| Titel: | Bemerkungen zu Hopfgartner's Analyse eines englischen und eines deutschen hydraulischen Kalkes; von Professor Dr. Max Pettenkofer in München. | 
| Autor: | Dr. Max Josef Pettenkofer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. LXXIX., S. 357 | 
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                        LXXIX.
                        Bemerkungen zu Hopfgartner's Analyse eines englischen und eines deutschen hydraulischen
                           Kalkes; von Professor Dr. Max
                              Pettenkofer in München.
                        Pettenkofer, über den hydraulischen Kalk.
                        
                     
                        
                           Unsere wissenschaftlichen Kenntnisse über Kalk und Mörtel, sowohl über Luft-
                              als Wassermörtel, verdanken wir bekanntlich fast lediglich den ausgezeichneten
                              Forschungen von Fuchs, welche er in den Jahren 1829 bis
                              1832 zum Nutzen und Frommen des Allgemeinen bekannt gemacht hat. (Siehe dessen
                              Abhandlungen: Ueber Kalk und Mörtel, in Erdmann's Journal
                              für techn. und ökonom. Chemie Bd. VI, und: Ueber die Eigenschaften, Bestandtheile
                              und chemische Verbindung der hydraulischen Mörtel [eine gekrönte Preisschrift
                              – aus den Natuurkundige Verhandelingen van de
                                 Hollandsche Maatschappy der Wetenschappen te Harlem XX Deel. 173–218. übersetzt von Dr. C. G. Kaiser – ]
                              im polytechn. Journal Bd. XLIX S. 271.) Den
                              hydraulischen Kalk anlangend ist seit Fuchs nichts mehr
                              von allgemeiner Bedeutung erschienen, wohl vorzüglich deßwegen, weil er in der That
                              fast nichts mehr zu thun übrig gelassen hat. Er hat den ganzen Vorgang der Erhärtung
                              und deren Bedingungen auf so einfache klare Principien zurückgeführt, daß die sonst
                              räthselhaften Phänomene nun selbst jedem Laien klar erscheinen. Auch für die
                              Erscheinungen des schnelleren und langsameren, oder des schwächeren und stärkeren
                              Erhärtens, welche oft bei chemisch gleichen Cementen sich zeigen, und den Gegenstand
                              der vorliegenden Abhandlung bilden, findet sich der Weg der Erklärung bereits von
                              Fuchs angedeutet, indem er an mehreren Orten von
                              verschiedenen Cohärenzzuständen der Kieselerde spricht.
                           Hr. Hofbauintendant v. Klenze
                              theilte mir seine Erfahrungen über die auffallend größeren Vorzüge eines englischen
                              hydraulischen Kalkes (Portland-Cement) vor denen mit, welche wir in
                              Deutschland gewöhnlich herstellen und benützen. Er verschaffte mir behufs der
                              Untersuchung des Gegenstandes verschiedene Proben sowohl von deutschen, als von englischen Fabrikanten.
                              Dieses Portland-Cement hat selbst das einst so berühmte Roman-Cement
                              weit übertroffen, als man in England vergleichende Versuche bezüglich der Festigkeit
                              und Dauerhaftigkeit, die beide zu gewähren im Stande sind, anstellte. Man hat z.B.
                              aus guten Backsteinen mit Sand und Portland-Cement, und ebenso mit
                              Roman-Cement Balken von 5' Länge gemauert, und sie nach 10 Tagen mit Lasten
                              beschwert, bis sie brachen. Ein Balken mit Roman-Cement-Mörtel (1
                              Theil Cement, ein Theil Sand) brach bei einer aufgelegten Last von 257 Pfd., während
                              ein Balken mit Portland-Cement-Mörtel (1 Theil Cement, 1 Theil Sand)
                              erst unter der Last von 837 Pfd. brach. Steinerne Balken mit Mörtel aus 1 Theil
                              Portland-Cement und 2 Theilen Sand trugen 968 Pfd., aus 1 Theil Cement und 3
                              Theilen Sand 672 Pfd., aus 1 Theil Cement und 4 Theilen Sand 616 Pfd. Die Balken mit
                              Roman-Cement gemauert brachen alle in den Mörtelfugen, die mit
                              Portland-Cement alle im Steine.
                           Am auffallendsten ist oft die große Verschiedenheit in der Güte zwischen
                              hydraulischen Kalken die aus Mergeln von gleichem Thongehalt gebrannt worden sind.
                              Diese Verschiedenheit kann möglicher Weise nur auf zwei Gründen beruhen: 1) auf der
                              verschiedenen chemischen Beschaffenheit desjenigen Theiles der Mergel, der
                              gewöhnlich Thon genannt wird; 2) auf dem verschiedenen Grade des Brennens der
                              Mergel, d. i. auf der Einwirkung des Aetzkalkes auf den thonigen Bestandtheil, was
                              man in der Regel mit dem Ausdrucke: Aufschließen des Thones bezeichnet. Inwieweit
                              beide Momente daran Antheil haben, geht aus der vorausgehenden Analyse des Hrn.
                              Hopfgartner deutlich
                              hervor.
                           Die Differenz, welche die quantitative Analyse des englischen und deutschen
                              hydraulischen Kalks anzeigt, besteht vorzüglich im Gehalte an jenen Bestandtheilen,
                              welche gewöhnlich den sogenannten Thon der Mergel bilden. Genaue Untersuchungen
                              haben mir ergeben, daß die Güte eines hydraulischen Kalkes vorzüglich von der
                              Zusammensetzung des sogenannten thonigen Bestandtheiles der Mergel abhängig ist. Man
                              hat bei den Mergelsorten bisher alles, was sich nicht in verdünnten Säuren lösen
                              wollte, Thon genannt, und häufig geglaubt, daß mit diesem
                              Namen immer ein und das nämliche bezeichnet seyn müsse, obschon bereits Fuchs die verschiedene Zusammensetzung desselben erwiesen
                              und hervorgehoben hatte. Nicht der Thongehalt eines Mergels
                                 überhaupt, sondern die chemische Zusammensetzung dieses sogenannten Thones ist
                                 wesentliche Bedingung für einen guten hydraulischen Kalk.
                           
                           Dieser thonige Bestandtheil muß in der Art zusammengesetzt seyn, daß die in ihm
                              enthaltene Kieselerde nicht schon während des Brennens an den Kalk treten kann.
                              Dieses wird aber nur dann leicht verhindert werden können, wenn sie hinlänglich mit
                              solchen basischen Körpern verbunden ist, zu welchen sie in hohen Temperaturen eine
                              größere Affinität, als zum Kalke, besitzt. Als solche bezeichne ich als die
                              vorzüglichsten die Alkalien (Kali und Natron), dann Thonerde und Eisenoxyd. Das
                              Brennen der Mergel hat, wie uns Fuchs so schön gezeigt hat, den doppelten Zweck, den
                              kohlensauren Kalk zu Aetzkalk umzugestalten, und dann durch diesen gebildeten
                              Aetzkalk den enthaltenen Thon aufzuschließen, d. i. für weitere Zersetzungen
                              zugänglich zu machen.
                           Der Proceß welchen man mit dem gepulverten und mit Wasser angemachten hydraulischen
                              Kalke erzwecken will, ist nach Fuchs die Bildung eines
                              Kalkhydrosilicates, welches den Zusammenhang des Wassermörtels bedingt, ähnlich wie
                              das von Fuchs entdeckte Kalkhydrocarbonat das Bindende im
                              Luftmörtel ist. Die Bildung solcher Kalksilicate kann auf mancherlei Weise zu Stande
                              kommen. Es ist nun eine für die Praxis sehr gewichtige Frage: auf welche Weise geht die Kalksilicat-Bildung am leichtesten und
                                 vollständigsten vor sich? Die Antwort, welche allen bisher gemachten
                              Erfahrungen entspricht, lautet: durch Substitution, d. i.
                              dadurch, daß in der Glühhitze Silicate gebildet werden, welche andere Basen als Kalk
                              enthalten, jedoch solche, welche bei der Behandlung mit Wasser ihren Platz, den sie
                              der Kieselerde gegenüber eingenommen haben, theilweise oder ganz dem Kalke abtreten.
                              (Beispiele, daß sich die Affinitäten in der Glühhitze und auf nassem Wege oft gerade
                              entgegengesetzt verhalten, gehören in der Chemie zu den häufigen.) Sind diese
                              basischen Körper in Wasser löslich (Kali, Natron), so werden sie aus der erhärteten
                              Masse ausgewaschen (wie Fuchs zuerst beobachtet hatFuchs hat längst nachgewiesen, daß im Thone der
                                    Mergel kali- und natronhaltige Silicate sich befinden, und daß bei
                                    deren Berührung mit Kalk auf nassem Wege die Alkalien ausgeschieden werden.
                                    – Fuchs hat auf diese Weise Kali und
                                    Natron ausgeschieden aus geschmolzenem Feldspath, aus Leuzit aus Analzim und
                                    Natrolith, aus dem Lithionglimmer überdieß Lithion. Er hat bei dieser
                                    Gelegenheit das Kali im Pechstein und Bimsstein nachgewiesen, in denen man
                                    es früher gar nie vermuthet hatte, ebensowenig als im Mergel. Es ist deßhalb
                                    gar keine neue Entdeckung, welche Neuere gemacht haben, daß die Mergel
                                    kalihaltig sind.); sind sie unlöslich (Thonerde, Eisenoxyd), so verbleiben sie darin, und
                              bilden höchst wahrscheinlich basische Doppelverbindungen mit dem neu entstehenden
                              Kalksilicat, da ja die Kieselerde mehr als irgend eine Säure die Eigenschaft besitzt, Doppelsalze in
                              den verschiedensten Sättigungsgraden zu bilden. Fuchs (siehe dessen zweite
                              Abhandlung) hat alle diese Verhältnisse bereits klar erfaßt, wenn er sich auch nicht
                              des Ausdruckes Substitution bedient hat; denn was könnte er anders meinen, wenn er
                              z.B. von der Rolle des Eisenoxydes im Cemente spricht: „Es schließt
                                 nämlich die Kieselerde auf, wie andere Basen, oder hält sie, um mich so
                                 auszudrücken, offen, so daß sie dem Kalk auf nassem Wege zugänglich
                                 wird.“ An der nämlichen Stelle macht Fuchs auch darauf aufmerksam,
                              daß durch ein Uebermaaß solcher Basen, welche auf nassem
                              Wege durch Kalk substituirt werden können, die Festigkeit des Cementes sehr
                              beeinträchtigt wird. Es unterligt keinem Zweifel, daß in ein aufgeschlossenes
                              Eisenoxydsilicat mit vorwaltendem Eisenoxyde durch die nasse Cementation Kalk in
                              chemische Verbindung gebracht werden kann, dadurch daß Eisenoxyd theilweise
                              ausgeschieden wird. Dann liegen aber zwischen dem bindenden
                              Eisenoxyd-Kalksilicat Eisenoxydmolecüle, welche in keiner chemischen
                              Beziehung zum Silicate mehr stehen, mithin die Homogenität der Masse und dadurch
                              deren Cohäsion verringern müssen. Zugleich muß noch bemerkt werden, daß die
                              Substitution, womit zugleich eine erneute chemische Verbindung des ausscheidenden
                              Theiles mit dem neugebildeten Silicate zu Stande kommen soll, immer schwieriger und
                              langsamer vor sich geht, jemehr die Kieselerde bereits mit in Wasser unlöslichen
                              Basen gesättigt, oder sogar übersättigt ist. (Berthollet's Massenanziehungen.) Fuchs sagt sehr richtig: „Das
                                 Eisenoxyd darf aber doch ein gewisses Maaß nicht übersteigen, und nicht in so
                                 großer Menge vorhanden seyn, wie es z.B. im Lievrit enthalten ist, der aus 32,2
                                 Kieselerde, 56,5 Eisenoxydul und 11,3 Kalk besteht. Dieses Silicat gibt auch,
                                 wenn es geschmolzen wird, kein gutes Cement ab. Eben dasselbe gilt von den
                                 Eisenschlacken, welche sehr viel Eisenoxyd enthalten. Diejenigen aber, worin die
                                 Kieselerde vorwaltend ist, sind sehr gute Cemente, besonders wenn sie wenig oder
                                 gar keinen Kalk enthalten. Hiebei muß ich noch erinnern, daß sich die Kieselerde
                                 immer lieber mit zwei oder mehreren Basen verbindet als mit einer, und lieber
                                 noch von einer andern etwas aufnimmt, als von derjenigen, mit welcher sie schon
                                 verbunden und bis auf einen gewissen Punkt gesättigt ist. Es ist daher nicht
                                 gleichgültig, ob im Cemente mit einer gewissen Quantität Kieselerde ein gewisses
                                 Quantum Kalk, oder statt desselben ein äquivalenter Antheil Eisenoxyd verbunden
                                 ist. Im ersteren Falle wird die Verbindung ein minder gutes Cement abgeben als
                                 im zweiten, wobei jedoch das Quantitäts-Verhältniß wohl zu
                                 berücksichtigen ist. Würde man z.B. dem Kalk das WollastonitsDer Wollastonit enthält 52 Proc. Kieselerde und 48 Proc. Kalk. Eisenoxyd substituiren, so würde er ohne Zweifel in ein gutes Cement
                                 verwandelt werden.“
                              
                           Aus den bisher angeführten Grundsätzen lassen sich alle Erscheinungen mit
                              Leichtigkeit erklären, welche beim Brennen der Mergel zu hydraulischem Kalke
                              beobachtet werden.
                           Es gibt Mergel, welche ein gelindes, aber lange dauerndes Brennen erheischen; es gibt
                              solche, welche nur eine kurz andauernde hohe Hitze ertragen, und solche, welche,
                              gleichviel ob gelinder oder stärker gebrannt, vorzügliche hydraulische Kalke
                              liefern.
                           Der erste Fall wird seyn, wenn der thonige Bestandtheil sehr vorwaltend aus
                              Kieselerde allein besteht. Dieser Fall kommt bei uns sehr oft vor.„Der wichtigste Unterschied des Mergels liegt in dem verschiedenen
                                       Thongehalt und in dem verschiedenen quantitativen Verhältnisse, in
                                       welchem die Kiesel- und Thonerde im Thone stehen. Die Thonerde
                                       scheint nie das Uebergewicht über die Kieselerde zu erhalten, sondern
                                       diese, wie in jedem andern Thon, fast immer über jene weit vorwaltend zu
                                       seyn – bisweilen so weit, daß die Thonerde kaum mehr in Anschlag
                                       zu bringen ist.“Fuchs. „... daß der Thon bloß als ein
                                       feines mit etwas Thonerde verunreinigtes Quarzpulver betrachtet werden
                                       kann.“Fuchs. Die Hitze darf nicht höher getrieben werden, als eben ausreicht den
                              kohlensauren Kalk ätzend zu brennen, und die Kieselerde in den sogenannten
                              aufgeschlossenen Zustand überzuführen. Wird die Hitze zu hoch, so verbindet sich
                              schon während des Brennens zuviel Kalk mit Kieselerde, was doch erst in Berührung
                              mit Wasser geschehen sollte. Diese Mergelarlen sind es auch meist, welche in sehr
                              hoher Hitze leicht zu Schlacken fließen, in Folge der Bildung von kieselsaurem
                              Kalke. Die Mergelarten mit sehr vorwaltender Kieselerde im thonigen Bestandtheile
                              sind überhaupt am schwierigsten zu gutem hydraulischem Kalke zu brennen. Ist die
                              Hitze zu schwach, so wird die Kieselerde nicht gehörig aufgeschlossen (besonders
                              wenn das Quarzpulver etwas grob ist); – wird sie zu hoch, so verbindet sich
                              schon ein großer Theil der Kieselerde während des Brennens chemisch mit Kalk und
                              wird dadurch unwirksam für die Erhärtung unter Wasser. (Der Wollastonit (₂
                              SiO₃ + CaO) bindet schon nicht mehr mit Kalk. Fuchs.)
                           Der zweite Fall wird seyn, wenn der thonige Bestandtheil vorwaltend aus einer
                              Verbindung von Kieselerde und Thonerde (was wir gewöhnlich reinen, plastischen Thon
                              nennen) besteht. Dieser braucht erstlich eine hohe Temperatur, um aufgeschlossen zu
                              werden, darf aber sodann nicht lange in diesem Zustande mit Aetzkalk geglüht werden,
                              weil sich sonst schon im Feuer Kalk mit einem Theile Kieselerde des aufgeschlossenen
                              Thones verbindet zu einem basischen Kalk-Thonerde-Silicat, welches später mit Wasser nicht
                              mehr bindet. Günstiger stellen sich die Verhältnisse, wenn der Mergel zugleich reich
                              ist an Eisenoxyd. Es tritt wie im ebenerwähnten Falle Kalk, so nun Eisenoxyd bei
                              höherer Temperatur in die Zusammensetzung des Thons ein und schließt ihn auf. Das
                              entstehende Eisenoxyd-Thonsilicat wird auf nassem Wege durch Kalk wieder in
                              der Art zersetzt, daß durch Verdrängung von einem Theile der beiden Basen Kalk in
                              Verbindung mit Kieselerde tritt. Aehnlich wie Eisenoxyd verhält sich auch das
                              Manganoxyd (Roman-Cement)„Sind Eisenoxyd und Thonerde zugleich vorhanden, und in einem
                                       solchen Verhältnisse, daß der Kieselerde das Uebergewicht über beide
                                       bleibt, so ist das Gemisch stets geeignet bei gehöriger Behandlung ein
                                       gutes Cement zu geben. Dieses bewiesen mir mehrere sehr eisenhaltige
                                       Thonsorten und absichtlich gemachte Gemenge von feuerfestem Thone und
                                       Eisenoxyd, welche, gehörig gebrannt, fast ohne Ausnahme einen
                                       hydraulischen Mörtel lieferten, der nichts zu wünschen übrig ließ. In
                                       Betreff der eisenhaltigen Thone ist noch zu bemerken, daß das Eisenoxyd
                                       größtentheils nicht chemisch gebunden, sondern bloß eingemengt ist
                                       – gewöhnlich als gelbes Hydrat oder zuweilen auch als
                                       kohlensaures Oxydul. Wird ein solcher Thon nicht so stark gebrannt, daß
                                       nicht wenigstens ein Theil des Eisenoxydes mit der Kieselerde in
                                       chemische Verbindung gebracht wird so gibt er selten ein gutes Cement
                                       ab, und ist manchmal als solches gar nicht zu gebrauchen. Dieses trifft
                                       besonders dann zu, wenn wenig Thonerde und sehr viel Kieselerde
                                       vorhanden ist, wie es gerade bei den sehr eisenhaltigen Thonsorten fast
                                       immer der Fall ist. Dergleichen Thone müssen oft bis zur anfangenden
                                       Verschlackung geglüht werden, wenn sie mit Kalk im Wasser gut binden
                                       sollen. Dabei ändert sich ihre Farbe ins Graue, oder wenn sie sehr
                                       eisenhaltig sind, ins Braune oder Schwarze um, indem das Eisenoxyd mit
                                       der Kieselerde chemisch sich verbindet und sie aufschließt. Geschieht
                                       dieses nicht, so versagt mancher eisenhaltige Thon als Cement seinen
                                       Dienst, und man kann leicht auf den Gedanken verfallen, es sey das
                                       Eisenoxyd Schuld daran, welches doch gewiß in diesem Falle höchst
                                       unschuldig ist.“Fuchs.. Fuchs hat gezeigt, daß unser gewöhnliches
                              Ziegelmehl nicht als Cement gebraucht werden kann, als welches es oft gerühmt worden
                              ist, selbst wenn die Steine ziemlich stark gebrannt worden sind, und daß sie erst
                              bis zu dem Grade des Schmelzens erhitzt, wo sich ihre rothe Farbe in eine
                              schwarzgraue umwandelt, wo sie ein graues Pulver geben, und wo sich das Eisenoxyd
                              mit dem Thone verbunden hat, mit Kalk unter Wasser erhärten. Nach dem Erhärten unter
                              Wasser zeigt sich eine viel hellere, lichtere Farbe, als vor dem Erhärten –
                              ein sicheres Zeichen, daß das im Feuer entstandene Silicat durch Kalk auf nassem
                              Wege zersetzt wird und aller Wahrscheinlichkeit nach zu basischen Doppelsilicaten:
                              denn würde man annehmen, es würde durch Kalkhydrat ein nicht chemisch mit andern
                              Substanzen verbundenes Eisenoxyd oder Eisenoxydhydrat ausgeschieden, so müßte sich
                              eine rothe oder rothgelbe Farbe zeigen, was aber nicht der Fall ist.
                           Die besten hydraulischen Kalke werden endlich jene Mergel liefern, welche als
                              thonigen Bestandtheil Silicate enthalten, in denen alle Kieselerde mit solchen basischen Körpern
                              hinlänglich (jedoch nie im Uebermaaße) gesättigt ist, die im Feuer leicht
                              aufgeschlossen, aber nicht durch Kalk getrennt werden, wohl aber im aufgeschlossenen
                              Zustande auf nassem Wege mit Kalk cementirt von diesem durch Substitution
                              äquivalente Theile aufnehmen. Es versteht sich von selbst, daß ein Gehalt des
                              thonigen Bestandtheiles an Kali und Natron vorzüglich günstig und beschleunigend auf
                              die Erhärtung einwirken muß, weil diese Basen ihre Stellung der Kieselerde gegenüber
                              gänzlich dem Kalke überlassen und in Wasser gelöst austreten. Denkt man sich in den
                              beiden obigen analysirten Proben die enthaltene Kieselerde nach dem Brennen an
                              Thonerde, Eisenoxyd, Kali und Natron gebunden, so wird man durch Vergleichung des
                              Sauerstoffgehaltes der Basen mit dem der Kieselerde finden, daß in der englischen
                              mehr von diesen basischen Körpern vorhanden ist, als zur Bildung eines neutralen
                              Silicates nöthig ist, in der deutschen hingegen weniger. Es enthalten nämlich:
                           A. Deutscher hydraulischer Kalk.
                           
                              
                                   1,00 Kali
                                   0,169 Sauerstoff.
                                 
                              
                                   0,25 Natron
                                   0,064        „
                                 
                              
                                   3,80 Thonerde
                                   1,774        „
                                 
                              
                                   3,20 Eisenoxyd
                                   0,960        „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                   2,967 Sauerstoff.
                                 
                              
                                  20,82 Kieselerde
                                 11,031 Sauerstoff.
                                 
                              
                           B. Englischer hydraulischer
                              Kalk.
                           
                              
                                   1,10 Kali
                                   0,186 Sauerstoff.
                                 
                              
                                   1,66 Natron
                                   0,428      
                                    „
                                 
                              
                                   7,75 Thonerde
                                   3,618      
                                    „
                                 
                              
                                   5,30 Eisenoxyd
                                   1,590      
                                    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                   5,832 Sauerstoff.
                                 
                              
                                 22,23 Kieselerde
                                 11,755 Sauerstoff.
                                 
                              
                           
                           In einem neutralen Silicate soll sich der Sauerstoff der Basen
                              zum Sauerstoff der Kieselerde verhalten wie 1 : 3 nach der allgemeinen Formel MO +
                              SiO₃. Bei A verhält sich 2,967 : 11,031 = 1 :
                              3,71, bei B 5,832 : 11,755 = 1 : 2,01. Obwohl die
                              Kieselerde von B jedenfalls als bereits mehr gesättigt
                              wie die von A betrachtet werden muß, so geht doch die
                              Erhärtung (die Kalksilicatbildung) bei B viel rascher und vollständiger vor sich als bei A. Es ist dieses ein werthvoller Beweis, daß chemische
                              Neubildungen viel leichter von Statten gehen, wenn sie durch Substitution geschehen
                              können, als wenn sie durch directe Vereinigung erfolgen müssen. Von diesem
                              Gesichtspunkte aus ist auch die Erfahrung von Kuhlmann
                              und Anderen zu betrachten, daß mittelmäßige hydraulische Kalke (welche sehr vorwaltend Kieselerde als
                              thonigen Bestandtheil enthalten) mit Potasche geglüht an Güte sehr zunehmen. Es
                              bildet sich im Feuer kieselsaures Kali, welches auf nassem Wege mit Kalk behandelt,
                              zersetzt wird, indem Kali aus der Verbindung mit Kieselerde tritt, und Kalk sich an
                              dessen Stelle substituirt.
                           Wenn man ein Gemenge aus
                           
                              
                                 22,2
                                 Theilen
                                 Kieselerde,
                                 
                              
                                   1,6
                                 „
                                 kohlensaurem Kali,
                                 
                              
                                   3,0
                                 „
                                 kohlensaurem Natron,
                                 
                              
                                   7,7
                                 „
                                 Thonerde,
                                 
                              
                                   5,3
                                 „
                                 Eisenoxyd
                                 
                              
                           einem heftigen Feuer aussetzt, so erhält man eine schwärzliche
                              Schlacke, welche fein gepulvert mit Kalk unter Wasser sehr gut erhärtet. Diese
                              Schlacke befindet sich auch im Portland-Cement, und sie ist Ursache seiner
                              dunklen, im feuchten Zustande schwärzlich-grünlich-grauen Farbe.Ich vermuthete anfangs diese dunklen hydraulischen Kalke (wenn deren Farbe
                                    nicht etwa von Kohlen- oder Manganoxyd herrührte) müßten das Eisen
                                    als Oxyduloxyd enthalten; in dem Portland-Cement konnte ich aber bloß
                                    Eisenoxyd finden. Diese schwarze Farbe von Oxyd herrührend kann nicht
                                    auffallen, wenn man erwägt, daß wir im Mineralreiche mehrere durch Eisenoxyd
                                    grün oder schwarzgefärbte Silicate antreffen. Besonders sind jene durch eine
                                    sehr dunkle Farbe ausgezeichnet, welche Eisenoxyd und Thonerde zugleich
                                    enthalten, wie der MelanitFe₂O₃Al₂O₃SiO₃ + 3 CaO, SiO₃.Der gemeine Granat (Fe₂O₃, SiO₃ +
                                    3 CaO, SiO₃), wozu der Melanit gehört, hat weniger Thonerde als
                                    dieser – oft selbst nur Spuren. Es wäre nicht uninteressant zu
                                    untersuchen, ob der Eisenkalkgranat, wenn er ganz thonerdefrei ist, eine
                                    gelbe oder röthliche Farbe besitzt, und ob grüne und schwärzliche Färbung
                                    von dem Vorhandenseyn von vicarirender Thonerde abhängt und mit dieser
                                    zunimmt. Hieraus erklärt sich auch, warum sehr thonerdehaltige Gläser, wie
                                    unser gemeines Flaschenglas, dessen Farbe nach gewöhnlicher Annahme von
                                    Eisenoxydul herrührt, nicht durch Braunstein entfärbt werden können, dessen
                                    Wirkung lediglich auf der Ueberführung von Eisenoxydul in Oxyd beruht.
                                    Glasflüsse, welche Eisenoxyd und Thonerde zugleich enthalten, scheinen eine
                                    ebenso dunkle Farbe zu besitzen, wie die eisenoxydulhaltigen. Dieses beweist, daß der Stein, welcher das Portland-Cement liefert,
                              soweit gebrannt wird, bis der darin befindliche thonige Bestandtheil in Fluß kommt
                              (was bei dessen bedeutendem Alkaligehalte – über 8 Proc. – schon bei
                              nicht zu hohen Temperaturen erfolgen kann). Eine ähnliche Schlacke (wenn auch nicht
                              so vollkommen geflossen) scheint sich auch in dem einst so berühmten
                              Roman-Cement zu befinden (jedoch enthält dieses neben Eisenoxyd auch eine
                              bedeutende Menge Manganoxyd). Ich verdanke der Güte des Hrn. Oberbergrath v. Fuchs ein Bruchstück einer
                              Mergelkugel von der Insel Sheppey, woraus der berühmte Roman-Cement bereitet
                              wurde. Dieses Stück so weit gebrannt, bis alle Kohlensäure entwichen war, lieferte
                              ein mehliges Pulver, ganz vom Ansehen unserer gewöhnlichen hydraulischen Kalkpulver; es
                              erhärtete unter Wasser rasch und gut. Wurde der nämliche Stein stärker gebrannt, so
                              nahm er eine schwärzliche Farbe an, war nun viel schwieriger zu pulvern, das Pulver
                              fühlte sich nicht mehr mehlig, sondern sandig an, es erhärtete unter Wasser um etwas
                              langsamer, wurde aber um ein Bedeutendes fester, als die schwächer gebrannte
                              Probe.
                           Dieses Schmelzen des thonigen Bestandtheiles beim Brennen der Mergel ist in mehr als
                              einer Hinsicht von der größten Wichtigkeit, und es ist leider bisher gar nie in
                              Rechnung gezogen worden. Im Portland-Cement erleichtert ohne Zweifel der über
                              das Kali überwiegende Natrongehalt sehr diese Schmelzung. Da die meisten Thone
                              (welche Gemenge aus den verschiedensten Silicaten seyn können) durchschnittlich mehr
                              Kali als Natron enthalten, so zeigt dieses Portland-Cement eine auffallende
                              Anomalie. – Es sind zwar mehrere Analysen von hydraulischen Kalken bekannt,
                              welche gleichfalls mehr Natron als Kali angeben, aber in diesen ist das Natron,
                              soviel ich aus der Angabe der Methoden entnehmen konnte, aus dem Verluste bestimmt
                              worden, nicht durch directe Wägung, wie es Hr. Hopfgartner bestimmte. Bei diesen Bestimmungen
                              aus dem Verluste können, wie sich jeder Analytiker oft schon überzeugt haben wird,
                              mitunter sich ganz unerwartete Fehler einschleichen. Ein oft sehr geringer
                              Natrongehalt macht eine Verbindung um ein bedeutendes leichtflüssiger. Der Leucit (3
                              Al₂O₃, 2 SiO₃ + 3 KaO, 2 SiO₃) enthält 21,2 Procent Kali
                              und ist vor dem Löthrohr ganz unschmelzbar. Die entsprechende Natronverbindung, der
                              Analcim (3 Al₂O₃, 2 SiO₃ + 3 NaO, 2 SiO₃ + 6 HO) enthält
                              im wasserfreien Zustande berechnet nur 15 Proc. Natron, und ist doch vor dem
                              Löthrohre ziemlich leicht schmelzbar. Gemenge analoger Kali- und
                              Natronverbindungen sind bekanntlich noch leichter schmelzbar, als das arithmetische
                              Mittel, welches aus der Schmelzbarkeit der Verbindungen im reinen Zustande berechnet
                              werden kann, erfordert. Auf diesen Natrongehalt des Thones muß ich deßhalb ein sehr
                              großes Gewicht legen. – Sollten sich daher Mergel finden, welche den
                              gehörigen Gehalt an Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd und Kali, aber zu wenig Natron
                              haben, als daß bei einer Temperatur, die der Mergel überhaupt noch vertragen kann,
                              der sogenannte thonige Bestandtheil zu schmelzen beginnen könnte, so wäre dieses
                              fehlende, ohnehin nur sehr geringe Quantum Natron auf eine leichte und wohlfeile Art
                              beizufügen. Man braucht die Steine nur soweit zu erhitzen, bis eine geringe
                              Quantität Kohlensäure daraus ausgetrieben ist. Hiebei ist natürlich der sogenannte
                              Thon noch nicht im mindesten aufgeschlossen, und kann deßhalb mit dem Kalke selbst
                              beim Befeuchten nicht in
                              die mindeste chemische Wechselwirkung treten. Aber die Steine sind in ihrem
                              Zusammenhange doch bereits so weit verändert, daß sie porös geworden sind, und
                              Flüssigkeiten begierig einsaugen. Man könnte sie nun mit einer Lösung von
                              kohlensaurem Natron (gewöhnlicher Soda) in Wasser, die je nach Bedarf schwächer oder
                              concentrirter seyn müßte, begießen, oder sonst damit tränken, nach dem Austrocknen
                              an der Luft abermals brennen, und nun bis zu dem erforderlichen Grade. Ich habe nach
                              dieser Richtung Versuche im Kleinen ausgeführt, welche von dem glänzendsten Erfolge
                              belohnt worden sind. Ich erhielt aus unseren Mergeln Producte, welche vor dem
                              Portland-Cement in keiner Beziehung zurückweichen. – Die Anwendung von
                              einem äquivalenten Theile Kali lieferte mir gar kein Resultat. Der Thon blieb trotz
                              des bedeutenden Eisengehaltes ungeschmolzen, die Farbe des gebrannten Steines daher
                              gelblich, und leicht zu pulvern. Kuhlmann's früherer
                              Vorschlag, den hydraulischen Kalk durch Glühen mit Potasche zu verbessern, wird
                              deßhalb nie in die Praxis übergehen, weil man, um eine Wirkung zu spüren, zuviel
                              davon anwenden müßte. Ich bin eben damit beschäftigt Versuche im Großen auszuführen,
                              und werde dereinst deren Ergebniß zur Kenntniß bringen. Ich vermag nicht anzugeben,
                              ob der Portland-Cement aus einem Mergel gebrannt wird, so wie er natürlich
                              vorkommt, ob England auch hierin bevorzugt ist einen Thon zu besitzen, der von den
                              Alkalien vorwaltend das seltnere Natron enthält, oder ob auch dort durch die Kunst
                              etwas nachgeholfen werden möchte. Der bedeutende Preis des Portland-Cementes
                              (franco Köln 4 fl. rh. pr. Ctr.) läßt letztere Vermuthung nicht unmöglich oder ungegründet
                              erscheinen. Es wäre auch denkbar, daß ein Gehalt des Mergels an Kochsalz (welcher
                              sehr häufig ist) beim Brennen unter Einwirkung der Ofengase das Natron an die
                              Kieselerde lieferte.
                           Dieses Schmelzen oder doch Sintern des thonigen Bestandtheiles hat auch Einfluß auf
                              den Geschmack des Portland-Cementes, welcher sehr indifferent, kaum merklich
                              alkalisch ist. Prof. Schafhäutl hat mir die für mich sehr interessante Notiz gegeben, daß
                              die englischen Praktiker den hydraulischen Kalk kosten, und den, welcher sehr ätzend
                              schmeckt, verwerfen, wenn er auch die gehörige Quantität Thon enthält, während sie
                              einen hydraulischen Kalk von sehr mildem Geschmacke vorziehen. Der Aetzkalk ist in
                              diesem Falle allseitig von einer glasigen Decke umhüllt.
                           Dieses Schmelzen des thonigen Bestandtheiles der Mergel beim Brennen ist ferner ein
                              höchst wichtiges und wesentliches Moment, weil davon eine bisher noch nie beachtete,
                              aber für den Zweck sehr wesentliche physikalische Beschaffenheit des Pulvers, was nach dem
                              Brennen daraus hergestellt wird, abhängig ist. Man sollte denken daß Pulver
                              ähnlicher Körper, welche durch ganz gleiche Siebe geschlagen worden sind, einen
                              gegebenen Raum im Verhältnisse ihrer specif. Gewichte erfüllen sollten. Das specif.
                              Gewicht der analysirten deutschen Probe war 2,723 – das der englischen 3,050.
                              Nach den oben angegebenen Bestimmungen Hopfgartner's
                              faßte ein gleiches Maaß solche Quantitäten Pulvers (welches durch gleiche Siebe
                              geschlagen war), die gar nicht im Verhältniß der specif. Gewichte standen. –
                              Die absoluten Gewichte gleicher Volumina dieser gleichgesiebten hydraulischen
                              Kalkpulver wurden auf die Art bestimmt, daß in ein Glas mit 2''' weitem, horizontal
                              abgeschliffenem Halse, etwas mehr als eine halbe Unze Wasser fassend, so lange von
                              den trocknen Pulvern eingefüllt wurde, als durch länger fortgesetztes Aufklopfen auf
                              dem Tische noch eine Volumsverringerung hervorgebracht werden konnte. – Die
                              einzelnen Wägungen mit dem gleichen Pulver stimmten unter sich so genau, daß sie bei
                              Quantitäten von 30 Grammen nie um einen ganzen Centigramm, mithin bei weitem nicht
                              um den tausendsten Theil des Gesammtgewichts differirten. Ein solches Gläschen
                              wog
                           
                              
                                 a) mit dem deutschen
                                  hydraulischen
                                  Kalke
                                  gefüllt
                                  17,529
                                  Gramme,
                                 
                              
                                 b) mit dem englischen
                                         „
                                    „
                                     „
                                  31,788
                                       „
                                 
                              
                           Da sich das specif. Gewicht von A
                              zu dem von B verhält = 2,723 : 3,050, so sollte man
                              erwarten, daß von B nur 19,634 Gramme in das Gläschen
                              hätten gebracht werden können. Es befanden sich aber 31,788 Gramme darin. Da man mit
                              Leichtigkeit das Gläschen auch genau mit Wasser füllen und dessen Gewicht bestimmen
                              konnte, so ließ sich daraus das Gewicht von jedem beliebigen Volum Kalk berechnen.
                              Es ergab sich, daß ein bayer. Kubikfuß1 bayr. Fuß = 0,29186 Meter. von der deutschen Kalksorte A 45 Pfd.1 bayr. Pfund = 560 Grammen. wog, von der englischen B hätte er, nach dem
                              specif. Gewichte berechnet, wägen sollen 50 Pfd.; es wog aber in der That der bayer.
                              Kubikfuß 83 Pfd., mithin 33 Pfd. per Kubikfuß mehr.
                           Diese für den ersten Anschein höchst auffallende Thatsache klärte sich sehr einfach
                              und genügend auf, als man die beiden Pulver mit Terpenthinöl befeuchtet unter dem
                              Mikroskope betrachtete. Beobachtet man die im Terpenthinöl schwimmenden und
                              rotirenden Theilchen, so sieht man, daß das Pulver des Portland-Cementes fast
                              nur aus kleinen Blättchen oder Schiefern besteht, während das des andern sich sehr der Kugelform nähert.
                              Denkt man sich beide in aufeinanderliegenden Massen, so läßt sich das eine einer
                              Mauer von Quadern, das andere einer Schichte von Rollsteinen vergleichen; beim
                              ersteren berühren sich Flächen, beim letzteren Punkte, daher so viele Zwischenräume
                              mehr, als beim ersten. Hieraus ergibt sich, daß selbst bei gleicher chemischer
                              Zusammensetzung ein Cement gut und besser seyn kann. Diesem physikalischen Umstande
                              verdanken die englischen hydraulischen Kalke gewiß großentheils ihren
                              wohlgegründeten Ruf; sie enthalten in gleich hohen Schichten fast manchmal so viel
                              bindendes Material, als diejenigen, welche kugelige Pulvertheile haben. Da die
                              Cohäsion, die nur Adhäsion zwischen homogenen kleinsten Theilen ist, als eine rein
                              physikalische Anziehung nicht in einem einfach progressiven Verhältnisse wächst und
                              abnimmt, sondern wenigstens im quadratischen (die Capillarattraction z.B. erhöht und
                              vermindert sich nach einem noch viel größeren Verhältnisse, als das quadratische),
                              so erklärt sich die viel größere Festigkeit des Portland-Cementes im
                              Vergleiche mit unsern deutschen und andern hydraulischen Kalken wohl hinreichend aus
                              der Form der Pulvertheile. Damit man übrigens die Wichtigkeit des chemischen
                              Momentes nicht übersehe, sondern gleichfalls würdige, so erlaube ich mir abermals in
                              Erinnerung zu bringen, daß die gebrannten Mergel nur bei einer gewissen chemischen
                              Zusammensetzung ihres thonigen Bestandtheiles diese physikalische Eigenschaft
                              besitzen können.
                           Diese Form der Pulvertheile spielt eine bedeutende Rolle in allen jenen Fällen, wo
                              mit pulverförmigen Körpern chemische Processe vor sich gehen, und wenn deren
                              Endresultat wieder ein fester Körper ist, so hängt die Cohärenz des neu gebildeten
                              wesentlich von der Form und Cohärenz des Pulvers ab. – Fuchs bespricht in seiner ersten Abhandlung über Kalk und Mörtel das
                              Verhalten der reinen Kieselerde zu Kalkhydrat. Er fand, daß nur amorphe Kieselerde
                              mit Kalk erhärtet – aber daß die ursprüngliche Compactheit derselben von
                              großem Einflusse ist. Er sagt: „Auf dieses Pulver (das feinste Pulver von
                                 Bergkrystall) wirkt der Kalk nicht im mindesten ein, während er sich mit jener
                                 (der aus Kieselkali ausgeschiedenen Kieselerde) zu einem sehr consistenten
                                 Producte verbindet, welches mit Salzsäure eine ausgezeichnete Gallerte bildet.
                                 Auffallend verschieden von dem Quarz verhält sich der Opal. Er zieht zwar mit
                                 Kalk langsamer unter Wasser an, gibt aber zuletzt ein merklich consistenteres
                                 Product als die chemisch präparirte Kieselerde.“ Hr. Hopfgartner hat auf meine
                              Veranlassung hin mehrere Versuche der Art ausgeführt, welche die Erfahrung von Fuchs vollkommen stätigten. Ein paar derselben mögen hier angeführt werden.
                              Kieselerde, aus einer sehr concentrirten Wasserglaslösung mit Salmiak gefällt
                              – ausgewaschen und geglüht, erhärtete mit der Hälfte Kalk unter Wasser zu
                              einem vorzüglichen hydraulischen Producte. Kieselerde, ebenso aus einer verdünnten
                              Wasserglaslösung ausgeschieden, erhärtete zwar auch noch, aber das hydraulische
                              Product war schon wirklich schlechter. Kieselerde, von der Bereitung der
                              Kieselfluorwasserstoffsäure her, wo sie bekanntlich als ein Pulver erhalten wird,
                              welches so leicht, ja noch leichter als Magnesia alba
                              ist, erhärtete mit ihrem halben Gewichte Kalk unter Wasser gar nicht mehr. –
                              Alle drei Proben gelatinirten übrigens mit Säuren, nachdem sie längere Zeit unter
                              Wasser gelegen, selbst die, welche gar keinen Zusammenhang gewonnen hatte. Die
                              Kalksilicatbildung war überall vor sich gegangen, aber die Adhäsion der kleinsten
                              Theile unter sich, d. i. die Cohäsion des Ganzen war in dem Maaße schwächer, als sie
                              schon unter den Kieselerdemolecülen war. Die Adhäsion der kleinsten Theile unter
                              sich ist ferner sehr wichtig für den Widerstand, den ein Körper chemischen
                              Einflüssen zu leisten vermag. Fuchs hat mir mündlich
                              einen sehr interessanten Beleg gerade für den hydraulischen Kalk mitgetheilt. Eine
                              bereits unter Wasser erhärtete Probe, welche aus chemisch präparirter Kieselerde und
                              Kalk dargestellt worden war, blieb später längere Zeit zur Hälfte mit der
                              atmosphärischen Luft in Berührung, während die andere Hälfte noch in Wasser lag. Die
                              Kohlensäure der Luft zersetzte den gebildeten kieselsauren Kalk nach einem halben
                              Jahre in der Art, daß kohlensaurer Kalk und Kieselerde entstand, und das Ganze mürbe
                              wie schlechter Luftmörtel wurde.Fuchs schreibt auch (siehe dessen Mineralogie S.
                                    209, Kempten 1842, im Verlag von T. Dannheimer) den Gehalt des
                                    Ichthyophthalm an kohlensaurem Kalke der nämlichen Zersetzung zu –
                                    und gewiß mit vollem Rechte. Proben, welche mit einer Kieselerde dargestellt waren, die mehr Cohärenz als
                              die immerhin sehr lockere chemisch präparirte hatte, leisteten unter den nämlichen
                              Umständen der Kohlensäure der Atmosphäre vollkommen Widerstand. – Welche
                              wichtige und zahlreiche Consequenzen lassen sich für die Praxis hieraus ziehen!
                           Aus dieser ungleichen Cohärenz der kleinsten Theile erklärt sich auch die Beobachtung
                              von Gay-Lussac, welche er beim Brennen des Gypses
                              machte, daß nämlich ein Gyps, der schon im Steine etwas cohärenter war, und einem
                              einbringenden Körper mehr Widerstand leistete, auch nach dem Brennen und Pulvern mit
                              Wasser angemacht besser erhärtete, als ein aus minder cohärentem Steine dargestellter, bei sonst ganz
                              gleicher chemischer Zusammensetzung. Hätte man das Gewicht gleicher Volumina Pulver
                              bestimmt, so würde man gefunden haben, daß im günstigeren Falle mehr, in andern
                              weniger Gewichtstheile auf das gleiche Volum gekommen wären. Im ersteren Falle
                              mußten sich die Theilchen mehr mit Flächen, im letzteren mehr an Punkten berühren.
                              Die nothwendig größere Anzahl von Zwischenräumen im zweiten Falle bedingt natürlich
                              auch eine geringere Festigkeit des Gypsgusses.
                           Das viel raschere Verderben der gewöhnlichen hydraulischen Kalkpulver im Vergleiche
                              mit dem Portland-Cement durch Anziehung von Wasser und Kohlensäure aus der
                              Luft, ist gleichfalls theilweise (wenn auch nur zum geringern Theile) aus der Form
                              der Pulvertheilchen zu erklären. Viel wichtiger ist hiebei der Umstand, daß im
                              Portland-Cement der thonige Bestandtheil geschmolzen ist, und so gleichsam
                              den Kalk mit einer Glasdecke schützt, während bei den gewöhnlichen hydraulischen
                              Kalken dieses nicht der Fall ist, sondern der Kalk ganz frei daliegt. Deßhalb
                              schmecken unsere gewöhnlichen hydraulischen Kalke so ätzend, während das
                              Portland-Cement fast gar keinen Geschmack besitzt. Es hat mich deßhalb nicht
                              im mindesten befremdet, als ich in gleichen Zeiten unter sonst ganz gleichen
                              Umständen durch Liegen an der Luft den bayerischen hydraulischen Kalk um 4,47 Proc.
                              an Gewicht zunehmen sah, während das Portland-Cement nur um 0,65 Proc.
                              zugenommen hatte. Dieses rasche Verderben der gewöhnlichen hydraulischen Kalke an
                              der Luft macht nothwendig, daß sie immer frisch verarbeitet werden müssen, und kann
                              dieses nicht geschehen, so ist er eigentlich zu nichts mehr tauglich, als zum Düngen
                              von Feldern. Viele Tausende von Centnern gehen alljährlich auf diese Weise zu
                              Grunde. Man hat allerlei versucht, solche hydraulische Kalke wieder brauchbar zu
                              machen, aber es ist principiell nicht mehr möglich. Was aus der Atmosphäre angezogen
                              wird, ist Wasser und Kohlensäure, und zwar Wasser in überwiegender Menge, da ja die
                              Luft viel mehr davon, als von der Kohlensäure enthält. Kalkhydrat und Kalkcarbonat
                              werden sich bilden (Kalkhydrocarbonat mit überschüssigem Kalkhydrat). Das Kalkhydrat
                              wird mit der aufgeschlossenen Kieselerde bereits theilweise eine Silicatbildung
                              veranlassen, welche, wie ich mich überzeugt habe, jedenfalls, und besonders beim
                              Erhitzen in bedeutendem Maaße vor sich geht. Auf diese Weise wird der späteren
                              Silicatbildung unter Wasser schon sehr viel Material geraubt. Erneutes Brennen
                              liefert jedenfalls ein schlechtes Resultat. Einige wollen vom gelinden Erhitzen des
                              verdorbenen hydraulischen Kalkes gute Erfolge gesehen haben. Derselbe wird in
                              Kesseln ähnlich wie der
                              Gyps gebrannt, bis alles Wasser wieder entwichen ist. (Das Kalkhydrat wird übrigens
                              erst bei einer viel höheren Temperatur als der Gyps zersetzt, man bedarf deßhalb
                              bedeutend viel Brennmaterial.) Die Kohlensäure bleibt nun als kohlensaurer Kalk bei
                              überschüssigem Aetzkalke zurück – und dieser kann als halbkohlensaurer Kalk
                              (nach Fuchs) betrachtet werden, welcher mit Wasser
                              angemengt sehr rasch bindet, indem sich das Bindemittel des Luftmörtels bildet, das
                              Kalkhydrocarbonat. – Obwohl nun solcher wieder belebter Kalk rasch bindet, so
                              wird er doch nicht den Anforderungen mehr genügen können, welche man an einen hydraulischen Kalk zu machen berechtigt ist.
                           Wie sehr die schieferige Form des Portland-Cementes die Wasserdichtigkeit
                              desselben unterstützt, ersieht man aus der auffallenden, vom Londoner
                              Stadt-Ingenieur Hrn. E. J.
                                 Anson unterm 21. Febr. 1845 bescheinigten Thatsache, daß Steine aus
                              Portland-Cement nur 12 Proc. Wasser absorbirten, während beste, hartgebrannte
                              Mauersteine 16 Proc. und Sandsteine 27 Proc. Wasser anzogen. Vom nämlichen
                              Gesichtspunkte der Flächenberührung müssen die Vortheile gewürdigt werden, welche in
                              jeder Art Mörtel die Beimischung eckiger Körper vor runden hat. Es ist eine jedem
                              Maurer bekannte Thatsache, daß scharfer eckiger Sand dem abgerundeten kugeligen bei
                              weitem vorzuziehen ist. Sogar bei dem groben Spritzwurfe ist es viel vortheilhafter,
                              wenn man die dazu verwendeten kleinen Rollsteine auf irgend eine Weise zertrümmert,
                              damit statt der kugeligen, mehr ebene Oberflächen erzielt werden.
                           Zum Schlusse erlaube ich mir nochmal dringlich darauf hinzuweisen, daß man, um gute
                              hydraulische Kalksteine auszuwählen, fürder vorzüglich die chemische Zusammensetzung
                              des thonigen Bestandtheiles der Mergel berücksichtigen müsse, daß es nicht genügt
                              allein zu wissen, wie viel sich in verdünnten Säuren löst, und wie viel nicht. Ich
                              bin der festen Ueberzeugung, daß wir bei rationeller Forschung auf der langen
                              Mergelkette vom Bodensee angefangen bis hinab nach Ungarn gewiß Mergel finden
                              werden, welche sich zur Darstellung eines ebenso vorzüglichen Productes, wie das
                              Portland-Cement ist, eignen, wenn man ihnen vielleicht nur noch geringe
                              Quantitäten Natron beizubringen weiß.