurde. Dasselbe gilt von seiner äußern und innern
                              									Eleganz.
                           
                           9) Die Decke fassen weit mehr Passagiere als stipulirt ist, das Schiff ladet also
                              									überhaupt viel mehr Passagiere als Bedingung war.Es sollen einmal über 70 Passagiere darauf gefahren seyn.
                           10) Das Schiff leistet auch als Schleppschiff für große Canalkähne und Floßholz
                              									vortreffliche Dienste. Die Erfahrung hat hierüber hinreichend entschieden.
                           So viel von diesem ersten in Mecklenburg gebauten Dampfschiffe, diesem ersten
                              									Dampfschiffe von solcher neuen eigenthümlichen Construction. Bin ich in seiner
                              									Beschreibung und der Geschichte seines Baues etwas weitschweifig gewesen, so wird
                              									mich derjenige meiner Leser, der sich wahrhaft für den Fortschritt interessirt,
                              									deßhalb, so bin ich überzeugt, gerne entschuldigen, indem er manches Interessante
                              									für sich darin finden dürfte. Möge er bei Lesung der Schicksale, die ich dabei
                              									verdient oder unverdient erfuhr, mir in Gedanken einen theilnehmenden deutschen
                              									Händedruck nicht verweigern und die Lehren, die darin liegen, wohl beherzigen. Ich
                              									war ein Kämpfer für die Wahrheit, von dem besten, uneigennützigsten Willen beseelt,
                              									einen innern, unwiderstehlichen Drang fühlend, auch in diesem Felde meine Kräfte zu
                              									versuchen, meine Feile anzulegen, als solchen behalte er mich immer unter allen
                              									Wechselfällen, allen Schwierigkeiten und Hindernissen, allen Drangsalen und
                              									Demüthigungen dieses Baues vor Augen. Er wird dann die große Wahrheit auch hier
                              									bestätigt finden, daß der Wohlmeinende selten Anerkennung finde, daß man den guten
                              									Willen eines Fortstrebenden nur zu einer unerträglichen, erdrückenden Last für ihn
                              									zu machen suche, daß herzliches, uneigennütziges Entgegenkommen nur Prätension
                              									errege, und freundliches Bemühen, durch Nachgiebigkeit eine wichtige Sache zu
                              									fördern, nur Demüthigungen zur Folge habe.
                           Glaubt das Directorium, daß ich es in den vorliegenden Zeilen zu scharf beurtheilt,
                              									zu heftig angegriffen habe, nun so möge es seine Vertheidigung vor dem nämlichen
                              									Publicum liefern, wo ich es angeklagt habe, um mir die schuldige öffentliche
                              									Gerechtigkeit zu verschaffen; denn mein Schiff ist ein öffentlicher zur Schau
                              									gestellter Gegenstand der Beurtheilung des Publicums, und meine Künstlerehre ist
                              									mein Leben, ein mit tausend schweren Opfern mir errungenes Gut, welches ich bis auf
                              									den letzten Blutstropfen zu vertheidigen schuldig bin. Ich meine mich nicht geschont
                              									zu haben, wenigstens habe ich alles, was in meiner Erinnerung von meinen begangenen
                              									Fehlern und Mißgriffen lebt, offen gestanden und ohne Hehl aufgedeckt, habe nirgends
                              									Scheingründe gesucht, 
                              									sie zu bemänteln und zu beschönigen, und gerne werde ich es sehen, wenn das
                              									Directorium, da wo ich etwas Nachtheiliges und Tadelnswerthes in Absicht auf die
                              									Durchführung des Baues unternommen habe, mich öffentlich daran erinnert. Seit ich
                              									öffentlich aufgetreten bin, der Welt einen Theil meiner Unternehmungen, gelungene
                              									und nicht gelungene mitgetheilt; seit ich versprochen habe dieß ferner zu thun, ist
                              									es mir auch eine heilige Pflicht geworden, über diesen Schiffbau, als eine der
                              									gewagtesten, aber auch interessantesten technischen Unternehmungen meines Lebens,
                              									öffentliche Mittheilung zu machen, bin ich es meinen Lesern schuldig geworden, über
                              									das Gelingen oder Nichtgelingen desselben Rechenschaft zu geben, und dabei alle
                              									Motive meines Wirkens und die Hindernisse, die sich ihm entgegengestellt haben,
                              									nicht allein klar vorzulegen, sondern auch als Mensch und als Künstler gehörig zu
                              									würdigen; auch bin ich den Herren Actionären unserer Dampfschifffahrtsgesellschaft,
                              									die entfernt von hier leben, einige Rechenschaft über meine in ihrem Interesse
                              									gehabte Bemühungen schuldig.
                           Mögen diejenigen im Directorium, die es vorzogen zu schweigen und sich
                              									zurückzuziehen, wo das Handeln ihr Gerechtigkeits- und Zartgefühl beleidigte,
                              									diese scharfe Beurtheilung nicht auf sich anzuwenden sich versucht fühlen, sondern
                              									überzeugt seyn, daß mir keine ihrer ehrenhaften Ansichten und Gefühle entgingen, und
                              									daß ich ihrer hier eben so dankbar öffentlich gedenke, als ihr Name in den Annalen
                              									der Erfindungen einen ehrenden Platz verdienen dürfte.
                           Und sollte das Directorium auch glauben, mir alles und jedes Verdienst in Beziehung
                              									auf die Dampfschiffangelegenheit absprechen zu müssen, so dürfte es doch in einem
                              									Punkte mit mir einverstanden seyn, nämlich in dem, daß Plau ohne mich noch lange
                              									kein Dampfschiff von seinen Thoren über die Seen gesendet hätte, und daß man ohne
                              									mich bis jetzt und gewiß noch für manche Jahre eines Verkehrsmittels entbehrt hätte,
                              									welches neben den Annehmlichkeiten, die es beut, auch der Stadt Plau einen Namen
                              									machte, ihr viele und manche Vortheile zuwendete, und jetzt schon zu einem wahren
                              									Bedürfnisse für das Publicum geworden ist.
                           (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)
                           
                        
                     
                  
               
