| Titel: | Ueber die Structur und chemische Zusammensetzung des Zuckerrohrs, ferner über die Zuckergewinnung daraus; von Payen. | 
| Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XIV., S. 45 | 
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                        XIV.
                        Ueber die Structur und chemische Zusammensetzung
                           des Zuckerrohrs, ferner über die Zuckergewinnung daraus; von Payen.
                        Aus den Comptes rendus, Mai 1849, Nr.
                              21.
                        Payen, über die Structur und chemische Zusammensetzung des
                           Zuckerrohrs.
                        
                     
                        
                           Bei meinen Untersuchungen über das Zuckerrohr beabsichtigte ich hauptsächlich zu
                              bestimmen:
                           1) die Formen und die Zusammensetzung der Gewebe dieser Pflanze;
                           2) den Sitz der Zucker-Absonderung;
                           3) die durch das Alter in den Formen und der Beschaffenheit der verschiedenen Theile
                              des Gewebes stattfindenden Veränderungen;
                           4) die Veränderungen, welche gleichzeitig die nähern Bestandtheile erfahren.
                           In letzterer Hinsicht berücksichtigte ich hauptsächlich die Stengeltheile, welche bei
                              der Zuckerfabrication ausgebeutet werden.
                           Die Lösung dieser Fragen zu welcher ich gelangt bin, dürfte, abgesehen von den
                              wichtigen Arbeiten welche wir über das Zuckerrohr von Proust,
                                 Derosne, Plagne, Avequin, Peligot, Dupny, Hervy
                              und Casaçoeca besitzen, Interesse gewähren.
                           Wenn man eine perpendiculär zur Achse des reifen Stengels geschnittene Scheibe,
                              nachdem sie gelblich geworden ist und die Blätter abgefallen sind, von der
                              Oberfläche nach dem Mittelpunkt hin untersucht, so bemerkt man:
                           1) eine der Epidermis (dem Oberhäutchen) anhangende oberflächliche Schicht, welche
                              aus einer Art Wachs (dem Cerosin) besteht; sie wurde von Plagne und Avequin zuerst beobachtet, dann von Dumas analysirt;Nach Avequin enthält jeder vollkommen entwickelte
                                    Zuckerrohrstengel im Mittel 2 Gramme Cerosin (polytechn. Journal Bd. LXXIX S. 441).
                              
                           2) das Oberhäutchen mit eckigen Vorsprüngen, welche den Fugen zwischen den Zellen entsprechen;
                           3) die dicken Wände der epidermischen Zellen; zwischen den äußern Wanden dieser
                              Zellen befinden sich Gränzlinien und ihre Höhlungen communiciren frei oder durch
                              eine dünne Membran vermittelst zahlreicher in den Wänden befindlicher Canälchen;
                           4) das Zellgewebe mit dünnern Wänden, unter der Epidermis;
                           5) ein Zellgewebe mit dicken Wänden, durch welche Canälchen gehen;
                           6) zwei concentrische kreisförmige Reihen von Holzfaserbündeln; jede umgibt einen von
                              den verschiedenen unten beschriebenen Gefäßen erfüllten Raum.
                           Diese Bündel stoßen in der ersten Reihe beinahe an einander, befinden sich aber in
                              der zweiten weniger nahe.
                           Aehnliche Gefäße findet man, jedoch an Holzfasern allmählich abnehmend und in stets
                              größeren Abständen, bis zur Achse des Stengels.
                           Keines dieser Gewebe enthält Zucker, während sie andere, unten angegebene Substanzen
                              in mehr oder weniger großer Menge enthalten.
                           Ich ermittelte den Sitz des krystallisirbaren Zuckers, indem ich dünne Schnitte der
                              verschiedenen Gewebe des trockenen Rohres unter dem Mikroskop beobachtete. Ich
                              gebrauchte die Vorsicht, die losen Theilchen vorher durch Umherbewegen der Scheiben
                              in wasserfreiem Alkohol zu entfernen; da dieser nämlich den krystallisirten Zucker
                              nicht auflöst, kann er zwischen den Objectträger und die die Schnitte bedeckende
                              Lamelle gebracht, die Beobachtung erleichtern. Auf diese Weise lassen sich mehr oder
                              weniger große, dem Kandiszucker ähnliche Krystalle in allen dünnwandigen,
                              cylinderähnlichen Zellen wahrnehmen, welche die zahlreichen Holzfaserbündel und
                              Gefäße von der Achse an bis zur zweiten Reihe der holzigsten Fasern umgeben.Die zu diesem Versuche angewandten Proben verschaffte sich im J. 1843 Hr. Derosne in den Colonien, indem er das vorher in 1
                                    Centimeter dicke Scheiben zerschnittene Zuckerrohr an der Sonne rasch
                                    trocknen ließ.
                              
                           
                           Man bemerkt, daß alle diese Zellen in den sich berührenden Flächen mit einander durch
                              eine große Anzahl kleiner in ihren Seitenwänden befindlicher Oeffnungen in
                              Verbindung stehen; die Grund- oder Endflächen, die beiden Grundflächen des
                              hohlen Cylinders, welchen jede Zelle bildet, sind nicht mit solchen Oeffnungen
                              versehen.
                           Alle angeführten Gewebe des reifen Rohrs werden, wenn man sie mit reinem Wasser
                              auswascht und dann mit Jod zusammenbringt, gelb gefärbt; Schwefelsäure, obwohl sie
                              den Zusammenhang der Zellensubstanz aufhebt, beseitigt diese Färbung nicht, sondern
                              macht sie noch intensiver.
                           Wenn man aber einen Theil der in den kleinen dünnwandigen Gefäßchen enthaltenen
                              stickstoffhaltigen Substanz, sowie einen Theil der in den zuckerführenden Zellen
                              enthaltenen stickstoffhaltigen und holzigen Substanzen mit Aetznatronlösung von 1/10
                              Gehalt auszieht, so beobachtet man bei jener Doppelreaction (des Jods und der Säure)
                              mehrere auffallende Erscheinungen; die kleinen punktirten Gefäße nehmen, indem sie
                              anfangen ihren Zusammenhang zu verlieren, eine schwach indigblaue Färbung an.
                           Der innere Theil der Zuckerzellen, schnell aufschwellend, geht in den Zustand der aus
                              ihrem Zusammenhang getretenen Theilchen der Zellensubstanz über, sowie sie sich im
                              Stärkmehlhydrat finden. Natürlich müssen sich diese Theile nunmehr dunkelblau
                              färben. Die dieser innern Schicht anhangenden stickstoffhaltigen Körperchen trennen
                              sich davon und offenbaren ihre Gegenwart durch die specielle orangegelbe Färbung des
                              leichten körnigen Gebildes, welches sie parallel mit den Umrissen der innern
                              aufgeschwollenen Wände bilden.
                           Die fester zusammenhängenden und vollern äußern Membranen widerstehen hingegen der
                              speciellen Aufhebung ihres Zusammenhangs; sie schwellen jedoch auf, bilden krumme
                              Falten und trennen sich an verschiedenen Punkten von den ihnen anhangenden Zellen,
                              behalten aber die durch die doppelte chemische Reaction erzeugte orangegelbe Färbung
                              bei.
                           Wenn man auf eine dünne Schnitte, nachdem man sie mit reinem Wasser ausgewaschen hat,
                              eine Aetzkali- oder Natronlösung einwirken läßt, so sieht man, daß alle mit
                              Holzsubstanz erfüllten Theile des Gewebes sich gelb färben, während die kleinen
                              punktirten Gefäße und das Oberhäutchen durchscheinender und farblos werden. Dieses
                              verschiedene Verhalten gegen das Reagens liefert noch ein Unterscheidungsmerkmal zwischen diesen kleinen
                              Gefäßen und dem übrigen Gewebe des Rohrs; es scheint die Abwesenheit von
                              Holzsubstanz in denjenigen Theilen anzuzeigen, welche unter dem Einfluß des
                              kaustischen Alkalis keine bleibende gelbe Färbung annehmen.
                           Diese gelbe Färbung verschwindet jedoch überall, wenn man nach der Einwirkung des
                              Alkalis ein Auswaschen mit reinem Wasser, und dann Berührung mit überschüssiger
                              Essigsäure folgen läßt. Diese Säure erleichtert durch die eintretende Klarheit die
                              mikroskopischen Beobachtungen bedeutend. Behandelt man solche dünne Schnitte mit
                              ätzendem Natron oder Kali und erhöht deren Wirkung durch Abdampfen bis zur Trockne,
                              so bemerkt man nach vollständigem Auswaschen, daß die Scheiben ihren Zusammenhang
                              ganz verloren haben; deßgleichen die kleinen punktirten Gefäße, welche man dann
                              nicht mehr auf der Stelle findet die sie einnahmen. Alle anderen Theile des Gewebes
                              nehmen, indem sie in Gegenwart von Jod und concentrirter Schwefelsäure ihren
                              Zusammenhang verlieren, die den reinen Zellenstoff charakterisirende indigblaue
                              Färbung an.
                           Beim minder entwickelten Zuckerrohr erfolgt die theilweise oder gänzliche Befreiung
                              des Zellenstoffs von allen Geweben viel schneller und es bedarf dazu keiner so
                              kräftigen Agentien. Wenn man nämlich sehr dünne Schnitte des Stengels (zwischen den
                              Knoten des mittleren Theils) eines noch grünen ZuckerrohrsIch habe durch die Gefälligkeit der Professoren und Vorstände des
                                    naturgeschichtlichen Museums Zuckerrohrproben aus den verschiedenen Epochen
                                    seiner Entwickelung erhalten., welches erst ein Drittheil seiner Entwickelung erreicht hat, unter dem
                              Mikroskop 1) mit reinem Wasser, 2) mit wässeriger, mit Alkohol versetzter Jodlösung,
                              3) mit concentrirter Schwefelsäure behandelt, so bemerkt man, daß die Epidermis und
                              das unter ihr befindliche Zellgewebe widerstehen und sich intensiv orangegelb
                              färben; die Holzfaser, welche ihren Zusammenhang verliert, und die breiten
                              punktirten Gefäße (deren zwei in jedem Gefäßbündel sind) nehmen eine orangegelbe
                              Färbung an und behalten sie; die kleinen punktirten Gefäße erscheinen grünlichblau
                              gefärbt und verlieren schnell ihren Zusammenhang; die Zuckerzellen endlich gehen vom
                              Gelblichen ins Grüne, dann ins Indig-Violette über, wobei sie aufschwellen,
                              sich verrücken und allmählich ihren Zusammenhang verlieren.
                           Mit denselben Reagentien behandelte ich den untern, weißlichen (ganz von
                              scheibenförmigen Blättern umhüllten) Theil eines Rohrstengels im frühesten Alter; dieser
                              Antheil hatte 3 Centimeter Höhe vom Knopfe an (diesen inbegriffen) bis zum nächsten
                              Knopfe, und eine Schnitte zeigte unter dem Mikroskop die noch wenig dicken
                              Holzfasern.
                           Eine wässerige Jodlösung färbte die Gewebe gelb, mit Ausnahme der kleinen punktirten
                              Gefäße; durch Zusatz eines Tropfens Schwefelsäure entstand auf allen diesen Geweben
                              eines der schönsten mikroskopischen Bilder; die äußern Haare, auf ihrem äußern
                              Oberhäutchen und ihrer innern körnigen Membran gelb gefärbt, wurden in der ganzen
                              Dicke ihrer angeschwollenen Wände violett; das Häutchen und die Epidermis des
                              Stengels hatten eine dunkel orangegelbe Färbung angenommen; das darunter liegende
                              Zellgewebe war in der Dicke aller Zellen gebläut; dieselbe Farbe hatten die kleinen
                              punktirten Gefäße, welche auf diese Weise einen cylindrischen blauen Büschel
                              bildeten, der ganz von orangegelben Geweben umringt war, nämlich 1) den breiten,
                              punktirten Gefäßen und den 14 bis 18 jedem derselben anhangenden Röhren; 2) den
                              Röhren von aufeinander liegenden Scheibchen; 3) den schwachholzigen Fasern. In der
                              Mitte der gelbgefärbten Wände dieser letztern sah man die innere Schicht
                              neugebildeter Zellensubstanz, sich als einen unregelmäßigen, angeschwollenen,
                              gebläuten Ring ablösend.
                           Im jüngern Gewebe oberhalb dieses Knotens zeigten die Zellen alle eine Art
                              abgerundeten oder elliptischen Kern von feinem, stickstoffhaltigem Gewebe;
                              zahlreiche Körnchen stickstoffhaltiger Substanz hingen allen innern Wänden an. Man
                              sah viele Stärkmehlkörner, welche bis 5/1000 Millimeter maßen; Jod und Schwefelsäure
                              nach einander zugesetzt, färbten die Epidermis, die Scheibchen und alle
                              stickstoffhaltigen Körper bleibend dunkelgelb; alle Röhren, Gefäße und Zellen
                              schwollen an, färbten sich dunkel violett und trennten sich von einander; bald wurde
                              die Auflösung eine vollständigere, die gebläuten Wände verschwanden und ließen die
                              isolirte braungelbe Epidermis und die orangegelben stickstoffhaltigen Körperchen
                              sehen, welche dem Innern der zerstörten zelligen Membranen anhingen.
                           Dieselben aufeinanderfolgenden Behandlungen, bei dünnen Schnitten eines
                              Seitenschößlings angewandt, dessen Blätter erst 30 Centimeter lang waren, zeigen die
                              Epidermis der Blätter und des Stiels lebhaft orangegelb gefärbt, während alle andern
                              Bestandtheile der Gewebe mit Verlust ihres Zusammenhangs sich rasch violett
                              färben.
                           Endlich sind in allen Stengeln und Blättern der neuen Triebe Stärkekörnchen in großer
                              Menge zu sehen.
                           
                           Namentlich enthalten solche die Stengel in ihren Geweben unter der Epidermis und in
                              den Zuckerzellgeweben rings um die Gefäßbündel herum.
                           Auch die Blätter zeigen reichliche Stärkeabsonderung um die Nervengefäße herum, in
                              den diese Nervchen umhüllenden Zellgeweben, welche sich von einer Seite des Blatts
                              bis zur andern erstrecken.
                           Diese Verschiedenheiten in der Beschaffenheit und Vertheilung der näheren
                              Bestandtheile, die viel geringere Dicke der Zellenwände, Fasern etc. und der viel
                              kärglichere Inhalt der Holzfasern in den jüngeren Geweben, schienen anzudeuten, daß
                              man bei Vergleichung der Zusammensetzung der unvollkommen entwickelten Stengel mit
                              jener der sich der Reife nähernden Stengel, ähnliche Verschiedenheiten finden
                              würde.
                           Die Resultate der vergleichenden Analysen ergaben solche wirklich; sie erklären die
                              in den Zuckersiedereien wohlbekannten Schwierigkeiten bei der Behandlung des vor der
                              Reife geernteten Zuckerrohrs.
                           Sie zeigen ferner, daß man immer gut thut die Schößlinge abzusondern, welche den
                              nutzbaren Stengeln anhangend bleiben, vielleicht sogar die jüngsten Enden dieser
                              Stengel.
                           Uebrigens ersieht man aus den vergleichenden Analysen, daß die Zusammensetzung des
                              Zuckerrohrs complicirter ist als man bisher glaubte.
                           
                           Nähere Bestandtheile des
                                 Zuckerrohrs.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 113, S. 50
                              Otaheiti'sches Rohr im Zustand der
                                 Reife; Zu einem Drittheil entwickeltes Rohr; Wasser; Zucker 1); Zucker;
                                 Zellensubstanz und Holzstoff 2); Eiweißstoff und drei andere stickstoffhaltige
                                 Substanzen 3); Zellensubstanz und sie bekrustende Holzfaser; Cerosin, grüne
                                 Materie, gelber Farbstoff. sich braun und karminroth färbende Substanzen,
                                 Fettsubstanzen, ätherisches Oel, aromatische Substanz, zerfließliche Substanz
                                 4); Unauflösliche Salze 0,12; auflösliche 0,16; phosphorsaurer Kalk und
                                 phosphorsaure Talkerde 5); Eiweißstoff und drei andere stickstoffhaltige
                                 Substanzen 6); Stärkmehl, Cerosin, grüne Materie, gelber Farbstoff, sich braun
                                 und karminroth färbende Substanzen; Thonerde; schwefelsaurer und oxalsaurer
                                 Kalk; essigsaure und äpfelsaure Salze von Kalk, Kali und Natron; schwefelsaures
                                 Kali; Chlorkalium und Chlornatrium; fette und aromatische Substanzen,
                                 hygroskopische Substanz, ätherisches Oel, auflösliche und unauflösliche Salze,
                                 Kieselerde, Thonerde; Kieselerde
                              
                           
                           1) Wenn man annimmt, daß der Traubenzucker und flüssige Zucker
                              nicht präexistiren, so erklärt sich ihr gewöhnliches Vorkommen in sehr kleiner
                              Menge, als eine Folge der eintretenden Veränderungen an allen denjenigen Stellen, wo
                              die Gewebe zur Zeit der Zuckerrohrernte zerrissen oder zerschnitten wurden.
                           2) Das Mengenverhältniß der Gewebe ist verschieden, je nachdem die
                              (dichtere und festere Gewebe enthaltenden) Knoten
                              einander mehr oder weniger nahe stehen.
                           3) Diese Menge stimmt mit der Elementar-Analyse überein,
                              welche für 2297 Milligr. trockener Substanz, 7 Kubikcentimeter Stickstoff = 0,02145
                              Milligr. stickstoffhaltiger Substanz im trockenen Rohr, oder 0,0055 im
                              normalbeschaffenen Rohr ergab.
                           4) Diese Substanz hat nach Plagne und
                              Hervy die Eigenschaft, den Zucker im Saft in eine
                              klebrige und geschmacklose Materie zu verwandeln und sich der geistigen Gährung zu
                              widersetzen; ein Filtriren über Knochenkohle (ohne Wärme) scheidet diese
                              zerfließliche organische Substanz ab.
                           5) Der Rohrsaft enthält doppelt-phosphorsauren Kalk und
                              phosphorsaure Talkerde; denn durch Zusatz eines kleinen Ueberschusses von Ammoniak
                              entsteht ein krystallinischer Niederschlag von phosphorsaurer
                              Ammoniak-Talkerde und noch ein stockiger Niederschlag, welcher mit
                              Schwefelsäure behandelt, schwefelsauren und doppeltphosphorsauren Kalk gibt. Unter
                              dem doppelten Einfluß der Luft und des Ammoniaks färbt sich der Saft allmählich
                              braun.
                           6) Das Gesammtgewicht dieser vier stickstoffhaltigen Substanzen
                              ist aus der Stickstoffbestimmung mittelst der Elementar-Analyse
                              abgeleitet.
                           Hienach enthält das grüne Rohr um die Hälfte weniger Zucker, ungefähr um 30 Proc.
                              weniger Gewebe und dreimal so viel organische Materie und Salze als das zur Reife
                              gediehene Rohr.Noch weit mehr wich die chemische Zusammensetzung des oben beschriebenen
                                    Stengels vom zartesten Alter ab: vom ersten (mit inbegriffenen) Knoten bis
                                    zum zweiten betrug das Gewicht 4,825 Gramme, welche sich durch das Trocknen
                                    auf 0,435 Gr. reducirten; die fünf Knoten und Gewebe, welche 2 Centimeter
                                    hoch waren und den ganzen obern Theil dieses Stengels bildeten, wogen
                                    zusammen 3,760 Gramme; durch das Trocknen reducirten sie sich auf 0,312 Gr.;
                                    folglich enthielt der erste Theil dieses Stengels 9 Proc. trockener
                                    Substanz, der ganze übrige Stengel nur 0,0825, und das Ganze weniger als 1/2
                                    Proc. Zucker (die gesummte trockene Substanz enthielt 3/100 wachsartiger und
                                    Fettsubstanzen). Diese Abweichungen in Verbindung mit der bekannten Thatsache, daß mehrere
                              organische Substanzen und Salze die Krystallisation des Zuckers verhindern, erklären
                              uns, warum in Gegenden, wo wegen Mangels hinlänglich hoher Temperatur das Zuckerrohr
                              die gehörige Reife nicht erreichen kann, auch der Rohrzucker nicht mit Vortheil zu
                              gewinnen ist.
                           Die Knoten des Zuckerrohrs bestehen aus einem dichten
                              Gewebe, worin die Holzfasern mit dicken Wänden vorherrschen; wo alle Zellen, im
                              Verhältniß zu ihrer größern Dicke kleinere Höhlungen haben; übrigens die Zuckerzellen kleiner und
                              weniger sind. Es folgt daraus, daß in den Knoten des Rohrs der Zuckergehalt sich
                              fast auf die Hälfte oder von 18 auf 10 Procent reduciren muß, welches Resultat auch
                              Peligot bei seiner Analyse des reifen Rohrs erhielt, und von dessen Richtigkeit ich
                              mich überzeugte.Noch holziger werden die Knoten, wenn sich an der Seite, außen, ein Schößling
                                    und Würzelchen entwickeln; wirklich findet man dann in den entsprechenden
                                    innern Theilen des Knotens eine mit Holzsubstanz stark inkrustirte Masse
                                    Gewebes.
                              
                           Ueber eine andere Thatsache wird man sich kaum wundern, so sonderbar sie auch anfangs
                              erscheinen mag; daß nämlich die Knoten so viel Wasser enthalten, als die Gewebe des
                              ganzen Stengels zusammen. Dieß kömmt daher, daß das größere Mengenverhältniß von
                              Zellensubstanz und bekrustender Holzsubstanz in gewissen Theilen dieser Knoten,
                              wieder durch ein geringeres Verhältniß von Zucker in andern Theilen derselben
                              ausgeglichen wird. Die aus den Zuckerrohr-Knoten gewonnenen Lösungen müssen
                              nothwendig dem Zucker gegenüber mehr fremdartige Substanzen enthalten, als in dem
                              aus den Zwischenräumen der Knoten gezogenen Saft zu finden ist; weil die wenig oder
                              gar nicht zuckerhaltigen Flüssigkeiten, welche in den specieller Zuckerzellen
                              ermangelnden Geweben eingeschlossen sind, größtentheils dem Zucker fremdartige
                              Substanzen enthalten, deren Vorhandenseyn die Analyse nachweist.
                           Schließlich will ich noch Einiges über die so wünschenswerthen Verbesserungen in der
                              Zuckererzeugung auf den Kolonien bemerken.
                           Vor Allem kommt es darauf an, daß die Arbeit nicht zu viel kostet und dennoch der
                              freien Arbeit der bestmögliche Lohn gesichert wird. Dieser Zweck kann dadurch
                              erreicht werden, daß man alle heutzutage von den landwirthschaftlichen, mechanischen
                              und chemischen Fortschritten gebotenen Mittel benutzt.
                           Hinsichtlich des Anbaues sollte man den in jeder Wohnung
                              sich vorfindenden mineralischen Dünger, die Asche des ausgepreßten Rohrs, die Kruste
                              der Kessel, sorgfältig sammeln und auf die Felder verbreiten, denselben überdieß
                              Alkali- und Kalkverbindungen zusetzen, um deren Verminderung im Boden zu
                              ersetzen.
                           Man sollte ferner alle Fabrications-Rückstände, die Melasse, den Schaum, als
                              Viehfutter verwenden, um dem Boden mit den thierischen Excrementen auch den größten
                              Theil derjenigen Stoffe zurückzugeben, welche die Pflanzen aus ihm geschöpft
                              haben.
                           Die pulverigen Abfälle vom Wiederbeleben der Knochenkohle, dann Asche, Mergel und
                              getrocknete Erde, sollte man zur Absorption, Austrocknung und Aufbewahrung der thierischen
                              Excremente verwenden, um letztere in kleinerem Volum und Gewicht verbreiten zu
                              können.
                           Man sollte die organische Nahrung der Pflanzen durch stickstoffreichen Dünger, z.B.
                              getrocknetes Blut und Fleisch, Rückstände aus Fischereien, verdorbene Stockfische
                              etc. vermehren.
                           Endlich muß man sich hüten solche Dünger anzuwenden, welche das Mengenverhältniß der
                              verschiedenen Salze über das der Entwicklung des Zuckerrohrs förderliche erhöhen
                              könnten.
                           Die Wichtigkeit dieser Verbesserungen, welche die Fruchtbarkeit des Bodens
                              unterhalten oder erhöhen, ist einleuchtend, wenn man bedenkt, daß der Ertrag eines
                              fruchtbaren Bodens, welcher jährlich per Hektare 7000
                              Kilogr. Zucker beträgt, allmählich bis auf 2000 Kilogr. sinken kann, wo dann der
                              Arbeitslohn im Verhältniß zum Product zu hoch steigt.
                           Fabrication. Man kann die 50 bis 60 Proc. Saft, welche
                              man zu erhalten pflegt, auf 70 bis 80 Proc. bringen durch Anwendung einer zweiten
                              Presse, in welche man Strahlen siedenden Wassers eintreibt, was die von Derosne auf den Kolonien angestellten Versuche erwiesen
                              haben. Bedingungen eines guten Erfolgs sind jedenfalls die Vermeidung einer zu
                              langsamen Ausführung der Operationen, Beschleunigung selbst der Ausziehung des
                              Safts, und Erhöhung seiner Temperatur über den Punkt bei welchem Gährung eintreten
                              kann.
                           Die sehr wünschenswerthe Beschleunigung des Abdampfens wäre durch Anwendung der in
                              unseren Rübenzuckerfabriken gebräuchlichen Apparate (namentlich jener der HHrn. Derosne und Caïl, Pecqueur,
                                 Gaspard, Tamisier, Claës etc.) zu
                              bewerkstelligen. Vielleicht dürfte es zweckmäßig seyn, um die Einführung solcher in
                              den Colonien zu befördern, mit den einfachsten, wenigst kostspieligen den Anfang
                              machen.
                           Leider ist man an manchen Orten hinsichtlich des Brennmaterials auf das ausgepreßte
                              Rohr (die Bagasse) beschränkt, weil man keine Steinkohlen einführen kann.
                           Auch das Reinigen des krystallisirten Zuckers von Syrup und das Austrocknen desselben
                              mittelst Centrifugalkraft, ließen sich auf den Colonien anwenden; jedenfalls sollte
                              die Benutzung der Knochenkohle und das Wiederbeleben derselben zum Entfärben des
                              Zuckers allgemein eingeführt werden. Auf diese Weise erhielte man eine größere
                              Ausbeute an krystallisirtem Zucker und überdieß ein reineres Product; es würden durch ein solches auch
                              die Verpackungs- und Versendungskosten vermindert und die Verluste vermieden,
                              welche durch die Gährung des unreinen und feuchten Zuckers während des Transports
                              entstehen.