| Titel: | Ueber die Anwendung des sauren phosphorsauren Kalks als Dünger; von T. J. Tackeray. | 
| Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. LXI., S. 306 | 
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                        LXI.
                        Ueber die Anwendung des sauren phosphorsauren
                           Kalks als Dünger; von T. J.
                              Tackeray.
                        Aus dem Moniteur industriel, 1848, Nr.
                              1300.
                        Tackeray, über die Anwendung des sauren phosphorsauren Kalks als
                           Dünger.
                        
                     
                        
                           Die Hauptgrundlage der Dünger, welche man jetzt in England für den Bau von Wurzeln in
                              der Regel anwendet, ist der saure phosphorsaure Kalk aus Knochen, die durch eine
                              starke Säure auflöslich gemacht werden, welche, indem sie sich der Hälfte des mit
                              der Phosphorsäure verbundenen Kalks bemächtigt, die andere Hälfte in ein saures
                              phosphorsaures Salz umwandelt.
                           Zwischen dem sauren phosphorsauren Kalk aus den chemischen Fabriken und dem für die
                              Landwirthschaft bereiteten besteht aber der Unterschied, daß letzterer eine gewisse
                              Menge auflöslicher organischer Materien enthält, welche durch die Einwirkung der
                              angewandten Schwefelsäure auf die Gallerte und das Fett der Knochen erzeugt
                              werden.
                           Zum landwirthschaftlichen Gebrauch werden nämlich die Knochen nicht gebrannt, wie in
                              den chemischen Fabriken, sondern nur gemahlen, ehe man sie mit der Schwefelsäure
                              behandelt, die man in solcher Menge zusetzt, daß sie nicht nur die anorganische
                              Materie angreift, sondern auch das Fett und die Gallerte.
                           Das so erhaltene Product ist folglich ein sehr complicirtes, umsomehr, da man es, um
                              es für mehrerlei Culturen anwendbar zu machen, mit 20–30 Proc. Thierkohle,
                              oder Asche, Guano, Gyps etc. vermengt, je nach dem Zweck, zu welchem es bestimmt
                              ist.
                           Die Wirksamkeit der Knochen, vorzüglich zum Bau der Rüben, ist allenthalben seit
                              vielen Jahren bekannt; man kannte sie lange, ehe die Chemie sie noch zu erklären
                              vermochte. Später war man erstaunt zu erfahren, daß Knochen, welche durch das
                              Brennen aller organischen Materie beraubt wurden, ebenfalls, und zwar noch besser
                              als die natürlichen, zu wirken vermögen. Ja man ging so weit, die organische
                              Materie, wenigstens für den Bau von Rüben, für völlig unnütz zu halten. Man stützte
                              sich hiebei auf die Autorität eines ausgezeichneten Chemikers, welcher den Satz
                              aufstellte, daß der Werth der Dünger immer in geradem Verhältniß stehe mit den in
                              ihm enthaltenen anorganischen Materien, welche Theorie ganz entgegengesetzt ist
                              derjenigen, die nur stickstoffhaltige Dünger für zulässig hält. Die Wahrheit liegt
                              ohne Zweifel in der
                              Mitte, was uns nicht hindert, die anorganischen Theile als die wichtigsten zu
                              betrachten, weil sie bei den Pflanzen die Rolle des thierischen Skeletts
                              vertreten.
                           Um jedoch auf meinen eigentlichen Gegenstand (die Rüben- und
                              Runkelrübencultur) zurückzukommen, lasse ich nun folgen: 1) das Verfahren ihres
                              Anbaues mittelst sauren phosphorsauren Kalks; 2) die mit diesem Dünger verbundene
                              Ersparung gegenüber dem Stalldünger und dem Knochenmehl; 3) die Bereitung dieses
                              Düngers.
                           Am sichersten fährt man beim Anbau der Rüben, wenn man die Erde, nachdem das Getreide
                              eingethan, sogleich mit dem Scarificator bearbeitet und im Herbst eine hinlängliche
                              Menge Stalldünger führt, um eine gute Halb-Düngung zu geben; dann arbeitet
                              man möglichst tief um und läßt die Erde ruhen, bis das Frühjahr heranrückt. Nachdem
                              das Erdreich auf diese Weise behandelt wurde und die Froste durchgemacht hat, ist es
                              viel leichter zu bearbeiten. Man verbreitet nun 75 Kilogr. Guano per Morgen und ackert das Feld mittelst des Croskill'schen Schollenzerdrückers der Quere nach um,
                              dessen man sich wie einer Egge bedient; macht das Erdreich ganz zu Pulver und läßt
                              es dann eine Woche lang ruhen, worauf man am ersten schönen Tag die Rüben mit 5 bis
                              6 Schäffeln des phosphorsauren Salzes mittelst einer doppelten Säemaschine aussäet.
                              Je näher sich das Samenkorn diesem Düngmittel befindet, desto schneller keimt es,
                              und die Erfahrung lehrt, daß es sogar ohne den mindesten Nachtheil ganz davon
                              umgeben seyn kann. Es ist wahrhaft merkwürdig, die von einer so kleinen Menge so
                              zubereiteter Knochen hervorgebrachte Wirkung auf das Samenkorn zu beobachten. Man
                              nehme eine Portion der seit 5–6 Tagen so besäeten Erbe und untersuche die
                              Samenkörner vor ihrer Keimung und man wird deren viele, in Folge der
                              Dazwischenlagerung einer Fettsubstanz, zusammengeballt finden und die Masse ist zum
                              Theil von einem weißlichen Schimmel und einer Menge sehr zarter Fäserchen
                              durchzogen.
                           Wenn die Keimung beginnt (je nach dem Zustand der Atmosphäre in 8–10 Tagen),
                              verbreitet das in diese fettige Masse sich erstreckende Würzelchen darin eine Menge
                              kleiner weißer Zäserchen, während die beiden Cotyledonen (Samenlappen), welche sich
                              eben entwickeln, zwei Blattansätze treiben und gleich darauf zwei wirkliche Blätter
                              erscheinen.
                           Besonders zu berücksichtigen ist aber, daß die guten Wirkungen dieses Düngers auch
                              nach der Rübenernte noch nicht zu Ende sind. Stephen in
                              seinem Book of the farm berichtet von einem mit saurem
                              phosphorsaurem Kalk gedüngten Felde, daß es nicht nur eine bessere Rübenernte gab,
                              als ein gleiches mit Stalldünger gedüngtes, sondern daß dieß auch mit dem was
                              nachher darauf gebaut wurde, wie Gerste, Hafer, Heu etc. eben so der Fall war.
                           Aus zahlreichen, in England seit 4–5 Jahren angestellten Versuchen ergibt
                              sich, daß (besonders beim Rübenbau) für 25 Frcs. saurer phosphorsaurer Kalk mehr
                              Product liefern, als für 50 Frcs. Knochenmehl.
                           Aus Hrn. Hannam's zahlreichen
                              und genauen Versuchen geht hervor, daß das Mehl frischer Knochen ein wirksamerer
                              Dünger ist als durch Kochen ihrer Fettsubstanz beraubte Knochen; letztere sind aber
                              den gebrannten vorzuziehen.
                           Viel größer aber ist der Unterschied zwischen diesen verschiedenen Knochensorten und
                              einer gleichen Menge in Schwefelsäure aufgelöster Knochen. Man erhält nämlich von
                              letztern 4000 Pfd. Rüben, wo von den nicht aufgelösten Knochen nie über 1700
                              erhalten wurden.
                           Der saure phosphorsaure Kalk ist leicht zu bereiten. Hr. Dalpiaz benutzt dazu sehr große Bleikufen; man
                              kann sich aber, wenn man nur wenig bereiten will, auch steinzeugner Gefäße oder,
                              wenn etwa 100 Kilogr. bereitet werden sollen, eines Fasses bedienen, welches innen
                              vorher mit einer Schicht Gyps überzogen wurde.
                           Man bringt zu diesem Behufe das Knochenmehl hinein, z.B. 50 Kilogr., und befeuchtet
                              es mit der Hälfte seines Gewichts Wasser unter öfterm Umrühren. Nach 30–40
                              Stunden dauernder Berührung setzt man 25 Kilogr. Vitriolöl zu und rührt dabei
                              beständig um, sowie noch eine oder zwei Stunden weiter. Der Proceß geht nun von
                              selbst vor sich. Die Säure zersetzt nach und nach die Knochen, welche so aufgelöst,
                              einen Teig bilden, woraus die Pflanzen die ihnen zusagende organische und
                              anorganische Nahrung schöpfen können. In diesem Zustande aber wäre das Salz nicht
                              gut zu handhaben und sehr schwer gleichförmig auszubreiten. Diesem Uebelstand
                              begegnet man durch Zusatz von 20–30 Proc. Thierkohle, Asche oder Gyps etc. je
                              nach dem Zweck, wozu es bestimmt ist.
                           Hr. Spooner erklärt die
                              nützliche Wirkung des sauren phosphorsauren Kalks wie folgt: Die Blätter der Rübe
                              enthalten zweimal so viel Phosphorsäure als die Wurzeln; die Anwendung des sauren
                              phosphorsauren Salzes macht es also möglich, daß sie raschern Zuwachs nehmen,
                              folglich auch aus der Atmosphäre eine größere Menge Nahrung schöpfen, als wenn sie
                              weniger entwickelt wären. Hierin liegt für den Landwirth ein offenbarer Gewinn.