| Titel: | Ueber die Anwendung der Bananenblätter zur Papierfabrication; Bericht über eine Abhandlung des Hrn. Roques, von den HHrn. Pouillet, Boussingault und Payen. | 
| Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XC., S. 428 | 
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                        XC.
                        Ueber die Anwendung der Bananenblätter zur
                           Papierfabrication; Bericht über eine Abhandlung des Hrn. Roques, von den HHrn. Pouillet, Boussingault und
                           Payen.
                        Aus den Comptes rendus Febr. 1849, Nr.
                              7.
                        Roques, über die Anwendung der Bananenblätter zur
                           Papierfabrication.
                        
                     
                        
                           Seit mehreren Jahren schon beschäftigt sich Hr. Roques mit einem für die Landwirthschaft der
                              französischen Colonien, wie für die Papierfabrication gleich wichtigen Gegenstand
                              – nämlich die bei dem raschen Wachsthum des Bananenbaums sich entwickelnden
                              spinnbaren Fasern zur Papierfabrication zu benutzen. Es leuchtet ein, daß durch die
                              bisher vernachlässigte Anwendung dieser Faser die in manchen tropischen Gegenden mit
                              der Cultur dieses Baums wegen der nahrhaften Substanz seiner Früchte schon
                              verbundenen Vortheile noch sehr erhöht würden.
                           Die Cultur des Bananenbaums (Pisang, Paradiesfeigenbaum) ist höchst einfach. Auf
                              einer Hektare können 2000 Stöcke gepflanzt werden, welche in einem guten Boden
                              jährlich im Durchschnitt 6000 Stämme geben, wovon jeder 20–30 Kilogr. Bananen
                              trägt. Diese Ernte wiederholt sich im Laufe eines Fruchtjahrs drei- bis viermal,
                              so daß im Ganzen über 200,000 Kil. dieser Früchte erhalten werden, was einen zehnmal
                              größern Rohertrag darstellt, als von einem Kartoffelfelde.
                           Der Bananenbaum wird in der Havanna sorgfältig cultivirt, wo die dazwischengesetzten
                              Reihen desselben den Kaffeepflanzen guten Schutz gewähren und dabei die Nahrung der
                              Einwohner sichern.
                           Die beim Einsammeln der Früchte abgehauenen Stämme fanden bisher keine Anwendung; nur
                              selten wurde ein Theil ihrer Fasern zur Verfertigung grober Bänder oder Stricke
                              verwendet. Der Umstand, daß jährlich eine so ungeheure Menge von Stämmen verloren
                              geht, brachte Hrn. Roques auf
                              den Gedanken, die zur Papierfabrication anwendbare Faser im Großen daraus zu
                              gewinnen; er machte im Jahr 1846 die französische Regierung darauf aufmerksam,
                              welche besonders das Interesse der Cultur Algeriens dabei beherzigte.
                           Drei Umstände sind es nämlich, welche dazu beitragen, die Festigkeit (Zähigkeit) des
                              Papiers zu beeinträchtigen: 1) das manchmal zu starke Bleichen mit gasförmigem Chlor
                              und der darinbleibende Ueberschuß desselben; 2) eine zu weit getriebene mechanische
                              Zertheilung des Zeugs, die bei der Verfilzung der zu kurz gewordenen Fasern
                              schädlich wird; 3) das Leimen mit harzsaurer Thonerde mit Zusatz von Stärke, wodurch
                              sich zwischen den Fasern eine der Geschmeidigkeit und Biegsamkeit ermangelnde
                              körnige Substanz absetzt.
                           Diese drei Umstände könnten durch Zusatz von Bananenfasern, die den chemischen
                              Agentien sowohl, als der Reibung im Geschirr mehr widerstehen, zweckdienlich
                              modificirt werden; diese Fasern geben nämlich, wie diejenigen des rohen Leins und
                              Hanfs, ein Papier, in welches die Tinte weniger eindringt, und würden daher
                              gestatten, weniger von jenem harzigen Niederschlag zu nehmen.
                           Es kann sich bei dieser Frage nur mehr um die Kosten handeln, denn die von sehr
                              geschickten Fabrikanten angestellten Versuche lassen über die Güte des Papiers,
                              welches man mit Zusatz dieser Fasern erhält, keinen Zweifel mehr übrig.
                           Wir sahen in der Papierfabrik zu Essonne 1000 Kilogr. roher Faser verarbeiten. Hr.
                              Gratiot, der Vorstand
                              derselben, wollte schnell einen vollkommen weißen Zeug, und zwar ohne Zusatz andern
                              Materials, daraus bereiten; dabei war aber der Abgang zu groß und der Zeug war auch
                              geschwächt. Von diesen 1000 Kilogr. feuchter roher Faser wurden 250 Kilogr. weißen,
                              ungeleimten Papiers erhalten, welches aber von Natur aus schon hinlänglich
                              wasserdicht war, in Folge der Beschaffenheit der dazu verwendeten frischen
                              Bananenfasern.
                           
                           Ein früher angestellter Versuch hatte unter günstigem Umständen von 100 Faser 50
                              Papier ergeben; noch früher hatte Hr. Gasnier zu Echarçon, bei sehr sparsamer Anwendung chemischer
                              Agentien, sogar 89 Papier von 100 Fasern erhalten; damals war aber auch das Material
                              besser gereinigt geliefert worden.
                           Aus allem dem geht hervor, daß es zweckmäßig wäre, die Bananenfaser schon am Orte
                              ihrer Production zu reinigen, um die Transportkosten für die sie verunreinigenden
                              fremdartigen Substanzen zu ersparen. Diese Reinigung, mit einfachen Mitteln, nämlich
                              der Gährung und alkalischen Laugen, angefangen, müßte bei der frischen Substanz wohl
                              viel wirksamer seyn; sie müßte dann auch weit genug getrieben werden, um ein Product
                              zu erhalten, welches die Lumpen ersetzen könnte, hinsichtlich seiner Zähigkeit sie
                              aber weit überträfe.
                           Zu einer Zeit, wo man mit Recht das Papier für Acten, Banknoten, Handelseffecten zu
                              verbessern bestrebt ist, und zu Registern, Zeichnungen und Kupferstichen
                              dauerhafteres Papier sucht als das gewöhnliche; wo endlich bei dem zunehmenden
                              Verbrauch von Baumwollengeweben die leinenen Lumpen immer seltener werden, halten
                              wir den Vorschlag des Hrn. Roquet für sehr zeitgemäß, weil er bedeutende Verbesserungen in der
                              Papierfabrication sowohl, als in dem Culturzustand der französischen Colonien
                              verspricht.