| Titel: | Ueber die Zubereitung des gekochten Futters zur Viehmästung; von Th. Harkneß. | 
| Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. XXXVIII., S. 138 | 
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                        XXXVIII.
                        Ueber die Zubereitung des gekochten Futters zur
                           Viehmästung; von Th.
                              Harkneß.
                        Aus dem Agriculteur-praticien, April 1849, S. 209.Das Werkchen, von welchem unser Original hinsichtlich dieses Gegenstandes, mit
                                 Weglassung nur weniger Stellen von geringerem Interesse, eine Uebersetzung gibt,
                                 hatte sich in England großen Beifalls zu erfreuen. Die Uebersetzung geschah nach
                                 der dritten Auflage vom Jahr 1848. Der Verfasser, lange Zeit Secretär des
                                 Pächterclubs der Grafschaft Galloway (Schottland), überzeugte sich von den
                                 Vortheilen dieses Systems und sammelte die praktischen Erfahrungen darüber.
                           
                        Ueber die Zubereitung des gekochten Futters zur
                           Viehmästung.
                        
                     
                        
                           Das Verfahren Rinder und Hämmel zu mästen, um wohlfeil gutes Schlachtfleisch zu
                              erhalten, ist für den Landwirth von großer Wichtigkeit, weil vielleicht kein anderes
                              landwirthschaftliches Product so zuverlässig ist und die Arbeit so gut lohnt.
                           Die Anwendung der Knochen und des Guano als Dünger zum Anbau der Rüben (weißen
                              Ackerrüben, turnips), besonders wo Stalldünger nicht
                              zugeführt werden kann, und das Verzehrenlassen dieser Ernte in noch frischem
                              Zustande von Schafen, welche man auf dem Boden selbst mästet, haben die praktische
                              Landwirthschaft in England wesentlich verändert und den Zustand vieler Districte
                              verbessert. Es wurden dadurch auch bedeutende Verbesserungen in der Stallfütterung
                              hervorgerufen; kaum wurde in Folge der größern Verbreitung des Rübenbaues mehr Vieh
                              zu Markte geführt, so überzeugten sich viele einsichtsvolle Viehhalter bald, daß
                              eine Ration Körner und Salz, mit den rohen Rüben gegeben, dem im Stall gefütterten
                              Vieh sehr zuträglich ist; später fand man auch, daß nebenbei gereichte Oelpreßkuchen
                              die Mästung sehr beschleunigen. Doch wurden diese Neuerungen verhältnißmäßig nur von
                              wenigen eingeführt; erst spät gelangte man zur Ueberzeugung, daß durch gemengtes,
                              verschiedenartiges und reichhaltiges Futter das beste Fleisch am wohlfeilsten
                              erzielt wird.
                           Neuere erfolgreiche Versuche zeigen aber, daß dieses System von einem andern noch
                              übertroffen wird, nämlich der Fütterung mit einem Gemenge von gekochtem Leinsamen
                              und bloß zerstoßenen Körnern und Rüben oder andern Wurzeln. Dieses neue verbesserte
                              Verfahren soll nun beschrieben werden.
                           Die Fütterung mit theils gekochtem, theils rohem Futter
                              schließt diejenige mit Preßkuchen keineswegs aus; nur die Art der Anwendung der letztern ist
                              verschieden und besteht darin, daß die mästenden Bestandtheile des Leinsamens,
                              welcher mit der hinlänglichen Masse Wassers gekocht wird, um eine ölige oder
                              schleimige Flüssigkeit zu erzeugen, auf das gehackte Stroh oder Heu, Bohnen-
                              oder Gerstenmehl gegossen und damit vermengt werden, wobei man ein Futter erhält,
                              das den Thieren besser schmeckt und nahrhafter ist als der zerbröckelte Preßkuchen
                              und das trockene ganze Stroh.
                           Ein großer Vortheil bei der Anwendung von Leinsamen statt des Preßkuchens ist es, daß
                              kein Betrug, keine Verfälschung stattfinden kann. Der Preßkuchen ist nämlich der
                              Rückstand des Leinsamens, aus welchem das Oel durch starke Pressung gewonnen wurde;
                              nur zu oft ist er aber mit fremden Substanzen vermengt. Beim Ankauf des Leinsamens
                              in seinem natürlichen Zustande kann man hingegen denselben nach seiner
                              Beschaffenheit und seinem Eigengewicht beurtheilen.
                           Ohne Zweifel enthält der Leinsamen auch mehr nahrhafte Bestandtheile als der
                              Preßkuchen; man erhält durch Vermengung desselben mit gestoßenen Samen oder
                              Strohhäcksel ein wohlfeiles und gesundes Futter und erspart dabei etwa die Hälfte
                              Rüben und ein Drittheil des Strohs. Außerdem marmorirt sich auch das Fleisch bei
                              diesem Futter besser, d.h. das Fett vermengt sich besser mit dem Fleisch und den
                              Muskeln, statt sich an einzelnen Stellen in großen Massen oder dicken Schichten
                              abzulagern, wie dieß beim Preßkuchen nur zu oft der Fall ist.
                           Die Vortheile dieses Systems sind keineswegs bloß theoretische, sondern haben sich
                              durch praktische Erfahrungen ergeben, worüber im Folgenden mehrere Berichte kurz
                              zusammengestellt sind.
                           I. Yorkshire. Die Futterung des Viehs mit zum Theil
                              gekochtem Futter unter Verminderung der Rübenportion, ist in dieser Grafschaft schon
                              seit einigen Jahren und überall mit dem besten Erfolg in Gebrauch. Früher wurde mit
                              rohen Rüben, Heu oder Stroh und Preßkuchen gefüttert. Versuche ergaben aber, daß
                              gestoßener und gekochter Leinsamen, Körner, gehacktes Stroh oder Heu, oder
                              Wirrstroh, nebst einer geringern Portion Rüben, ein besseres Futter bilden. Bei zum
                              Theil gekochtem, zum Theil rohem Futter nehmen die Thiere rascher zu.
                           Folgende Vorschrift befolgt Hr. Marshall zur Bereitung der
                              Futterration auf einen Tag für ein Stück großes Vieh:
                           2 Pfund zerstoßenen Leinsamens werden in 30 Pfund Wasser gekocht, und einem Gemenge
                              von 5 Pfd. Gerste, Hafer, Weißbohnen, oder auch Türkischkorn, fein zerstoßen, und 10 Pfd.
                              gehackten Heus oder Strohs zugesetzt, deren innige Vermengung auf einem reinen
                              Fußboden vorgenommen wird; dem Gemenge setzt man den gekochten Leinsamen zu und
                              mischt mit der Gabel gut unter einander, bis die festen Körper von dem
                              Leinsamenschleim ganz durchdrungen sind. Das noch warme Gemenge wird mit der
                              Schaufel weggenommen, auf einen Haufen geworfen, mit der Schaufel stark geschlagen
                              und stehen gelassen. Zwei Stunden nach der Vermengung ist es hinlänglich erkaltet,
                              um gereicht werden zu können, und nützt so mehr als gänzlich erkaltet. Diese
                              tägliche Ration wird, in zwei Portionen abgetheilt, gegeben.
                           Dieses gemischte und gekochte Futter wird abwechselnd mit rohen Rüben gegeben. Um 6
                              Uhr Morgens gibt man jedem Thier 30 bis 36 Pfd. in Scheiben geschnittene Rüben, um
                              10 Uhr eine Portion des gemischten Futters, um 1 Uhr Nachmittags wieder eben so viel
                              Rüben und um 5 Uhr Abends die zweite Portion des gemischten Futters. Für die Nacht
                              wird jedem Thier noch etwas ganzes Heu oder Stroh vorgelegt.
                           In einer Wirtschaft, wo 20 Stück Vieh gemästet werden, müßte täglich zweimal gekocht
                              werden, damit die Mischung frischer bleibt und den Thieren besser schmeckt. Die
                              tragbaren Tröge müssen jedesmal gut mit Wasser gereinigt werden. In Yorkshire
                              bedient man sich zum Kochen eines Dampfapparats, welcher ohne die Stoß- und
                              Schneide-Maschinen 1200 Franken kostet. Die Kosten dieser Fütterungsweise
                              belaufen sich in England für ein Stück Rind in der Woche, mit Inbegriff des
                              Brennmaterials und Arbeitslohns, auf 7 bis 8 1/2 Fr. (Von den Körnern und dem
                              Leinsamen wird am Sonntag nur die Hälfte der täglichen Portion, von den Rüben
                              hingegen die Hälfte mehr gegeben.)
                           Hr. Hulton machte zwei Abtheilungen von Vieh, deren eine
                              er acht Wochen lang mit Preßkuchen, Rüben und Stroh, die andere mit gekochtem
                              Leinsamen, gestoßenen Körnern, Strohhäcksel und Rüben fütterte; letztere Abtheilung
                              lohnte die Kosten der überdieß wohlfeileren Mästung besser.
                           Ein weiterer Vortheil dieses Systems ist, daß es sich zur Fütterung während des
                              Winters und auch des jungen Viehs, für den Markt sowohl, als zur Vorbereitung für
                              die ganze Mästung eignet. Damit überwinterte Kühe und junge Rinder kamen in einem
                              weit bessern Zustand, als gewöhnlich, auf die Weide.
                           Auch bei Pferden und Hämmeln hatte diese Fütterung sehr guten Erfolg. Auf diese Weise
                              läßt sich nach seiner Ueberzeugung mit der gleichen Menge Rüben zweimal soviel Vieh unterhalten. Der Mist fällt dabei rasch und zur
                              rechten Zeit, und gibt den vortrefflichsten Dünger.
                           Hr. Marshall bemerkt, daß dreijährige Kühe während der
                              Stallfütterung durchschnittlich in der Woche um 12 4/5 Pfd. zugenommen haben. Auch
                              hatte diese Fütterung bei seinen Pferden den besten Erfolg.
                           Von welch großem Nutzen neben der Mästung die Gewinnung einer so reichlichen Menge
                              guten Düngers ist, begreift Jedermann, da kein Getreide ohne Düngung und kein Dünger
                              ohne Vieh gewonnen werden kann.
                           Hr. Thompson hat folgenden Versuch angestellt. Er fütterte
                              einerseits zwei wohlbeschaffene Ochsen nach seiner gewohnten Weise, nämlich mit
                              schwedischen Kohlrüben, Leinpreßkuchen und Bohnenmehl; andererseits zwei ähnliche
                              Ochsen nach dem beschriebenen neuen Verfahren. Die ersteren hatten vom 11 April bis
                              zum 15 Mai, also in fünf Wochen, um 103 1/5 Pfd., die beiden andern aber um 133 Pfd.
                              zugenommen. Durch einen zweiten Versuch überzeugte er sich, daß die beiden ersten
                              Ochsen dennoch bessere Mastthiere waren; denn als er alle vier Ochsen in gleicher
                              Weise nach der neuen Methode fütterte, nahmen die beiden ersten in 31 Tagen um 187
                              Pfd., die beiden andern nur um 129 Pfd. zu.
                           II. Grafschaft Norfolk. Diese in der Landwirthschaft weit
                              vorgeschrittene Grafschaft war bisher (wie die Grafschaft Suffolk) durch Anwendung
                              großer Mengen Preßkuchen, gehackten Strohs und verschiedener grüner Futter bemüht,
                              den Londoner Markt mit Vieh von der besten Gattung zu beschicken. Endlich wurde aber
                              auch hier die Mästung des Viehs in hölzernen Ständern mit gekochtem Leinsamen und
                              Gersten- oder Bohnenmehl eingeführt und mit dem besten Erfolge gekrönt, so
                              daß sie die frühere Fütterung (mit Preßkuchen) sicherlich ganz verdrängen wird.
                           Hr. Warnes empfiehlt schon seit mehreren Jahren dieses
                              Verfahren, welches er für Hornvieh, Wollvieh und Pferde anwendet. Er bedient sich
                              desselben im Winter wie Sommer, bei stets gleicher Anzahl von Ständern, in deren
                              jeden, so oft ein Stück Vieh gemästet herauskömmt, sogleich ein anderes
                              eintritt.
                           Das gekochte Gemenge wird wie in Suffolk und Cornwallis bereitet (siehe unten). Man
                              kocht in einem Kessel das Leinsamenmehl mit Wasser und setzt unter Umrühren
                              Bohnen- oder ein anderes Mehl zu; bald darauf nimmt man den Kessel vom Feuer
                              und schüttet den Inhalt in Fässer; das beinahe erkaltete Gemenge theilt man mit
                              Zusatz von Wirrstroh, Heu und Strohhäcksel aus. Im Winter gibt Hr. Warnes täglich zwei Rationen dieser Mischung abwechselnd
                              mit zwei Rationen Rüben,
                              wie in Yorkshire. Im Sommer nimmt er statt der Rüben zwei Rationen italienischen
                              oder andern Reihgrases, welches er hacken und mit Leinsamenabsud tränken läßt.
                           III. Grafschaft Suffolk. In derselben bedient man sich
                              fast allgemein der Fütterung mit gekochtem Leinsamen statt mit Preßkuchen. Das
                              Leinsamenmehl wird aber nicht als ölige Flüssigkeit auf das Strohhäcksel und die
                              gestoßenen Samenkörner gegossen, sondern immer mit denselben gekocht und die
                              Mischung dann in Fässer gegossen, worin sie nach dem Erkalten eine schleimige
                              Gallerte bildet, welche man zerschneidet, und an das große Vieh zu 12 bis 24 Pfd.
                              per Stück im Tag mit Heu oder Strohhäcksel austheilt; die Schafe erhalten 2 bis 3
                              Pfd. per Tag.
                           Die Mischung geschieht in folgendem Verhältniß. In einen 450 Maaß1 Maaß gleich dem Raum welchen 2 Pfund Wasser einnehmen. Wasser fassenden Kessel bringt man 280 Maaß Wasser, setzt 75 Maaß gestoßene
                              Bohnen oder Erbsen zu, und macht Feuer; man läßt das Ganze etwa drei Stunden lang
                              kochen, und wenn es die Consistenz eines Breies hat, verbreitet man darin mit der
                              Hand regelmäßig 75 Maaß gestoßenen Leinsamen, während ein Gehülfe beständig umrührt.
                              Auf dieselbe Art werden dann 200 Maaß gestoßener Gerste zugesetzt, indem man
                              beständig umrührt, damit die Masse nicht anbrennt, bis alles gehörig gemischt und
                              gekocht ist. Man läßt das Feuer durch Verschließen des Zugloches erlöschen und legt
                              den Deckel auf den Kessel. Nach ein paar Stunden kann die Mischung dem Vieh gereicht
                              werden. Sie kömmt, Feuerung, Arbeit etc. inbegriffen, per Kilogr. auf 8,33 Centimes
                              zu stehen, also viel wohlfeiler als die entsprechende Menge Preßkuchen.
                           IV. Gloucestershire. Hr. Morton, Redacteur der Zeitschrift Gardener's Chronicle
                                 and Agricultural Gazette, gibt nach den Versuchen welche in der
                              Musterwirtschaft Whitfield des Lord Ducie (bei Bristol)
                              angestellt wurden, folgende Vorschrift: Für einen Ochs werden 36 Maaß Wirrstroh auf
                              den Boden geworfen und etwa 7 Zoll dick ausgebreitet; dann 1 Pfd. Leinsamenmehl 10
                              Minuten lang in einer hinlänglichen Menge Wassers gekocht, um einen dünnen Schleim
                              zu erhalten, welchen man auf das Stroh ausgießt und gut damit vermengt. Nachdem man
                              neuerdings ausgebreitet hat, streut man 2 Pfd. Bohnenmehl darüber, rührt wohl um,
                              läßt erkalten und gibt das Gemenge dem Vieh. Man wiederholt dieß zweimal täglich und reicht
                              dabei 100 Pfd. Wurzeln, welche in drei Portionen abgetheilt werden, und
                              Strohhäcksel, soviel das Vieh will. Dieses dem in Yorkshire gebräuchlichen ähnliche
                              Verfahren bewirkt die Mästung rasch.
                           V. Cornwallis. Folgenden Bericht erstattete Hr. Davey im Jahr 1847 über seine Methode Leinsamen-
                              und Körnermehlkuchen für das Vieh zu bereiten. Er setzt zwanzig Pfund gestoßenen
                              Leinsamens in einem Kessel allmählich 90 Maaß Wasser, dann 80 Pfund Roggenmehl und
                              zwei Handvoll Salz zu. Nach 1/4 stündigem Umrühren wird die Mischung in Zinnformen
                              ausgegossen, um 6 Pfund schwere Kuchen daraus zu bilden. Man erhält 36 solche
                              Kuchen, die von einem Manne und zwei Kindern in einer halben Stunde leicht gefertigt
                              werden können. Jedes im Ständer stehende Thier erhält täglich 1 Kuchen und 36 Maaß
                              Strohhäcksel nebst Stroh oder Heu, welche mit einer sehr schwachen
                              Leinsamenauflösung gemischt sind; letztere bereitet man mit 10 Pfd. gestoßenen
                              Leinsamens und 120 Maaß Wasser, welche nach dem Kochen über 1800 Maaß Strohhäcksel
                              geschüttet werden. Ferner erhält jedes Thier täglich noch 72 Pfd. schwedische Rüben
                              in drei Portionen. Dieser künstliche Kuchen ist besser und kömmt viel wohlfeiler zu
                              stehen als die gewöhnlichen Leinpreßkuchen.
                           VI. Ost-Lothian und Berwickshire. Die Mästung mit
                              Leinsamen ist in diesen wegen ihrer Landwirtschaft berühmten schottischen Districten
                              sehr verbreitet. Nach einem Bericht des Hrn. Bruce ist
                              der Leinsamen in Verbindung mit Bohnenmehl ein vortreffliches Futter, insbesondere
                              für die Schafe.
                           Auch in andern schottischen Gegenden bedient man sich des Preßkuchens und des
                              Leinsamens in Verbindung mit Bohnen- und Gerstenmehl als Futter für die Kühe.
                              Für die Kälber setzt man mit Vortheil Milch zu.
                           VII. Wigtonshire. Diese Gegend liefert, seitdem sie das
                              Marshall'sche System angenommen hat, sehr schönes
                              Vieh von der Galloway-Race auf die Märkte von Glasgow, Liverpool und Belfast.
                              Hr. Bryde sagt, daß seine Pferde sich nie so wohl
                              befanden, als seitdem er ihnen eine Ration der oben besprochenen Mischung gibt.
                              Ebenso hatte sie bei seinen Kühen und Kälbern den besten Erfolg. Im Allgemeinen ist
                              er überzeugt, daß diese Fütterung weniger umständlich, wohlfeiler und ergiebiger ist
                              als jede andere.
                           VIII. Dumfriesshire. Bis jetzt hat nur Sir James Menteah daselbst die Fütterung der Schafe mit Rüben und
                              Leinsamen unternommen. In der Nähe eines meiner Felder, sagt derselbe, ist ein kleines Gehege mit
                              Schoppen hergestellt; der Fußboden dieses Schoppens ist nicht dicht gelegt und etwas
                              geneigt, um leicht rein gehalten werden zu können und um das Vieh möglichst trocken
                              zu halten; es befindet sich kein Stroh und keine Streu darauf, aber der anstoßende
                              Hof ist mit Laub und altem Stroh bestreut, auf welchem sich eine Schicht Torf
                              befindet, um den Harn einzusaugen. Die Krippe unter dem Schoppen enthält Rüben,
                              Leinsamen und Gerste; eine kleinere niedere Raufe das Heu. Abends wird die Herde
                              unter den Schoppen zurückgeführt und befindet sich dort warm. Täglich wird
                              gereinigt. Bei dieser Behandlung gediehen meine Schafe ungemein und gaben den ganzen
                              Winter und Frühling hindurch ein herrliches Schlachtfleisch, das so fett war, wie im
                              Sommer. Es ist dieß ein einfaches und verhältnißmäßig wohlfeiles Verfahren, um im
                              Winter fettes Hammelfleisch und dabei noch vielen und guten Dünger zu erhalten.
                           Wenn aus Obigem der Vorzug des gekochten Leinsamens vor dem alten Futter genügend
                              hervorgeht, so möchte doch eine nähere Vergleichung beider Systeme nicht ohne Nutzen
                              seyn.
                           1) Ersparung an Rüben und grünem Futter. Die Ersparung an
                              Rüben beträgt täglich wenigstens die Hälfte bei einem Ochs, wenn man seine tägliche
                              Ration nach alter Weise nur zu 120 Pfd. annimmt. Es werden deßhalb die Kosten für
                              andere Hülfsfutterarten nicht größer und das Vieh gedeiht sehr gut.
                           2) Ersparung an Heu und Stroh. Es ist kaum anders möglich,
                              als daß gehacktes Heu und Stroh, mit gekochtem Futter zweckmäßig gereicht, um ein
                              Drittheil mehr Werth hat als das gewöhnliche mit großen Mengen roher Rüben gegebene
                              Futter; je mehr man nämlich Rüben gibt, desto mehr Futter braucht man auch, um Magen
                              und Eingeweide gesund zu erhalten. Hr. Marshall führt ein
                              Beispiel an, welches dieß beweist: als dem Vieh bis 200 Pfd. Rüben täglich per Stück
                              gegeben wurden, begann es abzumagern und zu kränkeln; als nun die Ration auf 100
                              Pfd. reducirt, und gekochte Mischung mit Strohhäcksel zugesetzt wurde, war das Vieh
                              wiederhergestellt und mästete sich rasch.
                           Sonst hielt man es zur Düngergewinnung für vortheilhaft, eine Menge Stroh zu brechen
                              und in den Ställen unter den Füßen des Viehs und der Pferde auszubreiten. Man hatte
                              nämlich bisher keine Kenntniß über die Nahrhaftigkeit des zweckmäßig angewandten
                              Strohs und dessen Tauglichkeit, um Blut, Fleisch und Fett zu erzeugen. Abgesehen von
                              der Eigenschaft des Strohs, den Magen und den Bauch auszudehnen und von seiner
                              physischen Einwirkung auf die zur Wiederkauung und Verdauung dienenden Organe,
                              ergibt die chemische Analyse desselben, daß es die zur Ernährung und Mästung
                              erforderlichen Bestandtheile enthält; vergleicht man z.B. das Weizenstroh, von allen
                              das wenigst nahrhafte, mit den Körnern, so findet man daß es ebenso viel Wasser und
                              Kohlenstoff enthält wie diese; ferner 1/8 des Stickstoffs (wesentlichen
                              Bestandtheils der thierischen Muskelsubstanz), 1/11 des Kalis, 1/8 des Natrons, 1/3
                              des Chlors, 2/3 der Schwefelsäure, 1/25 der Phosphorsäure und 1/2 der Talkerde,
                              welche in einem gleichen Gewicht Weizenkörner enthalten sind. Diese Substanzen
                              dienen zur Ernährung und Mästung des herangewachsenden Viehs. Den jungen Thieren,
                              welche viel Kalk und Kieselerde brauchen, um ihre Knochengerippe zu vollenden und zu
                              erhärten und ihre Muskeln zu vermehren und zu stärken, ist das Weizenstroh, in einem
                              Zustand gereicht, wo es leicht verdaut und assimilirt werden kann, sehr nützlich,
                              weil es diese Bestandtheile in nicht unbedeutender Menge, nämlich 1/2 soviel
                              Talkerde und 2 1/2 mal soviel Kieselerde enthält, als die Körner selbst. Je
                              sparsamer also ein Landwirth mit seinem Stroh und mit seinen Wurzeln ist, desto mehr
                              Horn- und Wollvieh kann er unterhalten, desto mehr Rind- und
                              Hammelfleisch kann er erzeugen und dabei eine größere Menge eines reichhaltigen
                              Düngers gewinnen. Um aber vom Stroh möglichst Nutzen zu ziehen, muß es für das große
                              Vieh kurz gehackt werden und für Schafe noch kürzer, für Pferde endlich so kurz
                              gemacht werden wie ein Kornbälgchen; es erhält demnach für diese drei Thiergattungen
                              30, 15 und 7 Millimeter (1 Zoll, 16 1/2 Lin., 3 Lin.) Länge. Auch das zur Streu
                              bestimmte Stroh sollte geschnitten werden, aber 10 bis 15 Centimeter (3 Zoll 8 Lin.
                              bis 5 Zoll 6 Lin.) lang. Solche Streu ist dauerhafter und die Thiere halten sich
                              dabei reiner, besonders wenn man der Streu noch Torf, lockere Erde oder Moos
                              beimengt; hat sie sich dann in Dünger umgewandelt, so erhält derselbe bald seine
                              Reife und wird auf das Erdreich vortheilhaft chemisch und mechanisch wirken.
                           Der durch das zusammengesetzte Futter erhaltene Dünger ist fast zweimal soviel werth
                              als der gewöhnliche landwirthschaftliche Dünger. Das Gemenge von Bohnen, Erbsen,
                              Gerste und Hafer, im zerstoßenen Zustande oder als Mehl, verschafft diesem Dünger
                              eine bedeutende Menge stickstoffhaltiger Substanz, welche für den Anbau von Getreide
                              und Hülsenfrüchten sehr wichtig ist.
                           3. Größere Fleischproduction. Die größere Consumtion eines
                              an Ort und Stelle gebauten und viel stickstoffhaltige und Fettsubstanz enthaltenden Products gewährt
                              auch noch andere Vortheile. Erstens gestattet sie dem Landwirth die vortheilhafte
                              Verwendung seines magern und leichten Getreides, erspart ihm den Verkauf desselben
                              auf dem Markt und setzt ihn in den Stand aus seinem schweren Getreide, dem erster
                              Qualität, einen höhern Preis zu erzielen. Zweitens werden, da der Roggen, der Hafer,
                              die Gerste und die Hülsenfruchtsamen mehrere Bestandtheile enthalten, welche sich
                              zur Erzeugung von Fett und Fleisch eignen, durch die umsichtige Anwendung dieser
                              Stoffe mit einer wohlfeilen Leinsamensuppe, bedeutende Kosten für den Ankauf von
                              Preßkuchen erspart, d.h. der Landwirth wird der erste und beste Käufer seiner
                              geringern Producte, welche ihm durch Vermittelung seines Viehs (als Futter) besser
                              bezahlt werden, als wenn er sie auf den Markt brächte, weil das so erzeugte Fleisch
                              auf diesem Markt einen viel höhern Werth hat, als das mittelst Preßkuchen erzielte.
                              Ein Blick auf die chemische Zusammensetzung einerseits der Getreidearten (mit
                              Ausnahme des Weizens) und des Leinsamens, andererseits großer Mengen von Rüben und
                              Preßkuchen, genügt um dieß zu beweisen. Eine neuere Analyse ergab, daß 100
                              Gewichtstheile folgender Nahrungsmittel (Futterarten) an Fleisch und Fett
                              erzeugen:
                           
                              
                                 
                                 Fleisch und Muskeln.
                                 Fett.
                                 
                              
                                 Bohnen
                                 31
                                 51,5
                                 
                              
                                 Erbsen
                                 29
                                 51,5
                                 
                              
                                 Hafermehl
                                 14
                                 68,5
                                 
                              
                                 Gerstenmehl
                                 11
                                 68
                                 
                              
                                 Heu
                                   8
                                 68,5
                                 
                              
                                 Kartoffeln
                                   2
                                 25
                                 
                              
                                 Gelbrüben
                                   2
                                 10
                                 
                              
                                 Rüben
                                   1
                                   9
                                 
                              
                           Auch das Türkischkorn liefert ein gutes Resultat und ist nach dem Hafer
                              anzureihen.
                           Man ersieht hieraus daß die Bohnen, Erbsen, die Gerste und der Hafer zur Erzeugung
                              von Fleisch und Fett sehr geeignet sind; überdieß enthalten sie viel von den
                              schleimigen und öligen Substanzen, welche den Preßkuchen nahrhaft machen und zwar in
                              100 Gewichtstheilen folgende Mengenverhältnisse:
                           
                              
                                 Hafer
                                 2 bis 5
                                 
                              
                                 Gerste
                                 5 bis 6
                                 
                              
                                 Türkischkorn
                                 5 bis 9
                                 
                              
                                 Erbsen und Bohnen
                                 2 bis 3
                                 
                              
                                 Weizenstroh
                                 2 bis 3
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 Wiesenheu
                                 2 bis 5
                                 
                              
                                 Kartoffeln
                                      0,5
                                 
                              
                                 Rüben
                                      0,5
                                 
                              
                           Der Landwirth besitzt sonach in den sechs ersten Substanzen vortreffliche Materialien
                              die einen öligen Stoff enthalten, um behufs der Mästung der Thiere Fett,
                              Eiweißstoff, Kleber, Schleim zu erzeugen; während, wenn man hauptsächlich Rüben als
                              Futter anwendet, oder Preßkuchen und ganzes Stroh, dieser Erfolg bei weitem nicht
                              erreicht wird. Bei der gewöhnlichen täglichen Ration mit 120 bis 140 Pfd. Rüben
                              erhält das Thier, nachdem es sich mit deren Verdauung abgeplagt hat, doch nur 12 bis
                              14 Pfund trockner Substanz, weil die Wurzeln 90 Procent Wasser enthalten, die, im
                              Winter kalt verschluckt, sich der Mästung widersetzen. Von diesen 14 Pfd. fester
                              Stoffe eignen sich nur 1 3/10 Pfd. zur Fleischbildung, und 12 7/10 Pfd. zur
                              Fett- und Wärme-Erzeugung.
                           Gibt man bei dieser Futterungsweife dem Vieh täglich überdieß 5 1/2 bis 6 Pfd.
                              Preßkuchen und ganzes Stroh, so wird man natürlich nur Schichten Molassenfetts aber
                              kein marmorirtes, mit Fett durchwachsenes Fleisch erzeugen. Der schlechte Erfolg der
                              Stallfütterung, wo die Thiere täglich 120 Pfd. kaltes Wasser mit Rüben bekommen,
                              leuchtet ein. Die mittlere Temperatur der Thiere ist nur um wenige Grade höher als
                              diejenige unserer Atmosphäre; um die Thiere schnell zu mästen, müssen sie warm und
                              vollkommen ruhig gehalten werden, und alles was äußerlich oder innerlich ihre
                              Temperatur unter 29° R. herabzustimmen vermag, hält ihre Mästung auf oder
                              macht eine Ergänzung an Futter oder Kohlenstoff nothwendig, damit mehr Kohlenstoff
                              von den Thieren verbrannt werden kann. Die kalten, wässerigen oder gefrorenen,
                              geschnittenen oder nichtgeschnittenen Rüben, vorzüglich erstere, machen aber den
                              Magen und die Verdauungsorgane gerne erschlaffen, stimmen die Temperatur des Thieres
                              unter die der Mästung vortheilhafte herunter und bewirken daß die Thiere, ohne daß
                              ihre Mästung befördert wird, den Kohlenstoff ihres Futters aufbrauchen. Die Wurzeln,
                              welche dem Vieh in kalter Jahreszeit gereicht werden, müssen folglich auf eine
                              mäßige Temperatur gebracht werden, entweder durch warme Luft oder warmes Wasser;
                              diese Erwärmung ist jedenfalls nützlich, die Wurzeln mögen mit dem gemischten
                              gekochten Futter gereicht werden, oder allein.