| Titel: | Ein weißes Email zum Löthen von zerbrochenem Porzellan, Fayence, Milchglas etc. im Feuer; von A. Wächter. | 
| Autor: | A. Wächter | 
| Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. LXXVII., S. 416 | 
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                        LXXVII.
                        Ein weißes Email zum Löthen von zerbrochenem
                           								Porzellan, Fayence, Milchglas etc. im Feuer; von A. Wächter.
                        Wächter, über ein weißes Email zum Löthen von zerbrochenem
                           								Porzellan, Fayence etc. im Feuer.
                        
                     
                        
                           Ein brauchbares Löthmittel zum Zusammenfügen der aufgeführten Geschirrsorten muß von
                              									rein weißer Farbe seyn und beim Erwärmen sich gleichmäßig mit denselben ausdehnen
                              									und beim Erkalten ebenso wieder zusammenziehen; hat es diese Eigenschaft nicht im
                              									vollkommensten Grade, so springen die Geschirre nach kurzem Gebrauch wieder an der
                              									Löthstelle entzwei. — Folgende Mischung hat sich unter vielen hiezu
                              									versuchten Compositionen am besten bewäyrt:
                           
                           
                              
                                 3
                                 Theil Mennige,
                                 
                              
                                 2
                                 Theile weißer feingemahlener Sand,
                                 
                              
                                 3
                                 Theile krystallisirte Boraxsäure.
                                 
                              
                           Die aufgeführten Substanzen werden in einem Porzellan-Mörser innig gemengt und
                              									in einem hessischen Tiegel im Windofen geschmolzen. Die flüssige Glasmasse wird auf
                              									eine metallene Platte ausgegossen, nach dem Erkalten in einem Mörser gestoßen und
                              									auf einer reinen mattgeschliffenen Glasscheibe mit Wasser durch einen Glasläufer
                              									feingerieben.
                           Beim Löthen wird das mit schwachem Traganth-Wasser angerührte Email mit einem
                              									Pinsel auf die Löthstellen getragen und diese dann zusammengefügt. Nach
                              									vollständigem Trocknen und Erhärten des Lothes werden die Gegenstände vorsichtig in
                              									eine Muffel eingesetzt und bis zum schwachen Rothglühen erhitzt. Den richtigen
                              									Hitzgrad, den man nicht überschreiten darf, erkennt man am besten an einer Probe des
                              									Email die mit dem Pinsel auf einen Porzellanscherben aufgestrichen und dem
                              									Schauloch. zugewendet in die Muffel mit eingelegt ist. Wenn diese anfängt Glanz zu
                              									bekommen und Spuren anfangender Schmelzung zeigt, ist es Zeit mit dem Heizen
                              									aufzuhören und die Muffel mit dem Inhalt erkalten zu lassen. Bis zur vollständigen
                              									Schmelzung des Lothes darf die Hitze nicht gesteigert werden, weil es dadurch, ohne
                              									an Festigkeit zu gewinnen, zum Abspringen geneigter wird. Die zum Festbrennen
                              									nöthige Temperatur ist übrigens so niedrig, daß selbst bemalte und vergoldete
                              									Porzellangeschirre ohne Nachtheil derselben ausgesetzt werden können.
                           Das beschriebene Email zeigt die merkwürdige Anomalie, beim schnellen Erkalten ein
                              									farbloses wasserklares Glas zu bilden, beim langsamen Erkalten aber vollkommen weiß
                              									und undurchsichtig zu werden. Wird das durch schnelles Erkalten erzeugte Glas bis
                              									nahe an seinen Schmelzpunkt erhitzt, so verliert es seine Durchsichtigkeit und wird
                              									wieder weiß und undurchsichtig wie zuvor.
                           Diese Erscheinung hat viele Aehnlichkeit mit dem Rothanlaufen des farblosen
                              									Gold- oder Kupferoxydulglases beim Wiedererwärmen, auch zeigen andere Arten
                              									von Email, welche durch Arseniksäure oder Wolframsäure bereitet sind, ganz
                              									dasselbe.
                           Vermuthlich verdankt es diese Eigenschaft sowie seine Undurchsichtigkeit einer
                              									Ausscheidung von Kieselsäure beim langsamen Erkalten, die bei der jähen Abkühlung
                              									mit dem borsauren Blei zu einem klaren, farblosen Glase verbunden bleibt.
                           
                           Die Ausscheidung ist aber von einer unendlichen Feinheit, denn unter dem Mikroskop
                              									sieht man nur eine gelbliche wolkige Trübung, die selbst bei 2000facher Vergrößerung
                              									noch keine einzelne Partikelchen unterscheiden läßt. Bei dem mit Arseniksäure und
                              									Wolfram erzeugten Email besteht die treibende Ausscheidung wahrscheinlich aus
                              									arseniksaurem und wolframsaurem Kali. Selbst sehr schwer schmelzbare Substanzen
                              									zeigen ähnliches.
                           Porzellan schmilzt vor der Aetherflamme mit Sauerstoff zu einem farblosen,
                              									wasserhellen Glase. Setzt man eine so erzeugte Glasperle einer andauernden hohen
                              									Temperatur wie im Gutbrennraume des Porzellanofens während der Dauer eines
                              									Geschirrbrandes aus und läßt sie langsam abkühlen, so ist sie vollkommen
                              									undurchsichtig und emailweiß geworden, ohne daß die Temperatur wieder die
                              									Schmelzhitze erreicht hat. Meine Porzellanerde verhält sich eben so. Die
                              									Ausscheidung, die wie das Mikroskop zeigt, ebenfalls von unendlicher Feinheit ist,
                              									besteht aller Wahrscheinlichkeit nach auch aus Kieselerde, die in beiden im
                              									Ueberschuß vorhanden ist.
                           Hieher gehört auch das Reaumur'sche Porzellan, das ein
                              									durch andauerndes Erhitzen und langsames Erkalten opaque
                              									gemachtes Glas ist.