| Titel: | Betrachtungen über die optisch-aräometrische Bierprobe, als vorläufige Gegenbemerkungen zu den Gegenbemerkungen des Hrn. Professors Steinheil (S. 293 in diesem Bande des polytechn. Journals); von Prof. Dr. Schafhäutl. | 
| Autor: | Dr. Prof. Karl August Steinheil [GND], Karl Emil Schafhäutl [GND] | 
| Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXXXI., S. 449 | 
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                        LXXXI.
                        Betrachtungen über die
                           								optisch-aräometrische Bierprobe, als vorläufige Gegenbemerkungen zu den
                           								Gegenbemerkungen des Hrn. Professors Steinheil (S. 293 in diesem Bande des polytechn. Journals); von Prof. Dr.
                           								Schafhäutl.
                        Schafhäutl, Betrachtungen über die optisch-aräometrische
                           								Bierprobe.
                        
                     
                        
                           Am 29. Julius d. J. ließ mir Hr. Professor Steinheil durch
                              									Hrn. Prof. Kaiser sagen: er werde,
                           1) weil ich seine optische Bierprobe und
                           2) seine Probesude in unten erwähnter Abhandlung ignorirt,
                           3) falsche Zahlen aus den Protokollen angeführt hätte, um nur die Fuchs'sche Bierprobe allein über alle andern
                              									hervorzuheben, meine Abhandlung: Untersuchungen und
                                 										Betrachtungen über die Fuchs'sche hallymetrische Bierprobe etc.Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins für Bayern,
                                    											Maiheft 1848, S 277 ff., öffentlich angreifen,  wenn ich nicht obige drei
                              									Todsünden auf der Stelle wieder gut machen würde.
                           Der Angriff ist seitdem erschienen und das Endresultat desselben ist: die von dem Hrn. Prof. Steinheil erfundene, mit einem königl.
                                 										Privilegium versehene optische Bierprobe, in seiner eigenen Werkstätte zum
                                 										Verkaufe verfertigt, sey die wohlfeilste, genaueste und am meisten praktische
                                 										aller Bierproben.
                           Um dieser Behauptung einige Plausibilität zu geben, werden nicht nur eigenthümliche
                              									sogenannte wissenschaftliche Experimente zu Hülfe
                              									genommen, sondern es wird so viel Geschichtliches
                              									mitgetheilt in Beziehung auf das, was ich, die Untersuchungscommission und der Centralverwaltungsausschuß des polytechnischen
                                 										Vereines in München gesagt und nicht gesagt, gethan und nicht gethan haben
                              									soll, daß ich es für unumgänglich nöthig erachte, ehe ich mich zu den eigentlichen
                              									Gegenbemerkungen wende, den geneigten Leser, der nun leider einmal mit
                              										„Geschichten“ behelligt worden ist, auf den richtigen
                              									Standpunkt zu versetzen, von welchem aus die eigentlichen Motive, welche die
                              										„Gegenbemerkungen“ des Prof. Steinheil hervorriefen, sogleich offenbar werden sollen.
                           Durch häufige Anregungen von Seite der Regierung zur Angabe einer einfachen und
                              									verlässigen Methode, den Gehalt der Biere zu erforschen veranlaßt, erfand
                              									Oberbergrath Fuchs die bekannte „hallymetrische Bierprobe“ im Jahre
                              									1834–35.
                           Im Jahre 1841, also sieben Jahre später, versuchte Prof. Steinheil zuerst aus dem Refractionsvermögen der Biere auf den Gehalt
                              									derselben zu schließen, und erfand so den optischen
                                 										Gehaltmesser, dem er bei seiner Anwendung als Bierprobe noch ein Aräometer hinzuthat, ihn der hallymetrischen Probe, so
                              									gut es gehen wollte, anpaßte, und darauf sogleich, nämlich am 3. Februar desselben
                              									Jahres, ein Privilegium nahm, wobei er dem Publicum erklärte: „da die
                                 										optische Probe dasselbe leistet, was die hallymetrische (die ihr indessen stets
                                 										als Basis und zur Controle diente), aber in ihrer Anwendung weit bequemer und sicherer ist, so läßt sich kaum
                                 										bezweifeln, daß sie vielfache Anwendung finden“, d. h. die
                              									hallymetrische verdrängen werde.Kunst- und Gewerbeblatt des polytechn. Vereins für Bayern, 1844, S.
                                    											243.
                           
                           In diesem Sinne ging nun sein einziges Bestreben dahin, das bayerische Ministerium zu
                              									vermögen, seinen Gehaltmesser als Branntweinwage und Bierprobe gesetzlich
                              									einzuführen.
                           Durch eine Ministerialverordnung vom 16. August 1842 wurde jedoch nur bestimmt, daß
                              									die Tralles'sche Branntweinwage mit der von Steinheil geometrisch construirten Schubtafel als
                              									Normalbranntweinwage eingeführt und mit dem Stempel der königl. Akademie versehen,
                              									d. h. in der Steinheil'schen Werkstätte verfertigt werden
                              									müßte — die optische Probe wurde jedoch nur zum gleichzeitigen Gebrauche im
                              									Verkehr empfohlen.
                           Dadurch war aber der Absatz derselben nicht gesichert; es mußte also auf ein anderes
                              									Mittel gedacht werden, die optische Probe in Credit zu bringen.
                           Dazu bot der Sommer des Jahres 1846 die schönste Gelegenheit dar. Die Gerste, welche
                              									zu Bieren dieses Jahrgangs verwendet wurde, war durch ungünstige
                              									Witterungsverhältnisse mißrathen, das Samengehäuse der Körner verdickt, der
                              									Mehlkörper weniger entwickelt und das daraus gebraute Bier trotz aller angewandten
                              									Vorsicht nicht ganz so gehaltreich und wohlschmeckend als in dem vorausgehenden
                              									Jahre.
                           Prof. Steinheil beschloß deßhalb, die Biere der hiesigen
                              									Bräuereien optisch zu untersuchen und lud zu diesem Geschäfte den bekannten
                              									Professor der Chemie an der hiesigen polytechnischen Schule, Dr. Caj. Kaiser ein. Nachdem die sämmtlichen
                              									Resultate zusammengestellt waren, wurde Kaiser ersucht,
                              									diese Zusammenstellung gleichfalls zu unterzeichnen, was er, nichts Arges ahnend,
                              									auch gerne that.
                           Prof. Steinheil calculirte nun leichten Herzens aus diesen
                              									Untersuchungen die übermäßige und also ungesetzliche Eimerzahl, welche die
                              									Bierbrauer in diesem Jahre aus einem Schäffel Malz gebraut hätten, und sandte die
                              									ganze Rechnung ohne Säumen ans Ministerium als Document, das beweisen sollte, wie sehr das Publicum von den Bräuern übervortheilt würde und
                                 										wie nothwendig die Einführung einer leichten und sichern Bierprobe sey. Zu
                              									gleicher Zeit wurden die Resultate obiger Untersuchungen durch Abschriften so viel als möglich im Publicum verbreitet.
                           Das ohnedieß gereizte Publicum gerieth in furchtbare Erbitterung gegen die Bräuer,
                              									und der Preis der Biere mußte herabgesetzt werden, um einem ähnlichen Aufstande von
                              									1844 vorzubeugen.
                           Das Ministerium erließ deßhalb schon unterm 9. Mai an die Regierung von Oberbayern
                              									die gemessenste Weisung, den Magistrat der Stadt München zu beauftragen, augenblicklich die gründlichste
                              									
                              									Untersuchung der Steinheil'schen Angaben zu veranlassen und
                                 										das Resultat binnen drei Tagen vorzulegen.
                           Es trat deßhalb am 10. Mai auf dem Rathhause eine Commission zusammen, deren
                              									technische Mitglieder vom königl. Ministerium selbst bezeichnet waren, und worunter
                              									sich auch Prof. Kaiser befand.
                           Dieser, der den Zweck der Versammlung mit nicht geringem Staunen vernahm, erklärte
                              									gleich anfangs zu Protokoll:Magistratisches Sitzungsprotokoll vom 10. Mai 1846, S.
                                    									5–6.
                           
                              „Er habe den Untersuchungen des Prof. Steinheil
                                 										am 5. Mai lediglich zur Erweiterung seines
                                    											Gesichtskreises in diesem Felde und zur näheren Kenntniß und Uebung der
                                 										optischen Bierprobe beigewohnt, und bloß die Ergebnisse der Untersuchung als wissenschaftliches Elaborat auf Aufforderung des Prof. Steinheil mit diesem
                                 										unterzeichnet, sey bei Berechnung der Gußführung und des Preises der Biere gar
                                 										nicht gegenwärtig gewesen und von der Uebersendung dieser Untersuchungen durch
                                 										Prof. Steinheil an das königl. Ministerium erst gelegentlich unterrichtet worden, nachdem
                                 										dieselbe schon geschehen war. Er wolle sich deßhalb
                                 										bei der Discussion dieses wichtigen Gegenstandes seine volle Freiheit
                                 										sichern.“
                              
                           Das Ergebniß dieser amtlichen Untersuchung war auch: daß die 31 untersuchten Biere
                              									sämmtlich tarifmäßig, ja mehrere sogar sehr vorzüglich
                              									waren.
                           Ueberhaupt wurde hier die Frage bezüglich der Tarifmäßigkeit der Biere unter dem
                              									Vorsitze des erfahrnen Magistratsrathes Klaußner durch
                              										Kaiser auf die musterhafteste Weise erledigt.
                           Das Vertrauen auf die angebliche Unfehlbarkeit der optischen Bierprobe war durch
                              									dieses Resultat in keiner Weise gesteigert worden, und von einer gesetzlichen
                              									Einführung derselben konnte vor der Hand um so weniger die Rede seyn, als in
                              									Hinsicht auf einen Antrag der Stände des Reichs ein Ministerial-Rescript vom
                              									3. August 1846 vom Magistrate der Stadt München eben sowohl als von dem
                              									polytechnischen Vereine ein wohl erwogenes Gutachten abverlangt wurde über den
                              									Antrag der Stände:
                           „Es möchten sämmtliche Behörden der medicinischen Polizei auf Staatskosten
                                 										mit verbesserten Apparaten zur technischen Untersuchung des Biergehaltes
                                 										versehen werden“; woran sich die Frage schloß:
                           
                              „Ob und mit welchen Apparaten etwa praktische Versuche zur technischen
                                 										Untersuchung des Biergehaltes angestellt worden sind und mit welchem
                                 										Erfolge.“
                              
                           
                           Der Centralverwaltungsausschuß des polytechnischen Vereines beschloß zur Lösung
                              									dieser Frage alle seine Kräfte aufzubieten und setzte zu diesem Zweck eine
                              									Commission zusammen, welche unter dem Vorsitze des gegenwärtigen königl. bayerischen
                              									Ministers des Cultus v. Beisler, bestand aus dem
                              									Medicinalassessor und Leibapotheker
                           
                              
                                 
                                 Dr. Pettenkofer,
                                 
                              
                                 dem Apotheker
                                 Marx,
                                 
                              
                                 dem Bierbrauer Gabr.
                                 Sedlmaier,
                                 
                              
                                 dann den Professoren Andr.
                                 Buchnerjun.,
                                 
                              
                                 
                                 Fuchs, Oberbergrath,
                                 
                              
                                 
                                 Kaiser,
                                 
                              
                                 
                                 Krötz,
                                 
                              
                                 
                                 Schafhäutl,
                                 
                              
                                 
                                 Steinheil.
                                 
                              
                           Man beschloß, ein und dasselbe Bier nach den drei bekannnten
                              									Bieruntersuchungsmethoden, nämlich nach der hallymetrischen von Fuchs, saccharometrischen von Balling, und optischen von Steinheil zu prüfen und zugleich eine genaue, ausführliche chemische
                              									Analyse desselben Bieres zu veranstalten.Durch Prof. Balling's Streitschrift: die saccharometrische und die optische Bierprobe
                                    											etc., abgedruckt im Juniheft der encyklopädischen Zeitschrift des
                                    											Gewerbwesens, 1846, in welcher dieser die Angriffe Steinheil's zurückwies und denselben belehrte, worauf es
                                    											eigentlich bei Bieruntersuchungen hauptsächlich ankomme — veranlaßt,
                                    											begann nun Steinheil auf dem von Balling vorgezeichneten Wege zu arbeiten, machte
                                    											deßhalb Probsude im königl. Hofbräuhause und berechnete Tafeln, um mittelst
                                    											der von Balling zuerst festgesetzten
                                    											Gährungsgrade unmittelbar den wahren Werth der Biere zu bestimmen. Die
                                    											Commission konnte diesen neuen Weg bei ihren Untersuchungen nicht
                                    											berücksichtigen, da die Experimente im Bräuhause bloß von einem einzigen bei der ganzen Sache betheiligten Individuum unternommen wurden, die
                                    											Commission also keine Bürgschaft hatte, in welcher Weise die Versuche
                                    											wirklich geleitet worden waren; weil ferner zur vollständigen Lösung der
                                    											Aufgabe auf diesem Wege eine Menge Probesude in verschiedenen Gegenden, also
                                    											nach verschiedenen Braumethoden nöthig gewesen wären, wozu natürlich keine
                                    											Zeit gegeben war; endlich weil diesen Versuchen im Hofbräuhause alle Controle durch die chemische Analyse
                                    										fehlte.
                           Damit befaßten sich nun Andr. Buchner jun.,
                              									Medicinalassessor Dr. Pettenkofer, Professor Max Pettenkofer.
                           Die HHrn. Krötz, Marx, Steinheil beschäftigten sich mit
                              									der optischen und saccharometrischen; Kaiser und ich mit
                              									der hallymetrischen.
                           Die Resultate der drei Arten von Bierproben stimmten so ziemlich mit einander
                              									überein, und es war nun Aufgabe der Commission, die am meisten praktische und
                              									sichere zur gesetzlichen Anwendung vorzuschlagen.
                           
                           Sie kam darin überein, daß in letzter Instanz die ausführliche chemische Analyse
                              									entscheiden müßte. Für eine vorläufige Untersuchung verlangte sie eine Probe, welche
                              									bei der praktischen Anwendung am wenigsten von fremdartigen Einflüssen afficirt
                              									würde und keiner schwierig und umständlich anzuwendenden Instrumente als Wage, Gewichte, Mikroskope u. dgl. bedürfe.
                           Diese Bedingungen fand sie in der hallymetrischen beisammen, wenn bloß der erste
                              									Theil angewendet würde, der für vorläufige Untersuchungen hinreichend genaue
                              									Resultate gibt, und statt der Wage eine der Gay-Lussac'schen ähnliche Pipette gebraucht würde, welche immer ein
                              									gleiches Quantum Flüssigkeit heraushebt.
                           Die optische Probe schlug die Commission als Controle für die hallymetrische vor.
                              									Indessen forderte Steinheil mit dem größten Ungestüm, daß
                              									die Commission seine optische Probe allen übrigen vorziehe und an die Spitze stelle;
                              									denn er ist ein zu guter Rechenkünstler, um nicht schon längst ausgemittelt zu
                              									haben, daß, wenn jede der 208 Städte und jeder der 410 Märkte des bayerischen Landes
                              									durch ein Ministerialrescript gezwungen würden, sich die Steinheil'sche optisch-aräometrische Probe anzuschaffen, welche 88
                              									fl. kostet, und wobei nach der eigenen Aussage des Erfinders und Fabrikanten die
                              									Hälfte reiner Gewinn ist, ein Sümmchen von 27,192 fl. zu erwerben sey, das
                              									allerdings nicht zu verachten ist. Prof. Steinheil, der
                              									sich anfangs mit vieler Ueberhebung in den Sitzungen der Commission benahm, änderte
                              									nach obiger Commissions-Entscheidung seine Rolle und focht nun wie ein
                              									Verzweifelnder für sein wissenschaftliches Princip an Werth = 27,192 fl. Kein Mittel
                              									wurde unversucht gelassen, die Commission und den Centralverwaltungsausschuß zu
                              									bewegen, seine Probe an die Spitze aller übrigen zu stellen, doch die Commission und
                              									der Centralverwaltungsausschuß blieben unbeweglich trotz aller Separatvota. —
                              									Prof. Steinheil nahm deßhalb wieder zur Salzprobe der Commission seine Zuflucht, erfand aber über
                              									Nacht ein neues Instrument dazu, und nahm des nächsten Tages sogleich ein Privilegium, um wenigstens einen Theil der 27,192 fl. zu
                              									retten.
                           Da diese eintägige Erfindung auf einer einseitigen
                                 										Auffassung des Principes der hallymetrischen Probe beruhte, so wurde auch
                              									sie verworfen, worauf im letzten Separatvotum des
                              									Erfinders nebst den zwei Beilagen dazu, zwei neue Abänderungen und Anordnungen der
                              									optischen Probe angeboten wurden, über deren Schicksal bis jetzt noch nichts laut
                              									geworden ist.
                           
                           Ich will nun dem geneigten Leser die Gründe angeben, weßhalb die Commission und der Centralverwaltungsausschuß die optische
                              									Probe des Prof. Steinheil nicht über alle andern
                              									Bierproben oben anzustellen für gut fand — und diese sind folgende:
                           1) Die optisch-aräometrische Bierprobe ist nicht im Stande den Alkoholgehalt
                              									der Biere a priori angeben zu können.
                           Wir beweisen dieß nicht aus Experimenten, welche bloß über Nacht angestellt worden
                              									sind, um irgend etwas zu beweisen, wie sie sich z. B. in den Separatvotis Professor
                              										Steinheil's finden, sondern wir nehmen unsere Beweise
                              									aus den Leistungen der optischen Proben selbst, während der vielen Jahre, in denen sie angewendet wurde.
                           Die optische Bierprobe war seit ihrem Entstehen durch Abänderungen und Correctionen
                              									dahin gebracht worden, daß sie mit der hallymetrischen im Durchschnitte so ziemlich
                              									gleiche Resultate gab.
                           Nun habe ich aber in meinen letzten Untersuchungen der von Steinheil für die hallymetrische Probe berechneten Tafel gefunden, daß die
                              									Original-Experimente, auf welche sich obige Tafel gründet, zum Theil in
                              									entgegengesetzte Columnen eingetragen waren, wodurch die Zahlen für den Alkoholgehalt zu klein, also
                              									falsch ausfielen, und eben so der aus dem Alkohol berechnete Würzegehalt.Siehe meine anfangs citirte Abhandlung S. 286 (und den Auszug in diesem Bande
                                    											des polytechn. Journals S. 293).
                           Wäre nun die optische Probe im Stande gewesen, selbst ständig,
                                 										also ohne fremde Hülfe, den Alkoholgehalt der Biere zu ermitteln: so hätte sie
                                 										schon bei ihrem ersten Auftreten den Irrthum der hallymetrischen Tafel an den
                                 										Tag bringen und eine Berichtigung derselben veranlassen müssen.
                           Da sie jedoch in ihren Angaben fort und fort den irrigen Angaben der hallymetrischen
                              									Probe folgte, ja häufig den Alkoholgehalt noch geringer angab als die hallymetrische, so folgt daraus, daß sie, ohne eigene
                                 										Selbstständigkeit, den wahren Alkoholgehalt nicht anzugeben im Stande war,
                                 										sondern, so gut es eben gehen wollte, innerhalb gewisser Gränzen den Angaben der
                                 										hallymetrischen Probe angepaßt worden sey.
                           Daß eine solche Anpassung noch innerhalb gewisser Gränzen
                              									möglich war, versteht sich wohl von selbst; aber diese Gränzen sind sehr eng und
                              									veränderlich, so daß eine solche angepaßte Bierprobe nur bei Bieren nach demselben
                              									Brauverfahren bereitet und von nicht sehr verschiedenem Alkoholgehalte anwendbar
                              									wäre; es weichen aber auch die Angaben der optischen immer mehr und mehr von denen
                              									der hallymetrischen Probe ab, je stärker der Alkoholgehalt der Biere wird.
                           Um diese Behauptung dem Leser klarer zu machen, wollen wir nun die Leistungen der
                              									optischen Probe, wie sie mit den Schubtafeln und Aräometern von Steinheil verkauft wurde und wird, während verschiedener
                              									Jahre mit denen der hallymetrischen vergleichen, indem wir die verschiedenen
                              									Resultate in beiliegender Tabelle zusammenstellen.
                           
                           Vergleichende Untersuchung neunzehn
                                 										verschiedener Biner Biere von den
                                 										Jahren 1843, 1846, 1847, 1848 durch die
                                 										optisch-aräometrische und durch durch die hallymetrische
                                 									Bierprobe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 109, S. 456
                              Namen der Bräuer; Zeit der
                                 										Untersuchung.; Jahr.; Monat und Tag.;
                                 										Optisch-aräomet-aräometrische Bierprobe.; Alkohol.; Extract.;
                                 										Berechneter Würzegehalt.; Hallymetrische Bierprobe.; Alkohol.; Graf
                                 										Buttler'sches Bräuhaus; Hackerbräuer; Zum Stubenvoll; Zum Löwenbräuer; Zum
                                 										Sternecker; Spatenbräuer; Schlaibinger; Unterkandler.
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 109, S. 457
                              Zacherl; Pschorr; Wagnerbräu;
                                 										Zengerbräuer; Spatenbräuer; Spatenbräuer; Spatenbräuer, junges Bier;
                                 										Spatenbräuer, altes Lagerbier, in der Gährung sehr zurückgehalten; Spatenbräuer,
                                 										Ale; Hofmühlen bei Eichstädt; Bierprobe v. Steinheil renovirt 1847/48.
                              
                           
                           Drängen wir nun diese Resultate noch näher zusammen, so ergibt sich folgende
                              									Tafel:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 109, S. 458
                              Nummer.; Gehalt, wie ihn die
                                 										optische Probe angab.; Alkohol.; Würze.; Gehalt, wie er wirklich war.; Alkohol.;
                                 										Würze.; Es wurde demnach der Gehalt zu geringe angegeben um nachstehende
                                 										Procente.
                              
                           und aus dieser sehen wir, daß im Durchschnitte der Fehler, um
                              									welchen die optische Probe den Gehalt der Biere zu gering angibt, mehr als 2
                              									Procente betrage.
                           Das sind Resultate, wie sie die Zeit, die parteilose und unbestechliche ans Licht
                              									gefördert hat. Kein pseudowissenschaftlicher Bombast, durch welchen sich bloß die
                              									Einfalt betrügen läßt, kein seitenlanges Buchstabengewirr (wie sich der ehrliche Vieth ausdrückt), in welchem bloß leeres Stroh gedroschen
                              									wird und wodurch sich allein die Unerfahrenheit verblüffen läßt, kann diese
                              									Resultate vernichten, welche der optischen Probe, als einer praktisch verlässigen,
                              									den Stab brechen.
                           Neben diesen Thatsachen bestimmten die Commission noch andere Gründe, die optische
                              									Bierprobe bloß als Controle der hallymetrischen an die
                              									Seite zu stellen; Gründe, welche sich nicht minder gewichtig gegen die Annahme der
                              									optischen Probe bei vorläufigen Untersuchungen in die Wagschale legen, und den
                              									einzigen Vortheil, welchen die optische Probe  darböte, nämlich die Schnelligkeit, mit welcher sie ihre
                              									Resultate gibt, zehnfach wieder aufwiegen.
                           Diese Gründe basiren sich auf die leichte
                                 										Influenciirbarkeit des optischen Instrumentes durch
                                 										Zeit und Umstände und deßhalb auf die bedeutenden
                                 										Schwierigkeiten in ihrer Anwendung in Händen eines gewöhnlichen Experimentators.
                           Um wieder von Thatsachen auszugehen, erklärte z. B. das Commissionsmitglied Hr.
                              									Gabriel Sedlmayr, der gewandteste, gebildetste und
                              									erfahrenste unserer hiesigen Bierbräuer: „Er habe
                                    											trotz der unmittelbaren Instruction, welche er praktisch vom Erfinder der
                                    											optischen Probe erhalten, ein ganzes Jahr nöthig gehabt, um mittelst der
                                    											optischen Probe übereinstimmende Resultate zu erhalten, kurz um sie anwenden
                                    											zu können.“
                           Diese Schwierigkeiten in der praktischen Anwendung gehen hervor: 1) aus der Wandelbarkeit des Nullpunktes
                              									des Instrumentes.
                           Höchst selten trifft es sich, daß wenn der senkrechte Balken im Gesichtsfelde des
                              									Mikroskopes der optischen Probe das Kreuz gerade in zwei Hälften theilt, auch der
                              									Zeiger über dem Rullpunkte der Trommel steht. Es müssen deßhalb beinahe immer die
                              									Ablesungen corrigirt, d. h. die Differenz in Hinsicht auf den wahren Nullpunkt mit
                              									der abgelesenen Zahl der Trommeltheile erst durch plus
                              									oder minus verbunden werden — eine Operation, die
                              									für den gewandten, geübten Beobachter zwar keine Schwierigkeit hat, die Individuen
                              									hingegen, welche mit der Bierprobe experimentiren sollen, selbst wenn es Aerzte oder
                              									Apotheker sind, beinahe durchweg zu Irrthümern veranlaßt. Wird z. B. eine Differenz
                              									von zwei Trommeltheilen zur abgelesenen Zahl anstatt subtrahirt, addirt und so
                              									umgekehrt, so entsteht ein Fehler von vier Trommeltheilen, welcher auf die Resultate
                              									der Probe von bedeutendem Einflusse ist.
                           Die Ablesung wird ferner modificirt durch den wechselnden Grad
                                 										der Erleuchtung des Gesichtsfeldes oder des Gegenstandes, auf welchen die
                              									optische Probe gerichtet wird. Wechselt der Grad der Erleuchtung bei demselben
                              									Gegenstande, oder richtet man das Instrument beim Einstellen auf dieses, beim
                              									Ablesen auf jenes Fenster, so wird das Auge beim Einstellen getäuscht und stellt
                              									falsch ein.In einem Berichte des hiesigen Magistrates an die königl. Negierung über die
                                    											Resultate des fünfjährigen Gebrauchs der Steinheil'schen Bierprobe ohne Aräometer, vom 22. Sept. 1846 S. 4
                                    											heißt es gleichfalls:b) Scheint die Helle des Tages Einfluß auf die
                                    											Gradbestimmung zu haben, weil bei trüben Tagen kein so scharf begränztes
                                    											Bild erzielt wird.
                           
                           Selbst die Zeit, welche man zum Einstellen verwendet, ist nicht gleichgültig. Bedarf
                              									man etwas länger zum Einstellen als unumgänglich nöthig wäre, was häufig der Fall
                              									ist, da man oft nicht sogleich eine günstige Erleuchtung des Gesichtsfeldes erhält,
                              									so bisectirt das Auge nicht mehr gut und stellt daher falsch ein. Deßwegen war auch
                              									Prof. Steinheil, während die commissionelle Untersuchung
                              									des Sedlmayr'schen Bieres durch die HHrn. Marx und Prof. Krötz vor sich
                              									ging, in beständiger Bewegung, bald den einen, bald den andern bedeutend, so und so
                              									dürfe man es nicht machen, da und dorthin dürfe man nicht sehen, man erhalte sonst
                              									falsche Resultate.
                           Eben so ist die Temperatur, bei welcher das Bier untersucht wird, von großem
                              									Einflusse auf die Resultate. Eine etwas mehr als gewöhnlich kalte Temperatur macht
                              									das Gesichtsfeld auch bei der besten Erleuchtung trübe und das Bild des Balkens wird
                              									erst nach einigen Minuten deutlich. Diesen Umstand führt auch das oben citirte
                              									magistratische Gutachten sub Lit. d an.
                           Eine andere Unsicherheit entsteht dadurch, daß man neben dem Auge sich zum Einstellen
                              									noch einer geistigen Operation bedienen muß — nämlich das Fadenkreuz bloß
                              									mittelst des sogenannten Augenmaaßes in zwei gleiche
                              									Theile oder eigentlich Dreiecke zu theilen. Augenmaaß besitzen jedoch wie bekannt
                              									verschiedene Individuen in sehr verschiedenem Grade, ja es ist überhaupt mehr von
                              									Uebung abhängig als vielleicht eine andere geistige Fertigkeit.
                           Ohne ein richtiges Augenmaaß ist die richtige Einstellung, überhaupt der Gebrauch des
                              									Instrumentes unmöglich.
                           Um das Instrument einzustellen, muß nämlich ein Fadenkreuz im Gesichtsfelde des Mikroskopes durch einen dicken verticalen Balken durchs
                              									Augenmaaß allein in zwei gleiche Dreicke getheilt werden, und zwar in einem schwach
                              									erleuchteten mikroskopischen Gesichtsfelde.
                           Das geübteste Auge ist nicht auf einen Trommeltheil sicher; in der Praxis schwankt
                              									die Unsicherheit zwischen 1–3–4 Trommeltheilen. Dieß bestätiget
                              									gleichfalls der schon citirte magistratische Bericht an die königl. Regierung von
                              									Oberbayern sub Lit. c,
                              									ebenso alle andern Beobachtungen, welche mit diesem Instrumente angestellt
                              									wurden.
                           Zum weitern Beleg des Gesagten will ich hier Beobachtungen anführen, welche von
                              									Individuen angestellt wurden, welche alle im Beobachten geübt, aber von
                              									verschiedenem Alter waren.
                           
                           Versuche zur Einstellung.
                           Es waren drei Beobachter; jeder machte drei Beobachtungen, die in langen
                              									Zwischenräumen auf einander folgten.
                           
                              
                                 
                                 P1.
                                 P2.
                                 S.
                                 
                              
                                 Einstellung 1.
                                 104
                                 97,00
                                 99,75
                                 
                              
                                 Einstellung 2.
                                 92
                                 94,20
                                 98,72
                                 
                              
                                 Einstellung 3.
                                 97
                                 98,70
                                 99,00.
                                 
                              
                           Man sieht die größte Differenz betrug hier
                           bei P1 12, bei P2 4,7, bei S 1,03 Trommeltheile.
                           Zur weitern Bekräftigung des Gesagten will ich noch einige neuere Beobachtungen in
                              									dieser Art anführen, von Beobachtern mit dem möglichsten Fleiße angestellt, von
                              									Individuen, die im Beobachten mehr geübt sind, als dieß je von einem erwartet werden
                              									darf, welches die optische Bierprobe polizeilich in Anwendung zu bringen hat. Um
                              									nach Steinheil's Vorschlag desto sicherere Resultate zu
                              									erhalten, wurde statt des Tageslichtes eine Kerzenflamme angewendet.
                           Einstellungsversuche.
                           
                              
                                 
                                 K.
                                 S.
                                 Z.
                                 Pf.
                                 
                              
                                 Einstellung 1.
                                 - 3
                                 - 2
                                 + 4
                                 - 1
                                 
                              
                                 Einstellung 2.
                                 - 1
                                 - 2
                                 - 2
                                 - 1
                                 
                              
                           Bierprobe.
                           
                              
                                 
                                 K.
                                 S.
                                 Z.
                                 Pf.
                                 Kh.
                                 
                              
                                 Einstellung 1.
                                 72
                                 69
                                 68,33
                                 70,2
                                 68
                                 
                              
                                 Einstellung 2.
                                 68
                                 70,2
                                 73,3
                                 67,33
                                 70
                                 
                              
                                 Einstellung 3.
                                 —
                                 —
                                 —
                                 —
                                 69.
                                 
                              
                           Weitere Experimente.
                           
                              
                                 
                                 K.
                                 S.
                                 
                              
                                 Einstellung 1.
                                 65
                                 66
                                 
                              
                                 Einstellung 2.
                                 68
                                 67
                                 
                              
                                 Einstellung 3.
                                 64
                                 65.
                                 
                              
                           Die Unsicherheit des Einstellens wächst, wenn statt des Wassers Bier in die eine
                              									Zelle gegossen wird, wie wir soeben gesehen haben. Beobachter, welche beim Wasser
                              									auch das zweitemal mit der ersten Beobachtung zusammentrafen, differirten nun von
                              									1,2 bis 2,8 bis 3,0.
                           Daß solche Differenzen so unbedeutend nicht sind in Bezug auf die zu erhaltenden
                              									Resultate, mögen uns folgende zwei Experimenee lehren:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Gesammtgehalt.
                                 
                              
                                 Bier Nr. I.
                                 Erste AblesungZweite Ablesung
                                 66,268,0
                                 10,911,3
                                 
                              
                                 Bier Nr. II.
                                 Erste AblesungZweite Ablesung
                                 70,168,0
                                 10,3311,34.
                                 
                              
                           Wir haben deßhalb im ersten Falle ein halbes, im zweiten ein ganzes Procent im
                              									Gesammtgehalte Unterschied durch diese Unsicherheit im Ablesen.
                           Das wären also die so vielfachen und bedeutenden Schwierigkeiten, welche sich beim
                              									Gebrauche der optischen Probe durch mehrere Jahre
                              									herausgestellt haben — einer Probe, deren Anwendung im Leben nach des
                              									Erfinders Angabe so ungemein leicht, bequem und sicher ist, daß der zufällige
                              									Beobachtungsfehler, wie Steinheil das Publicum glauben
                              									machen wollteKunst- und Gewerbeblatt des polytechn. Vereins 1846, S. 6, Zeile
                                    											2., 16mal kleiner sey als bei der hallymetrischen Bierprobe.
                           Endlich der letzte Grund, welcher die Commission abhielt, der optischen Probe mehr
                              									als einen controlirenden Werth zuzugestehen, ist ein theoretischer, als mitstimmend
                              									bei den praktischen.
                           Da wo es sich nämlich um ein entscheidendes Urtheil über
                              									die Zerlegung eines chemisch zusammengesetzten Körpers in
                              									seine nähern Bestandtheile handelt, kann doch wohl nur diejenige Wissenschaft,
                              									welche sich ausschließend mit dieser Zerlegung befaßt hat, und diese Zerlegung
                              									überhaupt auf das genaueste Studium der chemischen Kräfte der Körper basirt, ein
                              									entscheidendes Urtheil fällen.
                           Die physischen Eigenschaften der Körper oder Elemente stehen höchst selten mit den
                              									chemischen Eigenschaften derselben in irgend einer bekannten oder leicht erkennbaren
                              									meßbaren Beziehung, und die Gesetze der Affinität, dieser Seele chemischer
                              									Wechselwirkungen, mit irgend einer der physischen Eigenschaften der Körper in
                              									Einklang zu bringen, hat schon der geistreiche Berthollet
                              									trotz seines ungemeinen Scharfsinnes und seiner tiefen
                                 										physischen und chemischen Kenntnisse vergeblich
                              									versucht.
                           Dazu kömmt noch, daß der Lichtstrahl, der so leicht durch brennbare organische
                              									Verbindungen von seinem Wege abgelenkt wird, bei seinem Durchgange durch chemisch
                              									zusammengesetzte und sich fortwährend chemisch verwandelnde organische Flüssigkeiten
                              									nur allzu leicht von in einem Stadium entstehenden, im andern wieder verschwindenden
                              										
                              									Combinations- und Zersetzungsproducten afficirt werden kann, von deren
                              									Bestehen oder Vergehen der Physiker keine Mittel hat sich zu versichern.
                           Hätte Prof. Steinheil seine sich selbst gestellte höchst
                              									interessante Aufgabe, auf die chemische Constitution der Körper durch die einfachen
                              									physischen Eigenschaften der näheren Bestandtheile derselben zu schließen, wahrhaft wissenschaftlich behandelt, so hätte ihm die
                              									Wissenschaft auch bei dem ungünstigen Erfolge seiner Bemühungen nur höchst dankbar
                              									seyn können. Die Weise jedoch, in welcher er seine Aufgabe angriff, ist höchst einseitig, und deßhalb nur als ein Tafelexperiment
                              									bei physikalischen Vorträgen von Interesse.
                           Zur wissenschaftlichen Behandlung seiner Aufgabe wäre vor allem nothwendig gewesen,
                              									1) daß er bei jedem optisch erhaltenen analytischen Resultate eines chemisch
                              									erzeugten Productes, durch eine mit demselben parallel laufende genaue chemische
                              									Analyse hätte darthun lassen, daß sein neuer Weg, den er gegangen, kein Irrweg
                              									sey;
                           2) daß er bei der höchst mannichfaltigen (wie uns schon der Geschmack lehrt)
                              									chemischen Zusammensetzung der Biere, auf welche er sein Augenmerk vorzüglich
                              									geworfen,
                           a) Biere von verschiedenen Stadien der Gährung,
                           b) Biere nach verschiedenen Braumethoden bereitet,
                           c) Biere von verschiedener Farbe, weiße und braune,
                           optisch untersucht und durch parallel laufende genaue
                              									chemische Analysen dargethan hätte: daß die eigenthümlichen chemischen Producte,
                              									welche durch die verschiedenen Braumethoden und in den verschiedenen Stadien der
                              									Gährung entstehen; daß ferner die verschiedenen Producte, welche sich durch das mehr
                              									oder weniger getrocknete und geröstete Malz bilden und die dem Biere seine Farbe und
                              									größtentheils seinen Geschmack geben: nicht neben dem Alkohol und Malzzucker,
                              									Malzgummi etc. das Gährungsvermögen und auch das specifische Gewicht in der Art
                              									modificiren, daß die bloß auf die Brechungsverhältnisse von Alkohol und Bierextract
                              									basirte optische Probe von andern Gährungsproducten obiger Art nicht so afficirt
                              									worden, daß sie mit voller Sicherheit nicht mehr unter allen Fällen angewendet
                              									werden könne.
                           Daß das Bier sich wie ein Gemenge aus Zucker und Branntwein verhalte, das konnte nur
                              									einem Physiker in den Sinn kommen und die Resultate der optischen Probe näherten
                              									sich schon mehr der Wahrheit, als Steinheil auf Prof. Kaiser's Vorschlag sein sogenanntes Normalbier anstatt
                              									aus Zucker, aus Bierextract zusammensetzte.
                           So lange bei seinem neuen Wege, den Steinheil einschlug,
                              									nicht alle diese Punkte genau ermittelt sind, hat die optische Probe für die  Praxis nur einen sehr
                              									untergeordneten Werth, der mit dem Preise der dazu nöthigen Instrumente von 88 fl.
                              									in gar keinem Verhältnisse steht.
                           Nachdem ich bisher die Gründe beleuchtet, welche die Commission bei der Auswahl der
                              									verschiedenen Bierproben leiteten, kann ich nun speciell zu denjenigen Punkten der
                              									Anklage übergehen, welche mich, die Commission und den
                                 										Verwaltungsausschuß ausschließend betreffen.
                           Den ersten Vorwurf: daß die von mir angegebenen Zahlen in Hinsicht auf die
                              									saccharometrische Bierprobe unrichtig seyen, fand ich bei Vergleichung des
                              									Originalprotokolles zu meinem großen Leidwesen begründet, und ich habe auch noch
                              									denselben Tag, als mir Steinheil, wie Eingangs erwähnt,
                              									sagen ließ, die Zahlen der Resultate nach der Balling'schen Methode erhalten, seyen unrichtig, eine Berichtigung an Dr. E. Dingler in Augsburg
                              									gesendet, welche er jedoch in sein Journal nicht aufnahm, da in seinem Auszuge
                              									meiner Abhandlung überhaupt nichts von der Balling'schen
                              									Probe erwähnt war.
                           Der Vorwurf: daß ich in meiner oben angeführten Abhandlung angegeben: ich hätte diese Resultate aus den Originalprotokollen
                                 										genommen, ist jedoch nicht wahr, und Prof. Steinheil hat bloß darum eine solche Zuthat von
                              									vornherein nöthig gefunden, um für seine scheinbare Entrüstung eine desto breitere
                              									Basis zu erhalten. In meiner oft citirten Abhandlung habe ich bloß in der Anmerkung
                              									angeführt: die Resultate seyen von Marx, Krötz und Steinheil
                              									erhalten.
                           Ich habe diese Resultate nach den Angaben von Steinheil
                              									und Pettenkofer in der Sitzung der Commission vom 31.
                              									Julius 1847 copiren lassen. Die Fehler liegen ohne Zweifel in der Copiatur, die ich
                              									jedoch gleichfalls mit dem Originale verglichen habe. Die häusigen Unterbrechungen
                              									in diesem Geschäfte können allein Ursache gewesen seyn, daß ich die falschen Zahlen
                              									übersah, die jedoch nur in den Decimalstellen liegen.
                           Indessen muß ich auch hier wieder den Leser auf die Weise
                              									aufmerksam machen, in welcher Steinheil die Zahlen feiner
                              									wissenschaftlichen Resultate angibt.
                           In dem Sitzungsprotokolle vom 31. Julius 1847 und dem Referate von Pettenkofer unterm 24. Jan. 1848 findet sich der
                              									Alkoholgehalt der saccharometrischen Probe angegeben zu 3,57 Proc.; in Steinheil's Gegenbemerkuugen S. 294 gibt er sie zu 3,775;
                              									meine falsche Zahl heißt 3,15.
                           
                           Gehen wir zu den eigentlichen von Steinheil geschriebenen
                              									Originalprotokollen, welche ich erst jetzt zu sehen bekam, so wird uns die Differenz
                              									obiger Angabe sogleich klar.
                           Nachdem von Krötz, Marx und Steinheil eigenhändig unterzeichneten Protokolle in 4to
                              									ist der Alkoholgehalt nach der optischen Probe von Steinheil selbst angegeben 3,55 Procente; dagegen der Alkoholgehalt nach
                              									der saccharometrischen Probe in demselben Protokolle 3,80 und 3,775.
                           Diese Zahlen sind aber in Beziehung auf die optische Probe zu groß.
                           Um sie nun mit dieser in Einklang zu bringen, hat er in seiner wissenschaftlichen
                              									Weise an diesem Resultate zu corrigiren angefangen, indem er also fortfährt:
                           
                              „Allein durch Vergleichung des Extractgehaltes und seines specifischen
                                 										Gewichtes aus Balling's Tabelle I. mit den
                                 										Zuckergewichtsprocenten und den specifischen Gewichten in meiner Abhandlung S.
                                 										42 und 30 ergibt sich, daß 18,00 Zuckergewichtsprocente dasselbe specifische
                                 										Gewicht haben, mit 19,025 Procente Extractgehalt von Balling.“
                              
                           Nach diesen Verhaltnissen corrigirt er demnach den Alkoholgehalt nach der Balling'schen Probe von 3,775 auf 3,57 herab, weil er so
                              									mit seinen Resultaten nach der optischen Probe besser
                              									stimmte, und diese Zahl gab er auch in der Sitzung der Commission vom 31. Julius
                              									1847 an.
                           Nachdem aber das Resultat der chemischen Analyse häufiger besprochen worden, fand er
                              									diese seine Zahl 3,55 zu klein; er sah sich also veranlaßt, in einer neuen Beilage ohne Datum, in welcher er sich jedoch auf
                              									die chemische Analyse beruft, den Alkoholgehalt seiner optisch-aräometrischen
                              									Probe von 3,55, wie sie in den beiden Sitzungsprotokollen nach Steinheil's Vortrag angegeben wurde, wieder auf 3,76 zu erhöhen und die
                              									saccharometrische herabcorrigirte wieder auf ihre
                              									ursprüngliche richtige Zahl zurückzuführen.
                           Man sieht also, wie es Prof. Steinheil mittelst seiner
                              									originellen wissenschaftlichen Behandlung so leicht wird, durch einige kleine
                              									Reductionen und Correctionen die Zahlen seiner Beobachtungsresultate so groß oder so klein zu machen, als er sie eben
                              									braucht.
                           Wir haben von der Schmiegsamkeit eines solchen wissenschaftlichen Princips noch
                              									mehrere Beweise.
                           Als wir, Kaiser und ich, die hallymetrische Analyse des
                              										Sedlmayr'schen Bieres unternahmen, haben wir zugleich
                              									dasselbe laut Protokoll vom 10. Julius 1847 auch optisch-aräometrisch
                              									untersucht.
                           
                           Die Instrumente waren sämmtlich aus der Steinheil'schen
                              									Werkstätte hervorgegangen. Das Resultat war für Alkohol 2,8, also um 0,75 Proc.
                              									kleiner als es nach den Steinheil'schen Untersuchungen
                              									ausfiel, und beinahe um 1 Proc. kleiner als der wirkliche Gehalt.
                           Wir gehen nun zum zweiten Vorwurfe über, der uns von Steinheil gemacht wird, nämlich: ich hätte seine
                                 										Probsude deßhalb ignorirt, weil sie mir weniger zuverlässig erschienen als die
                                 										von mir angeführten.
                           Da hat er vollkommen recht, und ich will nun den Lesern auseinandersetzen, weßhalb
                              									ich weniger Vertrauen in die Steinheil'schen setzte, als
                              									in die von mir angeführten.
                           Oben habe ich schon die Gründe angegeben, aus welchen die Commission selbst keine
                              									Notiz von diesen Probesuden nehmen konnte.
                           Diese Gründe haben auch mich zum Theile geleitet, als ich obige Abhandlung
                              									schrieb.
                           Ich will dem Leser aber noch mehrere andere angeben.
                           1) Beobachtungen überhaupt, welche als Norm bei irgendwie zu treffenden gerichtlichen
                              									Maßregeln dienen sollen, müssen von mehreren Beobachtern
                              									zugleich angestellt seyn, und namentlich von solchen, welche kein pecuniäres
                              									Interesse bei der Untersuchung leitet.
                           2) Zu Beobachtungen, wo es gilt, über verwickelte chemische
                                 										Vorgänge und Erzeugnisse ein richtiges, maßgebendes Urtheil zu fällen,
                              									verlange ich nothwendig einen Chemiker, der mehr versteht
                              									als Messen und Zählen.
                           Schon im Anfange des Experimentes hatte es sich gezeigt, daß Prof. Steinheil keinen Begriff von dem Unterschiede zwischen
                              									Ober- und Untergährung besaß.
                           3) Bei Experimenten in so großem Maßstabe, welche zum Zweck haben, den Verlauf eines
                              									chemischen, ununterbrochenen, Tag und Nacht andauernden Processes zu studiren, ist
                              									eine eben so ununterbrochene, dauernd sorgfältige Ueberwachung nöthig. Wer je im
                              									Großen gearbeiet hat, wird einsehen, wie nöthig diese Ueberwachung schon des fremden
                              									dabei betheiligten Personals halber sey.
                           4) Beim Studium dieses eben angedeuteten chemischen Processes kann ohne die Anwendung
                              									der genauesten chemischen Analyse kein Schritt vorwärts gemacht werden. Wir haben
                              									schon oben gesehen, daß die neueste optische Probe desto mehr von der Wahrheit
                              									abweiche, je stärker der Weingeistgehalt der Biere wird; deßhalb ist gerade hier, wo
                              									es gilt, den Uebergang von Zucker in Alkohol vom Anfange des Processes bis ans Ende
                              									zu studiren, die optische Probe ein sehr verdächtiges Werkzeug,  und das Experiment überhaupt,
                              									da ihm die chemische Controle fehlt, ohne Werth.
                           Daß in den von mir benützten Probesuden Beobachtungsfehler liegen, konnte mir nicht
                              									entgehen, obgleich ich das von Steinheil citirte
                              									Protokoll nicht gesehen habe. Ich bemerkte deßhalb auch in meiner Abhandlung S. 290,
                              									daß ich diese Daten rechnend verglichen hätte, so weit als
                                 										möglich war.
                           Indessen liegt der Irrthum nicht in den Visirstäben, wenigstens nicht in dem Maaße,
                              									wie die damalige Commission und mit ihr Prof. Steinheil
                              									annimmt, und die Resultate sind trotz einiger Beobachtungsfehler hinreichend genau,
                              									um den Gang bei den Biergährungsprocessen im Großen beurtheilen und einen
                              									Anhaltspunkt bieten zu können für die Anwendung der hallymetrischen Bierprobe auf
                              									die Tarifmäßigkeit der Biere.
                           Es ist hier wieder die hallymetrische Analyse der Würze
                              									und des vergohrenen Bieres allein, welches es uns möglich macht, den Werth dieser
                              									Probesude für die Praxis zu beurtheilen.
                           Vergleicht man nämlich den ursprünglichen Würzegehalt des vergohrenen Bieres aus dem
                              									Extract und Alkohol berechnet, mit demjenigen, welchen das nach der Gährung übrig
                              									gebliebene Flüssigkeitsquantum nach der hallymetrischen Analyse der Würze enthalten
                              									muß, so findet man, wie ich in der von mir berechneten und mit „nach der Gährung“ überschriebenen Tafel S.
                              									291 und 292, Colonne 6 und 7 angegeben habe:
                           
                              
                                 Würze, berechnet nach dem Alkohol und Extract.
                                 Würze nach dem Flüssigkeitsüberreste nach der
                                    											Gährung.
                                 Differenz in Procenten.
                                 
                              
                                 128,37
                                 129,95
                                 0,158
                                 
                              
                                 138,10
                                 141,77
                                 0,367
                                 
                              
                                 138,95
                                 144,77
                                 0,582
                                 
                              
                                 148,98
                                 141,04
                                 –0,794.
                                 
                              
                           Wir sehen also hier allein im Probsude Nr. 4 einen der Beobachtungsfehler von einiger
                              									Bedeutung.
                           Betrachten wir die übrigen drei Experimente, so finden wir, baß der Würzegehalt in
                              									Colonne 7 größer ausfällt, als in Colonne 6, wie es auch geschehen muß, da die Würze
                              									noch alle jene Theile enthielt, welche sich als Hefe nach der Gährung ausgeschieden
                              									haben.
                           Wollten wir die in Steinheil's Gegenbemerkungen erwähnten
                              									16½ Eimer auf Rechnung der Visirstäbe bringen, so würden wir in unserer
                              									controlirenden Rechnung als Differenz ein negatives
                              									Resultat  anstatt eines
                              									positiven Resultates erhalten, wie dieß im Probesude Nr. 4 wirklich statt fand, was
                              									natürlich ein baarer Unsinn wäre.
                           Bei Verfertigung von Visirstäben wird immer auf die Krümmung der Gefäße Rücksicht
                              									genommen, und ich glaube nicht, daß die damalige Commission so ungeschickt gewesen
                              									seyn konnte, dieß nicht zu wissen.
                           Auch bei Anführung dieser Probesude habe ich wieder nicht gesagt: ich hätte sie aus
                              									den Originalprotokollen entnommen, sondern S. 290: ich hätte diese Daten von Prof.
                              										Kaiser, nach seiner Versicherung, im Originale mitgetheilt erhalten. Kaiser war Commissionsmitglied bei obigen Proben. Die Handschrift war die
                              									von Prof. Zierl und wenn ich mich recht erinnere Dr. Pettenkofers mit
                              									Anmerkungen von Kaiser.
                           Das waren nun lauter Commissionsmitglieder, und Steinheil
                              									hat auch diesen Umstand nur deßhalb benützt, um Gelegenheit zu erhalten, dem Leser
                              									neuerdings begreiflich zu machen, daß er von der Sache viel besser unterrichtet sey
                              									als ich.
                           Was den folgenden Vorwurf Steinheil's betrifft:
                           Die Commission hätte, wie er, Probesude veranstalten sollen, so habe ich schon
                              									Eingangs erklärt:
                           Die Commission habe, wenn die Aufgabe vollständig gelöst
                              									werden sollte, für nöthig erachtet, Probesude zu verschiedenen
                                 										Zeiten, in verschiedenen Gegenden und also nach verschiedenen Braumethoden angestellt, zu vergleichen und zu studiren;
                              									dazu sind aber Jahre vonnöthen, die, wie Steinheil selbst wissen wird, der Commission nicht
                              									gegönnt worden sind.
                           Die Frage übrigens, welche der Commission vorgelegt wurde, habe ich schon Eingangs
                              									angeführt:
                           Sie lautete keineswegs: zu ermitteln, wie groß der Einfluß sey, den der sogenannte
                              										Gährungsgrad (ein Name, den Steinheil erst durch seine Niederlage im Kampfe mit Balling kennen lernte) auf die Salzprobe allein ausübt, den kannte sie
                              									längst, was auch die Resultate beweisen, welche sich aus den von mir
                              									zusammengestellten Bieranalysen ergeben, und von welchen Steinheil keine Ahnung hatte, wie wir sogleich sehen werden.
                           Die Aufgabe der Commission war: „verbesserte und
                                    											leicht anwendbare Apparate zur technischen Untersuchung des Bieres in
                                    											polizeilicher Rücksicht dem Ministerium zu empfehlen, und über den
                                    											bisherigen Erfolg praktischer Versuche zur technischen Untersuchung der
                                    											Biere ein Gutachten
                                 										
                                 										abzugeben“, und diesen Fragen hat sie auch
                              									Genüge geleistet, so weit als es die beschränkte Zeit gestattete.
                           Nun kommen wir zu Beschuldigungen, die mich, die Commission und den Verwaltungsausschuß des polytechnischen Vereins zugleich betreffen, und
                              									mit welchen Prof. Steinheil eben nicht sehr verhüllt zu
                              									erkennen gibt: die Commission und der Verwaltungsausschuß
                                 										seyen ein blindes Werkzeug von mir gewesen.
                           In seinen Gegenbemerkungen S. 296 sagt er unter vielem Anderen: „ich (Schafhäutl) fände ganz einfache Gründe, nachzuweisen,
                                 										daß zur Bestimmung des Gehaltes eines Bieres nach dem ersten Theile der Fuchs'schen Probe allein das Entnehmen eines gleichen
                                 										Volumens Bier mit einer Gay-Lussac'schen
                                 										Pipette einfacher wäre; daß man jedoch bei gleichem Gewichte bleiben müsse.
                                 										Hätte Prof. Schafhäutl diese Gründe früher anerkennen
                                 										wollen, so würde er mir viel Mühe erspart haben.“ Weiter heißt es auf
                              									dieses Actenstück hin (er meint sein Separatvotum vom 21. Febr. 1848)
                              										„habe sich endlich die Commission und nach ihr der Verwaltungsausschuß
                                 										entschlossen, von der Pipette
                                    									abzugehen.“
                           Von allen diesen Beschuldigungen ist kein Wort wahr.
                           Nie ist die Commission oder der Centralverwaltungsausschuß auf
                                 										irgend einen Antrag oder irgend ein Separatvotum Steinheil's in dieser Beziehung
                                 										eingegangen. Es hat zwar der Vorstand des polytechnischen Vereins einige
                              									Versuche zur Herstellung des lieben Friedens gemacht; diese Versuche sind aber weder
                              									durch die Commission noch den Verwaltungsausschuß veranlaßt worden.
                           Daß ich die Eingangs erwähnten Gründe, die Steinheil so
                              									viel Mühe gemacht haben sollen, schon ausgesprochen habe, als Steinheil noch gar keine Idee von diesen Gründen hatte, will ich sogleich
                              									beweisen.
                           Die Commission hatte sich dahin entschlossen, durch genaue Vergleichungen
                              									bewogen:
                           1) Zu vorläufigen Untersuchungen den ersten Theil der hallymetrischen Probe als dem
                              									Zwecke vollkommen entsprechend vorzuschlagen.
                           2) Die Wage gar nicht anzuwenden, und Hr. Medicinalassessor Pettenkofer schlug deßhalb statt der Wage eine Gay-Lussac'sche Pipette vor, die ein gleiches Volum Flüssigkeit mit
                              									derselben Sicherheit heraushebt, als dieß bei dem gewöhnlichen Abwägen derselben
                              									stattfindet. Der Commission gefiel dieser Antrag. Steinheil erhob sich  und stimmte mit aller Heftigkeit jedoch nur gegen die Unsicherheit des ersten Theiles der hallymetrischen
                              									Probe: „denn wäre der erste Theil ausreichend, wozu hätte Fuchs den zweiten Theil derselben
                                 										erfunden.“
                           Von dem Mißgriffe, der durch Anwendung des gleichen Maaßes anstatt des gleichen
                              									Gewichtes entstehen würde, hatte Steinheil damals noch
                              										keine Idee.
                           Ich kam deßhalb lachend zu Fuchs, als gerade der
                              									Universitäts-Professor Dr. Pettenkofer anwesend war, und erklärte: Steinheil
                                 										habe in seinem wüthendem Kampfe gegen die Anwendung des ersten Theiles der
                                 										hallymetrischen Probe, der dennoch, wie Steinheil zuletzt selbst zuzugeben genöthigt war, nahezu richtig sey (S. 297, Z. 28 seiner Gegenbemerkungen), gerade das übersehen, was diesen ersten Theil wirklich
                                 										unsicher mache, nämlich die Anwendung gleichen Volumens anstatt gleicher
                                 										Gewichte, wie sich dieß durch eine einfache Rechnung darthun lasse. Ich sey
                                 										jedoch eben im Begriffe die Pipette in solcher Art zu construiren, daß mittelst
                                 										derselben dennoch stets ein gleiches Gewicht Flüssigkeit herausgehoben werden
                                 										könnte.
                           Fuchs fand aber meine Mittheilung von solcher Bedeutung,
                              									daß er Prof. Pettenkofer ersuchte, dem Vorstande des Vereines meine Eröffnungen mitzutheilen,
                              									damit man nicht nachher der Commission den Vorwurf machen könne, als sey dieser
                              									wichtige Umstand übersehen worden. Prof. Pettenkofer unterzog sich diesem Ansuchen mit Vergnügen
                              									und theilte dem Vorstande des Vereins das eben erwähnte mit.
                           Daß sich dieß wirklich so verhält, bezeugen die beiliegenden eigenhändigen Schreiben
                              									von Oberbergrath FuchsSiehe Beilage I und Prof. Dr. Pettenkofer.Siehe Beilage II
                           Am 12. Februar 1848 gab Steinheil sein erstes Separatvotum ein, in welchem er, was er in der
                              									Sitzung mündlich vorgetragen, wie ich oben erwähnte, schriftlich niederlegte, zwar
                              									von den Balling'schen Gährungsgraden spricht, aber mit
                              									keiner Sylbe des allein Bedeutung habenden Umstandes erwähnt, daß das gleiche Volumendem gleichen Gewichte nicht substituirt
                              									werden dürfe.
                           
                           Indessen schritt ich mit Construirung meiner Pipette rasch vorwärts, woraus ich auch,
                              									sowie aus den oben erwähnten Umständen kein Geheimniß machte, und am 17. Febr. 1848
                              									war bereits meine erste Doppelpipette fertig, wie die Bescheinigung und das Buch des
                              									Mechanikers Greiner dahier beweist, welcher meine
                              									Instrumente überhaupt verfertigte.Siehe Beilage III.
                           Erst am 20. Febr., also drei Tage, nachdem mein erstes Instrument bereits fertig war,
                              									kam Steinheil mit seinem zweiten Separatvotum, in welchem
                              									er am Ende zum erstenmal erklärt:
                           
                              „Die Abänderung welche Hr. Leibapotheker Pettenkofer an der Fuchs'schen Probe
                                 										gemacht hat etc. ist daher hauptsächlich Ursache an dem großen Unterschiede der
                                 										Salzprobe.“
                              
                           Man sieht aus den oben citirten Actenstücken, wie viel zu spät Steinheil mit seiner Entdeckung gekommen ist, auf die er sich soviel zu
                              									Gute thut, und kann nun urtheilen wie es sich mit der Wahrheit der übrigen
                              									Erzählungen verhalte.
                           In einer weitern Bemerkung sucht Steinheil weiter zu
                              									beweisen: die Erfindung meines aräometrischen Hebers sey überflüssig gewesen und
                              									warum?
                           Der Leser höre! nämlich weil Steinheil selbst schon 1836
                              									auf den Wunsch des Prof. Fuchs ein ähnliches Instrument
                              									erfunden habe, das viel besser und einfacher sey als das meine. Von dieser Erfindung
                              									weiß jedoch keine Seele etwas, auch nicht einmal Fuchs,
                              									auf dessen Wunsch es doch Steinheil erfunden haben will!
                              									Man sehe das beiliegende Zeugniß.Siehe Beilage IV. Ich kann der
                              									Versicherung Steinheils keinen Glauben schenken und aus
                              									einem moralischen Grunde. Steinheil, der lange Zeit vor
                              									jeder seiner Erfindungen gackernd die Welt zu erfüllen pflegt, mit dem was er
                              									ausführen will und, wenn endlich das Windei gelegt ist, in seinem Weltentzücken dem
                              									ersten besten Unglücklichen der ihm in den Wurf kömmt, um den Hals fällt nach dem
                              										Horazischen quem vero arripuit
                                 										tenet occiditque dicendo etc., der sollte eine so „große“ Erfindung so lange in den Acten
                              									vergraben gelassen haben! Unglaublich!
                           Das Instrument übrigens, welches er in seinen Gegenbemerkungen S. 298 beschreibt,
                              									bietet kein Aequivalent für das meine. Von einem solchen Instrumente verlange
                              									ich:
                           1) daß es beim Gebrauche wo möglich noch weniger Umstände macht, als die Gay-Lussac'sche Pipette;
                           
                           2) daß man bei dem Instrumente nichts einzustellen, nichts abzulesen, nichts
                              									hinzuzufügen oder wegzunehmen braucht, schon der schaumbedeckten Flüssigkeit
                              									halber;
                           3) daß man trotz diesem ein bestimmtes Quantum von Flüssigkeit mit derselben
                              									Genauigkeit herauszuheben und in das bestimmte Gefäß zu
                              									bringen im Stande ist, als sie die bei solchen Untersuchungen zu gebrauchende Wage
                              									geben würde;
                           4) daß keine verschiebbaren beweglichen Theile mit der herauszuhebenden Flüssigkeit
                              									in Berührung kommen, welche durch das Bier bald fest und unbrauchbar gemacht
                              									werden.
                           Daß das von Steinheil angegebene Instrument diesen
                              									Bedingungen nicht entspreche, scheint er selbst gefühlt zu haben, denn er fügt noch
                              									hinzu: „will man aber einen Apparat haben der sich
                                    											wie der Schafhäutl'sche von selbst einstellt“ etc.
                           Dadurch gesteht er ja aber selbst mit klaren Worten, daß er einen Apparat wie den meinen im Jahr 1836 nicht erfunden hatte. Erst durch
                              									meinen Apparat im Jahr 1848 veranlaßt, machte er wieder im Jahr 1848 einen Vorschlag
                              									zu einem der sich, wie der meinige, von selbst einstellen
                              									soll.
                           Die Beschreibung jedoch ist so originell, daß mit ihr gar nichts gesagt und gethan
                              									oder, wie er sich ausdrückt, bewiesen ist.
                           Der Vorschlag ist wieder ganz à
                              									la
                              									Steinheil — ein flüchtiger Gedanke, wie er eben
                              									einem durch den Kopf fährt, ohne Rücksicht auf praktische Möglichkeit der Ausführung
                              									und Anwendung.
                           „Eine Flasche, heißt es, mit
                                 										etwas dünnem Halse ist hinreichend, deren Inhalt mit einem gewissen Gewichte
                                 										belastet ist. Was heißt das: „ihr Inhalt ist
                                 										belastet?“ welcher Deutsche ist im Stande so etwas zu verstehen!
                           Wie macht man es, daß die Flasche nicht umfällt im Wasser, daß sie bis zu dem Striche
                              									am Halse untersinkt und nicht tiefer? Wie bringt man gerade ein bestimmtes Gewicht
                              									Bier in die Flasche, oder wenn es darin ist, wie bringt man dasselbe Quantum ohne
                              									Verlust wieder heraus in das Glas mit dem Salze? Das Instrument wird doch keine Nicholson'sche Wage seyn sollen? Und auf eine solche
                              									Beschreibung hin hat Prof. Steinheil am Ende seiner
                              									Gegenbemerkungen S. 299 und 300 die Keckheit zu sagen:
                           „Wir haben gezeigt: daß ein Apparat (wie der Schafhäutl'sche) auch durch eine gewöhnliche Flasche
                              									ersetzt werden kann. Das heißt ja mit dem Leser Spott treiben!
                           
                           Der weitere Vorwurf endlich, daß ich von der optischen Probe keine Erwähnung gethan,
                              									wird mich als Vorwurf nicht treffen, wenn ich erkläre:
                           Daß ich es in meiner Abhandlung bloß mit der hallymetrischen Probe zu thun hatte, und
                              									die Balling'sche mit berührte, weil Balling in allen
                              									seinen Aufsätzen dahin arbeitete, die hallymetrische ihrer Verdienste zu
                              									berauben.
                           Absichtlich habe ich ihrer indessen nicht erwähnt aus collegialem Zartgefühle; denn wäre ich mit den Thatsachen, zu deren
                              									Bekanntmachung mich Steinheil jetzt durch seinen Angriff
                              									gezwungen hat, in meiner obigen Abhandlung aufgetreten, so würde ich ihm und seiner
                              									Erfindung keinen Dienst erwiesen haben.
                           Die gleich auf diesen Vorwurf folgende Behauptung: daß die hallymetrische Probe nur
                              									für ausgegohrene Biere (es werden übrigens keine andern untersucht) richtig sey, ist
                              									von solcher Art, daß, wenn ich Steinheil nicht täglich um
                              									mich gesehen hätte, ich glauben müßte sie käme von einem der nicht recht bei Troste
                              									ist.
                           Zur Begründung dieser letzten Behauptung — welche Experimente führt er an
                              									— zwei, die er selbst gemacht hat über Nacht mittelst der
                              									optisch-aräometrischen Probe, und zwei, die Pettenkofer gemacht hatte einige Tage darnach mit demselben Biere.
                           Die Differenz fand Steinheil 1, 6 Procent.
                           Wir haben aber aus meiner Tabelle gesehen, welche die Resultate vergleichender
                              									Untersuchungen zwischen der optischen und hallymetrischen Bierprobe von mehreren
                              									Jahren zusammenstellt, daß die optische Probe auch bei ausgegohrnem Biere im Durchschnitt um mehr als 2 Proc. differirt (was
                              									ebenfalls einen Grund zu ihrer Beseitigung abgab) — welcher vernünftige
                              									Mensch wird sich wundern, wenn sie dieß auch bei halb ausgegohrenem Biere thut! Die
                              									Ursache ist ja eben, daß die optische Probe überhaupt keine
                                 										verlässigen Resultate gibt.
                           In meiner Abhandlung S. 309 habe ich ferner nicht durch ein paar
                              									Zweck-Experimente, die ich zu Hause in meinem Schreibzimmer als Cicero pro domo gemacht, sondern durch 119
                              									Exfahrungsresultate, während einer Reihe von 12 Jahren erhalten, bewiesen, daß der
                              									erste Theil der hallymetrischen Probe, wie ihn die Commission vorgeschlagen, zur
                              									Erhebung des Gesammtgehaltes bei vorläufigen Untersuchungen wenn wir auch das Alter
                              									des Bieres nicht kennen, vollkommen ausreichend sey, weil die Unsicherheit bei
                              									wirklich zur Consumtion gebrachten Bieren  durch diese Methode allein nie ein halbes Procent
                              									erreicht, ja auf 0,22 herabgebracht werden kann, wenn man das Alter nur ungefähr
                              									weiß.
                           Die optische Probe allein kann den ersten Theil der hallymetrischen nicht ersetzen;
                              									die Eigenthümlichkeit der hallymetrischen Probe liegt zum Theil in dem Umstände, daß
                              									das Kochsalz dem Alkohol nicht alles Wasser zu entziehen im Stande ist. Wirklich
                              									untersuchte Biere von allen Gährungsgraden und Altern haben zu diesen Resultaten
                              									geführt, die durch kein a + b - c hinwegraisonnirt werden können.
                           Was endlich die Vergleichung der Kosten der optisch-aräometrischen Probe mit
                              									der hallymetrischen betrifft, so kann Steinheil diese
                              									Vergleichung unmöglich im Ernste gemeint haben. Bedenken wir noch dazu, daß die
                              									optische Probe beinahe mit jedem Jahre eine andere wird — so ist die optische
                              									Probe aus der Steinheil'schen Werkstätte, welche die
                              									hiesige polytechnische Schule gekauft hatte, nach dem gegenwärtigen Stande der
                              									optischen Probe (im Jahre 1847/48 nämlich) in der Steinheil'schen Werkstätte verbessert worden — was eine Summe von
                              									36 fl. kostete — ferner daß die optische Probe nur in der Hauptstadt
                              									justificirt, reparirt und corrigirt werden könne, und zwar jedesmal nur um schweres
                              									Geld, so wird man wohl nicht schwanken zwischen der Wahl bei den Proben auch in
                              									pecuniärer Hinsicht.
                           Was den Vorzug der Probe wegen der Schnelligkeit, mit welcher sie ihre Resultate
                              									gibt, betrifft und die Steinheil so oft erwähnt, so hat
                              									ihn schon Balling belehrt, daß ein zweifelhaftes oder gar
                              									falsches Resultat von keinem Werthe ist, wenn es auch in gar keiner meßbaren Zeit
                              									erhalten werden könnte.
                           Zum Schlüsse will ich noch denjenigen, welche sich mit hallymetrischen Untersuchungen
                              									beschäftigen, rathen Steinheils Versicherung ja nicht zu
                              									glauben, als sey das Zusammendrängen des Salzes in den kleinsten Raum überflüssig,
                              									sowie die anzuwendende Temperatur gleichgültig.
                           Der Vorschlag beweist nur daß Steinheil wieder Experimente
                              									gemacht habe um ein Resultat zu erhalten, welches er wünscht.
                           Das Niedersinken der in der Bierflüssigkeit suspendirten Salzkörner in einem gewissen
                              									Zeitraume hängt
                           1) von der Weite der Röhren,
                           2) von der Beschaffenheit des Bieres selbst ab.
                           In engen Röhren stemmen sich die Körner sehr oft, so daß man ohne Anwendung eines
                              									Drahtes sie gar nicht in den kleinsten Raum zusammenbringen kann.
                           Bei den meisten Bieren scheiden sich, wenn das Kochsalz beigemengt  wird, namentlich bei der
                              									zweiten Operation, Kleber und andere Verbindungen aus, welche in Flocken die
                              									Salzkörner umhüllen und je nach ihrer Größe ein vollständigeres oder
                              									unvollständigeres, ein rascheres oder langsameres Niedersinken der Körner bewirken,
                              									so daß man übereinstimmende Resultate nur erhält, wenn man die Fuchs'sche Vorschrift befolgt, die Salzmasse öfter mit einem Drahte
                              									durchfährt und das Zusammenklopfen bis an die Gränze treibt, welche hier allein
                              									Sicherheit gewährt. Nahezu dasselbe Verhältniß findet hinsichtlich der Temperatur
                              									statt. Innerhalb der Gränzen, welche Fuchs vorgeschrieben
                              									hat, finden, wenn man eine gewisse Temperatur um ein Geringes überschreitet,
                              									Verschiedenheiten in der Quantität der Salzrückstände statt, welche an der
                              									Sättigungsgränze nicht mehr stattfinden. Ebenso ist bei derselben Temperatur unter 28° und bei derselben Zeit der
                              									Salzrückstand verschieden, je nach dem Gehalte und der Zusammensetzung der
                              									Biere.
                           Betrachten wir endlich zum Schlüsse Steinheils Resumé,
                              									Seite 299, so finden wir:
                           1) Wahr ist, daß ich die Zahlen in Hinsicht auf die
                              									saccharometrische Probe unrichtig angegeben habe, was mir wirklich sehr leid thut,
                              									was ich aber nicht mehr ändern kann; falsch dagegen, daß
                              									ich die Protokolle dabei citirt hätte.
                           Theilweise wahr ist, daß die chemische, die optisch-aräometrische und saccharometrische Analyse merkwürdig übereinstimmende Resultate geben; die
                              									optische hätte ausgelassen werden sollen.
                           Falsch ist, daß die hallymetrische Probe in Anwendung auf
                              									Feststellung des normalmäßigen Gehaltes auf Probesude basirt sey, welche ¼
                              									des Quantums unsicher lassen.
                           Nicht wahr ist, daß die Commission zur Vergleichung der
                              									verschiedenen Bierproben nur nach langen Kämpfen zu überzeugen war von der
                              									Unzulänglichkeit der Pettenkofer'schen Salzprobe.
                           Falsch ist, daß der Apparat von Steinheil schon 1836 erfunden wurde, welcher die Dienste des meinigen
                              									versehen könnte; ebenso falsch ist, daß mein Apparat durch eine gewöhnliche Flasche
                              									ersetzt werden könnte.
                           Nicht wahr ist es also daß sich, wie es S. 297, Zeile 17 heißt, der
                              									Centralverwaltungsausschuß compromittirte, sondern Prof. Steinheil hat sich compromittirt, was übrigens nicht das erstemal gewesen
                              									ist, und gewiß auch nicht das letztemal gewesen seyn wird.
                           Das alles habe ich nicht durch Phrasen und Experimente, bei welchen kein Mensch Zeuge
                              									war, sondern durch vieljährige Erfahrungsresultate,  durch Protokolle und Zeugnisse
                              									bewiesen, und schließe somit meine Abhandlung, den freundlichen Leser um Nachsicht
                              									bittend, daß ich ihn etwas lange mit verschiedenen Auseinandersetzungen
                              									belästige.
                           Für den Eingeweihten wäre dieses freilich nicht nöthig gewesen; der kann nur lächeln
                              									über die kindlich wissenschaftliche Unschuld, welche im Ernste glaubt, die
                              									Instrumente und Operationen der analytischen Chemie könnten je durch ein Biot'sches Prisma, ein Mikroskop und eine Senkspindel
                              									ersetzt werden!
                           BeilageI.
                           Zeugniß.
                           Ich Endesgesetzter bezeuge hiemit dem Hrn. Professor Dr.
                              										Schafhäutl, daß er mir noch vor dem Separatvotum des
                              									Hrn. Conservator Steinheil vom 12.Februar in meiner
                              									Wohnung auseinandergesetzt hat, wie er zwar mit Anwendung einer Pipette statt der
                              									Wage einverstanden sey, aber durch Rechnung gefunden habe, daß die Pipette in ihrer
                              									ursprünglichen Einfachheit nicht angewendet werden könne, weil ein gleiches Volumen
                              									einem gleichen Gewichte Biers nicht substituirt werden könne. Er, Prof. Schafhäutl, also eine Pipette construiren werde, mit
                              									welcher man stets gleiche Gewichte Flüssigkeiten herausheben könne. Ich hielt diese
                              									Eröffnung, da Hr. Prof. Steinheil noch mit keiner Sylbe
                              									dieses Umstandes gedacht hatte, für so interessant, daß ich Hrn. Prof. Pettenkofer sogleich bat, dieselbe dem Vorstande des
                              									polytechnischen Vereins in meinem Namen mitzutheilen, damit ein allenfalls
                              									entstehender Streit über die Priorität der Ermittlung dieser Thatsachen bezüglich
                              									der Anwendbarkeit einer einfachen Pipette wo möglich von vornherein vermieden werden
                              									könnte.
                           Den 12. September 1848.
                           
                              Conservator Dr. Fuchs.
                              
                           BeilageII.
                           Ew. Hochwohlgeboren! Bezüglich Ihrer sehr verehrlichen Zuschrift vom 8. l. M. habe
                              									ich die Ehre zu erwidern:
                           Mit Vergnügen bezeuge ich meinem Gewissen und der Wahrheit gemäß, daß Ew. Hochw., als
                              									wir uns nach der Sitzung des Ausschuffes für die Untersuchung der Bierproben bei Fuchs zusammenfanden, sich über den Vorschlag meines
                              									Onkels, Hofapothekers Dr. Pettenkofer, die Wage bei der hallymetrischen Bierprobe durch  die Gay-Lussac'sche Pipette entbehrlich zu machen, allerdings sehr
                              									erfreut geäußert, jedoch zugleich bemerkt haben, daß Sie durch Rechnung gefunden,
                              									daß die Pipette in ihrer ursprünglichen Einsachheit nicht zu gebrauchen sey, weil
                              									das gleiche Volumen bei verschiedenem spec. Gewicht bewirke, daß die Salzrückstände
                              									im Hallymeter dem Gewichte nach nicht mehr direct auf den Gehalt des Bieres
                              									schließen lassen. — Sie erklärten hiebei, daß Sie eben mit Versuchen
                              									beschäftigt seyen, der Pipette eine derartige Einrichtung zu geben, daß man sie
                              									benutzen könne, um jederzeit ein gleiches Gewicht Flüssigkeit damit auszuheben. Ihr
                              									ursprünglicher Gedanke weicht, wie ich aus Ihrer Abhandlung etc. entnehme, im
                              									wesentlichen gar nicht von der Form ab, in welcher Sie ihn nachher dem Publicum
                              									übergeben haben. — Auf Aufforderung von Fuchs hin
                              									ging ich auch gleich zum Vorstande des polytechn. Vereins, Hrn. Münzwardein Haindl, ihm anzuzeigen, daß Sie sowohl die Gay-Lussac'sche Pipette in der von meinem Onkel
                              									vorgeschlagenen Form unzulänglich finden, als auch, daß Sie mit Construction einer
                              									Pipette eben beschäftigt seyen, welche ohne Anwendung der gewöhnlichen Wage
                              									jederzeit gleiches Gewicht Vier auszuheben gestatte. Dieß geschah, damit nicht nach
                              									der Hand etwa Vorwürfe auftauchen möchten, als habe die Commission diesen Umstand
                              									übersehen.
                           Mit ausgezeichneter Hochachtung Ew. Hochwohlgeb.
                           München, den 10. Sept. 1848.
                           
                              ergebenster.Dr. Max Pettenkofer,Univers.-Professor.
                              
                           BeilageIII.
                           Laut meines Buches habe ich am 17. Febr. 1848 den ersten Apparat zur
                              									Bier-Untersuchung, bestehend in einer Doppelpipette für Hrn. Professor Dr. Schafhäutl
                              									verfertigt.
                           München, den 12. Sept. 1848.
                           
                              A. Greiner,Mechanikus,
                                 										Althammereck Nr. 5/1.
                              
                           BeilageIV.
                           Zeugniß.
                           Ich Endesunterzeichneter erkläre hiemit, daß ich von einem Instrumente, welches Hr.
                              									Prof. Steinheil auf meinen Wunsch verfertigt haben will,
                              									und welches mir in der That sehr erwünscht gewesen #x2014;von einem Instrument,
                              									mittelst welchem man ein gleiches Gewicht irgend einer Flüssigkeit mit aller Schärfe
                              									entnehmen kann ohne Wage und Gewicht—nichts weiß.
                           Den 12. Septbr. 1848.
                           
                              Conservator Dr. Fuchs.