| Titel: | Versuche über den Widerstand, welchen die mit verschiedenen Geschwindigkeiten laufenden Wagenzüge auf Eisenbahnen erleiden; von D. Gooch, Ingenieur. | 
| Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. LXXX., S. 401 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXX.
                        Versuche über den Widerstand, welchen die mit
                           verschiedenen Geschwindigkeiten laufenden Wagenzüge auf Eisenbahnen erleiden; von
                           D. Gooch,
                           Ingenieur.
                        Aus dem Moniteur industriel, 1848, Nr.
                              1288.
                        Gooch, über den Widerstand der Wagenzüge auf
                           Eisenbahnen.
                        
                     
                        
                           Der Verfasser ließ zu seinen Versuchen ein Dynamometer für Wägen construiren, durch
                              welches alle Resultate, die man zu erhalten wünschte, auf derselben Papierrolle
                              registrirt wurden, um mit einem Blick für denselben Zeitraum die auf den Train
                              ausgeübte Zugkraft und die Stärke und Richtung des Windes übersehen zu können. Die
                              Registrirung auf dem Papier geschah von 100 zu 100 Meter und die Zeit wurde nach der
                              in jeder Fünftels-Secunde zurückgelegten Entfernung notirt.
                           Die Feder des Dynamometers war ungefähr 2,25 Meter lang und sehr empfindlich. Man
                              brauchte nur die Anzahl der Secunden oder Secundenbrüche in einer oder mehreren der
                              Entfernungs-Abtheilungen zu zählen, um die Geschwindigkeit sehr genau zu
                              bestimmen.
                           Die Kraft und Richtung des Windes wurden mittelst eines Anemometers notirt, welcher 1
                              1/2 Meter über der Decke eines Wagens angebracht und mit den nothwendigen
                              Verbindungen versehen war, um durch Zeichnenstifte alle Resultate auf dasselbe Blatt
                              aufzuzeichnen.
                           Auch wurden so oft als möglich und zu gleicher Zeit die Angaben der Indicatoren der
                              Dampf-Cylinder aufgenommen; jedoch nicht so oft als es zu wünschen gewesen
                              wäre, weil sich der Beobachter hiezu bei einer Geschwindigkeit von 60 engl. Meilen
                              (97 Kilometer) per Stunde auf eine der Bufferstangen
                              setzen und in dieser gefährlichen Lage in Zeit von 45 Secunden drei Erhebungen
                              machen mußte.
                           Die zur Anstellung der Versuche auf der Great-Western Bahn gewählte Strecke
                              betrug 1 engl. Meile (1609 Meter), war ganz gerade und wagrecht und beinahe in
                              gleicher Ebene mit dem natürlichen Boden.
                           
                           Die Höhe der Bäume, der Mauern und aller in der Nähe befindlichen Gegenstände, welche
                              den Einfluß des Windes afficiren konnten, wurde genau aufgezeichnet.
                           Der Versuchstrain bestund aus Wägen erster und zweiter Classe mit je 6 Rädern von
                              1,20 Meter Durchmesser, welche ohne Wahl aus den Remisen genommen und mit Eisen
                              beladen wurden, um eine volle Besetzung mit Passagieren zu repräsentiren, wobei
                              jedem Wagen ein Bruttogewicht von 10 Tonnen gegeben wurde.
                           Die Versuche wurden mit verschiedenen Ladungen und bei veränderten Geschwindigkeiten
                              angestellt; erstere wurden bis zu 100 Tonnen, letztere bis 62 (engl.) Meilen (100
                              Kilometer) per Stunde gesteigert und die Resultate in
                              Tabellen zusammengestellt.
                           Alsdann verglich der Verf. seine Resultate mit einer im J. 1846 von Harding aufgestellten Formel und zeigte, daß letztere
                              sich bedeutend vom Versuch entfernt.
                           Hierauf macht er auf den bedeutenden Einfluß eines von der Seite auf einen Zug
                              streichenden Windes aufmerksam, welcher die Spurkränze der Räder an die Schienen
                              andrückt; er behauptet, daß die Länge eines Zugs von größerem Belang ist als sein
                              Gewicht.
                           Der Verf. versuchte zwar nicht, eine zur Berechnung des Widerstands bei allen Trains
                              anwendbare Formel aufzustellen; aber seine Tabellen bieten Beispiele für alle Fälle
                              dar, welche vorkommen können; es kann daher, wer die Untersuchung weiter verfolgen
                              oder eine Formel aus ihr ziehen will, die dazu erforderlichen Elemente darin
                              finden.
                           Er gelangt in seiner Abhandlung zu dem Schlusse, daß in der Praxis die Reibung der
                              Achsenzapfen keine für alle Geschwindigkeiten constante Größe ist und glaubt, daß
                              die Anzahl und der Durchmesser der Räder eines Zuges der Ladung proportional seyn
                              und sonach die Basis jeder allgemeinen Formel bilden müssen.
                           Ferner beweist er durch das Experiment, daß der einem Train von 50 Tonnen sich
                              entgegensetzende atmosphärische Gesammtwiderstand wenig verschieden ist von
                              demjenigen für einen Train von 100 Tonnen, wenn die Wagen klein sind und der in
                              jenem Falle längere Zug im letztern Fall minder lang ist.
                           Das allgemeine Resultat der graphischen Darstellung des Widerstands bei Trains von
                              100 und von 50 Tonnen ergibt, daß sich für Eisenbahnen von enger oder gewöhnlicher
                              Spurweite mittelst der Formel der Widerstand bei Trains von 50 Tonnen und einer
                              Geschwindigkeit von 62 1/2 engl. Meilen zu 17,146 Kil., und bei Trains von 100 Ton.
                              und einer Geschwindigkeit von 61 Meilen zu 14,597 Kil. berechnet.
                           
                           Der Widerstand betrug bei großer Spurweite für 50 Ton. schwere Trains mit einer
                              Geschwindigkeit von 42 1/2 Meilen per Stunde 10,658 Kil.
                              und für 100 Tonnen schwere Trains bei einer Geschwindigkeit von 62 1/2 Meilen 10,426
                              Kil.
                           Schließlich sagt der Verf., es scheine ihm daß, bevor man eine allgemeine Formel zur
                              Berechnung des Widerstandes der Züge auf Eisenbahnen aufstelle, auf experimentellem
                              Wege folgende Elemente dazu bestimmt werden müssen, die als Glieder in diese Formel
                              einzugehen haben:
                           1) Die Reibung des Achsenzapfens bei verschiedenen Geschwindigkeiten, verschiedenen
                              Ladungen und für die Oberfläche-Einheit.
                           2) Der Widerstand gegen die Rotation der Räder um ihre Achsen bei verschiedenen
                              Geschwindigkeiten und Durchmessern.
                           3) Der Widerstand gegen das Rollen der Räder auf den Schienen bei verschiedenen
                              Ladungen und Durchmessern.
                           4) Der Widerstand der Atmosphäre bei verschiedenen Geschwindigkeiten, Ladungen,
                              Längen und Breiten des Wagenzugs.
                           5) Der Widerstand in Folge der Oscillationen oder des unstäten Ganges des Trains bei
                              verschiedenen Geschwindigkeiten.
                           Der Verfasser glaubt, daß alle diese Elemente auf experimentellem Wege sehr genau
                              bestimmt werden können.