| Titel: | Bericht des Hrn. Silvestre über einen neuen Mechanismus für zusammenlegbare Hüte, welcher von Hrn. Rouget de Lisle erfunden wurde. | 
| Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. XXXII., S. 169 | 
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                        XXXII.
                        Bericht des Hrn. Silvestre über einen neuen Mechanismus für
                           								zusammenlegbare Hüte, welcher von Hrn. Rouget de Lisle erfunden wurde.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, August
                              									1848, S. 460.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Silvestre, über einen neuen Mechanismus für zusammenlegbare
                           								Hüte.
                        
                     
                        
                           Die Erfindung der sogenannten mechanischen oder faltbaren Hüte (Chapeaux pliants), d. h. solcher, deren Form man nach
                              									Belieben zusammendrücken oder aufrichten kann, stammt von England, und datirt sich
                              									vom Anfang des Jahrs 1824. Die Franzosen, welche sich seit fünfzehn Jahren mit
                              									diesem Industriezweige befassen, haben denselben aber jetzt fast ganz an sich
                              									gerissen.
                           Hr. Gibus ist der erste, welcher in Frankreich mechanische
                              									Hüte verfertigte und diesen neuen Handelsartikel in Aufnahme brachte. Seit 1834, zu
                              									welcher Zeit sich Hr. Gibus seinen faltbaren Hut
                              									(beschrieben im polytechn. Journal Bd. LXXIII S. 28) Patentiren ließ, wurde eine
                              									große Anzahl von Systemen von Fabrikanten veröffentlicht, welche fast alle
                              									Erfindungs- oder Vervollkommnungspatente darauf nahmen. Wenn wir der
                              									zahlreichen Versuche, um ein scheinbar so geringfügiges Resultat zu erreichen,
                              									erwähnen, und beifügen, daß die Gerichte nur zu oft in Anspruch genommen wurden, um
                              									über Prioritätsklagen zwischen verschiedenen Fabrikanten zu entscheiden, so
                              									geschieht dieß nur deßhalb, um zu beweisen, daß die fragliche Industrie seit langer
                              									Zeit die Gunst des Publicums genießt und folglich der Beachtung werth ist. Sie
                              									verdient diese Beachtung um so mehr, als die Fabrication der mechanischen Hüte
                              									täglich an Ausdehnung zunimmt und die Ausfuhr dieser Hüte noch beträchtlicher ist
                              									als ihr Absatz im Inlande.
                           Unter den neueren derartigen Mechanismen verdient vorzüglich der von Hrn. Rouget de Lisle hervorgehoben zu werden. Es ist zwar
                              									wahr, daß dieser Erfinder von seinen Vorgängern einige der Hauptorgane entlehnte, z.
                              									B. die Stützen mit Federn; durch eine glückliche Anordnung dieser Organe wußte er
                              									jedoch seinem Mechanismus den Charakter der Originalität zu ertheilen. Dieser
                              									Mechanismus bietet nämlich mehrere ganz neue Eigenthümlichkeiten dar; solche sind z.
                              									B. die Beweglichkeit der Achse, um welche sich die beiden Stützenhälften drehen, die
                              									Befestigungsweise der Spiralfeder auf der Drehungsachse selbst, und die gebogene
                              									Form der Platinen. In Folge der sinnreichen  Zusammenstellung der einzelnen Theile des Mechanismus
                              									wirkt der Federdruck nicht mehr, wie bei den anderen Systemen mit Rollen, in der
                              									Richtung des Radius Vectors des Excentricums, sondern rechtwinkelig auf diese
                              									Radien. Die Folge davon ist, daß wenn man die Arme öffnet, die Bewegung der Rolle
                              									auf dem Excentricum, dessen Krümmung richtig berechnet ist, viel leichter von
                              									statten geht, viel gesicherter ist, und daß das Einspringen rascher und kräftiger
                              									erfolgt.
                           Hr. Rouget de Lisle verband sich mit einem erfinderischen
                              									Mechaniker Hrn. Lempereur, welcher die Ausführung aller
                              									Theile besorgt, die zum Hutgerippe gehören. Derselbe verfertigte auch lange Zeit die
                              									Mechanismen für Hrn. Gibus; er brachte es dahin, den
                              									Preis der neuen Gerippe mit Federn so billig zu stellen, daß ganz fertige Hüte zu 6
                              									Fr. per Stück geliefert werden können, und zu 6½
                              									Fr. mit Hutschachtel von Pappe. Die Bequemlichkeit, Leichtigkeit und Dauer dieser
                              									Hüte, verbunden mit dem sehr mäßigen Preise, sichern denselben einen bedeutenden
                              									Absatz.
                           Beschreibung des neuen Mechanismus für
                                 										faltbare Hüte.
                           Fig. 7
                              									perspectivische Ansicht des Mechanismus oder des Hutgerippes.
                           Fig. 8 Ansicht
                              									einer zweitheiligen Stütze, für den Fall daß der Hut geöffnet ist.
                           Fig. 9 Ansicht
                              									derselben Stütze von der andern Seite.
                           Fig. 10
                              									Seitenansicht derselben bei zusammengeklapptem Hute.
                           Aus Fig. 7 ist
                              									die Construction und Zusammensetzung der Theile, aus welchen das Gerippe besteht,
                              									vollkommen ersichtlich.
                           Man sieht daß dieses Gerippe aus zwei Streifen a, b
                              									besteht, die aus Uhrfedern gebildet sind, welche man von gewünschter Breite
                              									schneidet. Einer derselben stellt den Boden des Hutes, der andere die Oeffnung dar,
                              									die immer oval und schwach gewölbt ist, wie dieß die Krümmung c, d andeutet.
                           Die beiden Reife sind durch vier stählerne Stützen f, g, h,
                                 										i, welche gleich weit von einander entfernt sind, verbunden. Jede dieser
                              									Stützen besteht aus zwei Theilen oder Armen, die eine gemeinschaftliche bewegliche
                              									Drehungsachse e haben.
                           Außerdem sind die vier Stützen, wie dieß bei allen ähnlichen Mechanismen der Fall
                              									ist, mit den beiden Reifen durch acht gewöhnliche Scharniere verbunden, und zwar
                              									sind diese Scharniere sowohl an die Reife als auch an die Stützen angenietet. Was
                              									jedoch diese Stützen von den bisher angewendeten unterscheidet, ist die
                              									Beweglichkeit der 
                              									Drehungsachse, um welche sich beide Arme drehen und an welcher die Spiralfeder k befestigt ist, die ebensowohl den Hut schnell öffnet,
                              									als ihn auch zusammengedrückt erhält.
                           I oberer Arm von rundem Stahldraht, dessen unteres Ende
                              									breit geschlagen ist, so daß an dasselbe zwei Wangen oder Flügel m mit zwei Nieten angenietet werden können.
                           In der Mitte dieser Wangen oder Flügel sind Schlitze angebracht, in welchen sich die
                              									Drehungsachse e leicht verschieben kann, ohne jedoch
                              									viel Spielraum zu haben.
                           o stählerne Rolle, welche sich um eine Achse dreht, die
                              									in der durch die beiden Wangen m gebildeten Gabel von
                              									außen fest eingenietet ist.
                           k Spiralfeder, welche über den runden Arm l gesteckt wird, ehe sein oberes Ende mit dem Hammer
                              									breit geschlagen ist.
                           n messingener Bügel, welcher ebenfalls über den Arm l geschoben werden muß, ehe das obere Ende stach gemacht
                              									wird. Die beiden unteren Enden dieses Bügels sind mit Augen versehen, durch welche
                              									ein stählerner Stift geht, der zu gleicher Zeit die Drehungsachse der beiden Arme
                              									bildet, aus welchen die Stütze besteht, und der Feder k
                              									als Anhalts- oder Stützpunkt dient. Statt daß die Achse e, wie bei den bekannten Mechanismen feststeht, bewegt
                              									sie sich in den beiden Schlitzen der Flügel m (oder die
                              									Flügel m verschieben sich über die Achse, während sie
                              									sich um dieselbe drehen) und dreht und verschiebt sich so zu gleicher Zeit, während
                              									sie noch mittelst des Bügels n den Stützpunkt für die
                              									Feder k bildet.
                           r unterer Arm, der ebenfalls von Stahl ist und oben ein
                              									Excentricum mit zunehmenden Halbmessern trägt; auf dasselbe drückt die Rolle o, und es dient auf diese Weise als zweiter Widerstand
                              									für die Feder k. Um die Arme gestreckt zu erhalten, so
                              									daß sie die Spannung des Hutüberzuges aushalten können, ohne nachzugeben, hat das
                              									Excentricum oben etwas über der Drehungsachse e und
                              									seitwärts von derselben einen kleinen Einschnitt, in welchen ein kleiner Theil des
                              									Rollenumfanges o genau paßt.
                           Um den Hut zu falten, drückt man mit der Hand auf den Boden desselben, bis er
                              									vollständig zusammengelegt ist, oder wenigstens so lange, bis die Rolle in einen
                              									seichten Ausschnitt des Excentricums einspringt, der unterhalb der Achse und
                              									ebenfalls etwas zur Seite angebracht ist. In dieser Lage stehen die Drehungsachse
                              										e, der Angriffspunkt der Feder im Bügel und die
                              									Rolle so gegen einander, daß die Feder, welche sich ausdehnen will, dadurch die
                              									beiden Arme nur noch mehr schließt. Haben die Arme die erwähnte Stellung, so ist der
                              									Hut gefaltet oder geschlossen.  Um den Hut zu öffnen, reicht es hin ihn auf den Kopf zu
                              									setzen, denselben ein wenig zu schütteln, oder den Boden mit der Hand so weit
                              									hinauszudrücken bis die Rolle aus dem kleinen Einschnitte hinausgetreten ist.
                              									Hierauf springt der Hut von selbst auf, und die Stützen stellen sich in gerade
                              									Linie, so daß der Hut steif ist.
                           
                        
                     
                  
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