| Titel: | Bericht über die Abhandlung des Hrn. v. Gemini über ein Verfahren das Holz vor Verderben und Fäulniß zu schützen; erstattet von Descaine. | 
| Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. LVI., S. 300 | 
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                        LVI.
                        Bericht über die Abhandlung des Hrn. v. Gemini über ein Verfahren
                           								das Holz vor Verderben und Fäulniß zu schützen; erstattet von Descaine.
                        Aus den Comptes rendus, August 1848, Nr.
                              								7.
                        v. Gemini's Verfahren das Holz vor Verderben und Fäulniß zu
                           								schützen.
                        
                     
                        
                           Die Abhandlung des Hrn. GeminiPolytechn. Journal Bd. CIX S. 135. zerfällt in
                              									zwei Theile; im ersten beschreibt er die bisher angewandten Verfahrungsweisen das
                              									Holz zu conserviren, und unterzieht sie einer Kritik; im zweiten theilt er eine
                              									summarische Beschreibung seines Apparats mit und gibt die Substanzen an die er damit
                              									gebraucht oder gebrauchen kann.
                           Wir werden denselben Gang befolgen.
                           Zuvörderst schien uns, daß Hr. v. Gemini im Widerspruch
                              									mit den sichersten Angaben der Wissenschaft und Erfahrung die Bemerkung macht, daß
                              									in das Holz gebrachte Metallsalze dasselbe nur mit mehr oder weniger auflöslichen,
                              									oder sogar flüchtigen oder wieder verschwindenden Substanzen imprägniren, woraus
                              									folgen würde daß diese Substanzen, wenn sie nach einer gewissen Zeit, selbst nur
                              									theilweise, das imprägnirte Holz wieder verlassen, nichts bewirken, als daß sie den
                              									Zusammenhang der Holzfasern aufheben, zwischen welche sie mit Gewalt eingetrieben
                              									wurden, worauf aber das Holz den verderblichen Einflüssen nur noch zugänglicher
                              									wäre, als in seinem normalen Zustand.
                           Alle unsere Beobachtungen haben uns jedoch überzeugt, daß die Verbindung gewisser
                              									Metalloxyde mit dem Holz so beständig ist, daß fortgesetztes Waschen von Zeugen
                              									sowohl als Garnen, die Menge des Kupfers, mit welchen sie getränkt wurden, auf keine
                              									merkliche Weise vermindert.
                           
                           Es wurde ferner amtlich dargethan, daß mit Kupfervitriol imprägnirtes Roth-
                              									und Weißbuchenholz, nachdem es fünf Jahre unter der Erde gelegen, nicht die
                              									geringste Veränderung erlitten hatte.
                           Wir müssen sonach der Meinung des Hrn. v. Gemini
                              									hinsichtlich der desorganisirenden Einwirkung der Metallsalze auf die Holzfaser
                              									widersprechen.
                           Wir haben andererseits den Apparat des Hrn. v. Gemini,
                              									womit ihm zufolge alle möglichen, sogar minder flüssige Substanzen in belieger Menge
                              									in das Holz eingetrieben werden können, nicht zu sehen bekommen. Wenn dieß gegründet
                              									wäre, so hätte derselbe erreicht was vor ihm niemand gelungen ist.
                           Die von uns untersuchten zwei Stücke Holz sind von Hrn. v. Gemini mit Theer injicirte eichene Schwellen, deren eine beinahe gar
                              									keinen Splint mehr hat, die andere aber auf drei Seiten davon umgeben ist.
                           Hr. v. Gemini behandelt trockenes oder ausgetrocknetes
                              									Holz in seiner Vorrichtung welche besteht:
                           1) aus einem hohlen gußeisernen Cylinder, in welchen die Holzstücke kommen; derselbe
                              									ist hinlänglich stark, um dem in seinem Innern erzeugten Vacuum zu widerstehen. Ein
                              									Ende dieses Cylinders wird mit einem durch Schrauben angetriebenen Deckel
                              									verschlossen; durch dieses Ende werden die zu präparirenden Holzstücke eingebracht;
                              									das andere Ende ist mit einem Ventil versehen, welches sich durch eine Stellschraube
                              									allmählich öffnet und zum Wiederfüllen des Cylinders mit Luft dient.
                           2) Aus drei Reservoirs für die Lösungen. Sie sind im Boden unterhalb des Cylinders
                              									angebracht, mit welchem jedes derselben durch eine Röhre in Verbindung steht, die in
                              									der Mitte einen Hahn hat und fast bis auf den Boden des Reservoirs hinabreicht;
                           3) aus einer Luftpumpe in Verbindung mit dem Cylinder, um in letzterm den luftleeren
                              									Raum zu erzeugen.
                           4) aus einer Druckpumpe, um Flüssigkeit mit starkem Druck in den Cylinder treiben zu
                              									können;
                           5) aus einem Dampfkessel, welcher nur dazu dient, den Cylinder mittelst einer
                              									Verbindungsröhre mit Dampf anzufüllen.
                           Der von Hrn. v. Gemini beschriebene Apparat hat, wie man
                              									sieht, viel Aehnlichkeit mit jenem des Hrn. Bréant,
                              									welcher von Payne in England verbessert wurde, woselbst
                              									schon seit mehreren Jahren das Holz mit bituminösen Substanzen getränkt wird.
                           Die von uns untersuchten Schwellen boten hinsichtlich ihrer Durchdringung mit Theer
                              									zwei besondere Fälle dar. Bei der ihres Splintes  beraubten Schwelle hatte sich
                              									das Holz gespalten und die imprägnirende Substanz war diesen Spalten gefolgt, um auf
                              									unregelmäßige Weise von der Peripherie in die Mitte der Schwelle zu gelangen; bei
                              									der andern, noch mit ihrem Splint versehenen Schwelle hingegeu, waren die gesunden Stellen dieses äußern Theils völlig von Theer durchdrungen. Jede aus großen Gefäßen
                              									bestehende Zone des Holzes ist auf dem horizontalen Durchschnitt, oder dem Hirnholz,
                              									durch Theerlinien bezeichnet. Der Kern ist unverändert. Schon seit den Versuchen des
                              									Hrn. Boucherie war es bekannt, daß der Kern des
                              									Eichenholzes von den flüssigsten Substanzen nicht durchdrungen wird, es sey denn in
                              									Folge einer sehr lange dauernden Berührung mit denselben.
                           Weder durch Aether noch durch das Mikroskop konnte im Innern der Holzfaser des
                              									Eichenholzkernes die geringste Spur des von Hrn. v. Gemini angewandten Theers entdeckt werden. Doch müssen die Schwellen bei
                              									seiner Behandlung mit schützenden, antiseptischen (fäulnißwidrigen) Substanzen
                              									(Kreosot etc.) in Gasform durchdrungen werden.
                           Wenn Balken von Eichenholz von je 75–90 Kilogr. Gewicht von Theil zu Theil
                              									durchdrungen wurden und 37 Kilogr. Substanz, theils Kochsalzlösung, theils Theer
                              									absorbirten; wenn Hr. v. Gemini durch seine Methode eine
                              									Gewichtszunahme des Holzes an trockner Substanz um ein Zehnthell erreichte, so hat
                              									er sicherlich bisher nicht überwundene Schwierigkeiten besiegt. Hr. Boucherie hatte nämlich früher wirklich die Absicht, das
                              									Holz im Innern durch Erzeugung von schwefelsaurem und kohlensaurem Kalk mittelst
                              									doppelter Zersetzung, sowie durch Niederschläge von Kieselerde zu petreficiren
                              									(versteinern); bekanntlich hat er aber die Hoffnung des Gelingens bald
                              									aufgegeben.
                           Was das aufeinanderfolgende Eintreiben zweier Auflösungen
                              									anbelangt, welches Hr. v. Gemini empfiehlt und wodurch
                              									die Ablagerung eines unauflöslichen Salzes im Holze erzielt werden soll, so bewirkt
                              									bekanntlich Hr. Boucherie die mineralischen Färbungen
                              									(Blau, Gelb, Grün etc.) auf keine andere Weise. Wenn man jedoch die Ablagerung einer
                              									unauflöslichen Substanz im Holzgewebe durch doppelte Zersetzung bewerkstelligen
                              									will, so muß es zuerst mit dem einen der dazu erforderlichen Körper imprägnirt
                              									werden. Dieser Körper kann aber nur im aufgelösten Zustande eingetrieben werden und
                              									diese Auflösung müßte alle durchdringbaren Theile
                              									ausfüllen. Was geschieht nun, wenn man in das so getränkte Holz eine zweite,
                              									ebenfalls aufgelöste Substanz treibt? Dieselbe kann offenbar nur dadurch eindringen,
                              									daß sie die erste, das ganze Gewebe erfüllende Lösung
                              									austreibt. Treibt sie diese aber vor sich her, so kann sie sich niemals in der Art
                              									mit ihr vermengen,  daß
                              									dabei ihre Zersetzung stattfindet, wie Hr. v. Gemini
                              									annimmt. Im günstigsten Fall begegnet sie auf ihrem Wege nur jenem kleinen Antheil
                              									der ersten Substanz, welcher von der Holzfaser zurückgehalten wurde und sich mit ihr
                              									verband. Dieß läßt sich auch anatomisch wahrnehmen und es geschieht z. B. wenn man
                              									zuerst Eisenvitriol und dann Blutlaugensalz eintreibt; in diesem Fall wird
                              									Berlinerblau erzeugt, indem das Cyaneisenkalium die frühere Verbindung aufhebt und
                              									an die Stelle der Holzfaser tritt.
                           Nach allem diesem kann man nicht annehmen, daß sich im Holze reichliche Ablagerungen
                              									von trockener Substanz bilden, oder daß man solche nach Belieben und rasch hervorrufen könne.
                           Das Verfahren des Hrn. v. Gemini ist sonach von demjenigen
                              									des Hrn. Boucherie, welches im Jahr 1840 bekannt wurde,
                              									wesentlich verschieden. Ersterer behandelt trocknes, behauenes Holz; letzterer noch
                              									mit seiner Rinde bekleidetes, saftführendes Holz. Das Verfahren des Hrn. v. Gemini besteht folglich darin, das Holz vor Fäulniß zu
                              									bewahren, indem er es vollkommen austrocknen und entweder von Theer oder Kochsalz
                              									durchdringen läßt.
                           Obgleich wir in den von Hrn. v. Gemini ausgesprochenen
                              									Behauptungen einige Unrichtigkeiten finden, so müssen wir doch die Wirksamkeit
                              									seines Apparats anerkennen, womit er den Splint des Eichenholzes mit theerartigen
                              									Substanzen durchdringt. Wir wissen daß der Oberingenieur der
                              									Paris-Straßburger Eisenbahn Proben von Schwellen aus London mitgebracht hat,
                              									welche acht Jahre lang im Boden gelegen hatten und ganz gut erhalten herausgezogen
                              									wurden; selbst konnten wir aber leider nur den Zustand von Schwellen prüfen, welche
                              									eine halbe Stunde lang der Behandlung unterzogen wurden und seit dem letzten Herbst
                              									der Luft ausgesetzt waren. Wir sind bei so kurzer Zeit nicht im Stande, entschiedene
                              									Auskunft über diesen, für die öffentlichen Arbeiten und den Ackerbau so höchst
                              									wichtigen Gegenstand zu geben, welcher vielleicht dereinst einen neuen
                              									Industriezweig begründet, dessen Aufgabe es seyn wird, über 2 Millionen Kubikmeter
                              									für die Eisenbahnen (Frankreichs) bestimmtes Holz zu conserviren.
                           Hr. v. Gemini, der für seine Mittheilung allen Dank
                              									verdient, möge zu weitern Versuchen mit Holzarten welche, minder hart sind als die
                              									Eiche, aufgefordert werden.