| Titel: | Versuche mit Gaudin's Feuerlöschmittel, nebst kurzer Zusammenstellung der bisher vorgeschlagenen, mehr oder weniger erprobten Schutzmittel gegen Feuer und Feuerlöschmittel; von Hrn. M. Chevallier. | 
| Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. LXXVI., S. 377 | 
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                        LXXVI.
                        Versuche mit Gaudin's Feuerlöschmittel, nebst kurzer
                           Zusammenstellung der bisher vorgeschlagenen, mehr oder weniger erprobten Schutzmittel
                           gegen Feuer und Feuerlöschmittel; von Hrn. M. Chevallier.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, Dec. 1848, S. 733.
                        Chevallier, über Feuerlöschmittel.
                        
                     
                        
                           Der Versuch wurde mit einem 1 Meter breiten und 3 Meter hohen Holzstoß angestellt,
                              welcher innerlich aus Zimmerholz und auf den Seiten aus Brennholz bestand; am Fuße
                              desselben hatte man Reisig angehäuft, um den Holzstoß besser in Brand zu bringen.
                              Sobald dieß geschehen war, setzten die Spritzenmänner von Vaugirard eine kleine
                              Pumpe in Thätigkeit, wobei man fand, daß, sobald man aufhörte auf eine Seite Wasser
                              hinzutreiben das Feuer sich wieder entzündete und heftig fortbrannte; als man mehr
                              Wasser ausspritzte, wurde das Feuer zum größten Theil gelöscht; sobald man aber die
                              Pumpe zu spielen wieder aufhören ließ, entzündete sich das Holz wieder zur lebhaften
                              Flamme.
                           
                           Hierauf wurde mit derselben Pumpe auf gleiche Weise verfahren, aber Wasser angewandt,
                              welches salzsauren Kalk (Chlorcalcium)Welches Salz Hr. Gaudin
                                    dem Alaun und Eisenvitriol vorzieht. aufgelöst enthielt, wobei sich ergab, daß wenn man aufhörte diese
                              Flüssigkeit hinzuspritzen, das Feuer sich nicht wieder so entzündete, wie beim
                              bloßen Wasser; die Ursache ist, daß der salzsaure Kalk die Kohle überzog, und deren
                              Berührung mit dem Feuer aufhob.
                           Als man die Pumpe auf alle vier Seiten des Holzstoßes wirken ließ, brannte das Holz
                              in der Mitte fort, weil die Flüssigkeit nicht bis in die Mitte eindrang, wogegen es
                              außen nicht brannte. Das äußere Holz bildete auf diese Weise einen Kamin, in welchem
                              die Verbrennung stattfand.
                           Hätten wir den Versuch zu leiten gehabt, so wäre er auf andere Weise angestellt
                              worden; wir hätten auf Errichtung zweier vollkommen gleicher Holzstöße angetragen,
                              welche man zu gleicher Zeit angezündet hätte, um dann zwei gleich starke Spritzen
                              auf sie wirken zu lassen, wobei zum Löschen des einen bloßes Wasser, zum Löschen des
                              andern aber eine Auflösung von salzsaurem Kalk in Wasser angewandt worden wäre.
                              Dabei wäre ein vergleichendes Urtheil möglich gewesen.
                           Bei dem Versuche zu Vaugirard konnte die Menge der angewandten Flüssigkeiten nicht
                              ermittelt werden. Unsere Absicht es zu thun, wurde durch das Herzudrängen der
                              Bevölkerung des Orts vereitelt; auch enthielt die Lösung des salzsauren Kalks zuviel
                              von diesem Salze; sie zeigte 39° Baumé und verbreitete sich deßhalb
                              auf dem Holze nicht so gut als wenn sie minder concentrirt gewesen wäre; sie bildete
                              daher auch Stalaktiten auf einigen Stellen des Holzes, statt vom ersten auf das
                              zweite Scheit u.s.f. herunterzufallen.
                           Jedenfalls hat aber nach unserem und vieler Anwesender Dafürhalten der von Hrn.
                              Gaudin angestellte Versuch
                              ein vortheilhaftes Resultat gegeben. Zu wünschen wäre, daß Hr. Gaudin seine Versuche fortsetzte, um zu
                              ermitteln: 1) den Werth seines Verfahrens; 2) die Kosten der Auflösung von
                              salzsaurem Kalk; 3) in welchem Verhältniß der salzsaure Kalk am besten anzuwenden
                              wäre; 4) endlich ob die Auflösung desselben in gewöhnlichen Spritzen angewandt
                              werden könne, ob solche oder ihre Röhren durch diese Auflösung keinen Schaden nehmen
                              würden. Doch können wir zum Löschen des Feuers in Privathäusern Auflösungen
                              zerfließlicher Salze nicht empfehlen, weil diese Salze die Mauern in welche sie eindringen, so feucht
                              machen würden, daß man die Häuser nicht mehr bewohnen könnte.
                           Leider sind die Schutzmittel gegen Feuersbrünste noch nicht so studirt worden, wie
                              sie es verdienen. Zu Gebäuden, welche in Folge ihrer Bestimmung der Feuersgefahr
                              ausgesetzt sind, könnte durch geeignete Präparirung unverbrennlich gemachtes Bauholz
                              vorgeschrieben werden.
                           *      *      *
                           Der Berichterstatter schickt obigem Berichte eine geschichtliche Zusammenstellung der
                              in dieser Beziehung gemachten Vorschläge voraus, aus welcher wir hier das
                              Wesentlichste, sofern ein praktisches Resultat aus ihnen hervorging, folgen lassen.
                              Es zerfallen dieselben in Schutzmittel und Löschmittel.
                           Schutzmittel gegen Feuer. Im J. 1775 machte Hartley zu Buklesbury (England) den Vorschlag, die Mauern
                              auf der Innenseite mit papierdünnen Eisenblechtafeln zu belegen, welche mit einem
                              das Feuer aufhaltenden Firniß überzogen wurden. Ein mit sehr heftigem Feuer
                              angestellter Versuch bestätigte die Vortheile dieses Verfahrens; aber Hartley machte sein Geheimniß (den Firniß) nicht bekannt,
                              und die Erfindung konnte daher nicht in Anwendung kommen. (Dictionnaire de l'Industrie oder Collection des
                                 procédés utiles, 1776, S. 378.)
                           Im Dictionnaire de l'Industrie (1786) ist ein Mittel
                              angegeben das Holz unverbrennlich zu machen, welches darin besteht, es in Wasser zu
                              kochen worin Salze aufgelöst sind, z.B. ein Gemenge von Kochsalz, Eisenvitriol und
                              Alaun. Die Wirksamkeit des letztern hat sich in einem Alaunwerk herausgestellt. Die
                              Dauben eines alten Alaunfasses brannten, ins Feuer geworfen, nicht, und während
                              ihrer Zerstörung konnte man nicht die geringste Flamme wahrnehmen. Schon im
                              Alterthum kannte man das Ueberziehen des Holzes mit Alaun, um es vor dem Verbrennen
                              zu schützen.
                           Brugnatelli (Annales de l'Industrie nationale et étrangère S. 61.) hat im J. 1821
                              eine Menge Versuche angestellt, Papier unverbrennlich zu machen. Erfand daß
                              kohlensaures Kali, salzsaures Kali, Alaun, schwefelsaures Natron und Kali, jedes für
                              sich angewandt, das Papier vor dem Angriff des Feuers schützen; daß mit diesen
                              Salzen getränktes Papier durch die Berührung des Feuers sich zwar verkohle, ohne
                              aber, wie das gewöhnliche, in Staub zu zerfallen.
                           
                           Gay-Lussac fand, daß Leinwand, in phosphorsaures
                              Ammoniak getaucht und getrocknet, unverbrennlich wird; im Feuer schmilzt das Salz,
                              das Ammoniak verflüchtigt sich und jeder Faden bleibt mit einer Art Firniß von
                              Phosphorsäure umgeben, welcher ihn sehr gut schützt.
                           (Ueber das Wasserglas theilt der Verfasser bloß das
                              Wesentlichste aus der Abhandlung von Fuchs wird; man
                              scheint mit demselben in Frankreich keine Versuche angestellt zu haben.)
                           Feuerlöschmittel. Im Jahr 1722 ersann Geoffroy folgendes Mittel. Man füllte ein Fäßchen mit
                              Wasser und brachte in dasselbe auch eine mit Schießpulver gefüllte Büchse von
                              Weißblech. Um zu löschen, rollte man das Fäßchen an die Brandstätte und entzündete
                              das Pulver, wo dann Büchse und Fäßchen, indem sie zersprangen, das Feuer löschten,
                              theils durch Erzeugung eines luftverdünnten Raumes, theils durch das Umherschleudern
                              des Wassers über alle brennenden Stellen. Versuche, welche damals mit diesem
                              Verfahren angestellt wurden, hatten zwar einen guten und sehr schnellen Erfolg;
                              dasselbe zeigte sich aber doch nicht ausreichend, denn sobald das Vacuum aufhörte,
                              entzündete sich das Feuer sogleich wieder; um des Feuers vollkommen Herr zu werden,
                              mußte man noch Spritzen anwenden. (Histoire de
                                 l'Académie des Sciences, 1722.)
                           Ein anderes von Geoffroy vorgeschlagenes Mittel ist ein
                              Gemenge von 2 Theilen Potasche, 1 Theil Salpeter, 1 Theil Kochsalz und 1/2 Theil
                              Schwefel. Wirft man dieses Gemenge auf brennendes Holz, so entsteht durch den
                              Salpeter und Schwefel eine Art Verpuffung, wobei das Kochsalz und die Potasche
                              schmelzen und in das brennende Holz eindringen; das Holz verkohlt sich, wird aber
                              gelöscht. (Mémoire de l'Academie royale des
                                 sciences, 1722.)
                           Eines der sichersten und leichtesten Feuerlöschmittel wurde zuerst in den
                              Abhandlungen der Akademie zu Stockholm (1740) von J. Fagot angegeben; es besteht darin, Wasser, welches feuerbeständige Salze,
                              wie Alaun, Eisenvitriol, Laugensalz, oder Kreide, Kalk, enthält, mit gewöhnlichen
                              Spritzen auf die Brandstätte zu gießen. Bei der Belagerung von Stettin soll man sich
                              dieses Mittels mit dem besten Erfolge bedient haben.
                           Ein auf dem Princip der Explosion bestehendes Mittel wurde auch im Jahr 1771
                              angegeben, nämlich Glas- oder Thonkugeln von der Größe der Kanonenkugeln, mit
                              Alaun oder Sand gefüllt und in der Mitte etwas Pulver enthaltend, welches man durch
                              einen am Zündloch mittelst Harz befestigten Zündstrick entzündet. – Baumé modificirte dieses Mittel, indem er zwei
                              concentrische Kugeln von Weißblech anwandte, die innere mit Pulver, und die äußere mit
                              Kochsalzauflösung füllte.
                           Die Bibliothèque physico-économique
                              1786, und d'Arcet im Jahr 1816 (Bulletin de la Société d'Encouragement Bd. XV. S. 147)
                              empfahlen, den Brand in Kaminen durch Einwerfen von gepulvertem Schwefel auf das
                              Feuer zu löschen.
                           Cointraux empfiehlt in einer Broschüre vom Jahr 1791 das
                              im Jahr 1788 von ihm mit Erfolg angewandte Einwerfen von Erde aus die brennenden
                              Stellen.
                           Van Marum stellte vergleichende Versuche mit einer von
                              Aken empfohlenen Auflösung von Salzen etc. in Wasser
                              an, fand aber bloßes Wasser viel zweckmäßiger, weil eine sehr kleine Menge Wassers,
                              richtig geleitet, ein heftiges Feuer zu löschen vermöge. Mit 2 Löffel voll (128
                              Grammen) Wassers, das er in dünnem Faden herablaufen ließ, löschte er das Feuer
                              eines innen mit Theer überzogenen Fasses, welches die Form eines umgestürzten Kegels
                              von 1 1/2 Fuß Durchmesser an der Basis hatte. Descroizilles bemerkte (1788) dagegen, daß nur die, auf dem Holz
                              ausgebreiteten, harzigen Körper mit so wenig Wasser gelöscht werden können; daß aber
                              das Holz, wenn es selbst zu brennen anfange, viel Wasser erheische. Van Marun widerlegte diese Bemerkungen in den Annales de Chemie im J. XIII abermals.
                           Im J. XIII. hoben Chaptal und Monge in ihrem Bericht über die von R. Six
                              vorgeschlagene Anwendung mit Kochsalz gesättigten Wassers folgende Vortheile hervor:
                              1) daß diese Flüssigkeit in unserm Klima nie gefriere; 2) sich zum Löschen des
                              Feuers besser eigne als gemeines Wasser; 3) daß das Wasser nicht faule; 4) daß die
                              Fässer nicht so schnell zu Grunde gehen, wie wenn süßes Wasser darin aufbewahrt
                              wird.
                           Die Bibliothèque physico-économique von 1809 sowohl als der englische
                              Capitän Manby empfahlen als Feuerlöschmittel eine
                              Auflösung von Potasche in Wasser.
                           John Moore machte im Jahr 1818 (im Philosoph. Magazine) ein einfaches Mittel zum Feuerlöschen bekannt. Man
                              versehe jede Spritze mit einigen Säcken gepulverten und gesiebten Thons, welcher,
                              dem Wasser zugesetzt und auf die brennenden Körper geworfen, sie plötzlich zum
                              Erlöschen bringt, indem er darauf einen Ueberzug bildet, welcher den Zutritt der
                              Luft verhindert. Noch geeigneter als der Thon, soll gelöschter und durch Liegen an
                              der Luft zerfallener Kalk seyn, welcher durchgesiebt und dem Wasser zugesetzt
                              wird.
                           
                           Die Annales de l'industrie nationale et etrangère
                              1825 erwähnen einer Feuersbrunst, welche durch Dampf gelöscht wurde, den man aus
                              einem Dampfkessel auf die brennende Stelle richtete.
                           Hr. v. Fahnenberg theilte im
                              Jahr 1826 der Société d'Encouragement ein
                              von der württembergischen Regierung empfohlenes Verfahren zum Feuerlöschen mit,
                              welches darin besteht, dem Wasser für die Feuerspritzen fein gesiebte Asche,
                              vorzüglich Roth- und Weißbuchenasche, zuzusetzen.