| Titel: | Das Schinz'sche Dampfmanometer für Locomotiven. | 
| Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XX., S. 85 | 
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                        XX.
                        Das Schinz'sche Dampfmanometer für
                           Locomotiven.
                        Aus der Eisenbahn-Zeitung, 1849, Nr.
                              14.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Das Schinz'sche Dampfmanometer für Locomotiven.
                        
                     
                        
                           Nach Erbauung der ersten Locomotiven war man ganz erstaunt über ihre
                              außerordentlichen Leistungen, und Niemand dachte daran, deren Verbrauch an
                              Brennmaterial zu mäßigen. Erst gegen das Jahr 1838 wurde auch der ökonomische Theil
                              des Locomotivebetriebes näher ins Auge gefaßt; man versuchte die Expansion, die man
                              an stehenden Maschinen mit Vortheil anwandte, auch auf Locomotiven zu übertragen,
                              man regulirte die Dampfentwicklung durch Veränderung des Blaserohres und durch
                              Klappen und Schieber im Kamin und Rauchkasten; aber die größte Ersparniß erlangte
                              man dadurch, daß man die Locomotiveführer selbst durch Prämien zur möglichsten
                              Sparsamkeit anspornte, und so wurde in wenigen Jahren der Kohksverbrauch der
                              Locomotiven beinahe auf die Hälfte ermäßigt.
                           Blies in früheren Jahren der Dampf nicht immer durch die Sicherheitsventile ab, so
                              glaubten die Locomotiveführer, daß sie nicht hinreichende Spannung hätten; heute
                              lassen sie denselben oft so heruntergehen, daß in vielen Fällen die Regelmäßigkeit
                              der Fahrt beeinträchtigt wird, was um so eher geschieht, als dem Führer bei
                              niedrigem Dampfdrucke kein Mittel zu Gebote steht, sich von dem wahren Bestande der
                              Dampfspannung in seinem Kessel zu überzeugen. Es stellte sich daher das Bedürfniß
                              eines Manometers auf Locomotivekesseln immer dringender heraus, und die Techniker
                              haben sich in neuerer Zeit vielfältig mit Lösung dieser Aufgabe beschäftigt, ohne
                              daß es jedoch bis jetzt gelungen ist, einen allen Anforderungen entsprechenden
                              Manometer für Locomotiven herzustellen.
                           Im Jahre 1842 versah Meyer in Mülhausen einige seiner
                              Locomotiven mit Feder- oder Kolben-Manometern (Indicator von Watt), welche seit der Zeit, namentlich in Deutschland,
                              ziemliche Verbreitung gefunden haben; indessen erfüllen dieselben nur höchst
                              unvollkommen ihren Zweck. Da es nämlich nicht möglich ist, den Kolben dicht zu
                              halten, so ist der Maschinist genöthigt, den Verbindungshahnen mit dem Kessel
                              gewöhnlich geschlossen zu halten und nur dann zu öffnen, wenn er sich von der
                              Spannung im Kessel Rechenschaft geben will. Abstrahirt man auch von den Fehlern,
                              welche durch die Reibung des Kolbens und die Veränderung der Federwaage entstehen, so verfehlt diese
                              Vorrichtung namentlich dadurch ihren Zweck, daß sie den Maschinisten darüber im
                              Dunkeln läßt, ob die Dampfspannung im Zu- oder Abnehmen begriffen ist.
                           Im Jahre 1844 construirte Richard in LyonPolytechn. Journal Bd. XCVII S.
                                       401. den vielschenkligen Quecksilber-Manometer. Einfach in seinem Princip
                              hat dieser Manometer doch verschiedene Uebelstände, welche seiner Anwendung
                              entgegentreten und die schon die verschiedenen Vorsichtsmaßregeln zum Auffangen des
                              weggeschleuderten Quecksilbers und Verstellen der Scala genügend beurkunden. Der
                              innere nicht unbedeutende Raum, den der Apparat einnimmt, und die Schwankungen,
                              welche die Bewegung der Locomotive der Quecksilbersäule mittheilen muß, scheinen
                              dieses Instrument wenig zur Anwendung auf Locomotiven geeignet zu machen; besonders
                              gefährlich ist aber die Zerbrechlichkeit der Glasröhre, da der Bruch derselben die
                              Zerstreuung der ganzen Quecksilbermasse zur Folge hat. Auch muß das Wasser in den
                              Röhren im Winter gegen das Gefrieren geschützt werden.
                           Im Jahre 1846 construirte Galy-Cazalat in
                              ParisPolytechn. Journal Bd. CIII S.
                                       321. einen Quecksilber-Manometer für Locomotiven nach einem höchst
                              sinnreichen Princip; doch scheint er wegen der Quecksilbersäule in einer
                              zerbrechlichen Glasröhre die Uebelstände des Richard'schen Manometers zu theilen, wenn er auch weniger Raum einnimmt und
                              daher leichter an einer geschützten Stelle der Locomotive anzubringen ist.
                           Der Manometer mit comprimirter Luft, der früher vielfach für stehende Maschinen
                              benutzt wurde, ist auch auf Locomotiven versucht worden. So einfach in seiner
                              Theorie, so schlecht bewährt sich derselbe in der praktischen Anwendung. In kurzer
                              Zeit dringt eine sich immer mehrende Wasserschichte in die Luftröhre, während durch
                              die Verdichtung des Dampfes im Kessel ein Theil der in der Röhre enthaltenen Luft
                              selbst entweicht, so daß alle Anzeigen täuschend werden. Sollte indeß diesen
                              Uebelständen auch abzuhelfen seyn, so nimmt die Theilung so rasch ab, daß gerade in
                              denjenigen Theilen der Scala, wo man das Instrument am meisten braucht, ein genaues
                              Ablesen nicht mehr möglich ist. Bei einer 15 Zoll langen Glasröhre ist nämlich die
                              Scala
                           
                           
                              
                                 von 0 bis 15 Pfd.
                                 Druck 7 1/2 Zoll lang,
                                 
                              
                                   „
                                    15  „  30   „
                                    „      2
                                    1/2    „      „
                                 
                              
                                   „
                                    30  „  45   „
                                    „      1
                                    1/4    „      „
                                 
                              
                                   „
                                    45  „  60   „
                                   
                                    „        
                                    3/4    „      „
                                 
                              
                                   „
                                    60  „  75   „
                                   
                                    „        
                                    1/2    „      „
                                 
                              
                                   „
                                    75  „  90   „
                                   
                                    „        
                                    5/14 oder ungefähr 1/3 Zoll.
                                 
                              
                           Zudem trübt sich die Röhre sehr oft durch die Oxydation der im Quecksilber
                              enthaltenen Metalle, und das Instrument ist so zerbrechlich, daß es einer öfteren
                              Erneuerung bedarf.Man vergl. polytechn. Journal Bd. CVII S.
                                       392.
                              
                           In England und Belgien wurden endlich auch Thermometer zur Anzeige der Dampfspannung
                              in Locomotivekesseln angewandt. Ihre Scala hat ungefähr 5 1/2 Zoll Länge, dann ist
                              die Theilung zwischen
                           
                              
                                   0 und 15 Pfd. ungefähr
                                 15 1/2 Linien,
                                 
                              
                                 15   „   30  
                                    „        
                                    „
                                 13 1/2     „
                                 
                              
                                 30   „   45  
                                    „        
                                    „
                                 10          
                                    „
                                 
                              
                                 45   „   60  
                                    „        
                                    „
                                   8          
                                    „
                                 
                              
                                 60   „   75  
                                    „        
                                    „
                                   7          
                                    „
                                 
                              
                                 75   „   90  
                                    „        
                                    „
                                   6 1/2     „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 zusammen
                                 60 1/2 Linien lang.
                                 
                              
                           Außer der sehr kleinen Theilung ist die Quecksilbersäule, welche die Spannung angibt,
                              so fein, daß sie der Locomotiveführer ohne die größte Anstrengung nicht erkennen
                              kann, daher dieser Manometer, der übrigens der gebrechlichste von allen ist, keinen
                              praktischen Nutzen hat.
                           Dem Ingenieur Schinz an der Köln-Mindener Eisenbahn
                              ist es gelungen, einen Manometer für Locomotiven nach einem ganz neuen Princip zu
                              construiren, welcher allen Anforderungen entspricht und der auch an stehenden
                              Maschinen oft mit Vortheil angebracht werden dürfte.
                           Es ist ein Zeiger-Manometer, der auf einem 3 1/2zölligen Zifferblatte in
                              beinahe gleichen Theilen die Spannung bis auf 90 Pfd. oder 6 Atmosphären ohne
                              Schwankungen angibt, so daß jedes Pfund Druck einem Raum von ungefähr 1 1/2 Linien
                              entspricht. Der ganze Apparat ist in einem Kästchen von 4 Zoll Durchmesser und 3 1/2
                              bis 4 Zoll Länge enthalten.
                           Dieser neue Manometer beruht auf der Elasticität der Metalle, und es ist das Gefäß,
                              welches den Dampf oder das den Druck übertragende Wasser enthält, selbst, welches
                              durch die Veränderung seiner Form den Druck des Dampfes anzeigt.
                           
                           Die Wände sämmtlicher Gefäße, wenn es nicht Cylinder- oder Kugelflächen sind,
                              ändern ihre Form, wenn sie einen inneren Druck erleiden. Diese Veränderungen sind
                              gewöhnlich unbemerkbar, doch werden sie bedeutend, wenn die Stärke der Wandung in
                              Bezug auf die einwirkende Kraft gering ist.
                           Um diese Formveränderungen zu manometrischen Anzeigen zu benutzen, mußte man eine
                              Disposition anwenden, welche bedeutende Bewegungen hervorbringt, ohne die
                              Elasticität des angewandten Metalls zu sehr in Anspruch zu nehmen. Der Erfinder
                              wählte hiezu eine elliptische Röhre, welche nach einer Spirale oder Schraubenlinie
                              so gebogen wird, daß die kleine Achse des elliptischen Querschnittes mit dem
                              Krümmungshalbmesser der Schraubenlinie zusammenfällt.
                           Der innere Druck des Dampfes hat nun das Bestreben, die Röhre zu runden, d.h. er wird
                              die kleine Achse der Ellipse vergrößern und die Röhre verliert einen Theil ihrer
                              ursprünglichen Biegung, so daß die Zahl ihrer Schraubengänge geringer wird.Es habe z.B. die Röhre abcd, Fig.
                                       28. in Folge des inneren Druckes die Form a'b'c'd' angenommen, und es sey afcg ein Stück des Längenschnittes der
                                    Röhre nach ac; o das Centrum. nach dem die Röhre
                                    ursprünglich gebogen ist, so wird der Punkt a in
                                    a', der Punkt c
                                    in c'; sind nun die Bogen af = a'f', cg = c'g', so fällt die Verlängerung des Radius
                                    f' g' in o', welches das Centrum der Röhre in dieser
                                    neuen Lage wird. Es hat sich also der Krümmungshalbmesser vergrößert, und
                                    jeder einzelne Schraubengang ist nothwendig im Verhältnisse dieser Radien
                                    länger geworden; da aber die Röhre selbst ihre Länge beibehalten hat, so
                                    folgt daraus, daß sie eine kleinere Anzahl von Schraubengangen beschreibt.
                                    Ist b die kleine Achse der Ellipse, r der Krümmungshalbmesser der Röhre, n die Anzahl der Windungen, b'r' und n'
                                    die gleichen Werthe nach Veränderung der Form durch den inneren Druck, so
                                    ist:b : b ' : : r : r' – die Länge der Röhre= 2 πrn = 2 πr'n', alson' = nr/r' = nb/b'
                              
                           Eine Röhre z.B., welche ursprünglich 40 Schraubengänge hat, macht deren nur noch 39,
                              wenn der innere Druck auf 12 Atmosphären gebracht wird und das Ende der Röhre
                              beschreibt während der allmählichen Zunahme des Druckes einen vollständigen Kreis,
                              und zwar so, daß derselbe für jeden gegebenen Druck eine bestimmte Lage einnimmt,
                              aus der man dann auch hinwieder auf den vorhandenen Druck schließen kann. Durch
                              Veränderung des Querschnitts der Röhre oder der Zahl ihrer Windungen kann man
                              Instrumente von beliebiger Empfindlichkeit herstellen, sowie man auch die Angaben
                              der Röhre vermittelst Hebel oder Getriebe beliebig vergrößert. Man wird somit für
                              jeden vorkommenden Fall
                              geeignete Manometer herstellen, wovon die einen mit Genauigkeit eine
                              Druckverschiedenheit von einigen Linien Wasser angeben, während die anderen
                              Spannungen von 30 und 40 Atmosphären messen.
                           Die Zeichnung stellt in halber natürlicher Größe einen Manometer für Locomotiven dar.
                              Fig. 25
                              ist die vordere Ansicht, Fig. 26 die innere
                              Ansicht von hinten und Fig. 27 ein Querschnitt
                              nach der Länge; a ist der Verbindungshahn mit dem
                              Dampfkessel; er wird an seiner Flansche mit einem kleinen kupfernen Röhrchen a' versehen, das in den Manometer dermaßen eingreift,
                              daß kein Kitt, der zur Dichtung der Fuge dient, in das Innere des Manometers
                              eindringen kann; b ist die Zuleitung für den Dampf; c die schraubenförmig gewundene elliptische Röhre, deren
                              Ende durch den Bügel c an einem Stifte c'' dermaßen gehalten ist, daß sich dieselbe nur nach
                              einer Kreislinie bewegen und somit bei den Stößen der Locomotive nicht schwanken
                              kann.
                           Dieser Bügel wirkt durch den Stift d' auf das Rädchen cl,
                              welches in das Getriebe e der Zeigerachse eingreift.
                              Statt eines gewöhnlichen Getriebes wendet der Erfinder eine Schraube mit hohem Gange
                              an, in welche die ebenfalls schraubenförmigen Zähne des Rades d dermaßen eingreifen, daß der Zeiger f für
                              jeden Zahn desselben einen vollen Umgang beschreibt.
                           h ist eine kleine Spiralfeder, welche die Schraube e beständig an den Zahn des Rades d drückt und somit das Schwanken des Zeigers verhindert.
                           Die Eintheilung des Zifferblattes g in Atmosphären oder
                              Pfunde geschieht durch directe Vergleichung mit einem guten
                              Quecksilber-Manometer, und die Verhältnisse der verschiedenen Theile werden
                              so gewählt, daß der Zeiger für den größten anzugebenden Druck einen vollen Kreis
                              beschreibt.
                           Der Manometer ist mit einer cylindrischen Hülle k
                              umgeben, um die Röhre gegen Beschädigung zu schützen.
                           Dieser Manometer, der nun schon auf verschiedenen deutschen Bahnen versuchsweise
                              angewandt ist, hat sich dermaßen bewährt, daß sich das preußische Ministerium für
                              Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten bewogen gefunden hat, denselben den
                              verschiedenen Eisenbahn-Directionen zur Beachtung zu empfehlen. – Er
                              weist mit der größten Stetigkeit und ohne Schwankungen die Spannung der Dämpfe im
                              Locomotivekessel nach, und ist so empfindlich, daß er augenblicklich anzeigt, ob die
                              Dampfspannung im Zu- oder Abnehmen ist. Mit dieser Vorrichtung wird also dem
                              Locomotiveführer der beste und richtigste Gebrauch von den verschiedenen
                              Vorrichtungen für Expansion und Regulirung der Dampfentwickelung, sowie eine sichere und zweckmäßige
                              Speisung des Kessels möglich, so daß daraus eine bedeutende Ersparniß an
                              Brennmaterial entstehen kann. Der praktische Nutzen dieses Manometers, für den der
                              Erfinder in Preußen und Oesterreich Patente erhalten hatIn Preußen auf den Namen J. C. Rahskopff in
                                    Koblenz; in Oesterreich auf den Namen Wilhelm Vohlheim, Kunstschlosser in Laibach., geht namentlich auch daraus hervor, daß die Locomotiveführer, welche ihn
                              kennen zu lernen Gelegenheit hatten, einen großen Werth darauf legen, an ihrer
                              Locomotive einen solchen zu besitzen.
                           Diese Manometer sind bei dem Erfinder, dem Maschinen-Ingenieur Schinz in Köln zu beziehen und kosten 35 Thlr. preuß.
                              Courant.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
