| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Miszellen, S. 460 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueber den Einfluß erhöhter Reibung an den Achsschenkeln und
                              über die Leistungen dicker Schmiere aus Palmöl, Talg, Soda und Wasser, und der
                              Oelschmiere bei Eisenbahnwagen.
                           Wenn wir den ruhigen Gang oder die Veranlassungen von Störungen im materiellen
                              Fortgange großer Fabrikanstalten oder Betriebe näher untersuchen, so finden wir
                              häufig, daß die mehr oder weniger sorgfältige Beachtung anscheinender Kleinigkeiten
                              oder doch weniger wichtig erscheinender Umstände vom größten Einfluß ist.
                           Möge es daher nicht überflüssig erscheinen, wenn wir mit besonderer Rücksicht auf den
                              Eisenbahnbetrieb die Achsschenkel und Achspfannen,
                              das Schmiermaterial und die Art und Weise, wie es den sich reibenden Oberflächen
                              zugeführt wird, einer besonderen Abhandlung unterwerfen.
                           Wir finden aus den verschiedenen Eisenbahnen, ja sogar auf Bahnen, welche in einander
                              münden und in tägliche Berührung kommen, die verschiedensten Ansichten praktisch
                              ausgeführt; jede lobt ihre Einrichtung als die vortheilhafteste und hält daran. Es
                              würde daher vom größten Interesse seyn, wenn die verschiedenen Erfahrungen und
                              Beobachtungen mehrseitig zur Sprache gebracht würden, um das Beste aller Arten in
                              irgend einer Weise für die Praxis anwendbar zu vereinigen und auszunutzen.
                           Die Reibung in den Achsschenkeln und Achslagern ist nicht allein ein großer
                              Widerstand für die Bewegung, sie kann auch vom größten Einfluß auf die Sicherheit
                              seyn, denn die Reibung kann sich unter Umständen so sehr steigern, daß die
                              Achsschenkel, selbst auf kurzen Fahrstrecken, sich nicht allein sehr abnutzen, daß
                              sie sich sogar in der Pfanne förmlich festfressen und von der Achse wirklich
                              abdrehen.
                           Alles was die Reibung daher vermindert, ist Wohl zu beachten, und unter Umständen für
                              den ungestörten regelmäßigen Fortgang, wie auch für die Sicherheit des Betriebes von
                              großer Wichtigkeit.
                           Die Reibung an den Achsschenkeln ist eine drehende Reibung, welche sich bei 4 bis 5
                              Zoll dicken Zapfen als die geringste ergibt, wenn die Zapfen auf einem geraden Lager
                              resp. Pfanne, ruhen, also von demselben nicht umschlossen werden. Die Schenkel der
                              Eisenbahnwagenachsen können nicht so stark gemacht werden, sie müssen auch durch die
                              umschließenden Pfannen zunächst in ihrer richtigen Lage zur Bahnlinie und zum ganzen
                              Wagen erhalten werden. Eine halbe Pfanne oben auf dem Schenkel genügt zur sicheren
                              Verbindung, weil der Druck beständig von oben wirkt. Die Theorie wie auch die
                              Erfahrung lehren aber, daß die Reibung am größten wird, wenn die Pfanne den Zapfen,
                              resp. Achsschenkel, in halber Dicke umschließt. Abgesehen von genau berechneten
                              Formeln stellt sich in praktischer Ausführung als vortheilhaft heraus, wenn die
                              Wölbung der Pfanne den Schenkel in etwa zwei Drittel seiner halben Dicke umschließt,
                              mit dem untern Theile aber so weit absteht, daß die Schmiere, welche an der unteren
                              freien Hälfte des Schenkels anhaftet, leicht zwischentritt und dadurch zum weiteren
                              Schmieren wieder mit nutzbar wird.
                           Der Ansicht zufolge, daß die Reibung um so geringer werde, je dünner die Achsschenkel
                              gehalten werden, strebte man wohl diese auf die geringst möglichen Dimensionen zu
                              bringen und nahm man dabei die nöthige Tragfähigkeit allein als Anhalt.
                           Die Achsen und Achsschenkel der Güterwagen auf der
                              Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn hatten von vornherein die auf den
                              anderen Bahnen üblichen dünnen und kurzen Achsschenkel erhalten (2 5/8'' dick, 4
                              5/16'' lang bei 3 5/8'' Dicke der Achse), wobei eine Belastung des Wagens mit 40
                              Centner per Achse als Maximum angenommen wurde.
                           
                           Der gewöhnliche Betrieb gab keine Veranlassung, hierüber besondere Beobachtungen
                              anzustellen. Beim Transport von Schweinen und Schafen ereignete es sich aber, daß
                              Achsschenkel bei sonst ganz gleichen Umständen auffallend mehrfach heiß wurden. In
                              solchen Fällen hatte sich das Vieh gewöhnlich in eine Ecke über dem erhitzten
                              Achsschenkel zusammen gedrängt und diesen dadurch mehr wie gewöhnlich belastet.
                           Die Erfahrungen für die gleitende Reibung – daß die Größe der Reibungsflächen
                              in einem gewissen Verhältnisse zur Belastung stehen müsse, wenn die Reibung im
                              vortheilhaftesten Verhältniß zur Last bleiben soll – brachte zu dem Schlusse,
                              daß die Belastung der Wagen mit 40 Centner per Achse bei den dünnen Achsschenkeln in
                              Hinsicht auf günstige Reibung das Maximum sey, und daß bei jeder größeren Belastung
                              die Reibung in so gesteigertem Verhältniß zunehme, daß die angewendete Schmiere
                              nicht mehr ausreiche, eine höhere Erhitzung zu verhindern.
                           Das Direktorium der genannten Bahn ging auf den Vorschlag ein, mit stärkeren und
                              längeren Achsschenkeln einen Versuch zu machen, wobei sich die Richtigkeit der
                              vorhin erwähnten Ansicht bewährte. Das Direktorium ging dann auch auf den weiteren
                              Vorschlag ein, die ganzen Achsen stärker zu machen, um den Vortheil zu erreichen,
                              die Güterwagen überhaupt stärker belasten zu können. Es wurden nach und nach Achsen
                              von 3''8''' Stärke in der Mitte und in der Nabe, 4''1''' Stärke hinter den Rädern
                              auf 7' Länge, und mit Schenkeln von 3'' Stärke und 5''9 1/2''' Länge eingeführt; die
                              höchste Belastung wurde auf 55 Centner festgesetzt. Wagen mit solchen Achsen würden
                              aber auch unbedenklich mit 60 Centner per Achse belastet werden können; größere
                              Probebelastungen bewährten, daß die Schenkel sich auch dann nicht mehr
                              erhitzten.
                           Bei 60 Centner Belastung per Achse leisten zwei sechsräderige Wagen dasselbe, was
                              sonst nur in drei sechsräderigen Wagen fortgeschafft werden konnte, also eine
                              bedeutende Ersparung an Anlagecapital bei Beschaffung der Transportmittel und
                              verhältnißmäßig viel weniger Luftwiderstand und weniger Reparaturen; anderweite
                              Vortheile, welche durch die stärkeren Achsschenkel noch erreicht werden, nicht
                              einmal zu gedenken.
                           Außer der Größe und Gestalt der sich reibenden Flächen ist auch noch zu beachten,
                              welche Materialien sich aufeinander reiben. Auf der
                              Berlin-Potsdam-Magdeburger Bahn sind jedoch nur Metallpfannen in
                              Anwendung; eine Gegenbeobachtung mit Pfannen aus anderen Metallen, z.B. Antimon
                              etc., konnte also nicht angestellt werden. Ich gehe daher zu den Beobachtungen über,
                              welche über das Verhalten der beiden vorzugsweise üblichen Schmieren angestellt
                              wurden, der dicken aus Palmöl, Talg, Soda und Wasser, und der Oelschmiere.
                           Die dicke Schmiere (Palmölschmiere) wird in den oberen Schmierraum des Achslagers
                              eingebracht und tritt von da durch Oeffnungen im Boden aus den Schenkel und in die
                              Schmierrinnen der Achspfanne. Die Schmiere fließt aber nur dann zu, wenn sich Pfanne
                              und Lager durch die Reibung beim Fahren erst so weit erwärmt haben, daß die Schmiere
                              dadurch hinreichend flüssig wird.
                           Bei der Oelschmiere wurde das Oel ebenfalls über der Achse in einen Schmierbehälter
                              eingebracht und durch Saugedochte dem Schenkel zugeführt. Das unten ablaufende Oel
                              wurde im Kasten aufgefangen und gesammelt, und dadurch der Uebelstand ziemlich
                              ausgeglichen, daß die Dochte auch Oel zuführen, wenn die Wagen nicht gefahren
                              werden.
                           Andere Einrichtungen zu Oelschmiere konnten nicht in die Versuche gezogen werden.
                           Beobachtungen bei einzelnen Wagen geben gewöhnlich Resultate, welche mit der Praxis
                              nicht übereinstimmen; es sind die Beobachtungen daher auf den ganzen Betrieb, und
                              zwar 24 Tage lang, ausgedehnt worden.
                           In dieser Zeit wurden auf eine Achse reducirt 94,165 Meilen durchlaufen, und
                              zwar:
                           a) mit Oelschmiere:
                           
                              
                                 4
                                 räderige
                                 Wagen
                                   3,396
                                 Meilen,
                                 oder
                                 auf
                                 eine
                                 Achse
                                   6,792
                                 Meilen,
                                 
                              
                                 6
                                 „
                                 „
                                 15,117 3/4
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 45,353 1/4
                                 „
                                 
                              
                                 8
                                 „
                                 „
                                   2,312 3/4
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                   9,251
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Summe auf eine Achse
                                 61,396 1/4
                                 Meilen.
                                 
                              
                           
                           b) Mit Palmölschmiere:
                           
                              
                                 4
                                 räderige
                                 Wagen
                                 2,364 1/4
                                 Meilen,
                                 oder
                                 auf
                                 eine
                                 Achse
                                   4,728 1/2
                                 Meilen.
                                 
                              
                                 6
                                 „
                                 „
                                 8,979 3/4
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 26,939 1/4
                                 „
                                 
                              
                                 8
                                 „
                                 „
                                    275 1/4
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                   1,101
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Summe auf eine Achse
                                 32,768 3/4
                                 Meilen.
                                 
                              
                           Hierzu wurde verbraucht
                           
                              
                                                 
                                       ad a) Oel:
                                 
                                 
                                 
                              
                                     1) auf den Stationen zum
                                    ersten Füllen der
                                    Oelbehälter        Davon
                                    ab, was auf den Stationen aus den
                                    Oelkasten        an
                                    abgelaufenem Oel wieder gesammelt wurdeDas gesammelte abgelaufene Oel wurde hier dem ursprünglich
                                          verwendeten gleich betrachtet, weil es durch längeres Stehen
                                          großentheils wieder nutzbar wird und der dickere Bodensatz dann noch
                                          zum Schmieren der Weichen verwendet werden kann.
                                 1284 1/2 Pfd.  450 3/4 Pfd.
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                   833 3/4 Pfd.
                                 
                              
                                     2) während der Fahrten zum
                                    Nachfüllen
                                 
                                   250      
                                    Pfd.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Summe
                                 1083 3/4 Pfd.
                                 
                              
                                                 
                                    ad b) Palmölschmiere:
                                 
                                 
                                 
                              
                                 im Ganzen auf den Stationen zum ersten Füllen und
                                    zum
                                    Nachfüllen          während
                                    der Fahrten
                                   887      
                                    Pfd.
                                 
                              
                           Wird hiernach jede der beiden Schmierarten auf die im Ganzen durchlaufenen Meilen
                              berechnet, so ergeben sich für 94,165 Meilen 1662,15 Pfd. Oel als gleichwirkend mit
                              2548,9 Pfd. Palmölschmiere.
                           Das Rüböl kostete per Pfd. 3 Sgr. 4 1/3 pf.; die Palmölschmiere ist im Durchschnitt
                              des ganzen Jahres mit 2 Sgr. per Pfd. herzustellen.
                           Es würden hiernach die 94,165 Meilen gekostet haben:
                           
                              
                                 a) an Oelschmiere
                                 186 Thlr.
                                 6 Sgr.
                                 8 pf.
                                 
                              
                                 b) an Palmölschmiere
                                 169 Thlr.
                                 3 Sgr.
                                 3 pf.
                                 
                              
                           In Rücksicht auf die unmittelbaren Kosten für die Schmiere ergäbe sich die
                              Palmölschmiere also vortheilhafter als Oelschmiere.
                           Dagegen fahren die Wagen bei Oelschmiere leichter – also weniger Reibung,
                              mithin auch weniger Abnutzung, die Maschinen können also unter sonst gleichen
                              Umständen auch mehr Wagen fortbewegen und besser genutzt werden.
                           Für den praktischen Betrieb hat die Palmölschmiere noch die Unannehmlichkeiten, daß
                              auf den Stationen zum Schmieren immer mehrere Leute bereit seyn müssen. Bei großen
                              Zügen reichen vier Mann kaum aus, wenn sie in derselben Zeit fertig werden sollen,
                              in welcher die Maschine mit Wasser und Kohks versorgt werden kann.
                           Bei Oelschmiere dagegen kann in dieser Zeit ein Mann den größten Zug versorgen und
                              als permanenter Schmierer dem Zuge beigegeben werden.
                           In den Zeiten, in welchen die Züge auf den Stationen ankommen und halten, sind
                              gewöhnlich die Bahnhofsarbeiter am meisten in Anspruch genommen, z.B. zum
                              Ein- und Ausladen der Güter, zum Ein- und Ausschieben der Wagen u.s.w.
                              Wenn aber auch noch zwei bis vier Arbeiter zum Schmieren der Wagen erforderlich
                              sind, die dann natürlich den ganzen Tag in Lohn gehalten werden müssen, so macht das
                              bei vier Stationen 8 bis 16 Arbeiter mehr, während bei Oelschmiere jedem Zuge nur
                              ein Schmierer beigegeben wird. Hiermit wird auch noch der große Vortheil erreicht,
                              daß dieser Schmierer das Verhalten jeder Achse während der ganzen Fahrt beobachten
                              und auch für das richtige und sorgsame Nachfüllen mit Oel verantwortlich gehalten
                              werden kann.
                           Palmöl hat im Winter ferner den großen Nachtheil daß die Schmiere gefriert und hart
                              wird; sie muß dann häufig mit glühendem Eisen oder heißem Oel aufgeschmolzen werden. Bei Oelschmiere
                              wird das Gefrieren des Oels durch Zusatz von Terpenthinöl verhindert.
                           Ein Warmwerden (Brennen) der Achsschenkel kam bei Palmölschmiere nicht merklich
                              häufiger vor, als bei der Oelschmiere.
                           Werden Achsen heiß, so finden wir wieder auf den verschiedenen Bahnen sehr
                              abweichende Anordnungen. Wenn dem Schenkel durch irgend eine Veranlassung nicht
                              gehörig Schmiere zugeführt wird, oder wenn sich Unreinigkeiten zwischengedrängt
                              haben sollten, so erhitzen sich Schenkel und Pfanne sehr leicht. Bei steigender
                              Erhitzung wird der Schenkel trocken, es reißen sich einzelne Theilchen Eisen los,
                              drücken sich in die Metallpfanne ein und reißen dann in den Schenkel förmlich Reifen
                              ein, die zuletzt so tief und so viel werden können, daß ein Glätten, resp.
                              Nachdrehen des Schenkels nicht mehr zulässig ist. Die Achse muß also durch eine neue
                              ersetzt werden. Im noch schlimmeren Fall könnte der Schenkel sich in der Pfanne
                              festfressen und förmlich von der Achse abdrehen, was unter Umständen einem
                              Achsbruche gleichzustellen seyn wird. In anderen Fällen wird zuerst die Pfanne
                              angegriffen; Antimon-Pfannen schmelzen förmlich aus, der Schenkel läuft dann
                              gegen das gußeiserne Lager und wird häufig ganz ruinirt; Metallpfannen schmelzen
                              zwar nicht aus, werden aber doch schon so heiß, daß ein Anfang von Schmelzen
                              eintritt, sie erglühen also förmlich.
                           Metall zerfällt im glühenden Zustande durch Anschläge aber sehr leicht in Stücke; es
                              darf daher nicht befremden, wenn in der Praxis beim Untersuchen beiß gewesener
                              Achsschenkel einzelne Pfannen in Stücken aus dem Lager fallen; die Stöße während der
                              Fahrt hatten die erglühte Pfanne zertrümmert.
                           Für die Sicherheit des Betriebes, aber auch ebenso sehr in ökonomischer Rücksicht ist
                              es nach dem Gesagten höchst wichtig, jeden heiß gewordenen Achsschenkel sobald wie
                              möglich durch Hochnehmen des Wagens zu untersuchen, die ersten entstandenen
                              Unebenheiten zu glätten und ganz besonders die abgerissenen Eisentheilchen, welche
                              sich in der Pfanne festgesetzt haben sollten, zu entfernen, ja förmlich heraus zu
                              arbeiten.
                           Dieß zugestehend, genehmigte das Direktorium der
                              Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahngesellschaft daher auch die
                              Anordnung, daß Wagen, an denen ein Achsschenkel heiß geworden (brennt), nie über die
                              nächste Station hinaus in dem Zug bleiben dürfen. Bis zur nächsten Station wird
                              soviel wie möglich gekühlt und langsamer gefahren; auf derselben angekommen, werden
                              Personenwagen aber gegen Reservewagen gewechselt, Güterwagen werden aus dem Zug
                              genommen, auf der Station, ohne auszuladen, hochgenommen, untersucht, resp.
                              reparirt, wieder fahrbar gemacht und dann mit dem nächsten Zuge weiter geschickt.
                              Die nöthigen Werkzeuge und Reservestücke sind auf allen Stationen vorräthig und auch
                              die Bahnhofsvorstände und Arbeiter mit diesen Arbeiten vertraut.
                           Nur bei diesem Verfahren möchte bei vorkommendem Brennen ein starkes
                              Angegriffenwerden der Achsschenkel zu verhüten seyn; das Wechseln, resp. Ausschieben
                              eines Wagens, geschieht ohne großen Aufenthalt, und manche Achse kann so gerettet
                              werden, die beim Weiterfahren und fortgesetztem Kühlen die Endstation wohl erreicht
                              haben möchte, dann aber durch eine neue zu ersetzen gewesen wäre.
                           Der Eisenbahnbetrieb fordert die Beachtung so verschiedener Elemente, er fordert die
                              sorgfältigste Beachtung auf allen Punkten; mannichfache Schwierigkeiten und
                              Hindernisse werden sich daher auch nie ganz vermeiden lassen. Nur in den freien
                              offenen Mittheilungen der gemachten Erfahrungen können Verbesserungen leicht
                              angeregt werden. Ein Verschweigen kann dadurch wohl nie gerechtfertigt erscheinen,
                              daß vielleicht die Vernachlässigung oder auch nur der Irrthum eines Beamten zu hart
                              beurtheilt werden möchte, denn Versehen und Fehler werden bei so großartigen
                              Anstalten wie Eisenbahnen, wo so viele Menschen von den verschiedensten
                              Bildungsgraden und so weit auseinander gestreut zusammen wirken müssen, nie ganz zu
                              verhindern seyn.
                           Berlin, im Januar 1849.
                           Neesen.                        
                              Artillerie-Hauptmann a. D., Betriebs-Director der
                              Berlin-Potsdam-Magdeburger
                              Eisenbahn.    
                           (Eisenbahnzeitung, Januar 1849, Nr. 9.)
                           
                        
                           
                           Ueber Applegath's neues System von Schnellpressen für den
                              Zeitungsdruck.
                           Die in diesem Bande des polytechn. Journals S. 98 aus den Times mitgetheilten Notizen über die Circular-Schnellpresse,
                              ergänzt Hr. A. Applegath durch
                              folgende Bemerkungen über die von seinem System zu erwartenden Vortheile:
                              „Ich habe mich bezüglich der Leistung meiner Maschine gegen die
                                 Eigenthümer der Times bloß für 8000 Abdrücke in der
                                 Stunde verbindlich gemacht und diese liefert die Presse bereits regelmäßig. Es
                                 ist wahrscheinlich daß sie sich schneller treiben läßt, weil die Letternform bei
                                 ihrer kreisförmigen Bewegung von 200 Zollen sich nur um 24 Zoll weiter bewegt
                                 als die Räder in der horizontalen Schnellpresse; da
                                 bei der Circularpresse die Erschütterungen vermieden werden, welche bei den
                                 gewöhnlichen Schnellpressen die Hin- und Herbewegung der flachen
                                 Typenform mit ihrem schweren Zugehör verursacht, so glaubte ich annehmen zu
                                 können, daß sich die neue Presse wenigstens mit derselben Geschwindigkeit wie
                                 die bisherigen treiben läßt, so daß sie in jedem Fall die doppelte Anzahl
                                 Abdrücke liefern würde. Die neuesten horizontalen Schnellpressen in der
                                 Druckerei der Times, welche die HHrn. Dryden verfertigten, und
                                 diejenigen in der Druckerei der Daily News, welche
                                 Hr. Middleton ausführte
                                 – beide genau der Maschine mit vier Druckcylindern nachgebildet, welche
                                 ich im Jahr 1827 zuerst construirte – liefern stündlich 5,500 Abdrücke
                                 und nöthigenfalls mehr; es lassen sich daher von meinem neuen System 10,000 oder
                                 11,000 Abdrücke erwarten.
                              
                           
                              Die mögliche Leistung des neuen Princips darf man aber
                                 nicht nach der ersten neuen Maschine beurtheilen
                                 – denn wenn man die Oberfläche der Typenhälter kreisförmig anstatt
                                 segmentförmig hätte machen können, so hätte man zehn Druckcylinder von kleinen
                                 Durchmessern um die Typentrommel herum anbringen können, anstatt der acht
                                 größeren, wodurch allein schon bei der gegenwärtigen Geschwindigkeit der
                                 Maschine 2000 weitere Abdrücke per Stunde geliefert worden wären. –
                                 Ferner kann man, wo es an Raum gebricht, anstatt zwei Maschinen anzuwenden
                                 – wie es für die Druckerei der Times
                                 beabsichtigt ist – zwei Formen und zwei Farbetafeln auf der
                                 Letterntrommel anbringen für welche darauf Platz genug ist, so daß man mit einer
                                 größeren Anzahl von Auflegtischen und zwei Reiben von Greisern zum Reguliren des
                                 Ein- und Austritts des Papiers, die doppelte Anzahl von Abrücken bei
                                 jeder Umdrehung der Letterntrommel oder 20,000 Abdrücke in der Stunde erhalten
                                 würde.
                              
                           
                              Die Vollendung der ersten Maschine erlitt durch folgenden Umstand eine
                                 Verzögerung. Nachdem der Papierbogen auf seinem Laufe von dem gewöhnlichen
                                 Auflegtisch herab aufgehalten worden ist, muß er seitwärts gegen den Druckcylinder bewegt werden. Dieß geschieht durch
                                 Reihen horizontaler endloser Bänder, welche über kleine Trommeln und Walzen
                                 gehen, die sich in senkrechter Richtung umdrehen. Ich trieb diese senkrechten
                                 Walzen durch Riemen, da sie bloß den Papierbogen zu führen haben, um das
                                 Geräusch von etwa 130 kleinen Rädern zu vermeiden; in Folge von Reibung oder
                                 wegen irgend einer andern nicht genau ermittelten Ursache, trat aber bisweilen
                                 eine Unregelmäßigkeit im seitlichen Lauf des Bogens zu den Druckcylindern ein,
                                 welche, da ihre Räder mit denen der Typentrommel in Eingriff waren, nothwendig
                                 mit dieser genau Zeit hielten; da die Bewegung etwa 60 Zoll in der Secunde
                                 beträgt, so würde ein Fehler in der Ankunftszeit des Papierbogens von einer
                                 Tertie oder dem 60sten Theil einer Secunde einen
                                 Fehler von einem Zoll veranlassen, so daß der Druck nicht mehr Register hielte.
                                 Seit der Einführung von Rädern halten aber das Papier und die Lettern genau Zeit
                                 mit einander und man bekommt weniger Abgang oder fehlerhafte Bogen als bei der
                                 früheren Maschine.
                              
                           Das verticale System gewährt auch einen Nebenvortheil. Beim plötzlichen Aufhalten
                                 des Papierbogens wird aller auf ihm befindliche Staub oder Flaum abgeschüttelt
                                 und fällt auf den Boden, während er bei der horizontalen Schnellpresse auf die Form oder den Farbtisch fällt. Man kann daher
                                 mittelst der neuen Presse 35,000 Bogen nach einander drucken, ohne ein
                                 einzigesmal die Form auszubürsten; dazu trägt auch der Umstand bei, daß bei der
                                 verticalen Stellung der Letterntrommel die Schwärze bloß mit der Oberfläche der
                                 Lettern in Berührung kommt und keine Schwärze in die Spatien der Form fallen kann. Dartford, 2
                                 Januar 1849.“ (Mechanics' Magazine, 1849, Nr. 1326.)
                           
                        
                           Ueber den deutschen Schraubenschlüssel.
                           Das Mechanics' Magazine vom 20. Januar 1849, Nr. 1328
                              enthält S. 60 eine Abbildung und kurze Beschreibung von dem deutschen
                              Schraubenschlüssel, welcher im zweiten Februarheft des polytechnischen Journals (S.
                              265 dieses Bandes) in einer längern Abhandlung besprochen wurde. Der Schlüssel wird
                              in jenem englischen Artikel das Eigenthum des Hrn. Fenn in London genannt, welcher sich ihn unter
                              der Benennung double-headed cylinder wrench zum
                              Schutz gegen Nachahmung einregistriren ließ. Damit nun aus jener Angabe und den
                              Mittheilungen dieses Journals kein Mißverständniß sich ergebe, hauptsächlich aber
                              damit dieses Erzeugniß der deutschen Industrie nicht etwa als englische Erfindung in
                              sein ursprüngliches Vaterland zurückgeführt werde, sieht sich der Unterzeichnete
                              veranlaßt zu erklären, daß Hr. Fenn im Wege des Kaufes zwar der Eigenthümer des verbesserten
                              Werkzeugs für England geworden, nicht aber der Erfinder desselben ist.
                           Die „deutschen Schraubenschlüssel“, welche bis jetzt unter dem
                              angegebenen Namen und nicht ohne Geräusch in den englischen Handel kamen, sind aus
                              der bekannten Werkstätte von J. Mannhardt in München
                              hervorgegangen, welche sie von solcher Güte und Billigkeit liefert, daß auch für die
                              Zukunft die Ausfuhr derselben nach England gesichert bleiben dürfte.
                           München, den 20. März 1849.
                           C. H. Schlarbaum, Mechaniker,
                              Amalienstraße No.
                              60.       
                           
                        
                           Verfahren das Schießpulver unter dem Wasser ohne Anwendung von
                              Feuer zu entzünden.
                           Hr. Rudolf Rikli von Seebach
                              legte eine bisher noch nicht angewendete Methode vor, das Schießpulver unter dem
                              Wasser ohne Anwendung von Feuer zu entzünden; diese Methode beruht auf der
                              Entzündung des Kaliums durch Berührung mit Wasser, und kann um so leichter praktisch
                              angewendet werden, als die betreffende Vorrichtung höchst einfach ist.
                           Eine metallene oder gläserne Büchse, deren Oeffnung mit einem Korkstöpsel luftdicht
                              verschlossen werden kann, wird mit Schießpulver angefüllt: ein gläsernes Röhrchen
                              von 2'' Durchmesser und mehreren Zollen Länge wird wasserdicht in den Stöpsel
                              eingepaßt und mit einem Baumwollendocht durchzogen; die Länge dieser Zündröhre ist
                              abhängig von dem Zeitraum, der bis zur Explosion stattfinden soll; an dem innern
                              Ende derselben wird ein Stückchen Kalium von ungefähr 1 Kubiklinie so angebracht,
                              daß die eine Seite den Wolldocht, die andere aber das Schießpulver selbst berührt;
                              wird nun diese Granate ins Wasser versenkt, so dringt dasselbe vermöge der
                              Capillarität des Dochtes durch die kleine Röhre hindurch und kommt mit dem
                              Kalium-Kügelchen in Berührung, welches sich sogleich entzündet und das Feuer
                              dem Schießpulver mittheilt; durch die stattfindende Explosion, wobei wenig
                              Pulverkraft verloren geht, wird eine bedeutende Wassermasse in die Höhe
                              geschleudert. – Dieses Experiment kann zu stabilen Feuerlöschanstalten
                              angewendet werden, so daß die Wirkung mehrerer Feuerspritzen und vieler
                              Menschenhände durch eine einzige Person ersetzt wird.
                           In der Nähe eines Gebäudes, welches der Feuersgefahr ausgesetzt ist, werden mehrere
                              stark gebundene Fässer in den Boden gegraben und mit Steinen fest eingemauert; durch
                              ein fließendes Bächlein werden dieselben mit Wasser angefüllt; soll nun das
                              Wasserbombardement beginnen, so wird in jedes Faß eine Granate versenkt, wobei die
                              ganze Wassermasse hinausgeschleudert wird. Ist die ganze Batterie entladen, so kann die Beschießung
                              von neuem begonnen werden, da sich die Wassermörser durch das fließende Bächlein von
                              selbst wieder geladen haben.
                           Bei zweckmäßiger Construction der Wassermörser reicht ein Pfund Pulver hin, um 10
                              Kubikfuß Wasser auf das höchste Dach zu schleudern.
                           Zur Sprengung von Felsen in größern Wassertiefen dürfte die Wassergranate vielleicht
                              auch Anwendung finden; dieser Versuch ist bisher noch nicht ausgeführt worden.
                           Um die Wassergranate längere Zeit in Vorrath aufzubewahren, ist es nothwendig, die
                              beiden Enden der gläsernen Zündröhre leicht zuzuschmelzen, damit das Kalium vor der
                              Oxydation gesichert bleibt; bei sofortiger Anwendung derselben ist es hinreichend,
                              das äußere Ende der Zündröhre abzuklemmen, indem das innere durch das Kalium selbst
                              zersprengt wird. (Berichte über die Mittheil. von Freunden der Naturw. in Wien, Bd.
                              III.)
                           
                        
                           Ueber die Bereitung von Stärkmehl aus Roßkastanien.
                           Bei der Bereitung von Stärkmehl aus der Roßkastanie nach Flandin's Verfahren (polytechn. Journal Bd. CX S. 319) bemerkte Hr. Bellon, daß der Brei auch nach der
                              Behandlung mit kohlensaurem Alkali seine Bitterkeit nicht verloren hatte. Er
                              behandelte hierauf den Kastanienbrei so wie den Kartoffelbrei bloß mit kaltem Wasser
                              und erhielt ein sehr Weißes, ganz geschmackfreies Stärkmehl, welches Zwieback und
                              Suppen gab, welche den mit Kartoffelstärke bereiteten vorzuziehen waren. Von 100
                              Theilen frischen Breies erhielt er 19–21 Theile trockenes Mehl. Ein
                              vergleichender Versuch mit Kartoffeln, der aber durchaus nicht als entscheidend
                              betrachtet werden soll, gab nur 11,78 Proc. Stärke. (Comptes
                                 rendus, Jan. 1849, Nr. 3.)
                           Hr. Flandin bestätigt (a. a. O.
                              Nr. 4), daß der Bitterstoff auf obige Weise entfernt werde, bemerkt aber, daß ein
                              scharfer Geschmack zurückbleibt, der wahrscheinlich von einem Harz herrührt, das
                              sich wie eine Säure zu verhalten scheint und von welchem das Stärkmehl durch das
                              Alkali befreit wird. Der Stärkegehalt der Kastanie wurde von ihm – 25 Proc.
                              gefunden; eben so früher schon von Couverchel und andern
                              Chemikern. Außer dem eigentlichen Stärkmehl enthält die Kastanie noch andere
                              stärkmehlartige und eiweißartige, sehr nahrhafte Bestandtheile.
                           
                        
                           Ueber Capital-Interessen; von Charles Dupin.
                           Hierüber äußert sich der Verfasser in seinem: Cours de
                                 Géométrie et de Statistique appliquées aux arts et
                                 métiers et aux beaux-arts folgendermaßen:
                           Ein nutzbringend angewandtes Capital muß nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht nur
                              seinen ursprünglichen Werth wieder erzeugen, sondern auch einen gewissen Ueberschuß
                              liefern, welchem man verschiedene Namen gegeben hat: es ist der Reinertrag unserer
                              Nationalökonomen oder einfach das volle Einkommen eines Capitalbesitzers nach Ablauf
                              einer bestimmten Zeit.
                           Der mathematische Ausdruck der Interessen (Zinsen) während einer als Einheit
                              angenommenen Zeit ist gleich diesem Product, dividirt durch das Capital. Um die
                              Rechnung zu vereinfachen, nimmt man das Capital gleich Hundert an; die Interessen stellen sich dann als ein absoluter Werth
                              heraus. So sagt man von einem Capital, es trage jährlich 10, 5, 3 etc. vom Hundert
                              (Procente); darf aber dabei nicht vergessen, daß der wirkliche Werth dann 10/10,
                              5/100, 3/120, etc. ist.
                           Personen, welche gar keine mathematische Bildung genossen, ließen sich durch den
                              Umstand täuschen, daß man die Zinsen nicht in Bruchform auszudrücken pflegt, und
                              betrachteten das Verhältniß derselben nicht als ein geometrisches, sondern als ein
                              arithmetisches. Da die Zinsen, sagte man, von 60 auf
                              40, von 40 auf 20, von 20 auf 10 Procente heruntergehen konnten, warum sollten sie
                              dann nicht auch, und
                              zwar noch viel leichter, von 3 auf 2, von 2 auf 1, und von 1 auf 0 fallen können?
                              ohne zu bedenken, daß Null-Procent noch weniger ist als das unendlich Kleine,
                              und daß es einer unendlichen Ursache bedürfte, um zu
                              diesem Resultat zu führen.
                           Aus diesem Irrthum will der Bekannteste aller Communisten Folgerungen ableiten, die
                              kein geringeres Ziel hätten, als jedem Capital, sey es in Geld, beweglich, oder
                              stecke es in Grund und Boden, allen Werth zu benehmen. Damit wäre dem Besitzer das
                              Einkommen genommen, folglich dasjenige aufgehoben, was eigentlich die Wohlthat des
                              Besitzes ausmacht.
                           Jener Neuerer, dessen System ich hiemit bezeichne, glaubt, daß man zu diesem
                              Resultate leicht gelangen könnte durch den Einfluß eines fingirten Capitals, eines
                              Papiergelbes, welches man unverzinslich herliehe. Er
                              wähnt, daß in demselben Augenblicke die wirklichen Capitalien, nicht bloß Gold und
                              Silber, sondern auch die unbeweglichen, wie Güter, Häuser, Fabriken, keine Zinsen mehr tragen könnten und folglich ihr
                              Renten- oder Pachtertrag gleich Null werden müßte.
                           Wenn es aber nur der erforderlichen Mühe bedürfte, um ein Feld urbar zu machen, um
                              einen Garten zu verschönern, ein Haus, sey es auch nur ein Lusthaus, zu bauen, so
                              würde man immer ein Opfer bringen wollen, um vorzugsweise das Feld, den Garten, das
                              Haus zu genießen; dieses Opfer würde die Zinsen eines Capitales repräsentiren. So
                              lange materielle Güter nützliche oder auch nur angenehme Producte geben,
                              repräsentiren diese Producte den Zins des Capitals, welches den Werth dieser Güter
                              ausdrückt.
                           Selbst bei den Völkern, wo Papier als Münze dient, muß man zu Gold und Silber seine
                              Zuflucht nehmen, um die im Auslande gemachten Einkäufe zu bezahlen. Den Kaufleuten
                              anderer Nationen wird man, wenn man nicht baar bezahlt, immer die Zinsen ihrer
                              Capitalien zahlen müssen; schon deßwegen können die Capitals-Zinsen bei
                              keinem Volke je verschwinden und gleich Null werden.
                           Diese Zinsen, die jährlichen Producte derselben Nation im Ganzen genommen, konnten
                              noch nicht unter 3 Procent fallen, selbst nicht bei den Völkern, deren Industrie
                              bewunderungswürdig ist und welche unermeßlichen Handel treiben. Um die Zinsen auf 2,
                              oder gar auf 1 Procent herabzubringen, müßten ohne Vergleich größere Anhäufungen
                              stattfinden, und dann wäre man noch unendlich weit von der Verminderung auf 0
                              Procent entfernt, welches Ziel doch der Stützpunkt der hochgepriesenen Systeme ist,
                              welche Erfahrung und Vernunft übereinstimmend verwerfen.
                           Die Statistik und Arithmetik werden dem Staat einen großen Dienst erweisen, wenn sie
                              bis zur Evidenz die Irrthümer darlegen, auf welche man sich zu stützen sucht, um die
                              Gesellschaft in ihren heiligsten Grundlagen zu erschüttern. (Comptes rendus, Januar 1849, Nr. 1.)
                           
                        
                           Ein Bild der englischen Landwirthschaft.
                           Bei einem landwirthschaftlichen Gastmahl entwickelte ein englischer Pächter folgendes
                              Bild seines landwirthschaftlichen Betriebs:
                           
                              „Meinem Hornvieh gebe ich keine Streu mehr; es liegt auf dem bloßen
                                 Fußboden. Nach mehreren Versuchen blieb ich hier bei folgender Anordnung stehen.
                                 Jedes Thier hat einen 4 Fuß breiten Raum; der Fußboden liegt etwas über dem
                                 Erdboden; durch einen Abhang von 1 1/2 Zoll ist für den Ablauf des Harns
                                 gesorgt. Ein Kind hat den abfallenden Mist sogleich zu entfernen; dadurch werden
                                 die Thiere beständig in reinem Zustand erhalten, was fast unmöglich ist, wenn
                                 das Vieh auf Streu liegt.
                              
                           
                              Ich finde einen großen Vortheil darin, wegen Mangels an Stroh zu Streu in der
                                 Vermehrung meines Viehstandes nicht mehr aufgehalten zu seyn und alles Stroh zu
                                 Futter verwenden zu können. Um solches zu bereiten, lege ich abwechselnde
                                 Schichten von Stroh, Klee und Heu übereinander, die mit Salz bestreut werden,
                                 und schneide sie mit einander klein. Dieses Mengsel wird dem Vieh mit in
                                 Scheiben geschnittenen Tellerrüben, langen Rüden oder gelben schwedischen Rüben
                                 gegeben. Meine Milchkühe erhalten Jahraus Jahrein von einer dieser Rübensorten
                                 unter ihrem täglichen Futter. Der einzige Uebelstand, den diese Futterungsart, von allen die
                                 wohlfeilste, veranlaßt, ist ein schwacher Rübengeschmack, welchen die Butter
                                 davon annehmen kann, den ich aber durch Versetzen der Butter mit einer sehr
                                 kleinen Menge Chlorkalks leicht zum Verschwinden bringe.
                              
                           
                              Der zweite Vortheil, welchen mir die Anwendung obiger Fußböden gewahrt, ist, daß
                                 der gesammelte Dünger, nachdem er fest geworden ist, und mit Asche oder trockner
                                 Erde zu Pulver zerrieben wurde, zu jeder Jahreszeit, wenn man ihn braucht zur
                                 Verfügung steht, ohne daß von seinen nützlichen Bestandtheilen etwas verloren
                                 geht während der mit Wasser vermischte Harn als flüssiger Dünger dient. Ich
                                 kann, wenn ich eine Aussaat vorzunehmen habe, das Saatkorn mit dem von meinem
                                 Vieh am Tag vorher erzeugten Dünger untermengt, mit der Säemaschine verbreiten.
                                 Auf solche Weise säete ich im vorigen Jahr 20 Hektaren mit Rüben an. Das
                                 mittlere Gewicht einer solchen ist 1 Kilogr. und das grüne Kraut daran wiegt im
                                 Durchschnitt ebenso viel. Ich baute meine Rüben in 1 Fuß von einander entfernten
                                 Linien, in welchen sie in Abständen von 7 Zoll nebeneinander stunden. Wenn von
                                 diesen alle gleich wären, so hätte ich einen Ertrag von 60,000 Kilogr., nämlich
                                 30,000 Kilogr. grünes Futter und 30,000 Kilogr. Wurzeln erhalten müssen: dieß
                                 war aber nicht der Fall, weil ein Theil des Bodens weniger fruchtbar ist und
                                 hier die doppelte Portion Dünger hatte gegeben werden sollen.
                              
                           
                              Meine Schafe werden ebenfalls auf einem Fußboden gehalten. Ihre Zunahme betrug,
                                 nach genauen und zahlreichen Wägungen, wöchentlich 1,800 Kilogr. Ihr Futter
                                 bestund in gemahlenen Leinsamen und Weißbohnen, mit Tellerrüben, gelben
                                 schwedischen Rüben und klein geschnittenem Futter.
                              
                           
                              Die Schweine behandle ich wie die Schafe und mit ebenso gutem Erfolge. Sie liegen
                                 ebenfalls auf Brettern, nicht auf Streu. Zwei Schweine wurden am 23 Nov.
                                 abgewogen, das eine wog 65, das andere 75 Kilogr. Am 30. desselben Monat wieder
                                 gewogen, hatte eines um 7 1/2, das andere gar um 9 1/2 Kilogr. zugenommen.
                              
                           
                              Der Redner zeigt ein dickes Brett vor, in welches er Löcher gemacht, die er mit
                                 guter Erde, Holzsägespänen und Düngerpulver angefüllt hatte, und in welchen
                                 hübsche schwedische Rüben gewachsen waren – ein Beweis, daß wenn man
                                 Löcher in einen gänzlich unfruchtbaren Boden macht, wie in reine Kreide oder
                                 eine Felsmasse an ihrer Lagerstätte, und sie mit befruchtenden Substanzen
                                 anfüllt, man Producte erhält, welche die Kosten des Anbaues an Werth
                                 übertreffen. Es wurden auf diese Weise unter andern Erbsen in Reihen zwischen
                                 Runkelrüben und schwedischen Rüben mit sehr gutem Erfolge angebaut.
                              
                           Es wurde, sagt der Redner, von meinen Nachbarn oft behauptet, daß ich mir
                                 außerordentliche Ausgaben verursache und am allertheuersten meine Wirthschaft
                                 betreibe. Es ist dieß wahr, aber eben darin liegt das Geheimniß des guten
                                 Erfolgs. Die Hektare kostet mir, Pacht, Steuer, Düngung, Löhne etc. mit
                                 inbegriffen, nicht weniger als 450 Fr., allein ich ernte auch in diesem
                                 Verhältniß, und finde meine Rechnung besser dabei als mit der Hälfte der Auslage
                                 und schlechter Ernte.“ (Moniteur
                                 industriel 1848, Nr. 1304.)
                           
                        
                           Druckfehler.
                           Seite 417 lese man statt 24 bis 27 – Fig. 31 bis 34.