| Titel: | Notizen über das Verstählen des Schmiedeisens; von Prof. v. Bünau in Chemnitz. | 
| Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XXXI., S. 109 | 
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                        XXXI.
                        Notizen über das Verstählen des Schmiedeisens;
                           von Prof. v. Bünau in
                           Chemnitz.
                        Aus Böttger's polytechnischem Notizblatt, 1849, Nr.
                              1.
                        Bünau, über das Verstählen des Schmiedeisens.
                        
                     
                        
                           Der verhältnißmäßig zum Eisen noch ziemlich hohe Preis des Stahles, sowohl des
                              Frisch- als auch des Gußstahles, ist die Veranlassung gewesen Mittel
                              aufzusuchen, wodurch Werkzeugen und Geräthschaften, welche bei ihrem Gebrauche einer
                              bedeutenden Abnutzung unterworfen sind, und die man sonst gewöhnlich ganz aus Stahl
                              anzufertigen pflegte, an den der Abnutzung vorzüglich ausgesetzten Stellen genügende
                              Härte zu ertheilen sey; kurz, wie diese Gegenstände, wenn solche aus Schmiedeisen
                              dargestellt worden sind, mit einer Stahlhülle zu versehen wären. Oder man blieb
                              schon bei der niederigeren Forderung stehen, Gegenständen wie z.B. Verzierungen der
                              mannichfaltigsten Art bloß ein stahlähnliches, höherer Politur fähiges Aeußere zu
                              verschaffen.
                           Offenbar war es nicht gleichgültig, ob das Eine oder das Andere verlangt wurde, ob
                              das Eisen nur den Anschein des Stahles erhalten, oder bis zu einer gewissen Gränze
                              geradezu, d. i. in allen Eigenschaften an die Stelle des Stahles treten sollte. Denn
                              während ersteren Falles ein äußerst dünner Stahlüberzug des weichen Eisens genügen
                              konnte, war anderen Falles eine mehr oder weniger tief in dasselbe einbringende
                              Stahlbildung unerläßlich. Ich sage Stahlbildung, und meine damit ein Hinzufügen
                              desjenigen Stoffes zum weichen Eisen, welcher dasselbe zu Stahl macht, bekanntlich
                              des Kohlenstoffes. Insofern aber ein Stück Eisen durch
                              Anschweißen schon vorhandenen, fertigen Stahles auch mit einer Stahlhülle umgeben
                              werden kann, wird es erlaubt seyn, die Verstählung des Eisens in die mechanische und
                              chemische einzutheilen.
                           Anlangend die erstere, das directe Auflegen oder Anschweißen des Stahles an weiches
                              Eisen, so ist hierüber kaum etwas nicht längst schon Bekanntes zu berichten. Inniger
                              Anschluß des Stahles an das Eisen, wobei an den Berührungsstellen des Weicheisens
                              mit dem Stahle ersteres seine Natur auf Kosten des Kohlenstoffes des benachbarten
                              Stahles verändert, und möglichst sorgfältiges Behandeln des Stahles im Feuer,
                              vorzüglich thunlichste Abhaltung der atmosphärischen Luft, wobei eine, die Natur des
                              Stahles nicht verändernde Schlackendecke wesentlich unterstützt, dieß sind im
                              Allgemeinen die zu erfüllenden Hauptbedingungen.
                           Zu dieser Art der Verstählung gehört unstreitig auch das Aufschweißen von Roheisen
                              auf weiches Eisen: ein Verfahren, welches unter anderm beim Anfertigen der
                              Zieheisen, bei Drahtwerken Anwendung findet, und darin besteht, daß ein
                              rectanguläres Kästchen aus Eisen geschmiedet, und zu bequemer Handhabung mit einem,
                              etwa 1 bis 2 Fuß langen Stiele versehen wird. In dieses Kästchen werden Brocken
                              weichen Roheisens – sogenanntes Spiegeleisen – dicht neben einander
                              geschichtet und gehörig eingedrückt. Darauf wird ein Papierumschlag darum gelegt und über diesem
                              eine Lehmhülle angebracht, dergestalt, daß nach dieser Vorbereitung weder von dem
                              Eisenkästchen noch von dessen Beschickung äußerlich etwas wahrzunehmen ist. Nach dem
                              Trocknen des Lehmes – der nur zur Abhaltung der atmosphärischen Luft
                              angewendet wird – bringt man den Körper in ein Schmiedefeuer und setzt ihn
                              daselbst so lange heftiger Hitze aus, bis daß das Roheisen zu völligem Flusse
                              gelangt, wozu die nöthige Zeit durch Erfahrung bekannt seyn muß. Jetzt erfolgt das
                              Oeffnen der festgebrannten Lehmhütte, und hierauf äußerst sorgfältiges Andrücken des
                              Roheisens an das Weicheisen; wobei der erste Hammerschlag nicht früher geführt
                              werden darf, als im Augenblicke des Festwerdens des Roheisens. Die spätere
                              Bearbeitung des Zieheisens unterliegt dann keinerlei Schwierigkeiten, und führt nach
                              dem Absetzen des Stieles zu einer, einerseits stahlharten, andererseits weichen
                              Eisenplatte, welche später mit Oeffnungen, d. i. den Augen zum Hindurchziehen des
                              Drahtes versehen wird.
                           Was hingegen die chemische Verstählung des Eisens betrifft, so dürfte hierüber wohl
                              noch einiges nicht allerwärts Bekanntes mitzutheilen seyn. Des Zusammenhanges wegen
                              führen wir jedoch die bekannteren Verfahrungsarten mit an, und bemerken zunächst,
                              daß durch Aufstreuen von Kaliumeisencyanür oder des sogenannten Blutlaugensalzes,
                              schon auf nur hochrothglühendes Eisen, eine für mancherlei Zwecke hinreichend starke
                              Stahldecke gebildet zu werden pflegt. Sie entsteht durch den zum glühenden Eisen
                              hinzutretenden Kohlenstoff des Cyans.
                           Eine andere Methode der Verstählung ist unter der Benennung des Einsetzens bekannt, und besteht im Wesentlichen darin, daß aus Eisen, ja
                              selbst aus Stahl geschmiedete Gegenstände in Kisten oder bloßen Tiegeln, zwischen
                              Hornspänen, Lederstückchen oder andern animalischen Substanzen eingeschichtet, unter
                              Abhaltung der atmosphärischen Luft geglüht, und hierdurch zur Aufnahme ferneren
                              Kohlenstoffes genöthigt werden. Für den ersten Augenblick kann es befremden, daß
                              auch von vornherein stählerne, also aus Stahl geschmiedete Gegenstände, dem Processe
                              des Einsetzens unterworfen werden. Inzwischen ist jedem Feuerarbeiter wohl bekannt,
                              daß selbst bei der sorgfältigsten Behandlung des Stahles, behufs des Schweißens und
                              Schmiedens, ein Verlust an Kohlenstoff von der Außenfläche des Stückes nach innen zu
                              nicht gänzlich vermieden werden kann. Das Ersetzen aber des verlustig gegangenen
                              Kohlenstoffes ist für alle diejenigen Gegenstände, welche einer beträchtlichen Härte
                              bedürfen, unerläßlich, wie z.B. bei den Molleten zum Dessiniren der Druckwalzen, bei
                              den Bunzen der Prägwerke u.s.w., wobei jedoch stets als Hauptbedingung oben ansteht,
                              daß durch das Einsetzen der Schärfe und Reinheit des in den Stahl hinein gravirten
                              Musters nicht der mindeste Abbruch geschieht. An eine der Schweißhitze nur nahe
                              kommende Glühung der eingesetzten Stücke, welche tieferes Eindringen des durch jene
                              thierischen Abfälle dargebotenen Kohlenstoffes nach sich ziehen würde, ist bei
                              diesem Processe nicht zu denken, weil damit sogleich die Schärfe der Zeichnung
                              vernichtet werden würde; demnach man sich hier wie beim Härten durch Blutlaugensalz
                              nur mit einer äußerst dünnen, mit freiem Auge kaum zu erkennenden Stahlhülle
                              begnügt.
                           Eben so führt das Bestreichen von Fett oder Oel auf der Oberfläche glühenden Eisens
                              oder Stahles nur zu einer äußerst schwachen, mittelst einer Feile leicht zu
                              durchbrechenden Härtung.
                           Kömmt es vielmehr darauf an, dem Eisen – bei welchem hier der vorgelegten
                              Aufgabe gemäß ausschließlich stehen geblieben werden möge – eine das
                              Schweißen und wiederholte Bearbeiten im Schmiedefeuer duldende Verstählung zu
                              verschaffen, so muß nothwendig zu einem Mittel gegriffen werden, welches tieferes,
                              ja bis zu jeder beliebigen Weite tiefes Eindringen der Umwandlung des Weicheisens in
                              Stahl gestattet.
                           Ein solches ist von mir bereits in einem früheren Jahrgange des vom Prof. Hülße redigirten polytechnischen Centralblattes
                              mitgetheilt worden, und besteht darin, daß man schweißendes Weicheisen in
                              geschmolzenes Roheisen eintaucht, wobei es denn von der Zeitdauer des Eintauchens
                              abhängt, bis zu welcher Tiefe die Stahlbildung in das Innere des Eisens eindringen
                              soll. Diese Methode fand hier, und wie aus einer Uebertragung jenes Aufsatzes im Moniteur Industriel zu schließen war, auch in weiteren
                              Kreisen Anklang, und ist seitdem zur Verstählung von Ackergeräthschaften, Ketten,
                              Zapfen für stehende und liegende Wellen, Keilen zu Dampfmaschinen und dergl.,
                              keineswegs aber zu feineren Artikeln angewendet worden. Letzteres besonders aus dem
                              Grunde, weil, wenn einmal ein Gegenstand bis zur letzten Bearbeitung durch die Feile
                              ausgeschmiedet war, es unwillkommen erscheinen mußte, ihn durch, schließlich
                              nochmaliges Schweißen und Eintauchen in geschmolzenes Roheisen, seiner vollendeten
                              Form zu berauben; indem durch diese Methode nicht nur ein Eindringen der
                              Stahlbildung nach dem Innern zu, sondern auch durch Ansetzung von rohem Stahl eine
                              Volumenserweiterung des Stückes erfolgt. Ein Uebelstand, dem der geschickte Arbeiter jedoch dadurch
                              abzuhelfen im Stande seyn wird, daß er beim ursprünglichen Ausschmieden des Stückes
                              auf diese Volumenszunahme Rücksicht nimmt.
                           Leider steht der Anwendung dieses Verfahrens in den Schlosser- und
                              Schmiedewerkstätten der Umstand entgegen, daß während des Verstählens geschmolzenes
                              Roh- oder Gußeisen beständig zur Hand seyn muß, was, bei öfterer Wiederholung
                              dieser Arbeit, und wenn kein Hoh- oder Umschmelzofen zur Verfügung steht,
                              erheblichen Brennmaterialaufwand veranlaßt.
                           Diesem Uebel hat nun in neuester Zeit mein Freund, der Hr. Schmiedmeister Loose in Chemnitz, welcher mir, laut obigen Aufsatzes,
                              bei Ausführung von Versuchen über jene Verstählungsmethode bereitwilligst beistand
                              – dadurch abgeholfen, daß derselbe anstatt des geschmolzenen Roheisens Roheisenspäne, Dreh- oder noch besser Feilspäne
                              anwendet, das schweißende Eisen in einen Haufen derselben hineinführt, und so lange
                              darin drehend erhält, bis eine genügend dicke Stahlhülle sich gebildet hat. Offenbar
                              ist es weit einfacher, ein Häufchen Roheisenspäne neben dem Schmiedeherde bereit zu
                              halten, als einen Tiegel mit geschmolzenem Roheisen, und da mehrere hierorts in
                              verschiedenen Werkstätten angestellte Versuche zu dem Resultate geführt haben, daß
                              die gebildete Stahlhülle ebenso dauerhaft ist, als durch das Verfahren der
                              Eintauchung in Roheisen, so vermochte ich nicht umhin, von der Erlaubniß des Hrn.
                              Loose, seine Methode zum allgemeinen Besten
                              veröffentlichen zu dürfen, hierdurch Gebrauch zu machen.
                           Jeder nur einigermaßen geübte Arbeiter wird im Stande seyn, schon nach voranstehender
                              Beschreibung des Loose'schen Verfahrens, sofort irgend
                              ein Schmiedeisenstück zu verstählen, und füge ich nur noch hinzu, daß durch öfteres
                              Wiederholen desselben, die Stahlbildung, mit welcher jedoch ebenfalls eine
                              Volumenszunahme des Stückes verknüpft ist, bis zu jeder beliebigen Weite getrieben
                              werden kann.
                           Endlich sey noch erwähnt, daß kürzlich hiesigen Ortes der Versuch veranstaltet wurde,
                              Eisen anstatt seine Oberfläche zu verstählen, vielmehr mit einem Kerne aus Stahl zu
                              versehen; indem in das Innere eines zu diesem Behufe aus starkem Eisenbleche
                              angefertigten, hohlen, vierseitigen Prisma's, während solches dem Schweißen nahe
                              gebracht war, Roheisen hineingegossen wurde. Das in kaltem Wasser abgelöschte Stück
                              zeigte auf dem Bruche bei silberweißer Farbe ein sehr feines Stahlkorn, deßgleichen
                              innigen Anschluß und Uebergang an die weiche Eisenhülle, und ein aus dem anderen,
                              abgesprungenen Stücke angefertigtes Stemmeisen ließ bei seiner Schneide nichts an Härte zu wünschen
                              übrig.
                           Möchten gegenwärtige Mittheilungen Sachverständige, insbesondere praktische, täglich
                              mit derartigen Manipulationen verkehrende Arbeiter zu ähnlichen Versuchen
                              aufmuntern, und alsdann, sey es zur Widerlegung, Berichtigung oder weiteren
                              Ausführung meiner Notizen, ferner dahin einschlagende Veröffentlichungen nach sich
                              ziehen.