| Titel: | Letzter Beitrag zur richtigen Beurtheilung der Aufsätze des Prof. Schafhäutl über die hallymetrische und über die optisch-aräometrische Bierprobe (im polytechn. Journal Bd. CIX S. 51 und S. 449); von Prof. Steinheil. | 
| Autor: | Dr. Prof. Karl August Steinheil [GND] | 
| Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. LXVIII., S. 361 | 
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                        LXVIII.
                        Letzter Beitrag zur richtigen Beurtheilung der
                           								Aufsätze des Prof. Schafhäutl über die hallymetrische und über die
                           								optisch-aräometrische Bierprobe (im polytechn. Journal Bd. CIX S. 51 und S. 449); von Prof. Steinheil.
                        Steinheil, über die optisch-aräometrische Bierprobe im
                           								Vergleich mit der hallymetrischen.
                        
                     
                        
                           Auf thatsächliche Berichtigungen zu dem Aufsatz des Prof. Schafhäutl im Kunst- und Gewerbeblatt 1848, Heft 5, welche ich der
                              									Wahrheit schuldig war, antwortete derselbe nun im polytechn. Journal Bd. CIX S. 449
                              									mit persönlichen Injurien und Entstellungen. Ich weise dieses jedes
                              									Wissenschaftsmannes unwürdige Beginnen mit Indignation zurück und gebe nur eine
                              									Beleuchtung der Thatsachen, soweit sie zur Frage gehören.
                           Sch. geht darauf aus zu zeigen, daß die optisch-aräometrische Probe unrichtig
                              									und unbrauchbar sey. Er stellt sich hiemit keine leichte Aufgabe. Denn die bereits
                              									gedruckten amtlichen Vergleichungen zwischen der chemischen Elementar-Analyse
                              									und der optisch-aräometrischen Probe haben, innerhalb der von der Praxis
                              									bezeichneten Gränzen, eine völlige Uebereinstimmung der Resultate nachgewiesen. Man
                              									findet daher nach beiden Methoden dasselbe. Wer also die Ergebnisse der Analysen
                              									nicht in Zweifel zieht, muß auch die Richtigkeit der optischen Probe zugeben.
                           Dennoch gibt sich Sch. das Ansehen, als seyen die Gründe, welche er gegen die
                              									Richtigkeit der optischen Probe geltend machen will, von der Commission zur Prüfung
                              									der verschiedenen Bierproben getheilt worden.
                           Konnte die Commission anders urtheilen als nach der Actenlage, welche die
                              									Zuverlässigkeit der Probe documentirt? Konnte sie Gründen, welche den Stab brechen
                              									über eine Methode, beistimmen und dessenungeachtet, wie es geschehen ist, sie der
                              									Regierung als Controle der andern in Vorschlag bringen? Welche Anschuldigung gegen
                              									die Commission! Um aber hierin keinen Zweifel zu lassen, habe ich darüber Anfrage
                              									durch den Centralverwaltungs-Ausschuß des polytechnischen  Vereins dahier gestellt und die
                              									Antwort erhalten, daß die Commission sich nur aus die in ihrem Protokolle
                              									enthaltenen Gründe beziehe und die von Sch. veröffentlichte Schrift als Sache
                              									zwischen mir und ihm betrachte.
                           Der Hauptstützpunkt des Gegners — Berufung auf die Commission — fällt
                              									somit hinweg und wir haben es nur mit Schafhäutl'schen
                              									Einwendungen zu thun.
                           Schafhäutl führt drei Hauptangriffe gegen die optische
                              									Probe.
                           Der erste S. 455–458 ist gestützt auf Vergleichungen der Angaben der optischen
                              									und der hallymetrischen Probe, welche einen Unterschied in der Gehaltsbestimmung von
                              									2 Proc. nachweisen, und somit der optischen Probe den Stab brechen sollen.
                           Der zweite S. 459–462 geht dahin, nachzuweisen wie unsicher und variabel die
                              									Einstellungen der optischen Probe seyen und welchen Einfluß diese Unsicherheit auf
                              									die Bestimmung habe.
                           Der dritte Angriff S. 462 ist ein sogenannter theoretischer, und will im Allgemeinen
                              									zeigen, daß nur die chemische Analyse sichere Grundlage einer Bierprobe seyn könne,
                              									nicht etwa ein physikalisches Experiment.
                           Wir werden nun diese Angriffe der Reihe nach beleuchten.
                           A d 1. Die einzige bisher angestellte Vergleichung der
                              									optischaräometrischen Probe und der hallymetrischen mit der chemischen
                              									Elementar-Analyse desselben Bieres ergab nach den Protokollen, die bereits
                              									gedruckt sind:
                           
                              
                                 
                                 Alkohol.
                                 Extract.
                                 
                              
                                 Chemische Analyse
                                 3,73 Proc.
                                 5,43
                                 
                              
                                 Optisch-aräometrische Probe
                                 3,55 proc.
                                 5,40
                                 
                              
                                 Hallymetrische Probe
                                 2,99 proc.
                                 5,57.
                                 
                              
                           Der Würzegehalt des Bieres muß nun aus Extract und Alkohol berechnet werden. Man
                              									findet ihn, wenn man dem Gewicht an Zucker und Alkohol auch noch das Gewicht der
                              									Kohlensäure und der Hefe beifügt, welche sich bei Bildung des Alkohols erzeugen
                              									mußten. Dieser Gehalt entspricht dem Gewichte des untersuchten Bieres + dem Gewichte
                              									der Kohlensäure und Hefe. Man erhält ihn daher in Procente verwandelt, wenn man den
                              									so vermehrten Gehalt mit 100 multiplicirt und mit 100 + Gewicht der Kohlensäure und
                              									Hefe dividirt.
                           
                           Dieß gibt für obigen Fall:
                            Würze Procent-Gehalt.
                           
                              
                                 Chemische Analyse
                                 12,81Meine Beobachtungen geben den Würzegehalt E, aus Zucker ζ - Alkohol αTextabbildung Bd. 110, S. 362Balling findet:Textabbildung Bd. 110, S. 362Schafhäutl berechnet ihn nach:E = ζ +
                                          													α (2,122)weil er mehr trockene Hefe findet, vergißt
                                          													aber mit dem Nenner zu dividiren.Die nahezu richtige Regel zur Auffindung des Würzegehaltes nach
                                          													Procenten, welche das doppelte Gewicht des Alkohols dem vorhandenen
                                          													Zucker beifügt, gibt:Chemische Analyse12,89 Proc.Optisch-aräometrische Probe12,50 Proc.Hallymetrische Probe11,55 Proc.
                                 
                              
                                 Optisch-aräometrische Probe
                                 12,43
                                 
                              
                                 Hallymetrische Probe
                                 11,52.
                                 
                              
                           Man sieht hieraus, daß der Würzegehalt durch die optische Probe bis auf 0,3 Procent
                              									oder auf 1/32 übereinstimmend mit der chemischen Analyse gefunden wird, was genügt,
                              									während die hallymetrische Probe 1,3 Procent oder 1/9 des ganzen Gehaltes abweicht,
                              									was nicht genügt. Fehler von dieser Größe hat daher die hallymetrische Probe bei
                              									allen bis zum Juli 1847 angestellten Bieruntersuchungen auf den Gehalt begangen.
                           Sch. hat nun diesen Fehler dadurch zu verbessern gesucht, daß er die Angaben der
                              									hallymetrischen Probe für Alkohol in Uebereinstimmung mit der chemischen Analyse
                              									bringt und alle bisherigen hallymetrischen Bieruntersuchungen neu berechnet. Allein
                              									in dieser Rechnung hat er den RechnungsfehlerNoch einige Rechnungsfehler von Schafhäutl:Er versteht nicht S. 465 weßhalb ich die Einheiten der Balling'schen und meiner Probe gleich mache. Hätte er bedacht, daß
                                    											das Aräometer von Balling Zucker-Alkohol gibt, so würde er begreifen, weßhalb ich
                                    											die Scalen seines und meines Aräometers erst gleich machen muß, um zu sehen
                                    											was sie nach den verschiedenen Methoden geben. Ob ich seine oder meine Scala
                                    											dabei zu Grund lege, ist gleichgültig. Er zeigt also nur hier wie bei der
                                    											unrichtigen Vorstellung von Procenten, daß er nicht weiß mit welchen
                                    											Einheiten er zu thun hat. Noch ein Beispiel seiner Rechenkunst: im
                                    											Kunst- und Gewerbeblatt 1848 S. 288 gibt er eine Tafel zur Berechnung
                                    											des Alkoholgehaltes aus Weingeist. Hier setzt er die Milliontel
                                    											von Procenten an! Das ist doch gewiß genau! Aber
                                    											in den Differenzen kommen Sprünge von 43 Theilen vor! begangen,
                              									den Gehalt nicht in Procente zu verwandeln und glaubt dennoch ihn in Procenten
                              									ausgedrückt zu haben. Siehe S. 301–302 im Kunst- und Gewerbeblatt
                              									1848, Heft 5.
                           
                           Dadurch nun sind alle seine neu berechneten Gehalte zu
                                 										groß, folglich sämmtlich falsch. So findet er
                              									den berechneten Gehalt, welchen die verbesserte
                              									hallymetrische Probe bei der Untersuchung des oben angeführten Bieres ergab:
                           
                              
                                 
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Nr. 58 der Zusammenstellung
                                 13,582
                                 
                              
                                 Während die chemische Analyse gibt
                                 12,81.
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Die nicht verbesserte hallymetrische Probe gab den Gehalt zu klein
                                    											um
                                 1,3
                                 
                              
                                 Die verbesserte hallymetrische Probe zu groß um
                                 0,77
                                 
                              
                           daher mehr als ¾ Procent zu groß. Alle Gehaltsbestimmungen der Biere mit der hallymetrischen Probe
                              									sind daher vor dem Juli 1847 um mehr als ein Procent zu klein, nach dem Juli 1847
                              									aber von Sch. verbessert, um circa ¾ Proc. zu
                              										groß.Auffallend ist, daß Schafhäutl S. 452 von einer
                                    											amtlichen Bieruntersuchung des Jahres 1846 sagen kann, daß man die 31
                                    											untersuchten Biere sämmtlich tarifmäßig fand und dann fortfährt:
                                    												„Ueberhaupt wurde hier die Frage bezüglich der Tarifmäßigkeit
                                       												der Biere durch Kaiser auf die musterhafteste
                                       												Weise erledigt“; denn dieß ist
                                    											geschehen mit einer Probe, die den Gehalt 1⅓ Procent zu klein gab,
                                    											geschehen ohne zu wissen was der Gehalt tarifmäßiger Biere ist, wurde aber
                                    											doch vortrefflich erledigt.
                           Dieser bedeutende Rechnungsfehler ist auf alle Beobachtungen mit der hallymetrischen
                              									Probe übergegangen; so auch auf die Beobachtungen im polytechn. Journal Bd. CIX S. 458,
                              									mit welchen er die Angaben der optischen Probe verglich. Allein dieser Fehler
                              									erklärt nur einen Theil des großen Unterschiedes von circa 2 Proc. zwischen den beiden Proben. Sehen wir daher die angeführten
                              									Beobachtungen S. 456 bis 458 noch etwas näher an.
                           Unter Nr. 14 findet sich die oben angeführte, in den Protokollen enthaltene
                              									Bieruntersuchung. Die Angaben des Datums (10 Juli 1847), des Bräuers (Spatenbräu)
                              									und der hallymetrischen Probe (Alkohol 2,99; Extract 5,64) lassen keinen Zweifel
                              									darüber. Aber statt der Angaben der optisch-aräometrischen Probe, wie sie die
                              									Commission gefunden und wie sie in den Protokollen niedergelegt sind, finden sich ganz andere Zahlen.
                           
                              
                                 Es steht
                                 Alkohol
                                 2,8;
                                 Extract
                                 5,8
                                 
                              
                                 Das amtliche Protokoll gibt
                                 Alkohol
                                 3,55
                                 Extract
                                 5,40.
                                 
                              
                           Also wieder ein Fall wie der gegen Balling schon früher
                              									nachgewiesene, wo andere Zahlen als die richtigen eingesetzt und veröffentlicht  sind, um gegen die Sache zu argumentiren, während die wahren
                              									Zahlen dafür sprechen! Vielleicht hat sich auch hier nur
                              									ein Fehler im Abschreiben eingeschlichen? Oder vielleicht ist dieß nur eine von Sch.
                              									selbst angestellte Bestimmung mit der optisch-aräometrischen Probe, die wegen
                              									der angeblichen Unsicherheit in der optischen Probe so sehr abweicht? Dieß können
                              									wir sogleich ermitteln. Er gibt für die optische Probe Extract 5,8; Alkohol 2,8.
                              									Stellen wir diesen Punkt in der Schubtabelle Nr. 2 meiner Probe ein, so ergibt sich,
                              									was die Instrumente in diesem Falle zeigen mußten. Es
                              									findet sich:
                           
                              
                                 Optische Probe
                                 67,8;
                                 Aräometer
                                 4,65
                                 
                              
                                 Die amtliche Erhebung gab
                                 66,6
                                 Aräometer
                                 3,88
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                  1,2
                                 
                                 0,77
                                 
                              
                           d. h. die optische Angabe stimmt bis auf 1 Trommeltheil, also
                              									ziemlich gut. Aber das Aräometer müßte beinahe um 8 Theile (die Theilung geht von 1/10 zu 1/10 Procent) unrichtig abgelesen
                              									seyn, wenn obige Zahlen wirklich beobachtet wären. Da es nun allen bekannt ist,
                              									welche je Spiritus nach der Senkspindel kauften, daß auch kein Mensch einen ganzen
                              									Grad an der Spindel fehlen kann, so sind 8 Grade ein ganz
                                 										unmöglicher Fehler, und es wird daher im hohen Grade wahrscheinlich, daß
                              									die angeführten Zahlenwerthe nicht beobachtet sind. Es
                              									muß daher wohl auch wieder ein Schreibfehler vorgefallen
                              									seyn. Dieß wird noch wahrscheinlicher, indem auch bei andern dieser Beobachtungen
                              									sich solche Schreibfehler nachweisen lassen. Nr. 15 findet sich schon, was die
                              									hallymetrische Probe betrifft, in der im Kunst- und Gewerbeblatt 1848, Heft
                              									5, S. 300 gegebenen Zusammenstellung der neuberechneten Bieranalysen unter Nr.
                              									72.
                           
                              
                                 Dort ist der berechnete Gehalt angegeben zu
                                 14,25
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Im polytechn. Journal Bd. CIX S. 458 Nr. 15
                                 13,78
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Beide Angaben differiren um ½ Proc.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Eben so das Bier Nr. 17 im polytechn. Journal Bd. CIX S.
                                       												458
                                 14,80
                                 Proc.
                                 
                              
                                 In der Zusammenstellung Kunst- u. Gewerbeblatt Nr. 93
                                 15,057
                                 Proc.
                                 
                              
                           Welche von diesen Angaben sind die richtigen? Auch hier müssen Schreibfehler
                              									vorgefallen seyn.
                           Es wird dieß genügen um zu zeigen welche Wege Sch. eingeschlagen hat, um
                              									Beobachtungen zu erhalten, die beweisen was er bewiesen  haben will. Und von der
                              									Vergleichung mit solchen Beobachtungen sagt Schafhäutl:
                           
                              „Das sind Resultate wie sie die Zeit, die parteilose und unbestechliche
                                 										ans Licht gefördert hat — welche der optischen Probe als einer praktisch
                                 										verlässigen den Stab brechen.“
                              
                           Wohl brechen solche Resultate den Stab, aber über wen?Hiemit sind übrigens auch seine Bemerkungen S 473 erledigt.
                           A d 2. Sch. will nun zeigen, daß die optische Probe keine
                              									ausreichend sichern Resultate gebe. Er findet Schwierigkeiten in der Bestimmung des
                              									0 Punktes, in der Erleuchtung des Gesichtsfeldes, in der Einstellung des Fadens und
                              									bedenkt nicht, daß dieselben Schwierigkeiten bei allen Schraubenmikrometern
                              									bestehen. Aber verdanken wir nicht gerade diesen Instrumenten die genauesten
                              									Beobachtungen? Die Schwierigkeiten müssen also doch wohl zu überwinden seyn. Ich
                              									glaube um so mehr an letzteres, als Bessel, der berühmte
                              									Meister der Beobachtungskunst, öfters sagte, er wolle jeden Soldaten in einem halben
                              									Tag abrichten, daß er brauchbare astronomische Beobachtungen liefere. Das ist sogar
                              									mehr als ich bei Anwendung der optischen Probe verlange. Denn daß die Probe wirklich
                              									von jedem zu solchen Controlen bestimmten Individuum nach einiger Einübung leicht
                              									gehandhabt werden könne, darüber liegen bereits Erfahrungen im Großen vor. Der
                              									hiesige Magistrat ließ während drei Jahren bei allen Biervisitationen durch den
                              									Marktcommissär auch die Angaben der optischen Probe erheben. In Folge dieser
                              									praktischen Erfahrungen hat der hiesige Magistrat die optische Probe der königl.
                              									Regierung zur Einführung vorgeschlagen. — Ebenso haben Magistrat und
                              									Gemeindebevollmächtigte in Augsburg im vorigen Monat das königl. Ministerium des
                              									Innern um alsbaldige gesetzliche Einführung der optischen Probe gebeten und dieß
                              									durch öffentlichen Anschlag kund gegeben. Diese Behörden theilen daher nicht die Schafhäutl'sche Meinung von der optischen Probe.
                           Um das Gesagte zu belegen, führt Sch. nun mehrere Einstellungsversuche an, die er und
                              									andere erhalten haben. Diese zeigen in der That größere Abweichungen zwischen den
                              									einzelnen Einstellungen als sie mir je bei ungeübten Beobachtern vorgekommen sind,
                              									und dennoch sind diese als Muster von Unsicherheit gegebenen Beobachtungen völlig genügend. Sch. hat nämlich nur vergessen, daß ich
                              									in der Instruction zur Handhabung der optischen Probe S. 59 meiner Abhandlung
                              									ausdrücklich verlange, daß  man aus mehreren Einstellungen das
                                 										Mittel nehme. Hätte er dieß bei den angeführten Einstellungen gethan, so
                              									würde er gesehen haben, daß das Mittel der ersten Einstellungen von P1
                              									P2 und S sicher ist auf weniger als 0,5 Trommeltheile. Die
                              									zweite Reihe aber stimmt noch besser. Denn es findet:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Abw.
                                 
                              
                                 
                                    K
                                    
                                 70,0
                                 - 0,4
                                 
                              
                                 
                                    S
                                    
                                 69,6
                                 0,0
                                 
                              
                                 
                                    Z
                                    
                                 70,8
                                 - 1,2
                                 
                              
                                 
                                    Pf
                                    
                                 68,7
                                 + 0,9
                                 
                              
                                 
                                    Kh
                                    
                                 69,0
                                 + 0,6
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––
                                 
                              
                                 Mittel
                                 69,6
                                 0,6.
                                 
                              
                           Es ist daher der mittlere Fehler in der Bestimmung von 69,6 nur ± 0,2
                              									Trommeltheile, und daher der wahrscheinliche Fehler noch kleiner.
                           Gerade diese Beispiele beweisen also, daß selbst unter solchen Umständen die Probe
                              									völlig genügende Resultate liefert, während sie nach Schafhäutl das Gegentheil beweisen sollen.
                           Es ist um so auffallender, daß dieser Umstand das Mittel zu nehmen Sch. entgangen
                              									ist, als man doch wohl von einem ord. Mitglied der
                              									mathematisch-physikalischen Classe der königl. Akademie der Wissenschaften
                              									erwarten sollte, daß es weiß wie man den zufälligen Beobachtungsfehler verkleinert.
                              									Sch. scheint sich aber wenig mit zufälligen Beobachtungsfehlern beschäftigt zu
                              									haben.
                           Aus den angeführten Beobachtungen macht Sch. nun den Schluß, daß man wohl 2
                              									Trommeltheile und damit 1 Proc. im Gehalte fehlen könne, S. 463.
                           Wir haben aber aus seinen eigenen Beobachtungen gezeigt, daß man keinen halben
                              									Trommeltheil fehlt, wenn, wie es vorgeschrieben ist, das Mittel genommen wird. 2
                              									Trommeltheile kann man daher gar nie fehlen.
                           Aber auch die hierauf gestützte Folgerung ist falsch. 2 Trommeltheile betragen 0,6
                              									Proc. im Gehalte und nicht wie Sch. angibt 1 Proc. Ein Blick auf die Schubtabelle
                              									zeigt dieß sogleich. Aber an allen Zahlen welche Sch. Anführt; ist der Wunsch
                              									ersichtlich ihren Eindruck zu steigern. Kein Wunder daher wenn sie zu groß ausfallen
                              									gegen die Wahrheit. Es ist eine Erfahrung, die ich erst in neuester Zeit gemacht
                              									habe, nämlich daß es Menschen gibt, für welche die Zahlen keine Wahrheit sind.
                           A d 3. Die dritte Einwendung glaube ich am besten zu
                              									beseitigen, wenn ich dem geneigten Leser eine kurze Uebersicht des Wesentlichen der
                              										
                              									optisch-aräometrischen Probe gebe und es seinem unbefangenen Urtheil selbst
                              									überlasse, zu entscheiden ob eine chemische Analyse dazu nöthig ist.
                           Ich bestimme die Eimerzahl der Bierwürze, welche aus einem Schäffel Malz gewonnen
                              									wird, durch Beobachtungen in einem Bräuhause. Ich finde eben so wie viele Eimer
                              									verleitgebbares Bier aus dieser Würze entstehen. Ich notire den Gehalt dieser Würze
                              									an einer Senkspindel, welche so getheilt ist, daß sie die Verdünnungen der Würze mit
                              									Wasser mißt. Damit wird mir der gesetzliche Werth bekannt, welcher einem Grad der
                              									Senkspindel bei den gegebenen Umständen entspricht. Dieser Werth ist also caet. par. den Graden der
                              									Senkspindel proportional. Denn durch Versuche ist nachgewiesen (siehe S. 20 meiner
                              									Gehaltsprobe etc.), daß alle Bierwürzen als Verdünnungen einer und derselben Würze
                              									betrachtet werden können. Daher brauche ich auch gar nicht zu wissen, aus was die
                              									Würze besteht, auch nicht wie viele Procente ein Grad der Senkspindel ausmacht. Ich
                              									weiß nur was ein Grad derselben werth ist, wenn aus der Würze Bier geworden.
                           Anstatt der Senkspindel hätte ich auch zur Bestimmung der Stärke der Würze die
                              									optische Probe anwenden können. Denn auch diese gibt immer größere Verstellungen des
                              									Bildes — größere Werthe — je mehr die Senkspindel zeigt. Ich hätte
                              									also auch die Scala der optischen Probe so theilen können, daß sie in jeder
                              									Bierwürze oder in allen Verdünnungen Einer Bierwürze genau dieselben Grade zeigt wie
                              									die Senkspindel (siehe S. 20 meiner Abhandlung).
                           Hätte ich nun Mittel, in jedem Alter eines Bieres wieder zu finden wie viele Grade an
                              									der Senkspindel oder an der optischen Probe seine Würze gezeigt hat, so wäre meine
                              									Aufgabe gelöst. Denn ich wüßte den Werth des Grades und damit den Werth des
                              									Bieres.
                           Dazu beobachte ich nun die Würze während ihres weitern Verlaufes (Gährung) von Tag zu
                              									Tag an diesen beiden Instrumenten. Ich finde, daß sich die Angaben beider Proben vermindern, aber nicht um gleich
                                 										viel Grade. Wahrend die optische Angabe sich um einen Grad vermindert,
                              									nimmt die Angabe der Senkspindel um 1,6 Grad ab. Diese Abnahme bleibt aber in
                              									demselben Verhältniß bis zum alten Biere. Sie bleibt im
                              									selben Verhältniß von den stärksten bis zu den schwächsten Bieren. Sie ändert sich
                              									nicht durch Beschleunigung der Gährung.
                           Da ich nun aber weiß, daß die Angaben beider Instrumente in der ursprünglichen Würze
                              									gleich waren, so kann ich aus dem, was die Instrumente jetzt zeigen und aus dem
                              									bekannten Verhältniß ihrer Abnahme finden, was sie anfänglich zeigten. Man bekömmt
                              									demnach den 
                              									ursprünglichen Gehalt der Würze, wenn man zur optischen Angabe 1,6 des Unterschiedes
                              									beider Proben hinzufügt.
                           Da die Proben anfänglich in der Würze dasselbe geben und nur mit der Zeit immer mehr
                              									und mehr in ihren Angaben auseinander kommen, so ist der Unterschied der Angaben
                              									zugleich ein Maaß des Alters des Bieres, oder er zeigt wie weit die Gährung
                              									fortgeschritten ist.
                           Von obiger Regel zur Ermittelung des Gehaltes oder Grades der ursprünglichen Würze,
                              									finden kleine Abweichungen statt. Diese rühren daher, daß die optische Probe nur
                              									durch Grade von ungleicher Größe in Uebereinstimmung mit der Senkspindel, welche
                              									direct die Verdünnungen gibt, gebracht werden kann.
                           Zur strengen Ermittelung des anfänglichen Grades der Würze durch Beobachtungen am
                              									Biere, ist eine graphische Lösung der Aufgabe die geeignetste, weil sie keiner
                              									Rechnung bedarf. Ich habe sie deßhalb in der Arbeit durchgeführt und dort gezeigt,
                              									wie die Tafel bei allen Bieren aus den bezeichneten zwei Beobachtungen mit aller
                              									Sicherheit immer wieder den anfänglichen Grad der Würze finden läßt und somit den
                              									Werth des untersuchten Bieres gibt. Dieß ist erlangt, ohne zu wissen was in der
                              									Bierwürze enthalten ist, was mit dieser vorgeht, wenn Bier daraus wird und wieviel
                              									Procent ein Grad der Spindel beträgt. Es ist nur aus Erfahrung an werdenden Bieren
                              									abgeleitet, also ganz unabhängig von Voraussetzungen.
                           Man sieht daraus deutlich, daß die chemische Analyse mit meiner Lösung der Aufgabe
                              									durchaus nichts zu thun hat, daß sie ganz unabhängig ist vom chemischen Experiment.
                              									Das zur Berichtigung der Schafhäutl'schen sogenannten
                              									theoretischen Ansicht.
                           Nur um eine Vergleichung meiner Probe mit der chemischen Analyse möglich zu machen,
                              									habe ich auch eine zweite Tafel beigefügt, welche Zucker und Alkohol trennt. Aber
                              									zur Lösung der Aufgabe ist diese durchaus unnöthig, weil man nicht wissen will
                              									wieviel Zucker und Alkohol ein Bier enthält, sondern was sein Gehalt ist, oder noch
                              									richtiger, was dieser werth ist.
                           Diese einfache Sachlage scheint aber Sch. nicht zu begreifen oder nicht begreifen zu
                              									wollen, und spricht zum Hohn gegen die Wissenschaft im Schlußsatze aus, daß wohl nie
                              									eine physikalische Beobachtung die Instrumente und Operationen der analytischen
                              									Chemie ersetzen könne.
                           Ich glaube es wird dem geneigten Leser angenehm seyn zu vernehmen, was hierüber
                              									auswärtige Sachverständige anderen Ranges als Schafhäutl
                              									denken.
                           
                           Wilhelm Weber schreibt mir darüber unterm 22. Nov.
                              										1848:–„Einen recht traurigen Eindruck hat der Schafhäutl'sche Aufsatz in Dingler's polytechnischem
                                 										Journal auf mich gemacht. Ganz abgesehen von den persönlichen Injurien, welche
                                 										unter aller Würde der Wissenschaft sind, ist es ein schlechter Dank für eine so
                                 										mühsam und meisterhaft durchgeführte Untersuchung, welche ein weites Feld für
                                 										neue Forschung eröffnet, der Dir darin zu Theil geworden ist. Ich wünschte Du
                                 										könntest unbekümmert darum Deinen Weg weiter gehen: die Anerkennung bleibt Dir
                                 										doch in Zukunft sicher.“
                           
                              „Die Vorliebe für ein Instrument oder für eine Methode, an welche man sich
                                 										gewöhnt hat oder mit welcher man besonders vertraut ist, kann man niemand
                                 										verwehren. Auch muß man es nachsehen, wenn geistige Befangenheit einer solchen
                                 										subjectiven Vorliebe eine objective Bedeutung beimißt und die beliebteste
                                 										Methode für die beste erklärt; aber Gründe für eine solche Behauptung, welche
                                 										über jeden wesentlichen Fortschritt der Wissenschaft im voraus den Stab brechen,
                                 										dürfen nicht geduldet werden.“
                              
                           
                              „Kein wissenschaftlicher Chemiker wird ein ausschließendes Privilegium für
                                 										die bisherigen Hülfsmittel und Methoden in seiner Wissenschaft in Anspruch
                                 										nehmen, wie Hr. Schafhäutl S. 462 thut, noch ein
                                 										wissenschaftliches Problem darum für unlösbar halten, weil ein geistreicher Mann
                                 										wie Berthollet es vergebens zu lösen versucht hat.
                                 										Gegen solche Beschränktheit helfen keine geistigen Waffen, sondern sie muß
                                 										ignorirt werden. Die Fortschritte der Wissenschaft erlangen im Leben, wenn auch
                                 										langsam, doch mit der Zeit Geltung. So wird es auch praktische Geltung erlangen,
                                 										daß man die Brechungskraft zweier Flüssigkeiten eben so leicht und genau
                                 										vergleichen kann, wie das specifische Gewicht derselben, und daß man in
                                 										geeigneten Fällen durch die Combination zweier solcher Merkmale, wie das
                                 										specifische Gewicht und die Brechungskraft, praktisch viel mehr auszurichten im
                                 										Stande ist, als wenn man sich bloß auf eines dieser Merkmale beschränkt. Solche
                                 										Wahrheiten, mit so evidenten Beweisen, wie Du sie gegeben hast, können auf die
                                 										Dauer nicht unterdrückt werden.“
                              
                           Ohm schrieb mir, wie er sagt, nach aufmerksamem Durchlesen
                              									meiner Arbeit: Gehaltsprobe etc. schon am 25. Juli 1847.–„So wie
                                 										die Sache gegenwärtig liegt, ist zwar kein Zweifel, daß eine allgemeine
                                 										Anwendung Ihrer Resultate gemacht werden wird, gemacht werden muß; aber ich will
                                 										wünschen, daß diese Anwendung recht bald geschehe, damit ich Ihren Triumph, den
                                 										Triumph der Physik über Schwierigkeiten, die schon so lange aller
                                 										vorangegangenen Anstrengung Hohn sprachen, noch mitfeiern kann.“
                           
                           Zum Schlusse müssen wir der oft und zuletzt S. 473 wiederholten Behauptung Schafhäutl's, es gebe der erste Theil der hallymetrischen
                              									Probe für sich den Gehalt des Bieres ausreichend sicher, entgegentreten.In Prof. Steinheil's Gegenbemerkungen etc. im
                                    											polytechn. Journal Bd. CIX Heft 4, blieb auf S.
                                    											297 ein Sinn ändernder Druckfehler stehen; es heißt dort: „auf
                                       												dieses sachverständige Gutachten hin compromittirte sich der
                                       												Centralverwaltungs-Ausschuß“. Im Original steht das
                                    											Wort sich nicht.Die Redaction d. p. I. Bisher haben wir
                              									unser Urtheil gestützt auf das ganz übereinstimmende Resultat der
                              									optisch-aräometrischen Probe mit zwei Untersuchungen von Pettenkofer nach der hallymetrischen Probe. Es folgt aber
                              									auch aus den hallymetrischen Beobachtungen, welche Sch. im Kunst- und
                              									Gewerbeblatt S. 300 zusammengestellt hat, also aus denselben Beobachtungen, aus
                              									welchen Sch. das Gegentheil nachweisen will.
                           Bei dem Einen Salzversuch allein sind zwei Biere gleich im Gehalt, wenn sie im
                              									Hallymeter gleichen Salzrückstand lassen. Nun ist aber der Salzrückstand im
                              									Hallymeter gleich 12,5 bei Nr. 36 und bei Nr. 39. Der angesetzte berechnete Gehalt
                              									der Würze im Traubenzucker ist aber
                           
                              
                                 bei Nr. 36
                                 = 127,05 = 12,76 Proc. nach Sch.
                                 
                              
                                 Nr. 39
                                 = 143,93 = 14,39 Proc. nach Sch.
                                 
                              
                           also ungeachtet des gleichen Salzrückstandes verschieden um
                              									1,7 Proc.!
                           
                              
                                 Eben so ist der Gehalt von Nr. 9 = 12,0
                                 Salzrückstand 8,0
                                 
                              
                                 von Nr. 26 = 12,0
                                 Salzrückstand 11,0
                                 
                              
                           Obschon die Biere, also selbst nach Schafhäutl's Angabe,
                              									gleichen Gehalt haben, ist doch der Salzrückstand um 3 Theile verschieden. Da aber 3
                              									Theile nahe 1 Proc. entsprechen, so ist auch hier ein Fehler von 1 Proc. Man
                              									bemerke, daß dieß Biere sind wie sie wirklich ausgeschenkt wurden. Auf solche
                              									Documente stützt Sch. seine Behauptung: der erste Theil der hallymetrischen Probe
                              									sey für sich ausreichend genau, und es komme bei wirklich zur Consumtion gebrachtem
                              									Biere nie eine Unsicherheit von ½ Proc. vor! In
                              									dem veröffentlichten Nachweis sind aber Unsicherheiten
                                 										von 1½ Procent. Gegen solche Logik ist
                              									nicht mit Gründen zu streiten. Ich werde daher kein Wort mehr in dieser Sache
                              									erwidern.
                           München, im December 1848.