| Titel: | Construction, Leistungen und Vortheile des patentirten Doppel-Webstuhls, durch die von Daniel Schwarz in Schleusingen neuerfundene Schnell-Methode. | 
| Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. LXI., S. 330 | 
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                        LXI.
                        Construction, Leistungen und Vortheile des
                           								patentirten Doppel-Webstuhls, durch die von Daniel Schwarz in
                           									Schleusingen neuerfundene Schnell-Methode.
                        Aus der Deutschen Gewerbezeitung, 1848 Nr.
                              								89.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									VI.
                        Schwarz's Doppel-Webstuhl.
                        
                     
                        
                           Construction des
                                 										Doppel-Webstuhls.
                           Der Doppel-Webstuhl besteht aus zwei einzelnen, in einer Entfernung von circa 1½ Fuß neben einander stehenden, oben und
                              									unten mit Querriegel verbundenen Regulator-Stühlen. Die Getriebe befinden
                              									sich, wie Fig.
                                 										1 in der Vorderansicht nachweist, an den beiden innern Wänden der Stühle,
                              									zwischen welchen der Arbeiter sitzt, damit derselbe bei allenfallsiger Regulirung
                              									der einen oder andern Kette (Zettel) nicht vom Platze muß. Die Waare rückt auf
                              									beiden Stühlen von selbst fort. Die beiden Stühle haben eine Lade k, k, deren mittlerer Schützenkasten
                              									etwas länger ist, um die Schützen nach beiden Seiten ungehindert schnellen zu
                              									können. In den Schützenkästchen g sind leichte
                              									Holzfedern, damit die Schützen nicht zurückprallen. In der Mitte der Lade ist ein
                              									eiserner Handgriff h, h, mit welchem der Arbeiter, und
                              									zwar mit beiden Händen die Lade regiert. Die Wände der Geschirre (Schäfte) sind
                              									unten durch Querschemel verbunden, welche mit Stricken an die Tretschemel i, i befestigt sind, wodurch die Schäfte gleichmäßig
                              									bewegt werden, und auf beiden Stühlen ein richtiges Fach bilden. Damit durch die
                              									Länge dieser Querschemel die Geschirre, zum Nachtheil der Ketten, sich nicht hin und
                              									her schieben können, gehen die Tretschemel in einem Bocke.
                           Construction der Schnellerei.
                           Nachdem ich die Ueberzeugung erlangt hatte daß der Weber wegen zu großer Anstrengung
                              									nicht anhaltend am Doppel-Webstuhl arbeiten kann, sobald er, selbst bei der
                              									möglichst leicht construirten Schnellerei, mit einer Hand
                              										zwei Schützen schnellen und mit der andern Hand  die Lade führen muß,
                              									strebte ich dahin, die Schnellerei so einzurichten, daß der Weber gar nicht selbst
                              									zu schnellen braucht, was mir, aber allerdings erst nach mannichfachen und sehr
                              									mühevollen Versuchen, vollkommen gelang. Meine Schnellerei ist mit dem Gang der Lade
                              									und mit dem Tritte der Schemel verbunden, wie Fig. 1 der Schnellmethode,
                              									und folgende Beschreibung von Fig. 2 nachweist.
                           Zwischen den innern Armen der Lade ist ein Hebel a, an
                              									welchem der Vogel in dem mittlern Schützenkasten und die Schnuren f, f zu den beiden äußern Vögeln, welche die Schützen
                              									treiben, befestigt sind. Am Querholze dieses Hebels a
                              									sind zwei Riemen b, b, welche unter zweien an der Lade
                              									angeschraubten Rollen c, c und über eine, zwischen den
                              									Stühlen befindliche Rolle d laufen und an den beiden
                              									Tretschemeln i, i befestigt sind. Beim Tritte des
                              									Arbeiters wird nun der eine Riemen natürlich angespannt, so daß der Hebel a, sobald die Lade zurück nach dem Geschirre geht,
                              									schnell von der einen nach der andern Seite bewegt wird, und dadurch beide Schützen
                              										a tempo und sicher geschnellt werden. Der Arbeiter
                              									kann dadurch beide Hände zur Führung der Lade verwenden, ohne daß durch diese
                              									Schnellerei ihm das Treten der Schemel erschwert wird, so daß er in sehr kurzer Zeit
                              									auf meinem Doppel-Webstuhl ohne alle vermehrte Anstrengung, resp. ebenso
                              									leicht als auf dem einfachen Handstuhl arbeiten kann. Es hat diese Schnellmethode
                              									noch den wesentlichen Vortheil, daß der Arbeiter sehr leicht darauf einzulernen ist,
                              									und daß er weder zu früh noch zu spät schnellen kann, indem die Schützen, ohne
                              									Zuthun des Webers, erst nach richtiger Oeffnung des Faches, und wenn die Lade
                              									hinausgerückt ist, geschnellt werden. Wie mich bereits die Erfahrung lehrte, werden
                              									auch die Ketten durch den zeit- und gleichmäßigen Gang der Schützen mehr
                              									geschont, als bei der Handschnellerei.
                           Leistung.
                           Schon längere Zeit habe ich mehrere solche Doppel-Webstühle mit dieser ganz
                              									neuen und eigenthümlichen Schnellerei im Gange. Es werden auf denselben, wie auch
                              									das angedruckte Zeugniß des k. Landraths in Schleusingen bestätigt, in 12
                              									Arbeitsstunden 60 Leipziger Ellen 11/8 breite Nessel (schwerer Kattun) von
                              									geschlichteter Kette Nr. 20 und von Nr. 20 Einschlag, à
                              									64 Faden auf den Zoll, in reiner glatter Waare fertig.
                           
                           
                              Vortheile meines Doppel-Webstuhls gegen den
                                 										gewöhnlichen Handstuhl und gegen den mechanischen Webstuhl.
                              
                           Wie bekannt, liefert von gleicher Waare und in gleicher Arbeitszeit ein gewandter und
                              									fleißiger Weber auf dem gewöhnlichen Handstuhl nur 20 Ellen, mithin mein
                              									Doppel-Webstuhl zweimal mehr. Die Waare bleibt aber auch viel reiner und
                              									fällt viel egaler aus als auf dem Handstuhle.
                           Zwei mechanische Webstühle liefern, wenigstens in meiner Fabrik, höchstens 50
                              									Leipziger Ellen von gleicher Waare und in gleicher Arbeitszeit, und häufig sind die
                              									Stücke von den mechanischen Webstühlen durch Schmiersflecken verunreinigt. Die
                              									mechanische Weberei erfordert Dampf- oder Wassertriebkraft, und dadurch viel
                              									Anlagecapital, große Localität und theure Unterhaltung, während mein
                              									Doppel-Webstuhl ungefähr nur halb soviel als ein mechanischer Webstuhl und
                              									fast gar keine Unterhaltung kostet, ohne alle fremde Triebkraft bewegt wird und
                              									folglich in den Behausungen der Weber aufgestellt werden kann. Auf dem mechanischen
                              									Webstuhl kann ferner nur mit einem Schlage gewebt werden,
                              									auf meinem Doppelstuhl sehr leicht mit drei und mehr Schlägen, sowie auf diesem Tritt und Zug ohne große
                              									Umstände gewechselt und auch drei- und vierschäftig gewebt werden kann, während bei dem
                              									mechanischen Webstuhl dieses theilweise gar nicht, auf jeden Fall aber nur mit sehr
                              									großen Kosten an Geld und Zeit zu bemöglichen ist. Meine Maschine leistet somit, bei
                              									entschieden größerer Billigkeit, viel mehr als der mechanische Webstuhl, und ist
                              									auch dem weniger Bemittelten zugänglich.
                           Schleusingen (in Preußen), den 18. Februar 1848.
                           
                              Daniel Schwarz.
                              
                           Der Fabrikant Hr. Daniel Schwarz hier hat mich ersucht,
                              									über die Leistungen seines neuconstruirten Webestuhls ihm ein Zeugniß auszustellen,
                              									zu welchem Behufe ich mich, obgleich ich bereits sehr oft mich von dessen Leistungen
                              									überzeugt hatte, unangemeldet in seine Fabrik resp. in die Stube begab, in welcher
                              									der neuconstruirte Webstuhl seit längerer Zeit aufgestellt ist.
                           Ich fand einen Stuhl in Thätigkeit, ließ denselben einhalten, zeichnete sofort die
                              									Waare durch Einlegung eines dünnen Fadens, und ließ  nun den Stuhl wieder 15 Minuten
                              									nach der Uhr fortgehen. Nach Ablauf der 15 Minuten ergab sich, daß eine Kleinigkeit
                              									mehr als eine und eine Viertel Elle Leipziger Maaß, weiße Nessel, Zettel und Eintrag
                              									von Nr. 29 und 64 Faden auf den Zoll, fertig geworden war, obwohl beim Beginn der
                              									Arbeit nicht neue Spulen eingelegt und einigemal Faden zerrissen waren.
                           Der fragliche Stuhl wird nur durch einen Mann in
                              									Thätigkeit gesetzt, der, meiner Ansicht nach, weniger Kraft aufwendet als ein Mann
                              									auf einem gewöhnlichen Stuhl mit Schnellschützen.
                           Da hiernach in zwölf Arbeitsstunden 60 Ellen, fünf und ein halb Viertel Leipziger
                              									Ellen breite Nessel fertig werden, so läßt sich erwarten, daß diese neuconstruirten
                              									Stühle alle bisherigen mechanischen Stühle um so mehr verdrängen werden, als
                              									letztere bedeutend mehr kosten und Wasser- oder Dampfkraft erfordern.
                           Die Wahrheit vorstehender Angabe versichere ich auf meine Amtspflicht.
                           Schleusingen, den 29. Nov. 1847.
                           Der k. Landrath des Schleusinger
                                 										Kreises.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
