| Titel: | Ueber die Gewinnung des Häringthrans und die Bereitung des Tangrums, eines den Guano ersetzenden Düngers; von A. von Quaterfages. | 
| Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. C., S. 455 | 
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                        C.
                        Ueber die Gewinnung des Häringthrans und die
                           Bereitung des Tangrums, eines den Guano ersetzenden Düngers;
                           von A. von
                              Quaterfages.
                        Aus den Comptes rendus, Dec. 1848, Nr.
                              24.
                        Quaterfages, über die Gewinnung des Häringthrans etc.
                        
                     
                        
                           Folgende Mittheilungen haben den Zweck, die Aufmerksamkeit auf einige zu wenig
                              bekannte Thatsachen zu lenken, welche einen seit Jahrhunderten in Frankreich
                              vergessenen Industriezweig wieder ins Leben zu rufen und der Landwirthschaft einen
                              ganz neuen Dünger zu liefern geeignet sind. Sie sind vorzüglich den von Noël de la Morinière, letztem Generalinspector der
                              Fischereien, hinterlassenen Schriften entnommen. Ich meine nämlich die Bereitung
                              oder vielmehr die Gewinnung des Häringthrans, welcher in den meisten Fällen den
                              Wallfischthran ersetzen kann.
                           Das Verfahren, den Häringthran auszuziehen, ist höchst einfach. Man läßt die Häringe
                              5–6 Stunden in süßem Wasser kochen und rührt dabei beständig um. Wenn sie
                              einen Brei bilden, läßt man die Masse erkalten, sammelt dann den obenaufschwimmenden
                              Thran, klärt ihn durch Filtriren oder bloß durch öfteres Abgießen und bringt ihn in
                              Fäßchen.
                           Die seit dem 13ten Jahrhundert bekannte Bereitung des Häringthrans gewann im letzten
                              Jahrhundert in Schweden eine große Ausdehnung. Man benutzte dazu anfänglich bloß die
                              Kiemen und das Eingeweide dieser Fische, welche Theile vor dem Einsalzen
                              herausgeschnitten wurden; später wurden die ganzen Häringe hiezu verwendet. Die
                              sogenannten Brennereien (Siedereien) vermehrten sich und wurden beinahe alle auf den
                              die Küste sich hinziehenden Felsen errichtet, was den Vortheil gewährte, daß der
                              Fisch beinahe ohne Kosten in die Anstalt gebracht, und man des nach Gewinnung des
                              Thrans am Boden der Kessel bleibenden Rückstandes, des Tangrums, leicht los werden
                              konnte, indem man ihn bloß in das Meer warf.
                           So lange es mit dem Häringfang an der schwedischen Küste gut ging, fand man an diesem
                              Verfahren gar nichts auszusetzen. Als aber die Häringe seltener wurden, vermuthete
                              man, wohl mit Recht, daß das Tangrum sie vom Ufer fern halte, und hielt die
                              Thransieder an, diese Rückstände in das Innere des Landes zu führen, wo sie sie mit
                              großen Kosten unter die Erde scharren mußten. Es war dieß eine der vorzüglichsten
                              Ursachen des Verfalls eines Industriezweigs, welcher der schwedischen Regierung in
                              einigen Jahren 15 Millionen Franken getragen hatte.
                           Noël de la Morinière in seiner Anleitung
                              zur Einführung der Häringthransiederei in Frankreich empfiehlt sich dazu, wie es
                              auch in Schweden geschah, vorerst der ausgeschossenen Fische zu bedienen. Er schlug
                              ferner vor, die zum Fischfang bestimmten Schiffe so einzurichten, daß die
                              Schiffsmannschaft den Thran der Häringe sogleich auslassen könne, wie man dieß sonst
                              mit dem Wallfischthran zu machen pflegte. Auf die zahlreichen hiefür sprechenden
                              Gründe werde ich hier nicht näher eingehen.
                           
                           Hinsichtlich des Tangrums hingegen kann ich eine aus der neuern Agriculturchemie
                              geschöpfte Betrachtung nicht unterdrücken, welche Noël bei dem Standpunkte der Chemie zu seiner Zeit entgehen mußte.
                              Das Tangrum nämlich, weit entfernt, den Ruin der schwedischen Thranbrennereien
                              herbeizuführen, hätte gerade zu ihrem bessern Gedeihen beitragen können. Noël sagt, daß es die Schweden als den besten
                              Dünger betrachteten. Wenn die Thranbrenner ungeheure Massen desselben einscharren
                              mußten, so geschah dieß nur weil das Land nicht zu dessen Consumtion genügte. Auch
                              Hr. Valenciennes hält diese
                              Substanz für einen vortrefflichen Dünger. Sie muß dem Guano wenigstens gleichkommen,
                              denn sie besteht beinahe ausschließlich aus stickstoffhaltigen Materien und enthält
                              außerdem eine reichliche Menge Phosphors in verschiedenen Verbindungen. Das Tangrum
                              würde sich daher zur Cultur der meisten Nutzgewächse, vorzüglich aber der
                              Getreidearten, ganz besonders eignen.
                           Das Tangrum, so wie es aus den Kesseln kömmt, könnte nicht in den Handel gebracht
                              werden, denn es bildet einen wahrhaften thierischen Brei, welcher bald in Fäulniß
                              übergehen würde. Um es aufzubewahren und weit zu verführen, müßte es zuvörderst
                              ausgetrocknet werden. Dieser Zweck würde ohne große Kosten durch Auspressen, nachdem
                              man es hat abtropfen lassen, erreicht; hierauf müßte man es in einer Kammer mit
                              warmem Luftzug, welcher durch das Feuer der Kessel selbst unterhalten werden könnte,
                              austrocknen lassen und es recht trocken in Kisten oder Fässer verpacken.
                           Zu einer Zeit, wo ganze Flotten den Guano bis von den amerikanischen Küsten herholen,
                              kann der Nutzen des Tangrums wohl nicht bestritten werden und es müßte als
                              Nebenproduct der Häringthran-Siedereien auch bald wohlfeiler als der Guano
                              geliefert werden können.