| Titel: | Beleuchtung des Steinheil'schen „Letzten Beitrages zur Beurtheilung der Aufsätze des Prof. Schafhäutl über die hallymetrische und die optisch-aräometrische Bierprobe“ (im polytechn. Journal Bd. CX S. 360). Von Professor Dr. Schafhäutl. | 
| Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XIII., S. 51 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XIII.
                        Beleuchtung des Steinheil'schen „Letzten Beitrages
                              zur Beurtheilung der Aufsätze des Prof. Schafhäutl über die hallymetrische und die
                              optisch-aräometrische Bierprobe“ (im polytechn. Journal Bd. CX S. 360). Von Professor Dr. Schafhäutl.
                        Schafhäutl, über die optisch-aräometrische und die
                           hallymetrische Bierprobe.
                        
                     
                        
                           Nachdem Professor Steinheil in erwähntem Aufsatze als
                              Einleitung mit den Gemeinplätzen: persönliche Injurien und Verdrehungen coquettirt,
                              und sich in den weiten Mantel der Indignation gehüllt hat, der alles verdeckt was
                              man nicht gerne sehen läßt, beginnt er seinen eigentlichen Angriff mit folgendem
                              Vordersatze:
                           „Die optisch-aräometrische Probe stimmt in ihren Resultaten völlig
                                 mit der chemischen Elementaranalyse überein“, und schließt dann:
                           
                              „Wer also die Ergebnisse der Analyse nicht in Zweifel zieht, muß auch die
                                 Richtigkeit der optischen Probe zugeben.“
                              
                           Dieser Schluß wäre ganz gut, wenn nur der Vordersatz eben so richtig wäre; allein
                              dieses ist er leider nicht! Freilich hat die optische Probe in Steinheil's Händen mit seinen Correcturen, nachdem die Resultate der
                              chemischen Analyse bekannt waren, mit dieser Analyse ganz gut übereingestimmt;
                              dieselbe Probe jedoch, nach des Erfinders Vorschrift von andern Händen gebraucht,
                              welche sich gleichfalls seit Jahren mit dieser Probe beschäftigten, gab ganz andere
                              Resultate, wie schon beim ersten Anblicke aus der vergleichenden Zusammenstellung
                              der Resultate in meinem oben erwähnten Aufsatze (Bd. CIX S. 458 dieses Journals)
                              erhellt, welche während einer Reihe von Jahren gleichzeitig durch die hallymetrische
                              und die optisch-aräometrische Probe ermittelt worden waren.
                           Eine Probe aber, welche überhaupt in den Händen eines geübten Beobachters andere
                              Resultate gibt, als in den Händen des Erfinders, ist ganz gewiß nicht als Werkzeug
                              zu empfehlen, welches bei gerichtlichen Untersuchungen dem Richter als Anhaltspunkt
                              dienen könnte, und zum Theil aus diesem Grunde hat sie auch die Commission der
                              hallymetrischen nur als Controle an die Seite gestellt.
                           Die Gründe aber, welche die Commission bewogen, die optisch-aräometrische
                              Probe der hallymetrischen als Controle beizugeben, waren von zweierlei Art.
                           Erstens haben wir in unserer oben erwähnten Schrift schon gezeigt, daß die
                              optisch-aräometrische Probe innerhalb gewisser Gränzen mit der
                              hallymetrischen ziemlich gleichgehend gemacht werden könne. Ergibt sich also bei
                              Bieruntersuchungen eine große Differenz zwischen den Angaben der beiden Instrumente,
                              so wird man jedenfalls aufmerksam gemacht, näher nachzusehen wo der Fehler
                              stecke.
                           Ein zweiter Grund, weßhalb die Commission die optische Probe der hallymetrischen an
                              die Seite stellte, war: Beschwichtigung und möglichste Zufriedenstellung eines sich
                              in den Sitzungen nichts weniger als der Wissenschaft würdig benehmenden
                              Commissionsmitgliedes.
                           Steinheil fährt in seinem letzten Beitrage weiter
                              fort:
                           „Schafhäutl gibt sich das Ansehen, als seyen
                                 die Gründe, welche er gegen die Richtigkeit der optischen Probe geltend machen
                                 will, von der Commission zur Prüfung der verschiedenen Biere getheilt worden
                                 u.s.w.“ und will dem Leser dann begreiflich machen: er halte das für
                              eine Anschuldigung der Commission, indem er sagt:
                           
                              „Ich habe darüber Anfrage durch den Centralverwaltungsausschuß des
                                 polytechnischen Vereins gestellt, und die Antwort erhalten: daß die Commission
                                 sich nur auf die in ihrem Protokolle enthaltenen Gründe beziehe, und die von Schafhäutl veröffentlichte Schrift als Sache zwischen
                                 mir und ihm betrachte.“
                              
                           Auf dieses Citat hin erkläre ich: es ist eine Unwahrheit,
                              daß die Commission und der Centralverwaltungs-Ausschuß diese Antwort gegeben habe, wie ich sogleich beweisen will.
                           
                           Unterm 6. Novbr. 1848 richtete Steinheil an den
                              Centralverwaltungs-Ausschuß des polytechnischen Vereins ein Schreiben mit
                              folgenden zwei Fragen:
                           
                              „Ich erlaube mir die Anfrage, ob die Commission und der
                                 Centralverwaltungs-Ausschuß den in der Art (S.
                                 455–58–62–64–66–69 meiner Betrachtungen)
                                 angeführten Gründen beistimmt, oder, wenn dieß nur theilweise stattfinden
                                 sollte, welchen derselben sie ihre Zustimmung gibt (sic), und ob sie mit der Art, in welcher die Gründe gegeben sind,
                                 einverstanden ist.“
                              
                           Da Steinheil als „ergebenstes
                                 Mitglied“ des Centralverwaltungs-Ausschusses recht sehr um die Erfüllung seiner Wünsche bat, so
                              beschloß der Ausschuß, die Commissionsmitglieder durch ein Circular neuerdings zu
                              einer Zusammenkunft einzuladen.
                           Zwei der Commissionsmitglieder erklärten: sie würden nicht erscheinen; zwei bei der
                              Frage Betheiligte konnten natürlich gar nicht an der Berathung theilnehmen; es
                              versammelten sich also am 26. Novbr.
                           die HHrn. Professoren Andr. Buchner
                              jun., C. Krötz
                               und Hr. Apotheker Marx
                              
                           unter dem Vorsitze des Vorstands, um sich über die
                              Beantwortung obiger Fragen zu verständigen.
                           Die Lösung dieser Aufgabe war sehr leicht; denn die von Steinheil bezeichneten Gründe gegen die optisch-aräometrische
                              Bierprobe sind sämmtlich aus meinem Separatvotum ausgezogen, welches sich die
                              Commission und der Centralverwaltungs-Ausschuß am 1. März 1848 angeeignet und
                              auch der königlichen Regierung übersendet hatteDas Sitzungsprotokoll des Centralverwaltungs-Ausschusses vom ersten
                                    März 1848 enthält in Beziehung auf obige Fragen wörtlich Folgendes:Nr. 102. Der erste Hr. Vorstand Münzwardein Hainol
                                    geht nun zum Bericht bezüglich der Bierprobe über. Hr. Prof. Schafhäutl verliest im Namen der Commission eine Entgegnung auf das Separatvotum des Hrn.
                                    Prof. Steinheil.Der Ausschuß beschließt in Bezug auf die vorgetragenen
                                       Gegenerinnerungen: „daß dieselben mit dem Berichte zur
                                       Vorlage (bei der Regierung) gebracht werden sollen, wenn der Hr.
                                       Conservator Steinheil auf der Vorlage seines
                                       Separatvotums besteht.“
                                    Man hatte nämlich Steinheil, der sich ohne alle
                                    Discretion in den Sitzungen der Commission und des Ausschusses betrug, so
                                    lang es nur einigermaßen gehen wollte, mit aller möglichen Schonung
                                    behandelt., da es überhaupt nur diejenigen Gründe zusammengestellt enthielt, welche bei
                              der Wahl der beiden Bieruntersuchungsmethoden die Commission geleitet hatten.
                           
                           Was die zweite Frage Steinheil's betraf, so war die
                              Commission natürlich der Meinung, daß die Entscheidung darüber überhaupt nicht in
                              ihr Bereich siele; es war, nach dem was die Commission in den Sitzungen so oft in
                              Erfahrung gebracht, vorauszusehen, daß ihre Antwort eine ziemlich bitter schmeckende
                              Arznei bilden dürfte.
                           Das dem Centralverwaltungsausschuß von Seite der erwähnten drei Commissionsmitglieder
                              erstattete Gutachten lautete dahin: „daß sie sich durch Ihr Schreiben nicht veranlaßt finden können, irgend eine Erklärung
                                    darüber abzugeben, indem der Inhalt der Commissionsprotokolle über die
                                 Commissionsverhandlungen Ew. Wohlgb. hinlänglich bekannt sey, und sie selbst
                                 weder etwas hinwegzunehmen noch hinzuzufügen hätten; alle andern in den Protokollen nicht enthaltenen Aeußerungen und
                                 Behauptungen aber als Privatsache zwischen Hrn. Professor Dr. Schafhäutl und Ew. Wohlgeb. betrachten
                                 müßten.
                              
                           
                              Der Centralverwaltungs-Ausschuß hat sich in der
                                    Sitzung vom 29. Novbr. l. J. dieser Ansicht angeschlossen.
                              
                           
                              Indem wir etc.“
                              
                           Ich frage nun den unparteiischen Leser: ist in dieser Antwort gesagt, der
                              Centralverwaltungs-Ausschuß und die Commission betrachte die von mir
                              veröffentlichte Schrift als Sache zwischen ihm (Steinheil) und mir?
                           Fällt auf diese Weise mein Hauptstützpunkt: Berufung auf die
                                 Commission, hinweg – wenn nämlich diese Commission mein Separatvotum
                              mit allen seinen Einwürfen gegen die optische Probe zu dem ihrigen macht, und sich
                              weigert dem Fragesteller irgend eine Erklärung über seine Frage zu geben? Heißt das:
                              die Commission betrachte die von mir veröffentlichte Schrift als Sache zwischen mir
                              und Steinheil, wenn sie zur obigen Verweigerung irgend einer Erklärung über seine Fragen hinzusetzt: alle
                              Aeußerungen und Behauptungen (nicht aber Gründe) in ihren
                              Protokollen nicht enthalten, betrachte sie als Privatsache, die sie nichts weiter
                              anginge?
                           Mit welchem Namen würde der Leser eine solche offenbar absichtliche (gelinde gesagt)
                              Entstellung der Antwort des Centralverwaltungs-Ausschusses belegen, und würde
                              er es eine Injurie heißen, wenn man das Kind beim rechten
                              Namen nennt?
                           Nachdem nun Steinheil auf eine solche, eben nicht viel
                              geraden Sinn verrathende Weise den „Hauptstützpunkt
                                    seines Gegners“ in den Augen der Leser fallen zu machen
                              versucht hat, sollte man glauben, er ginge nun geraden Weges zur Bekämpfung meines Haupteinwurfes gegen die optisch-aräometrische
                              Bierprobe über, der ihre Selbstständigkeit vernichtet, der darthut, daß diese
                              optisch-aräometrische Probe ihre Hauptaufgabe nicht zu lösen, den wahren
                              Alkoholgehalt der Biere für sich allein nicht richtig anzugeben vermöge, sondern in
                              Bezug auf ihre Angaben so gut es eben gehen wollte, der hallymetrischen Probe
                              angepaßt worden sey, und sich also ohne inneren praktisch brauchbaren Haltpunkt
                              bisher mühsam an der Seite der hallymetrischen Probe fortschleppte, während sie sich
                              vor dem Publicum dennoch den Schein der Selbstständigkeit zu geben versuchte
                              – was ich nicht durch Experimente bewies, denen man allenfalls vorwerfen
                              konnte: sie seyen zur Erreichung eines vorherbestimmten Resultates angestellt,
                              sondern ganz einfach durch Zusammenstellung ihrer Leistungen während der Zeit ihrer
                              Existenz – nein, Steinheil nimmt diesen
                              Hauptangriffspunkt gegen seine Erfindung ganz leise unter den weiten Mantel seiner
                              Indignation, und beginnt mit einer Materie von secundärer Bedeutung – mit der
                              Bestimmung des ursprünglichen Würzegehaltes der Biere, welche ohne Kenntniß des
                              wahren Alkoholgehaltes, worüber mein erster Haupteinwurf sprach, sich gar nicht
                              ausführen läßt.
                           Hier lehrt er uns nicht einmal wie er den Würzegehalt der Biere zu berechnen Pflege,
                              sondern gibt sogar, zu meinem und gewiß auch der Leser nicht geringem Erstaunen,
                              vermittelst a + b –
                              c die Formel an, nach welcher ich die bisher
                              bekannten hallymetrischen Bieranalysen neuerdings berechnet und natürlich falsch
                              berechnet haben soll, weil ich vergessen hätte, den gefundenen Gehalt in Procente zu
                              verwandeln.
                           Hier geht es nun meinem verehrten Gegner noch viel schlimmer, als dem großen
                              Mathematikus in Butler's
                              Hudibras, der vermittelst der Algebra zu sagen wußte,
                              wie viel die Uhr geschlagen hatte, und durch Hülfe der Geometrie bestimmen konnte,
                              wie schwer die Butter wog – denn von seiner Formel habe ich keinen Buchstaben
                              gebraucht, und konnte also auch nicht vergessen haben, mit seinem Nenner zu
                              dividiren.
                           Ich will mm dem Leser ohne Formel zeigen, nach welcher Weise ich die bisher bekannt
                              gewordenen zuverlässigeren hallymetrischen Analysen der Biere berechnet habe.
                           Kenne ich nämlich den wahren Alkoholgehalt der Biere, so weiß ich natürlich auch, wie
                              viel Traubenzucker in der Flüssigkeit vorhanden gewesen seyn mußte, aus welcher sich
                              der Alkohol gebildet hat; denn nach der Liebig'schen
                              Formel kommen 47,12 absoluter Alkohol auf 100 Theile Traubenzucker.
                           
                           Haben wir auf diese Weise aus dem Alkohol die Quantität Traubenzucker ermittelt, aus
                              welcher der Alkohol entstanden war, so brauchen wir nur diesen Traubenzucker zu dem
                              sogenannten Extracte des Bieres, dessen Quantität man gleichfalls ausgemittelt hat,
                              zu addiren, um den überhaupt berechenbaren Würzegehalt des Bieres zu erhalten, wie
                              wir sogleich an dem ersten Beispiele meiner Zusammenstellungen von 119 neu
                              berechneten Bieranalysen im Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen
                              Vereines für Bayern 1848, S. 300 zeigen werden.
                           In 1000 Gran dieses Bieres wurden hallymetrisch gefunden:
                           
                              
                                 28,283
                                 absoluter Alkohol und
                                 
                              
                                 41,7
                                 Extract.
                                 
                              
                           Da nun 47,12 absoluter Alkohol 100 Theilen Traubenzucker entsprechen, so werden die
                              in 1000 Gran unseres oben genannten Bieres gefundenen 28,28 absoluten Alkohols aus
                              60,016 Theilen Traubenzucker entstanden seyn müssen.
                           Addiren wir nun diese 60,016 Theile Traubenzucker zu den oben gefundenen 41,7 Theilen
                              Extract, so erhalten wir den Würzegehalt des Bieres zu 101,7 Gran in 1000 Gran Bier,
                              wie ihn auch die Tabelle ohne Rechnungsfehler angibt.
                           Bei diesem durch Rechnung erhaltenen Würzequantum fehlt
                              nur noch derjenige Theil des ursprünglichen Würzegehaltes der Flüssigkeit, welcher
                              als Hefe in den Gährbottichen zurückgeblieben ist. Dieser Würzegehalt fällt also auf
                              diese Weise noch immer zu klein aus gegen den ursprünglichen Würzegehalt der
                              Flüssigkeit, und nicht zu groß, wie Steinheil glaubt. Wer
                              wird aber einen so veränderlichen und deßhalb bis jetzt unbestimmbaren Factor, wie
                              das Hefenquantum, in die Rechnung einführen wollen; am wenigsten sollte man das von
                              Steinheil erwarten, der beinahe auf jeder Seite
                              seiner Arbeiten mit der Wahrheit seiner Zahlen prunkt!
                           Steinheil erzählt uns nun ferner, daß die hallymetrische
                              Probe bei allen bis zum Jahre 1847 angestellten Bieruntersuchungen in Bezug auf die
                              Würzeberechnung einen Fehler von 1,3 Procent begangen habe, verschweigt aber dem
                              Publicum wohlweislich, daß seine Probe denselben, ja noch einen größern Fehler
                              beging, eben weil sie sich ohne innere Selbstständigkeit auf die hallymetrische
                              stützte. Er verschweigt, daß dieser Fehler bei der hallymetrischen Bierprobe nicht
                              im Principe derselben lag, sondern in einer Tafel aus
                              verwechselten wahren Resultaten berechnet, in einer Tafel, die Steinheil selbst berechnet hat. Er verschweigt ferner, daß der oft noch
                              größere Fehler der optisch-aräometrischen Probe jedoch in dem Principe lag,
                              auf welches er seine Erfindung gebaut hatte, daß also diese Probe ohne Beihülfe der chemischen Analyse
                              nie im Stande gewesen wäre diesen Fehler zu
                              entdecken. Er verschweigt dabei, daß ich es war, der zuerst den Fehler der
                              hallymetrischen und also auch der optischen Probe auffand, und daß er es sey, der wenigstens einen Theil der Schuld an
                              diesem Fehler trägt, weil er die Alkoholtafel dazu
                              berechnet hat.
                           Hätte Steinheil bei Interpolirung der ihm übergebenen
                              zusammengestellten Daten neben seiner Formel auch noch seinen Geist angewendet;
                              hätte er also seine Aufgabe geistig durchdrungen und die Entstehung der
                              verschiedenen Zahlencolumnen auseinander gehörig verfolgt, so müßte er sogleich
                              gefunden haben, daß eine Verwechslung der Zahlen der dritten und vierten Colonne in
                              den Versuchen c, d und e
                              stattgefunden hatte, ein Versehen, das vor der Interpolation hätte leicht wieder
                              gutgemacht werden können, so daß wir anstatt einer nur annähernd wahren, eine
                              durchaus wahre Tafel erhalten haben würden.
                           Auf derselben Seite beschuldigt mich Steinheil: ich
                              verstände nicht, weßhalb er die Einheiten der Balling'schen und seiner Probe gleich mache.
                           Den Grund dieser Ausgleichung hat uns ja Steinheil oft
                              genug angegeben, und ich habe im Texte sogar seine eigenen Worte angeführt. Daß er
                              seine Einheiten mit denen von Balling gleich machte, das
                              hatte ich ihm indessen nicht zum Vorwurf gemacht, sondern daß er seine Zahlen bald
                              mit den Balling'schen Zahlen und der chemischen Analyse
                              gleich machte, bald nicht, ja sogar von den Balling'schen Zahlen bald hinwegnahm, bald hinzusetzte,
                              um Resultate zu erhalten, wie er sie eben brauchte (siehe
                              meine Betrachtungen etc. S. 465); daß er also, in seinem Bewußtseyn gar wohl
                              überzeugt, auf welcher Wahrheit seine Zahlen beruhten,
                              der Commission und der Welt nicht eine der Aufgabe
                              entsprechende bestimmte Zahl vorlegte, sondern bald diese, bald jene Zahl angab, wie
                              es der fortschreitende Gang der Untersuchung eben zu verlangen schien (siehe Bd. CIX
                              S. 465 dieses Journals); und Steinheil dreht und windet
                              sich vergebens, seinem Verfahren in dieser Beziehung eine andere Deutung zu
                              geben.
                           Was ferner Steinheil in einer Anmerkung Nr. 47 sagt:
                              „auffallend ist, daß Sch. von einer amtlichen Bieruntersuchung des
                                 Jahres 1846 sagen kann: die Frage bezüglich der Tarifmäßigkeit der Biere wurde
                                 auf die musterhafteste Weise erledigt“ – zeigt wieder, wie
                              wenig Steinheil selbst in das Thatsächliche einer
                              Angelegenheit zu dringen vermag, die ihn doch so sehr berührt.
                           
                           Er thut, als ahne er nicht einmal, daß die obige wichtige Frage durch seine Anklage
                              der hiesigen Bräuer bei dem Ministerium des Innern veranlaßt wurde, zu welcher er
                              sich Kaiser's Unterschrift verschaffte, auf eine Weise,
                              über welche ihm selbst sein feuriger Freund Weber kaum
                              eine zweite Trostepistel schreiben würde; denn er weiß hoffentlich, daß zwar nicht
                              der Glanz und der Triumph der
                              Wissenschaft, aber doch die Würde derselben auf einer ethischen Basis ruht.
                           Gerade hier handelt es sich um eine sehr wichtige Frage, von welcher Steinheil, ehe ihn Balling
                              darüber belehrte, gar keine Ahnung hatte: daß sich nämlich aus
                                 dem gefundenen Alkohol- und Extractgehalt der Biere allein ohne
                                 vorausgegangene Untersuchungen ganz anderer Art, das zum Sude verwendete
                                 Malzquantum nicht berechnen lasse; daß der Würzegehalt, wie ihn Steinheil in seiner Weise berechnete, auch wenn seine
                              Probe den Alkoholgehalt hätte wirklich richtig angeben können, bald mehr, bald
                              weniger von der Wahrheit abweichen, aber in jedem Falle zu gering ausfallen müsse,
                              weil sich die Qualität und Quantität der das Gerstenkorn zusammensetzenden
                              Bestandtheile mit der Jahreszeit, dem Boden und der Witterung ändern, auf eine
                              Weise, von welcher man vor dieser Untersuchung keine Idee gehabt hatte. Es hat sich
                              auch hier durch langjährige Untersuchungen gezeigt, daß eine geübte Zunge, wie beim
                              Wein, so auch beim Bier, über die Normalmäßigkeit und Güte desselben besser zu
                              urtheilen im Stande sey, als jede optisch-aräometrische Probe, und daß Proben
                              überhaupt nur Werkzeuge seyen, welche bei Streitigkeiten oder Straffällen dem
                              Richter ein greifbares Mittel darböten, an welches er seine Entscheidungsgründe
                              knüpfen könne.
                           Gehen wir nun wieder zum Text zurück. Steinheil macht mir
                              den Vorwurf: ich hätte bei den Daten unter Nr. 14 meiner schon oft erwähnten
                              vergleichenden Zusammenstellung der Resultate der hallymetrischen und optischen
                              Bierprobe S. 458 andere Zahlen angeführt als die, welche die Commission gefunden, und deutet dabei sehr geistreich an, es möchte wohl
                              wieder ein Schreibfehler seyn, wie bei den Balling'schen
                              Resultaten.
                           Allein Steinheil ist hier in einem großen Irrthume
                              befangen.
                           Die Zahlen, an welchen er Aergerniß nimmt, sind gleichfalls von der Kommission
                              gefunden und finden sich in dem Protokolle derselben; denn als Kaiser und ich die hallymetrische Untersuchung des Probebieres ausführten, haben wir dasselbe
                              Bier zugleich optisch untersucht und die Resultate gleichfalls unserem Protokolle beigefügt.
                           Daß ich aber gerade diejenigen Zahlen, welche Kaiser und ich mit dem Steinheil'schen Instrumente und seiner Gebrauchsanweisung
                              ermittelten, und nicht die seinen angeführt habe, geschah
                              aus einem sehr triftigen Grunde, den wir schon im Anfange unseres gegenwärtigen
                              Aufsatzes entwickelt haben.
                           Wenn nämlich der Erfinder eines Instrumentes dieses Instrument in seiner eigenen
                              Werkstätte verfertigt, mit der deutlichen Gebrauchsanweisung dem Publicum nicht nur
                              um schweres Geld verkauft und versichert: der zufällige Beobachtungsfehler bei
                              diesem Instrumente sey 15mal kleiner als bei einem andern, welches zu gleichem Zweck
                              gebraucht wird, sondern noch überdieß alle möglichen Mittel anwendet, den Staat zu
                              vermögen, dieses sein Instrument als Norm aufzustellen, nach welcher die Leistungen
                              einer sehr großen achtbaren Classe von Bürgern gerichtlich beurtheilt werden sollen,
                              so darf ich mich nur an die Aussagen dieser dem Publicum verkauften Instrumente
                              halten, die sie in den Händen nicht ungeübter Experimentatoren geben; denn gibt das
                              Instrument nur in den Händen seines Erfinders oder einer von ihm geleiteten
                              Commission und nur nach mannichfaltigen Correcturen, von welchen die
                              Gebrauchsanweisung nichts sagt, das richtige Resultat: so ist das Publicum mit
                              diesem Instrumente betrogen, und die Ehre einer ganzen nützlichen Bürgerclasse aufs
                              Spiel gesetzt.
                           Der Werth oder Unwerth solcher Instrumente, die aus den physikalischen Armarien
                              heraus ins praktische Leben treten sollen, kann überhaupt nur durch die Resultate
                              festgestellt werden, welche bei ihrem Gebrauche die Zeit gibt, die ganz parteilose,
                              und eben deßhalb habe ich nur diejenigen Resultate angegeben, welche aus der Zeit
                              hervorgegangen sind, vom ersten Auftreten der Bierprobe bis zum Jahre 1847, woraus
                              sich eben unzweideutig ihre innere Haltlosigkeit ergab. Freilich, hätte Steinheil die Analysen mit seiner optischen Probe
                              gemacht, und überall die hallymetrische oder gar die chemische Analyse zugleich
                              benützen können, so würde es ihm ein Leichtes gewesen seyn, durch sogenannte
                              wissenschaftliche Correctionen und Reductionen die optische mit der hallymetrischen
                              in Einklang zu bringen; aber dadurch würde die wahre Natur der Probe immer mehr
                              verhüllt, und das Publicum von der sogenannten Wissenschaft an der Nase
                              herumgeführt.
                           Steinheil beschuldigt mich ferner: um zu beweisen was ich
                              beweisen wollte, hätte ich in Nr. 15 meiner Tabelle Bd. CIX S. 458 dieses Journals
                              den Gehalt desselben Bieres anders angegeben, als im Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen
                              Vereines für Bayern 1848, S. 300 unter Nr. 72. Woher weiß denn Steinheil, daß Nr. 72 und Nr. 15 von einer und derselben Analyse sind? Hat
                              er denn nicht gesehen, daß der Alkoholgehalt in Nr. 72 4,09, in Nr. 15 dagegen 4,20
                              beträgt? Hier hat ihm seine Leidenschaft und sein ängstliches Suchen nach Fehlern
                              wieder das Auge getrübt, wie wir in gleicher Beziehung einen zweiten, noch
                              interessanteren Fall am Schlusse unserer Entgegnung kennen lernen werden. Steinheil bringt dabei wieder die irrige Balling'sche Zahl in Erwähnung, welche ihm die erste
                              Gelegenheit zu seiner scheinbaren Entrüstung und den Vorwand zum Angriffe gegen mich
                              gegeben, der von meiner Seite auf keine Weise hervorgerufen war. Der freundliche
                              Leser sehe:
                           Die ursprüngliche Zahl für den Alkohol nach der Balling'schen Methode erhalten war
                           
                              
                                 
                                 3,75
                                 
                              
                                 wie sie der Copist schrieb
                                 3,15.
                                 
                              
                           Der Copist hatte also die Zahl 7 für 1 gelesen. Bei Zahlen, welche namentlich in
                              flüchtiger Handschrift einander so ähnlich sehen, wie leicht ist solch eine
                              Verwechslung möglich. Es gibt kein Rechenbuch, in welchem sich nicht zahlreiche
                              Fehler finden, ja selbst die Werke der größten Mathematiker sind nicht frei davon
                              – wer will hier den ersten Stein aufheben!
                           Steinheil geht nun zu meinen Bemerkungen über, welche die
                              Schwierigkeiten bei Handhabung des optischen Instrumentes hervorheben. Er sagt:
                              dieselben Schwierigkeiten finden bei allen Schraubenmikrometern statt. Ich sage: es
                              finden nicht dieselben Schwierigkeiten bei allen Schraubenmikrometern statt.
                              Indessen geben wir zu, es finden ganz dieselben statt, so sind die
                              Schraubenmikrometer Werkzeuge für die Hand und das Auge des Astronomen und des
                              gelehrten Beobachters überhaupt – für die Tatzen und das Auge eines
                              sogenannten Vierbeschauers sind sie gewiß keine passenden Werkzeuge.
                           Wenn Bessel versichert hat, er wolle in einem halben Tage
                              einen jeden Soldaten dahin bringen, daß er brauchbare astronomische Beobachtungen
                              liefere (mittelst der Mikrometer?), so wollen wir ihm das aufs Wort glauben; wir
                              haben aber nicht überall einen Bessel, der solche Dinge
                              verrichten könnte. Daß Steinheil kein Bessel ist, hat er schon dadurch bewiesen, daß er nicht
                              einmal unsern tüchtigsten gebildeten Bierbräuer Sedlmaier
                              dahier trotz seines Unterrichtes dahin brachte, daß dieser durch die optische Probe
                              Resultate erhielt, die so mit einander übereinstimmten, daß sie als verlässig betrachtet werden könnten.
                           Daß der Magistrat von München die optische Probe der königl. Regierung zur Einführung
                              vorgeschlagen, ist wieder nur theilweise wahr.
                           Warum citirt Steinheil das Protokoll nicht und die Stelle,
                              wo diese Empfehlung geschah, wie ich es gemacht habe und stets zu machen pflege,
                              wenn ich Daten dem Publicum vorführe, auf welche sich meine Vorwürfe stützen!
                           Die Wahrheit ist: der Magistrat hat die optische Probe nur zur
                                 Vergleichung der verschiedenen Biere unter sich vorgeschlagen; dazu dient
                              aber bei nur einiger Vorsicht jede Bierwaage, die
                              wenigstens 60mal wohlfeiler ist als die optische.
                           Im magistratischen Gutachten vom 1. März 1844 heißt es:
                           
                              „Die optische Probe habe polizeilichen Nutzen, wo es lediglich die Controlirung der Wirthe bezüglich der Alterirung der
                                 Biere mit Wasser betrifft.“
                              
                           Im an das Ministerium erstatteten Gutachten vom 22. Sept. 1846 heißt es sub Lit. G:
                              
                           „Nur zur Vergleichung der Biere unter sich ist
                                 die Steinheil'sche Probe vollkommen
                                 dienlich“; und am Ende wird gesagt: „die Commission hält,
                                 vom technischen Standpunkte aus, die Steinheil'sche
                                 Probe noch nicht für so reif, daß sie dem Antrage des
                                 Professors Steinheil beipflichten könnte.“
                           Der Leser sieht, daß sich mit einer solchen Anempfehlung nicht viel zu brüsten
                              ist.
                           Daß der Magistrat von Augsburg beim Ministerium um alsbaldige gesetzliche Einführung
                              der Steinheil'schen Probe gebeten, glaube ich wohl. Es
                              hat indessen schon mancher Magistrat um verschiedene andere Dinge gebeten, ohne zu
                              wissen, was er eigentlich that. Der Magistrat hat gewiß nicht mit der optischen und
                              hallymetrischen Probe experimentirt, um sich selbst von den Vorzügen oder
                              Nachtheilen bei den Proben zu überzeugen, und er wird seine Bitte höchst
                              wahrscheinlich auf Anempfehlung eines Dritten gestellt haben.
                           Daß Steinheil in seiner Instruction ausdrücklich verlangt,
                              daß man aus mehreren Beobachtungen das arithmetische Mittel nehme, weiß ich gar
                              wohl, und ich habe diese wundervolle Kunst des Kleinermachens
                                 der zufälligen Beobachtungsfehler auch bei der Vergleichung der Resultate
                              der optisch-aräometrischen mit denen der hallymetrischen in jener oft
                              erwähnten Tabelle Bd. CIX S. 458 dieses Journals angewendet. Hier beträgt nämlich
                              der Fehler, um welchen
                              seine Probe den Gehalt eines starken Bieres zu geringe angab 4,89, also nahezu 5
                              Procente. Ich habe hingegen angegeben, daß im Durchschnitte der Fehler, um welchen die optische Probe den Gehalt der
                              Biere zu gering angibt, mehr als zwei Procente betrage.
                              Daß aber der Bierbeschauer mehrere Beobachtungen bei
                              einem und demselben Biere anstelle, und aus mehreren Beobachtungen das arithmetische
                              Mittel ziehe, halte ich nicht für praktisch; es ist auch bei der Anwendung der
                              optischen Probe durch die magistratischen Bierbeschauer natürlich nie geschehen, und
                              ich wundere mich nur, daß Steinheil nicht einige 30
                              Beobachtungen verlangt, und zur Ausgleichung der zufälligen Beobachtungsfehler die
                              Methode der kleinsten Quadrate in Anwendung zu bringen befiehlt!
                           Sogar das Einstellen seiner Schubtafel hat für eben nicht sehr zarte Hände bedeutende
                              Schwierigkeiten und ebenso das Ablesen der Resultate, namentlich wenn man Theile von
                              Procenten durch das Augenmaß bestimmen soll, namentlich da man immer Theilungen an
                              zwei Leisten des Rahmens zugleich zu vergleichen hat, und wegen der krummen Linien
                              sich nicht einmal eines Lineals bedienen kann.
                           Am schönsten ist indessen Steinheils neue Entdeckung, von
                              welcher er nun die Welt benachrichtigt: daß es nämlich
                                 Menschen gibt, für welche die Zahlen keine Wahrheit sind. Wir möchten ihn
                              nur noch in geographisch-ethnographischer Hinsicht bitten, daß er uns sage wo
                              wohl diese Menschen zu finden sind.
                           Wer sollte wohl glauben daß es Leute gebe, die läugnen daß z.B. 6 eine bestimmte
                              Menge von Einheiten bedeute, und zwar gerade sechs, nicht mehr und nicht
                              weniger!
                           Das weiß ich aber gewiß daß es Menschen gibt, welche, wenn ihnen von gewissen Leuten
                              eine Zahl vorgeführt wird – zweifeln: ob diese Leute auch das
                              wissenschaftliche Recht hatten, ihnen gerade diese Zahl, und keine andere
                              vorzulegen, als gerade 6. Da könnte es sich denn treffen, ja es hat sich leider
                              schon mehrmals getroffen, daß eine solche Zahl, obgleich an sich absolut wahr,
                              dennoch zum Ausdruck einer Unwahrheit gebraucht wurde.
                              Ebenso ist es wohl keiner Seele eingefallen, je zu zweifeln, daß, wenn man 2 mit 2
                              multiplicirt, als Product vier erhalten werde. Häufig ist in mir jedoch der Zweifel
                              aufgestiegen: ob der Autor auch das wissenschaftliche Recht hatte, die Zahl 2 eben
                              mit 2 und keiner andern Zahl zu multipliciren, und so kömmt es auch wohl noch
                              täglich vor, daß analytische und algebraische Gleichungen, obwohl an sich vollkommen wahr,
                              dennoch zum Instrumente der Unwahrheit werden.
                           So habe ich z.B. gar nichts gegen Steinheil's oder
                              vielmehr Seidl's Rechnungsweise, wodurch er mit Anwendung
                              der optischen Probe und der Senkspindel den Werth des Bieres zu bestimmen versucht,
                              ohne zu wissen, aus was die Würze besteht. Wir wollen hier die naive Weise gar nicht
                              einmal berühren, in welcher Steinheil der Praxis antragt:
                              den Werth einer Flüssigkeit gesetzlich zu bestimmen, ohne daß er weiß was darin ist,
                              und was damit während ihres Werdens vorgegangen ist – er könnte dadurch
                              leicht in den Fall kommen, in der besten Meinung den Werth von Dingen zu bestimmen,
                              vor deren Gebrauch sich das Publicum und zwar wohlweislich verwahren würde.
                           Daß seine Rechnungsweise aber ein praktisches, gesetzlich verlässiges Mittel
                              darbieten könne, nach welchem sich der wahre Werth der Biere im allgemeinen bestimme
                              lasse – das verneine ich, und zwar aus sehr triftigen Gründen.
                           Wenn wir auch vorläufig annehmen wollen, Steinheil's neues
                              Verfahren führe in der Praxis nicht zu Irrthümern, was ich jedoch wieder verneine
                              – so gesteht er von vornherein selbst: daß vor Anwendung seines Verfahrens
                              Probesude im Großen und in
                                 verschiedenen Districten vonnöthen seyen, welche erst die Basis abgeben
                              müßten, auf welcher seine Rechnung ihr Gebäude aufführen könne.
                           Dadurch allein wird das ganze Verfahren viel zu weitläufig und deßhalb unpraktisch;
                              denn es müßten des Jahres zweimal Probesude in verschiedenen Theilen des Landes
                              angestellt, und dazu eine sachkundige Commission von der Regierung ernannt und
                              bezahlt werden. Wer die Störungen kennt, welche das Einschiebsel einer solchen neuen
                              Branche von Beamten in das Räderwerk unserer polizeilichen und Staatsverwaltung
                              Heraufrufen würde, wird von vornherein vor der Anwendung eines solchen Verfahrens
                              zurückschrecken, so lang es noch einfachere Mittel gibt, welche zum nämlichen Zweck
                              führen.
                           Allein die Steinheil'sche Methode kann auch nur dann
                              einigermaßen verlässige Resultate geben, wenn das Malz, aus welchem das Bier
                              bereitet wurde, dieselbe quantitative chemische Zusammensetzung und dieselbe Farbe
                              besitzt, also bei denselben Temperaturgraden getrocknet worden ist, als das Malz,
                              mit welchem Steinheil in München seine Normalversuche
                              anstellte; ferner: wenn das Maisch- und Brauverfahren das nämliche ist, ja
                              sogar die Temperaturverhältnisse dieselben sind, als diejenigen unter welchen er seine
                              Normalexperimente anstellte.
                           Denn sobald das Refractionsvermögen der Biere, also die optische Probe als
                              Anhaltspunkt genommen wird, auf welchen sich die Rechnung stützt, sobald ist Fehlern
                              Thüre und Thor geöffnet, deren Erscheinen man bis jetzt noch in keiner Weise
                              controliren kann. Meine schon oft erwähnte Tafel in diesem Journale Bd. CIX S. 458 thut ganz augenscheinlich dar,
                              daß während die optische Probe bei in München gebrauten gewöhnlichen Bieren so
                              eingestellt werden konnte, daß sie höchstens 1,2 Procente von den Angaben der
                              hallymetrischen Probe abwich, so stieg die Abweichung bei dem blässern, an Alkohol
                              reicheren englischen Ale Nr. 18 auf 3,22 Procente; ein Fehler, welcher ein solches
                              Instrument als polizeiliches Werkzeug unbrauchbar macht.
                           Ich muß hier wieder bemerken daß diese Analysen, auf welche ich mich eben bezog,
                              nicht von mir allein gemacht worden sind; sie wurden von dem Hrn. Medicinalassessor
                              Dr.
                              Pettenkofer, von Hrn. Universitätsprofessor Dr. Pettenkofer und mir
                              gemeinschaftlich mit den neuen für die polytechnische Schule von Steinheil verfertigten Instrumenten veranstaltet. Man
                              hielt sich dabei genau an die Steinheil'schen
                              Vorschriften, ja man verfuhr dabei noch mit größerer Vorsicht. Jede Ablesung der
                              Trommeltheile geschah dreimal von jedem der drei Beobachter, und zwar in gleichen
                              Zwischenräumen. Die Trommel wurde nach jeder Beobachtung wieder verstellt, so daß
                              jeder Beobachter genöthigt war, die Trommel selbst einzustellen und keiner von den
                              Resultaten des andern Kenntniß erhielt, bis zuletzt bei der Zusammenstellung der
                              Resultate. Die Grade der Senkspindel wurden von jedem der drei Beobachter abgelesen
                              und die Schubtafel ebenso von jedem derselben eingestellt. Ein ähnliches Verfahren
                              wurde bei den hallymetrischen Analysen angewendet.
                           Ehe wir uns zum Schlusse wenden, muß ich noch die Behauptung Steinheils am Schlusse seines letzten Ausfalles abfertigen: als gäbe der
                              erste Theil der hallymetrischen Probe nicht für den beabsichtigten Zweck hinreichend
                              genaue Resultate.
                           Ich behaupte wieder: der erste Theil der hallymetrischen Probe gebe ausreichend
                              sichere Resultate für die erste Untersuchung der Biere; denn der Fehler bei wirklich
                              verkäuflichen Bieren übersteigt ein halbes Procent nicht.
                           Ich berufe mich dabei wiederholt auf meine Tafel im Kunst- und Gewerbblatt des
                              polytechnischen Vereins für Bayern 1848, S. 300 in welcher die bisher hallymetrisch
                              analysirten Biere Oberbayerns zusammengestellt sind.
                           Steinheil hat sich während der drei Monate, innerhalb
                              welchen er an seinem letzten Beitrage arbeitete, die allerdings nicht unbeachtet zu
                              lassende Mühe genommen, jede meiner vielen Zahlen zu prüfen und zu vergleichen, um
                              wo möglich einen Schreib- oder Rechnungsfehler aufzujagen, an welchen er sich
                              bei seiner letzten Abwehr zu halten vermöchte.
                           Es ist ihm auch wirklich gelungen, unter den 119 zusammengestellten Analysen zwei zu
                              finden,Zwei andere, nebst einigen Druckfehlern, hat er dennoch übersehen, welche ich
                                    im Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins für Bayern,
                                    1stes Heft 1849, berichtigen werde. welche durch einen Schreibfehler bei dem durch das Experiment bestimmten
                              Salzrückstande einen falschen Platz in der Reihe der übrigen Analysen erhielten.
                           Steinheil nimmt nun die falsche Stellung dieser zwei
                              Zeilen als ihre richtige an, und gründet darauf seinen Einwurf gegen die Sicherheit
                              des ersten Theiles der hallymetrischen Probe.
                           Die Zeilen, welche an einem falschen Platze stehen, sind die 9te und 39ste. Jeder
                              oberflächliche Beobachter welcher die Columne 17 durchgeht, wird finden daß hier die
                              Zahlen von 1 bis 119 nach einem sehr einfachen Gesetze regelmäßig wachsen. Da tritt
                              ihm nun auf einmal unter Nr. 9 eine Zahl entgegen, welche, anstatt um 1 Procent zu
                              wachsen, plötzlich um mehr als 5 Procente wächst, während die nächstfolgende,
                              anstatt gleichfalls zu wachsen, wieder um nahezu 3 Procente zurückgeht.
                           Ein einfacher gesunder Menschenverstand wird unter solchen Umständen sogleich
                              vermuthen: es müsse hier ein Irrthum vorgefallen seyn, und wird die fragliche Zahl
                              unter Nr. 9 Columne 17 – nämlich 108,4, welche zwischen 102,8 und 105,6
                              steht, an ihren Platz zu setzen suchen, wo sich nämlich dieselben Zahlen finden.
                              Fahren wir in oben erwähnter Columne abwärts, so finden wir unter Nr. 16–18
                              dreimal die Zahl 108,4, und unter Nr. 19 die Zahl 108,9. Unsere obige Zahl müßte
                              also von Nr. 9 entfernt und zwischen 108,4 und 108,9, also zwischen Nr. 18 und 19
                              eingereiht werden. Da ist aber in der 20sten Columne der Salzrückstand im Hallymeter
                              anstatt 8,0–9,0, und es wird also auch unser Salzrückstand anstatt 8 nunmehr
                              9 seyn müssen.
                           
                           Um zu sehen, ob unsere Vermuthung richtig ist, wollen wir den Salzrückstand, welchen
                              uns das Experiment gegeben hat, aus den in der Tabelle enthaltenen Daten durch
                              Rechnung zu finden suchen.
                           Als Anhaltspunkt dient uns der Alkoholgehalt, welcher 39,967 ist. Diesem entsprechen
                              nach unserer Tafel S. 287 71,55 Weingeist, wie ihn die hallymetrische Probe angibt,
                              und dieser Weingeist enthält also 31,59 Wasser.
                           Ziehen wir diesen Wassergehalt von dem Gesammtwassergehalt in der 13ten Columne ab,
                              welcher 923,283 beträgt, so bleiben uns 891,693 Wasser, wie es durch die Salzlösung
                              angegeben worden ist.
                           Diesem Wasser nun entsprechen 321,009 Gran aufgelöstes Kochsalz, und dieses von den
                              zum hallymetrischen Versuche vorschriftsmäßig verwendeten 330 Gran abgezogen, gibt
                              uns 9,009 Salzrückstand, wie wir ihn schon oben aus der Stellung, welcher dieser
                              Analyse der Zahl 108,4 gemäß, in der Reihe gebührte, vermuthen konnten.
                           Bei der zweiten Zahl finden wir dasselbe Resultat.
                           In unserer Columne 17 erscheint unter Nr. 39 die Zahl 131,9 plötzlich zwischen 118,1
                              und 118,9.
                           Jeder ruhige Beobachter sieht auf den ersten Blick, daß 131 nicht zwischen 118
                              gehören könne. Er wird also in der Columne so lange herabfahren, bis er eine
                              geringere Zahl als 131,9, und eine gleiche oder größere findet. Unter Nr. 75 stößt
                              er auch wirklich auf 130,6 und 131,9; zwischen diese zwei Zahlen muß also unsere
                              obige 131,9 hineingehören.
                           Da wäre denn nur die Zahl des Salzrückstandes im Hallymeter falsch angegeben, und
                              müßte anstatt 12,5 wohl 17,5 heißen.
                           Sehen wir auch hier, ob die Rechnung unsere ausgesprochene Vermuthung bestätigt.
                           Der Alkoholgehalt von Nr. 39 ist 42,77; dieser entspricht einem Weingeist von 34,33
                              Wassergehalt. Ziehen wir dieses Wasser vom Gesammtwassergehalt des Bieres in der
                              Columne 13 ab, der 902,36 beträgt, so erhalten wir 868,03 Wasser, welches uns der
                              erste Theil der hallymetrischen Probe anzeigt. Diese 868,03 Wasser entsprechen
                              312,249 aufgelöstem Kochsalz, und diese Kochsalzmenge von den vorschriftsmäßig
                              verwendeten 330 Gran abgezogen, hinterläßt 17,51 Gran, ganz wie wir schon aus der
                              Stellung der Zahl 131,9 vermuthen konnten.
                           Wer nur um ein geringes tiefer in die Sache eingehen wollte, der würde sehen, daß der
                              Gesammtgehalt in der 17ten Columne lediglich aus dem Kochsalzrückstande im
                              Hallymeter berechnet wird, daß also ein gleicher Kochsalzrückstand auch einen
                              gleichen Gesammtgehalt angeben müsse. Nun findet er unter Nr. 10 für 8,0
                              Kochsalzrückstand in der 17ten Columne 105,6 Gesammtgehalt, unter Nr. 9 für
                              denselben Kochsalzrückstand dagegen 108,4 – eine von diesen Zahlen muß also
                              unrichtig seyn. Dasselbe ist noch evidenter in Nro. 39. Hier hat er unter Nr. 36,
                              37, 38 drei Kochsalzrückstände, welche alle = 12,5 sind und dafür den
                              Gesammtrückstand 118,1; nur bei Nr. 39 ist der Gesammtgehalt für denselben
                              Kochsalzrückstand 131,9; diese Zahl muß also offenbar unrichtig seyn. Das findet
                              jeder gesunde Menschenverstand, nur nicht der Gelehrte von
                                 Profession, dem vor lauter Form und aus lauter Leidenschaftlichkeit der
                              Geist der Sache unter den Händen entschlüpft, und der noch überdieß verleitet wird,
                              dieser seiner Scharfsinnigkeit halber einen glänzenden Triumph seiner eigenen
                              logischen Kraft zu feiern!Ich muß mich bei dem freundlichen Leser wirklich wegen dieser Fehler in
                                    meiner Tabelle entschuldigen. Man sieht dieser Tabelle die Mühe wohl nicht
                                    an, die sie gekostet, namentlich was das Zusammensuchen der Analysen aus
                                    allen Winkeln, ihr Vergleichen, und endlich das Zusammenstellen der neu
                                    berechneten Analysen selbst betrifft. Wenn man noch überdieß bedenkt, daß
                                    ich über drei Gegenstände an der Universität zu lesen, ein geognostisches
                                    Cabinet zu gründen, zu ordnen und zu beschreiben habe, ohne alle Beihülfe
                                    eines gelehrten oder ungelehrten Freundes, wobei mich noch technische
                                    Commissionen der verschiedensten Art in Anspruch nehmen, während mein
                                    verehrter Gegner gar nicht liest, und mit Beihülfe seines gelehrten Freundes
                                    arbeiten kann was und wie und so lange er will – so wird mir der
                                    Leser diese obigen Irrthümer nicht allzuhoch anrechnen.
                              
                           Somit wären wir denn für diesesmal mit dem speciellen Theil unserer Abwehr zu Ende,
                              und können nun zum eigentlichen Schlusse übergehen, der eine mehr lebendigere
                              sentimentale Farbe annehmen wird.
                           Um nämlich den etwa ungläubigen Leser recht von der Größe und Bedeutsamkeit seiner
                              Erfindung zu überzeugen, läßt sich Steinheil von einem
                              auswärtigen Freunde, dem bekannten Physiker Weber, ein
                              Condolenzschreiben schicken, und führt zugleich einen Gratulationsbrief von dem
                              Mathematiker Ohm in Berlin an.
                           Weber beschreibt in seinem Briefe den recht traurigen Eindruck, welchen mein Aufsah gegen
                              seinen Freund auf ihn gemacht, und wahrscheinlich auch den freudigen, den Steinheil's erster
                              herausfordernder Angriff auf mich in seinem freundlichen Herzen erregt hat, was
                              jedoch nicht abgedruckt steht. Dabei fallen einige zarte Anspielungen von geistiger Befangenheit, vom Ignoriren geistiger Beschränktheit, und das Ganze schließt mit
                              Vertröstungen auf die Zukunft.
                           
                           Ohm geht gewissermaßen weiter. Er schimpft zwar nicht;
                              denn er hat damals unsern Kampf noch nicht geahnt; aber er feiert schon anticipando im Geiste den Steinheil'schen Triumph und mit ihm den Triumph der Physik.
                           Was mich betrifft, so habe ich vor den beiden eben angeführten Gelehrten so viel
                              Respect als irgend jemand, sobald sich diese Herren in ihren heimischen Gefilden
                              bewegen. Hier aber, wo es sich um die Anwendung eines physikalischen Hülfsmittels in
                              dem ganz eigenthümlich organisirten Gebiete der Chemie und noch überdieß speciell
                              der technischen Chemie handelt, haben diese Herren, so lange sie nicht selbst in dem
                              Garten dieses Zweiges der Naturwissenschaft die Hand angelegt, keine maßgebende
                              Stimme, und es wäre mir ein Leichtes, einige Landrichter zu finden, welche in ihren
                              Briefen von dem recht traurigen Eindruck sprachen, welchen Steinheil's Angriff auf mich in ihrem Herzen erregt, wobei es an einigen
                              kräftigen Ausdrücken von geistiger Beschränktheit und Vertröstungen auf die Zukunft
                              gleichfalls nicht fehlen sollte; ebenso getraute ich mir wenigstens sechs
                              Bürgermeister vorzuführen, welche mit mir ein Jahrzehend voraus schon den Triumph
                              der Chemie zu feiern bereit wären. Allein die Beileidsbezeugungen der einen würden
                              mir in den Augen der Parteilosen nichts nützen, und der voreilige Triumph der andern
                              nur Gelächter erregen. Da ich noch überdieß stets vorgezogen habe, in Freud und Leid
                              auf eigenen Füßen zu stehen, so will ich den freundlichen Leser mit solchen Briefen
                              nicht belästigen.
                           Erlaubt wird es mir aber auch seyn, am Ende dieser Abweisung, schon des beliebten
                              Parallelismus halber, gleichfalls den recht traurigen
                                 Eindruck zu beschreiben, den es auf mich gemacht hat, zu sehen, wie zwei
                              namhafte Gelehrte so leichten Herzens bereit sind, den Schild zu erheben für eine
                              neue Idee, die sie von der eigentlich praktisch chemischen Seite gar nicht, von der
                              theoretischen hingegen nur nach einer Richtung kennen – bloß, um ihrer
                              physikalischen Idee einen scheinbaren Triumph zu verschaffen, unbekümmert, ob Segen
                              oder Fluch für das Leben daraus entstehe.
                           Sehen wir nun, wie Hr. Professor Weber die Sache auffaßt.
                              Er spricht von schechtem Danke für eine so meisterhaft
                              durchgeführte Untersuchung! Was kennt er denn eigentlich von dieser Untersuchung?
                              Die Seidl'schen und Steinheil'schen Formeln und Entwicklungen? – Ich zweifle nicht, daß sie
                              meisterhaft sind: aber sie beruhen auf dem Grundsatze, welchen uns ein schon alter Wissenschaftsmann
                              in Faust vorführt:
                           
                              
                                 „Das Erst' wär' so, das Zweite so,
                                 
                              
                                 Und drum das Dritt' und Vierte so;
                                 
                              
                                 Und wenn das Erst' und Zweit' nicht wär',
                                 
                              
                                 Das Dritt' und Viert' wär' nimmermehr.
                                 
                              
                           Wie aber wenn nun wirklich das Erst' nicht immer so wäre,
                              wie es die papierne Untersuchung annimmt, und auch das Zweite nicht? Wenn sich die meisterhafte mathematische Entwickelung auf
                              die Aussagen eines Instrumentes stützte, das aber in seinen Aussagen unzuverlässig
                              ist, wie meine so oft berührte Tabelle in Bd. CIX S. 458 dieses Journals
                              unumstößlich beweiset, und wenn nun durch eine solche einseitige wissenschaftliche
                              Untersuchung die Ehre und das Wohl einer redlichen Familie aufs Spiel gesetzt würde
                              – wäre solch ein wissenschaftlicher Erfolg dankenswerth?
                           So lange solche wissenschaftliche Untersuchungen sich aus der Atmosphäre der Akademie
                              und der Hörsäle nicht entfernen, kann man ruhig zusehen, wie die gelehrten Herren
                              über ihre eigenen geistigen Kinder einander die rührendsten Complimente machen; denn
                              sie thun dadurch keinen Schaden. Sobald aber diese Herren keine Anstrengung scheuen
                              ihre geistigen Lieblinge ins Leben hineinzudrängen, und ihnen dort die Waage in die
                              Hand zu geben, welche einem Theil der menschlichen Gesellschaft Lohn oder Strafe
                              zumißt – da ist es Pflicht jedes ehrlichen Mannes, mit aller möglichen Kraft
                              zu wachen daß die richtende Waage nicht in unreife Hände
                              gegeben, und die Wissenschaft die „hohe“ die
                              „himmlische“, welche nur da ist die Menschheit zu
                              beglücken, als ein Werkzeug von Eigennutz und Eitelkeit mißbraucht anstatt zur
                              Wohlthäterin, zur Geißel der Menschheit werde.
                           Hr. Professor Weber irrt ferner, wenn er angibt, ich habe
                              die beliebteste Methode für die beste erklärt. Er hat gewiß nie beide Methoden der
                              Bieruntersuchung mit einander in der Praxis verglichen, sonst würde er einsehen, daß
                              die Commission gerade die mühsamere der beliebteren Methode vorgezogen hat, gerade
                              weil sie die sicherste ist. Nennt er das geistige Befangenheit, so ist jedes
                              rechtliche Unternehmen geistige Befangenheit.
                           Ich habe ferner kein ausschließendes Privilegium verlangt auf die bisherigen Methoden
                              und Hülfsmittel der chemischen Wissenschaft. Ich glaube aber auch nicht, daß die
                              bisherigen Methoden von irgendeinem verdrängt werden können, der ein Fremdling im Gebiete
                              dieser oder irgend einer andern Wissenschaft ist.
                           Ebensowenig habe ich ein wissenschaftliches Problem für unlösbar erklärt, weil es Berthollet nicht gelöst hat; ich habe nur gesagt: gegenwärtig sey dieß Problem noch nicht gelöst, und so
                              lange dieses Problem noch nicht gelöst ist, können wir eine Methode, welche sich auf
                              ein bisher höchstens theilweise gelöstes Problem stützt, im Leben und in der Praxis nicht brauchen, wo man
                              Wahrheit und Recht und klare und unzweideutige Aussprüche über beide verlangt.
                           Verräth eine solche Erklärung Beschränktheit, so gratulire ich Hrn. Professor Weber von ganzem Herzen zu seiner eigenen
                              Unbeschränktheit und noch mehr zu seinen „geistigen
                                 Waffen“!
                           Auch des Hrn. Professor Weber letzter Trostspruch berührt unsern bisher verhandelten
                              Gegenstand nur halb.
                           Daß man in geeigneten Fällen durch die Combination zweier Merkmale wie das
                              specifische Gewicht und die Brechungskraft, praktisch viel mehr auszurichten im
                              Stande ist, als wenn man sich bloß auf eines dieser Merkmale beschränkt – wer
                              hat dieß je geläugnet? Daß man aber durch die Verbindung dieser zwei Merkmale
                              gegenwärtig ein Mittel zur Untersuchung und richtigen
                              Schätzung unserer Biere erhalten habe, welches dem Staate als
                                 Basis seiner Urtheilsspüche dienen und empfohlen werden könne – das
                              habe ich verneint und das verneine ich so lange, bis nicht die umfassendsten praktischen (nicht papiernen) Untersuchungen das
                              Gegentheil dargethan haben werden.
                           Ich weise endlich die Anschuldigung, als hätte ich mir in meiner Abwehr eines
                              Angriffes Injurien erlaubt, mit Indignation zurück. Man müßte nur mit dem Worte
                              Injurie den Begriff jenes englischen Kanzlers verbinden, welcher entschied: je
                              größer die Wahrheit der Anschuldigung, desto größer die Injurie. Ich habe nämlich,
                              jedoch nur veranlaßt und herausgefordert durch Persönlichkeiten, nichts anders
                              gesagt als die reine nackte Wahrheit, wie ich dieß stets gethan habe und thun werde.
                              Was ich als Thatsache angeführt habe, das wurde durch Protokolle und Zeugnisse
                              belegt, welche nicht umgestoßen worden sind. Was aus Schonung nicht weiter
                              ausgeführt und deßhalb nicht mit Protokollen belegt worden ist, das werde ich in
                              einem eigenen Werke thun sobald es verlangt werden sollte.
                           Eine Wissenschaftlichkeit, welche von der Erfahrung nahezu bei jedem Schritte Lügen
                              gestraft wird, bringt die wahre Wissenschaftlichkeit nur um ihren Credit. Die Zeit ist
                              vorbei, in welcher der Werth des Gelehrten nach dem Papiere und dem Materiale
                              bestimmt wurde, das er verbrauchte.
                           
                              
                                 „Ἀπὸ τὼν
                                    καϱπῶν
                                    αṽιῶν
                                    ὲπιγνώσεοϑε
                                    αὐτοίς ;“
                                 
                              
                           das heißt auf deutsch:
                           Aus ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!