| Titel: | Ueber Untersuchung des Mergels für landwirthschaftliche Zwecke. | 
| Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. XXII., S. 114 | 
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                        XXII.
                        Ueber Untersuchung des Mergels für
                           								landwirthschaftliche Zwecke.
                        Mit einer Abbildung.
                        Ueber Untersuchung des Mergels für landwirthschaftliche
                           								Zwecke.
                        
                     
                        
                           Bei Anwendung des Mergels zur Verbesserung manches Ackerbodens kommt es außer der
                              									Beobachtung der physikalischen Beschaffenheit des Mergels, der, wie bekannt, im
                              									wesentlichen als ein Gemenge von kohlensaurem Kalk mit Thon und Sand betrachtet
                              									werden muß, vorzüglich darauf an, den Kalkgehalt des betreffenden Mergels zu kennen.
                              									Dieß ist durch äußere Kennzeichen mit einiger Sicherheit nicht zu ermitteln. Man
                              									sieht sich daher gezwungen seine Zuflucht zu chemischen Hülfsmitteln zu nehmen. Da
                              									es nun aber für viele Landwirthe von Interesse ist, eine derartige Bestimmung selbst
                              									vornehmen zu können, indem nicht alle in der Lage sind Jemand, der ihnen eine solche
                              									Untersuchung mit genügender Zuverlässigkeit ausführte, in ihrer Nähe zu haben, so
                              									scheint es nicht zwecklos ein ganz einfaches, leicht ausführbares Verfahren hier
                              									recht genau zu beschreiben, damit es jeder danach ohne weiteren Anstand ausführen
                              									könne.
                           Fresenius und Will haben ein
                              									höchst einfaches Verfahren ausgedacht, wonach sich mit Hülfe eines kleinen,
                              									gläsernen Apparates und einer passenden kleinen Waage die Bestimmung des
                              									Kohlensäuregehaltes jedes kohlensauren Salzes, also auch des Kalkes und des
                              									denselben enthaltenden Mergels, vornehmen laßt. Da man weiß daß sich 44 Theile
                              									Kohlensäure stets mit 56 Theilen Kalk zu 100 Theilen kohlensaurem Kalk verbinden,
                              									und daß sich in dem reinen kohlensauren Kalke nie eine größere oder geringere Menge
                              									Kalk oder Kohlensäure, als dem angegebenen Verhältnisse entspricht, vorfindet, so
                              									ist klar daß, wenn man die Menge von Kohlensäure ermittelt hat, die in einem
                              									Gesteine enthalten ist, welches neben kohlensaurem Kalke nur Thon und Sand enthält,
                              									wie der Mergel, man mit Leichtigkeit aus der gefundenen Kohlensäuremenge den Gehalt
                              									an kohlensaurem Kalk berechnen kann.
                           Es ist ferner bekannt daß, wenn man auf kohlensauren Kalk eine starke Säure, z. B.
                              									Salzsäure oder Essig gießt, ein Aufkochen entsteht; dieß rührt davon her, daß die
                              									Kohlensäure sich von dem Kalke trennt, luftförmig wird und entweicht, die
                              									hinzugegossene starke Säure aber sich an der Stelle jener mit dem Kalke verbindet.
                              									Hat man den Versuch
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 110, S. 115
                              so eingerichtet, daß man die entwichene Kohlensäure wiegen
                                 										kann, so ergibt eine einfache Rechnung die Menge des vorhanden gewesenen
                                 										kohlensauren Kalkes. Zu dem Zwecke bedient man sich zwei kleiner 10–12
                                 										Loth Wasser fassenden Fläschchen, in der Abbildung mit A und B bezeichnet, und in der Weise mit
                                 										Röhren verbunden, daß die Röhre c nur eben durch den
                                 										Kork des Fläschchens A geht, in dem Fläschchen B aber so tief als möglich in die Flüssigkeit
                                 										reicht. Man steckt ferner durch den Kork der Flasche B das oben und unten offene Röhrchen d
                                 										hindurch, so daß es nur eben unter den Kork geht; auf der Flasche A aber wird ein längeres Röhrchen a, was bis nahe an den Boden der Flasche reicht,
                                 										durch den Kork geschoben. Für dieses muß ein kleiner Kork geschnitten oder ein
                                 										Wachspfröpfchen gemacht werden, womit es bei b
                                 										verschlossen werden kann. Die Röhrchen sowie die Hälse der Flaschen müssen
                                 										vollkommen dicht an den Kork anschließen. Ob dieß in der That der Fall, kann man
                                 										leicht vor dem Versuch probiren, wenn man das Fläschchen B zu ⅓ mit Schwefelsäure füllt, die Korke auf beide Flaschen,
                                 										sowie auf die kleine Röhre a fest aufsetzt und die
                                 										Flasche A durch Umfassen mit der Hand erwärmt.
                                 										Schließen alle Theile luftdicht, so kann die durch die Wärme ausgedehnte Luft
                                 										nur durch die Röhre C und die Flüssigkeit in dem
                                 										Fläschchen B entweichen und man wird dort einige
                                 										Blasen aus C aufsteigen sehen. Sobald man die Hand
                                 										von A wegnimmt, muß man das Pfröpfchen b öffnen, damit die Flüssigkeit aus B bei der Abkühlung nicht nach A zurücksteige. Man gießt nun die Flasche A zu ⅓ voll mit starker Salzsäure, setzt etwa
                                 										halb so viel Wasser zu, bringt den Apparat auf der Waage ins Gleichgewicht,
                                 										wirft den genau abgewogenen Mergel in die Flüssigkeit, drückt den Kork schnell
                                 										auf A fest. Die sich entwickelnde Kohlensäure hat
                                 										keinen anderen Ausweg, als durch die Röhre C und die
                                 										concentrire Schwefelsäure in B, welche die
                                 										Wasserdämpfe zurückhält und nur die Kohlensäure entweichen läßt. Aller
                                 										Gewichtsverlust kann also nur von gasförmig gewordener, hinweggegangener
                                 										Kohlensäure herrühren. Da man weiß daß 44 Theile Kohlensäure in 100 Theilen
                                 										kohlensaurem Kalk enthalten sind, so darf man nur den Gewichtsverlust mit
                                 										100
                              
                           
                           multipliciren und mit 44 dividiren, um zu erfahren wie viel
                              									kohlensaurer Kalk in der angewandten Menge von Mergel enthalten war. Multiplicirt
                              									man nun die aufgefundene Menge des Kalkes mit 100 und dividirt mit dem Gewichte des
                              									angewandten Mergels, so erfährt man, wie viel Procente kohlensauren Kalkes in dem
                              									Mergel enthalten sind. Wendet man daher gerade 100 Gran Mergel zu dem Versuche an,
                              									so wird der letztere Theil der Rechnung ganz erspart, und die durch Multiplication
                              									der Gewichtsmenge der gefundenen Kohlensäure mit 100 und Division mit 44 erhaltene
                              									Zahl gibt sogleich den Procentgehalt des Mergels an kohlensaurem Kalk an.
                           Specielle Beschreibung des
                                 									Verfahrens.
                           Die beiden Flaschen A und B
                              									werden wohl gereinigt, getrocknet und rein abgewischt. Die Flasche B zu ⅓ mit englischem Vitriolöl gefüllt und der
                              									Kork mit den Röhren c und d
                              									fest aufgesetzt, so daß c bis nahe an den Boden in die
                              									Flüssigkeit taucht. Die Flasche A wird zu ⅓ knapp
                              									mit starker Salzsäure gefüllt; hierauf gießt man etwa halb so viel Wasser, so daß
                              									sie nicht ganz halbvoll wird, der Kork wird lose aufgesetzt, eine kleine Glasröhre,
                              									welche an dem einen Ende zugeschmolzen ist, und eine solche Weite und Länge besitzt,
                              									daß sie willig durch den Hals der Flasche geht und flach auf deren Boden liegen
                              									kann, an einen dünnen Faden gebunden und zugleich mit dem ganzen Apparat an die eine
                              									Seite eines Waagebalkens gehängt, oder auf die eine Schale gestellt, die Waage aber
                              									durch Aufschütten von trockenem Sand, feinen Schrotkörnern oder dergl., möglichst
                              									genau ins Gleichgewicht gebracht. Hierauf legt man auf letztere 100 Gran Gewicht und
                              									bringt alsdann so viel Mergel in die am Faden hängende Glasröhre, daß das
                              									Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Man hat auf diese Weise also 100 Gran Mergel
                              									in die Röhre gebracht, nimmt den Apparat nun von der Waage, läßt die mit Mergel
                              									gefüllte Röhre an dem Faden bis zur Oberfläche der Flüssigkeit in der Flasche A herunter, senkt die Röhre a, welche bereits in gehöriger Länge durch den Kork geschoben und schon
                              									vor dem Wägen mit dem kleinen Pfropfen b versehen wurde,
                              									in die Flüssigkeit, läßt durch Loslassen des Fadens den Mergel in die Säure fallen,
                              									und beeilt sich, so schnell als möglich den Kork fest aufzudrücken.
                           Sogleich beginnt ein lebhaftes Aufschäumen der Flüssigkeit, und Gasblasen gehen durch
                              									die Säure in der Flasche B. Man bewegt von Zeit zu Zeit
                              									die Flüssigkeit durch gelindes Umschwenken des ganzen Apparates. Man muß vorsichtig
                              									seyn daß die Säuren nicht an die Korke  gelangen, und falls man beim Eingießen der Säure den Hals
                              									der Flaschen benetzt hat, diesen vor dem Aufsetzen der Korke mit Papier gut
                              									abwischen. Nach 5–10 Minuten hat die Gasentwicklung ganz aufgehört und der
                              									Mergel ist zum Theil aufgelöst, zum Theil als trüber Schlamm aus der Röhre in die
                              									Flüssigkeit der Flasche A gelangt. Man öffnet nun den
                              									kleinen Pfropfen b auf der Röhre a und saugt mit dem Munde an der Röhre d. Es
                              									tritt dadurch Luft durch a in den ganzen Apparat und
                              									verdrängt die noch darin enthaltene Kohlensäure, man hört mit dem Saugen auf, sobald
                              									man keine Kohlensäure mehr schmeckt.
                           Sollte die Flasche A etwas warm geworden seyn, so wartet
                              									man bis sich dieselbe wieder ganz abgekühlt hat, bringt den ganzen Apparat wieder
                              									auf die Waage, und sieht wie viel Grane man von den 100 hinwegnehmen muß, damit das
                              									Gleichgewicht wieder hergestellt werde. Die Anzahl derselben drückt offenbar aus,
                              									wie viel Kohlensäure dem Gewichte nach entwichen ist.
                           Man habe z. B. 18 Grane hinwegnehmen müssen, es sind also in 100 Gran Mergel 18 Gran
                              									Kohlensäure enthalten gewesen:
                           44 : 100 = 18 : x; x = 18 × 100/44 = 40 9/10.
                           Es sind also in dem Mergel 40 9/10, also beinahe 41 Proc. kohlensaurer Kalk enthalten
                              									gewesen. Hätte man nur 10 Gran nach vollendetem Versuch hinwegnehmen dürfen, um das
                              									Gleichgewicht herzustellen, so hätte man 10 × 100 mit 44 dividiren müssen,
                              									also 22 12/44 oder 22 3/11 Proc. kohlensauren Kalk darin nachgewiesen.
                           Die kleinen gläsernen Apparate sind fertig zusammengesetzt zu 8 Ggr. bei Hrn.
                              									Mechanikus Schmidt in Braunschweig, Bohlweg, dem
                              									Zeughause gegenüber, zu haben. Auch die Waagen und Gewichte sind bei demselben in
                              									passender Größe und Feinheit zu erhalten. (Mitth. d. Gew.-Ver. f.
                                    										Braunschw.)