| Titel: | Neue vergleichende Untersuchung der Faser des Phormium tenax und anderer spinnbarer Pflanzen; von Hrn. Vincent. | 
| Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. XXIII., S. 118 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXIII.
                        Neue vergleichende Untersuchung der Faser des Phormium tenax und anderer spinnbarer Pflanzen; von Hrn.
                           									Vincent.
                        Aus den Comptes rendus, Jun. 1848, Nr.
                              								23.
                        Vincent's vergleichende Untersuchung des neuseeländischen Flachses
                           								und anderer spinnbarer Pflanzen.
                        
                     
                        
                           Bisher betrachtete ich die (salpetrigsaures Gas enthaltende) Salpetersäure von
                              									36° Baumé als das einzige Reagens, womit man die Gegenwart des Phormium tenax, des neuseeländischen Flachses, zu entdecken vermag, indem jene Säure bei
                              									gewöhnlicher Temperatur eine rothe Färbung der Fasern dieser Asphodele erzeugt,
                              									während wohlgereinigte und von den Acheln befreite Hanffasern durch Salpetersäure
                              									nicht gefärbt werden.Man vergl. polytechn. Journal Bd. CIV S. 357.In der letzten Zeit fand ich, daß gehechelter Hanf, welcher in stehendem
                                    											Wasser geröstet wurde, schwach rosenroth wird. Leinenfäden erleiden, wenn
                                    											die Holzsubstanz gehörig rein dargestellt wurde, durch Salpetersäure keine
                                    											Veränderung; mit Beihülfe der Wärme aber werden diese Fäden rosenroth und
                                    											die Farbe wird sogleich schwächer.
                           Jetzt schlage ich ein zweites Verfahren vor, welches eben so leicht auszuführen ist,
                              									und beim Probiren der Leinwand die durch bloße Salpetersäure erhaltenen Resultate zu
                              									controliren gestattet. Es besteht darin, das Gewebe oder die gehechelte Faser mit
                              									einer Auflösung von Chlor in Wasser zu befeuchten; nach
                              									2–3 Secunden dauernder Berührung wird die Flüssigkeit abgegossen und durch
                              									einige Tropfen Ammoniak ersetzt, wodurch die Phormium-Fäden sogleich violettroth gefärbt
                              									werden. Die Ordnung dieser Agentien darf nicht umgekehrt werden; denn wenn das
                              									Ammoniak zuerst, und dann erst die Chlorlösung auf die Faser gegossen wird, findet
                              									gar keine Färbung statt.
                           Wird das auf angegebene Weise violettroth gefärbte Phormium mit (einigen Tropfen) Salpetersäure behandelt, so verlieren die
                              									Fäden ihre Farbe; doch wird, nachdem man sie gewaschen und getrocknet hat, durch
                              									concentrirte Salpetersäure die rothe Farbe wieder erzeugt. Hanffäden, der Einwirkung
                              									dieser beiden Agentien, des Chlors und Ammoniaks, unterzogen, nehmen eine schwach
                              									rosenrothe Farbe an, welche bei Hechelfäden, die in stehendem Wasser gelegen hatten,
                              									etwas lebhafter hervortritt; doch ist die Wirkung keineswegs mit der das Phormium charakterisirenden reichen Farbe zu
                              									vergleichen. Den Flachs anbelangend, so  behält dieser seine ursprüngliche Farbe und jene Agentien
                              									wirken nicht merklich auf ihn.
                           Unter den monocotyledonischen und dicotyledonischen exotischen Gewächsen
                              									verschiedener Familien, wie der Bromeliaceen, Malvaceen, Urticeen, Thymeläen,
                              									Leguminosen, Musaceen, Liliaceen und Asclepiadeen, kennen wir folgende Pflanzen als
                              									spinnbare Fasern liefernd: Agave foetida (Martinique);
                              										Agave americana; Hibiscus cannabinus (Senegal); Boehmeria(Sandwichsinseln); Oua-ouké(ebendaselbst); Lagetto (St. Domingo); Crotalaria
                                 										juncea (Indien); Abaca (Manilla); Corchorus capsularis (Indien); Asclepias gigantea (Indien). Ich habe das Fasergewebe derselben
                              									untersucht.
                           Ich fand, daß die Salpetersäure, welche die Agave, Bromelia, Hibiscus, Lagetto, Crotolaria, Abaca
                              									und Corchorus roth oder rosenroth färbt, beim Oua-ouké eine kaum
                              									rosenrothe, und bei der Asclepias gigantea gar keine
                              									Färbung erzeugt.
                           Durch die aufeinanderfolgende und nur sehr kurz andauernde Einwirkung von Chlor-Lösung und Ammoniak-Flüssigkeit, nehmen die Fasern der Agave, Bromelia, des Hibiscus cannab.,
                                 									Lagetto, der Crotalaria, Abaca und des Corchorus verschiedene, dem Violettroth angehörende
                              									Nüancen an, deren Intensität aber diejenige des Phormium
                              									lange nicht erreicht. Die Boehmeria und Asclepias gigantea werden gar nicht verändert.
                           Das Ammoniak färbt die Fasern des Hibiscus cannab., des Lagetto und der Abaca gelb; auf Agave
                                 										foetida und americana, Bromelia caragata und
                              										karatas, Boehmeria, Crotalaria, Corchorus und Ascelpias ist es ohne Wirkung.
                           Eine Lösung von Jod in Wasser färbt die meisten dieser
                              									Gewächse blaßgelb; eine Ausnahme davon machen Bromelia
                                 										karatas, die ihre Farbe behält, Boehmeria und
                              										Lagetto, welche von diesem Reagens berührt, an
                              									einigen Stellen schwach blau gefärbt erscheinen.In fließendem Wasser gerösteter Hanf wird von wässeriger Jodlösung recht
                                    											merklich gebläut; wenn nicht immer eine blaue Färbung entsteht, so erklärt
                                    											sich dieß dadurch, daß bekanntlich die Stärkmehlsubstanz nicht in der ganzen
                                    											Pflanze gleich verbreitet ist.In stehendem Wasser gerösteter Hanf wird nicht blau.Der Flachs, selbst wenn er in fließendem Wasser geröstet wurde, zeigt nur
                                    											sehr selten Spuren von Stärke.
                           Durch Salzsäure wird von allen aufgezählten Gewächsen nur
                              									der Lagetto und die Crotalaria
                                 										juncea gelb gefärbt.
                           
                           Kali endlich färbt die Fasern dieser Pflanzen gelb; nur
                              									die Fäden der Asclepias gigantea widerstehen der
                              									Einwirkung dieser ätzenden Flüssigkeit.