| Titel: | Untersuchungen über die Theorie der vorzüglichsten Erscheinungen in der Photographie nach Daguerre's Verfahren; von A. Claudet. | 
| Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. IX., S. 33 | 
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                        IX.
                        Untersuchungen über die Theorie der
                           vorzüglichsten Erscheinungen in der Photographie nach Daguerre's Verfahren; von A. Claudet.
                        Aus dem Philosophical Magazine, Nov. 1849, S.
                              374.
                        Claudet, über Photographie nach Daguerre's Verfahren.
                        
                     
                        
                           Obwohl der Daguerrotyp-Proceß in den letzten zehn Jahren von einer großen
                              Anzahl Physiker untersucht und von einer noch größern Anzahl Praktiker zu einem
                              hohen Grade von Vollkommenheit gebracht wurde, sind die vorzüglichsten
                              Erscheinungen, auf welchen diese neue Kunst beruht, doch noch in ein geheimnißvolles
                              Dunkel gehüllt.
                           Die bisher noch nicht befriedigend erklärten Erscheinungen, welche ich in dieser
                              Abhandlung besprechen will, beziehen sich auf folgende Punkte:
                           1) Welche Wirkung hat das Licht auf die empfindliche Schicht?
                           2) Auf welche Weise erzeugt der Quecksilberdampf das Daguerreotyp-Bild?
                           3) Welche besondere Lichtstrahlen sind es, die der chemischen Oberfläche die
                              Verwandtschaft zum Quecksilber ertheilen?
                           4) Aus welchem Grund weicht in den achromatischen Linsen der Gesichtsfocus immer von
                              dem photogenischen (lichtbilderzeugenden) Focus ab?
                           5) Durch welche Mittel kann man die photogenischen Strahlen messen und den wahren
                              Focus, bei welchem sie das Bild erzeugen, finden?
                           In der letzten Versammlung der brittischen Naturforschergesellschaft zu Swansea
                              theilte ich mit, daß die Zersetzung der chemischen Oberfläche der
                              Daguerreotyp-Platte durch die Einwirkung gewisser Lichtstrahlen, auf dieser
                              Fläche einen weißen Niederschlag hervorbringt, welcher in unterschwefligsaurem
                              Natron unauflöslich ist und unter dem Mikroskop betrachtet, in das Licht reflectirenden
                              Krystallen erscheint, aber mit unbewaffnetem Auge betrachtet, die Ursache eines
                              positiven Daguerre'schen Bildes ist.
                           Diese Thatsache war früher nicht beobachtet worden. Daguerre selbst und andere Schriftsteller waren der Ansicht, daß die
                              Wirkung des Lichts auf das Jodsilber nur den Erfolg habe, die Oberfläche zu dunkeln
                              und folglich ein negatives Bild zu erzeugen. Allein es entging ihnen, daß unter dem
                              gedunkelten Jodsilber nach und nach durch das Licht eine andere Wirkung eintritt, so
                              daß man nach dem Abwaschen mit unterschwefligsaurem Natron ein positives Bild
                              erhält. Ich habe mich von dieser unerwarteten Thatsache überzeugt, indem ich
                              lediglich durch die Wirkung des Lichts, und ohne Quecksilber, Bilder von demselben
                              Aussehen erhielt, wie die durch die Wirkung des Quecksilberdampfs entwickelten.
                              Diese directe und unmittelbare Wirkung des Lichts ist gewiß merkwürdig; aber das
                              Daguerreotyp-Verfahren ist nicht hierauf gegründet, denn jene Wirkung erfolgt
                              zu langsam; lange bevor das Licht den erwähnten weißen Niederschlag erzeugen kann,
                              bringt es eine andere Wirkung hervor, nämlich die wunderbare Eigenschaft der Platte
                              den Quecksilberdampf anzuziehen. Dieser Dampf wird in Gestalt eines weißen Pulvers
                              verdichtet, welches, unter dem Mikroskop betrachtet, ebenfalls das Ansehen
                              reflectirender Krystalle hat. Letzterer Eigenschaft ist das Daguerreotyp-Bild
                              zuzuschreiben.
                           Hr. Moser stellte eine scharfsinnige Theorie der Wirkung
                              des Quecksilbers auf. Da der gelbe Strahl die Eigenschaft besitzt, die Wirkung
                              fortzusetzen, welche das Licht auf das Jodsilber auszuüben begann, so nahm er an,
                              daß das Quecksilber im Dampfzustand ein latentes gelbes Licht entwickle und der
                              Wirkung dieses gelben Lichts vom Quecksilberdampf schrieb er die Fortdauer der
                              Zersetzung des Jodsilbers zu. Da aber die Analyse der Oberfläche, auf derselben
                              Quecksilber nachweist, so muß sich dieses Metall mit dem Silber amalgamirt haben
                              welches nach der Einwirkung des Lichts frei wurde. Wir müssen daher die Erscheinung
                              anders zu erklären suchen.
                           Es ist wahrscheinlicher, daß das Licht eine zweifache Wirkung auf das Jodsilber
                              ausübt, gleichviel ob es mit Chlor oder Brom verbunden ist, oder nicht. Durch die
                              eine Wirkung wird das Jodsilber zersetzt und das freigewordene Silber in Form eines
                              weißen Pulvers oder kleiner Krystalle auf die Oberfläche niedergeschlagen; durch die
                              andere, welche lange vor der erstem beginnt, wurden die vom Licht afficirten Theile
                              mit einer Verwandtschaft zum Quecksilberdampf begabt.
                           
                           Mittelst meines Photographometers,Man vergl. die Beschreibung desselben im polytechn. Journal Bd. CXI S. 42. auf welchen ich mich jetzt beziehen muß, konnte ich ermitteln, daß das reine
                              Sonnenlicht in 2 bis 3 Secunden die Zersetzung des Bromjodsilbers bewerkstelligt,
                              welche sich durch den weißen Niederschlag kundgibt; daß hingegen dieselbe
                              Lichtintensität die Verwandtschaft zum Quecksilberdampf in der kurzen Zeit von etwa
                              1/1000 Secunde hervorruft. Die Verwandtschaft zum Quecksilber wird also durch eine
                              Lichtintensität mitgetheilt, welche 3000 mal schwächer ist als diejenige welche die
                              durch den weißen Niederschlag sich kundgebende Zersetzung hervorbringt.
                           Aus diesem Grunde läßt sich nicht wohl annehmen daß die bei den Wirkungen dieselben
                              seyen; sie müssen als verschieden betrachtet werden. Lange bevor das Licht die
                              Zersetzung der Oberfläche bewirken kann, theilt es der empfindlichen Schicht die
                              Verwandtschaft zum Quecksilberdampf mit; dieß scheint das Princip der Bilderzeugung
                              beim Daguerreotyp-Proceß zu seyn.
                           In einer Abhandlung welche ich im Jahr 1847 der Royal
                                 Society mittheilte, bemerkte ich, daß die rothen, orangefarbigen und gelben
                              Strahlen die Wirkung des weißen Lichts zerstören, und daß die Oberfläche, wenn sie
                              der Einwirkung dieser Strahlen ausgesetzt wird, ihre frühere Empfindlichkeit (den
                              nicht afficirten Zustand) wieder gewinnt. Ich schloß aus dieser merkwürdigen
                              Thatsache, daß das Licht die Oberfläche nicht zersetzt haben konnte; denn in diesem
                              Falle wäre nicht zu begreifen, wie die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen so
                              flüchtige Elemente wie Brom und Jod, nachdem sie einmal von dem Silber getrennt
                              worden sind, wieder mit einander verbinden sollten.
                           Ich war aber bisher noch nicht im Stande nachzuweisen, daß wenn das Licht das
                              Bromjodsilber zersetzt hat, die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen die
                              Oberfläche wieder in ihren frühern Zustand zurückführen können.
                           Die Wirkung des Lichts, welche von den rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen
                              zerstört werden kann, ruft die Zersetzung nicht hervor, welche einer 3000 mal so
                              langen Zeit bedürfen würde. Nur die durch eine 3000 mal geringere Zeit
                              hervorgebrachte Wirkung, welche die Verwandtschaft zum Quecksilber bewirkt, wird von
                              den rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen ganz zerstört.
                           Hienach scheine ich Recht gehabt zu haben, indem ich sagte, daß in der kurzen Zeit,
                              welche hinreicht um die Verwandtschaft zum Quecksilber zu ertheilen, keine Zersetzung
                              der Verbindung stattfindet, und daß die Erzeugung des Bildes nur dieser
                              Verwandtschaft zuzuschreiben sey. Das weiße Licht oder die es begleitenden
                              chemischen Strahlen ertheilen der Oberfläche die Verwandtschaft zum Quecksilber, und
                              die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen entziehen sie ihr wieder. Ich muß
                              hier einer sonderbaren Anomalie erwähnen: wenn nämlich die empfindliche Fläche nur
                              mit Jod, ohne Brom, bereitet ist, so setzen die rothen, orangefarbigen und gelben
                              Strahlen, anstatt die Wirkung des weißen Lichts zu zerstören, sowohl die Wirkung der
                              Zersetzung, als diejenige der Verwandtschaft zum Quecksilber fort. Doch gibt es eine
                              doppelte Jodverbindung, welche weit empfindlicher als die einfache ist, und auf
                              welche die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen ihre zerstörenden Wirkungen
                              ausüben, wie dieß beim Bromjodid der Fall ist.
                           Die Erscheinung der fortdauernden Wirkung der rothen, orangefarbigen und gelben
                              Strahlen auf die einfache Jodsilberverbindung wurde von Ed. Becquerel entdeckt; bald darauf fand Gaudin,
                              daß diese Strahlen nicht nur die Wirkung fortsetzen, durch welche Quecksilber
                              abgesetzt wird, sondern daß sie auch ohne Quecksilber ein Bild entwickeln, welches
                              gerade so aussieht wie das durch Quecksilberdampf erzeugte.
                           Da Hr. Gaudin den weißen Niederschlag nicht beobachtet
                              hatte, welcher bei der Zersetzung durch die Wirkung des Lichts entsteht, so
                              vermochte er die Ursache des unter dem Einfluß des gelben Strahls hervorgebrachten
                              Bilds nicht zu erklären.
                           Ich habe bemerkt, daß das Jodsilber ohne Brom 100 mal
                              empfindlicher als das Bromjodsilber gegen diejenige Wirkung des Lichts ist, welche
                              die Zersetzung der Verbindung hervorruft, die den weißen Silberniederschlag bildet;
                              daß es dagegen 100 mal weniger empfindlich für diejenige ist, welche die
                              Verwandtschaft zum Quecksilber hervorbringt. Dieß scheint ein weiterer Grund für die
                              Annahme zu seyn, daß beide Wirkungen verschieden sind. Es mag seyn, daß beim bloßen
                              Jodsilber, wo die Zersetzung schneller geschieht, die Verwandtschaft zum Quecksilber
                              hingegen langsamer erzeugt wird, als wenn auch Brom in der Verbindung ist, die
                              rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen, die hier auf eine anfangende Zersetzung
                              einzuwirken haben, vermöge ihres eigenen photogenischen Einflusses die Kraft
                              besitzen, die schon begonnene Zersetzung fortzusetzen; dieß würde die Entwickelung
                              des Bildes unter rothen, orangefarbigen oder gelben Gläsern nach Gaudin's Entdeckung erklären. Beim Bromjodsilber hingegen
                              haben die rothen, orangefarbigen oder gelben Strahlen ihre Wirkung auf die
                              Verwandtschaft zum Quecksilber auszuüben, welche schon lange vor der Zersetzung der Verbindung
                              begonnen hat, und sie haben die Eigenschaft diese Verwandtschaft zu zerstören.
                           Hiernach scheint es, daß alle Lichtstrahlen die Eigenschaft besitzen, das Jodsilber
                              in längerer oder kürzerer Zeit zu zersetzen, sowie diejenige, beim Bromjodsilber die
                              Verwandschaft zum Quecksilber hervorzurufen; jedoch mit dem Unterschied, daß bei der
                              ersten Verbindung die getrennten Wirkungen der verschiedenen Strahlen mit einander
                              fortdauern, bei der zweiten Verbindung aber ihre getrennten Wirkungen einander
                              zerstören. Man kann dieß so verstehen, daß im erstern Fall alle Strahlen dieselbe
                              Zersetzung zu bewirken vermögen; im zweiten Fall aber die Verwandschaft zum
                              Quecksilber, wenn sie durch einen Strahl ertheilt wurde, von einem andern wieder
                              zerstört wird. Auf diese Weise würden sich die verschiedenen Erscheinungen bei der
                              Bildung der zweierlei Niederschläge, sowie auch die Anomalie hinsichtlich der
                              Fortdauer der Lichtwirkung durch die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen,
                              nach Becquerels Entdeckungen am Jodsilber, andererseits
                              aber auch die Zerstörung dieser Wirkung durch dieselben Strahlen, nach meinen
                              eigenen Beobachtungen am Bromjodsilber, erklären lassen.
                           Die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen sind, wenn sie auf eine noch
                              unafficirte Oberfläche wirken, bedeutend weniger als die brechbarsten Strahlen
                              fähig, sowohl dem Jodsilber als dem Bromjodsilber die Verwandtschaft zu
                              Quecksilberdämpfen zu ertheilen; und sie zerstören diese Verwandschaft, wenn sie auf
                              dem Bromjodsilber durch die photogenischen Strahlen erzeugt worden ist. Daraus
                              folgt, daß wenn die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen im Lichte reichlicher
                              vorhanden sind als die brechbarsten Strahlen, die photogenische Wirkung nach
                              Maaßgabe des Ueberschusses dieser entgegenstrebenden Strahlen verzögert wird. Dieser
                              Fall tritt ein, wenn in der Atmosphäre Dämpfe enthalten sind, welche die
                              brechbarsten Strahlen absorbiren. Unter solchen Umständen erscheint das Licht mehr
                              gelb; es läßt sich aber die wahre Farbe des Lichts und das in einem gegebenen Moment
                              in der Atmosphäre vorhandene Mengenverhältniß photogenischer Strahlen durch das Auge
                              sehr schwer beurtheilen.
                           Die Dämpfe der Atmosphäre, welche das Licht gelb machen, wirken wie jedes andere
                              Medium, welches die blauen und gleichen Grad von Brechbarkeit besitzenden Strahlen
                              auffängt. Ich ermittle durch einen sehr einfachen Versuch die relative photogenische
                              Wirkung der durch solche Media gegangenen Strahlen und jener, die auf kein solches
                              Hinderniß stießen; auch
                              diejenigen Media, welche die photogenischen Strahlen auffangen, können die
                              beleuchtenden Strahlen frei hindurchpassiren lassen.
                           Wenn ich einen Kupferstich zur Hälfte mit hellgelbem Glas bedecke und ihn vor meine
                              Camera obscura bringe, um das Ganze auf einer
                              Daguerreotyp-Platte darzustellen, so finde ich, daß in der Zeit, welche
                              erforderlich war um das Bild von der nicht bedeckten Hälfte zu erhalten, auf der mit
                              dem gelben Glas bedeckten Hälfte nicht die geringste Wirkung stattfand.
                           Wenn ich nun eine Hälfte mit dunkelblauem, und die andere mit demselben hellgelben
                              Glas bedecke, so ist der Kupferstich durch das gelbe Glas sehr deutlich zu sehen,
                              durch das blaue hingegen gar nicht. Wird das Ganze wie vorher der
                              Daguerreotyp-Platte dargeboten, so bleibt die Hälfte, welche vom Auge
                              deutlich gesehen wurde, ohne Wirkung darauf; die andere Hälfte hingegen, welche
                              nicht gesehen werden konnte, findet sich vollkommen übertragen und zwar beinahe in
                              so kurzer Zeit, als wenn kein blaues Glas dazwischen gebracht worden wäre.
                           So können wir einen Raum herstellen, welcher von hellgelbem Glas eingeschlossen ist,
                              und worin das Licht das Auge sehr blenden würde; in diesem Raum könnte keine
                              photographische Operation vorgenommen werden; oder wir könnten einen Raum mit
                              tiefblauem Glas einschließen, der sehr dunkel erscheinen, worin aber die
                              photographische Operation fast ebenso rasch vor sich gehen würde, als in freier
                              Luft.
                           So können wir gewisse Zustände der Atmosphäre begreifen, unter welchen ein Ueberfluß
                              von beleuchtenden Strahlen, aber sehr wenig photogenische Strahlen vorhanden sind;
                              und wieder andere, wo das Umgekehrte der Fall ist.
                           Da es nun sehr schwer ist, durch das bloße Auge den photogenischen Zustand des Lichts
                              zu beurtheilen, so begreift man, daß der Photograph hinsichtlich der Wirkung, die er
                              hervorzubringen beabsichtigt, sich immer getäuscht findet, weil er keine Mittel hat,
                              sich von der Intensität des Lichts im voraus mit einem gewissen Grad von Sicherheit
                              zu überzeugen. Aus diesem Grunde habe ich mein Photographometer construirt, womit
                              ich zugleich die Empfindlichkeit der Daguerreotyp-Platte und die Intensität
                              des Lichts zu prüfen vermag.
                           Bei dem von mir beschriebenen Instrument fiel das Licht auf die
                              Daguerreotyp-Fläche, während eine Metallplatte die mit sieben Oeffnungen in
                              einer horizontalen Linie versehen ist, welche in der geometrischen Progression 1, 2,
                              4, 8, 16, 32, 64 auf einander folgen – eine geneigte Ebene hinabgleitet; auf
                              der Daguerreotyp-Platte, welche mit einer andern, mit vier Reihen von sieben
                              Löchern versehenen Metallplatte bedeckt ist, wird also die Wirkung des Lichts durch
                              jedes der sieben Löcher im Verhältniß zur Oeffnung der beweglichen Platte
                              repräsentirt. Jede der vier Löcherreihen bestimmte dieselbe Anzahl weißer Flecken,
                              und die Anzahl von Flecken war das Maaß des Lichts in diesem Augenblick. Ich wählte
                              vier Löcherreihen, um auf derselben Platte mehrere Präparirungen versuchen oder um
                              das Licht auf derselben Platte zu vier verschiedenen Zeiten probiren zu können.
                           Die Verbesserung, welche ich seitdem anbrachte, besteht darin, daß ich jedes Loch
                              mittelst eines dünnen Schiebers verschließen kann, so daß ich durch wiederholtes
                              Fallenlassen die geometrische Progression von 1 bis 512 auf einer Platte
                              fortzusetzen vermag; und wenn dem doppelten Apparate eine zweite Platte hinzugefügt
                              wird, von 1 bis 8192. Auf diese Art kann ich die verschiedenen Wirkungen des Lichts
                              in einer bedeutenden Reihe von Intensitäten vergleichen. Dieß wird auf folgende
                              Weise bewerkstelligt. Nachdem ich einmal bei sämmtlichen geöffneten Schiebern fallen
                              gelassen habe, schließe ich einen Schieber und lasse wieder fallen, schließe dann
                              den zweiten Schieber und lasse zweimal fallen u.s.f., die Anzahl der Hinabgleitungen
                              bei jeder Verschließung eines neuen Schiebers immer verdoppelnd.
                           Auf diese Art war ich im Stande zu entdecken, bei welchem Grad der
                              Licht-Intensität die „Solarisation“ benannte Wirkung
                              hervorgebracht wird; bei gut präparirten Bromjodid-Platten beginnt sie nicht
                              unter einer 512 mal größern Intensität als diejenige ist, welche die erste Wirkung
                              des Quecksilbers hervorruft; ich konnte ferner ermitteln, bei welcher Lichtstärke
                              die Zersetzung eintritt, welche den weißen Niederschlag ohne Quecksilber, sowohl auf
                              Jodsilber als auf Bromjodsilber, erzeugt. Auf ersterem findet sie 100 mal schneller
                              statt, als auf dem Bromjodid; und auf letzterm wird sie durch eine Intensität
                              hervorgerufen, welche 3000 mal größer ist, als diejenige welche die erste
                              Verwandtschaft zum Quecksilber hervorruft.
                           Mittelst der Schieber kann ich die Wirkung verschiedener isolirter Strahlen auf die
                              vom weißem Licht angegriffenen Platten prüfen. Dieß geschieht, indem ich die Hälfte
                              jedes Loches mit dem Schieber durch eben hinlängliches Vorschieben desselben
                              verschließe. In diesem Zustande unterziehe ich die Oberfläche, auf welche mit einer
                              großen Anzahl von Licht-Intensitäten gewirkt wurde, der nachfolgenden
                              Strahlung durch rothe, orangefarbige oder gelbe Gläser, oder ein sonstiges gefärbtes
                              durchsichtiges Medium, um die Wirkung dieser Strahlungen auf die Hälfte der von jeder
                              Lichtintensität hervorgebrachten Effecte zu untersuchen. Auf diese Art fand ich, daß
                              bevor das Licht die Oberfläche zersetzt und den weißen Niederschlag erzeugt hat, die
                              rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen die Verwandtschaft zum Quecksilber
                              zerstören und damit fortfahren, wenn die Zersetzung begonnen hat.
                           Im Laufe meiner Versuche beobachtete ich eine merkwürdige Thatsache, die mich sehr
                              irre machte, bis ich ihre Ursache auffand.
                           Ich erwähne sie hier, weil sie zu weiteren Entdeckungen führen kann. Ich bemerkte,
                              daß zuweilen die Räume unter den runden Löchern, welche während der Anwendung des
                              Photographometers nicht in solchem Grade vom Licht afficirt wurden, daß die
                              Ablagerung von Quecksilber bewirkt werden konnte, wie zu erwarten, ganz schwarz
                              waren, während doch die sie umgebenden Räume vom Quecksilber schwach afficirt waren.
                              Anfangs konnte ich diese Erscheinung nicht anders erklären als durch die Annahme,
                              daß die ganze Platte vorher zufällig vom Licht schwach afficirt worden sey, und eine
                              andere durch die Löcher auf sie gelangte Lichtart die frühere Wirkung zerstört,
                              habe. Ich ward natürlich auf diese Erklärung geleitet, weil ich vorher beobachtet
                              hatte, daß eine Lichtart die Wirkung der andern zerstört, z.B. daß die Wirkung des
                              Lichtes vom Norden her durch das Licht aus dem Süden zerstört wird, wenn gewisse in
                              der südlichen Atmosphäre befindliche Dünste dem Sonnenlicht einen gelben Ton
                              ertheilen. Nach wiederholten Versuchen aber, wobei die Platte vollkommen vor dem
                              Lichte geschützt wurde und indem ich mich an einige Versuche Moser's erinnerte, fand ich, daß die Verwandtschaft zum Quecksilber der
                              Oberfläche der Daguerreotyp-Platte durch die
                              Berührung der mit runden Löchern versehenen Metallplatte mitgetheilt wurde, während
                              der Raum unter dem Loche eine solche Einwirkung nicht erlitten hatte. Diese
                              Erscheinung tritt jedoch nicht allemal ein; manchen Tag tritt sie häufig ein, und an
                              anderen Tagen zeigt sie sich wieder gar nicht. Wenn man erwägt, daß die mit runden
                              Löchern versehene Platte von Kupfer ist, die Daguerreotyp-Platte aber von
                              Silber (mit welchem ihr Kupfer plattirt ist), so ist es wahrscheinlich, daß die
                              Quecksilber-Ablagerung einer durch die Berührung der beiden Metalle
                              veranlaßten elektrischen oder galvanischen Wirkung zuzuschreiben ist; der Umstand
                              daß die Wirkung nicht jedesmal eintritt, macht es wahrscheinlich, daß sie durch
                              irgend einen besondern elektrischen Zustand der umgebenden Atmosphäre entwickelt
                              wird, und bei einem Feuchtigkeitsgrad der Luft, welcher den elektrischen Strom
                              verstärkt. Wenn einmal die Umstände genau bekannt sind, unter welchen die Wirkung
                              eintritt, können wir uns vielleicht diese Eigenschaft zu nutze zu machen, um die Wirkung
                              des Lichts auf die Daguerreotyp-Platte zu erhöhen; denn es ist nicht
                              unwahrscheinlich, daß die der Platte ertheilte Verwandtschaft zum Quecksilber
                              ebenfalls einem elektrischen Einfluß des Lichts zuzuschreiben sey. Wie wäre sonst
                              diese Verwandtschaft zum Quecksilber zu erklären, welche ihr von einigen Strahlen
                              ertheilt, und von andern wieder entzogen wird, lange bevor das Licht als ein
                              chemisches Agens gewirkt hat?
                           Die Photographie ist gewiß eine der wichtigsten Entdeckungen unseres Zeitalters. Sie
                              setzte uns bereits in Stand, viele bisher noch nicht erforschte oder nur
                              unvollständig bekannte Punkte der Physik und Chemie aufzuklären, und es ist zu
                              erwarten, daß ihr Studium dem Fortschritt dieser Wissenschaften von großem Nutzen
                              seyn wird. Besonders in der Optik eröffnete sie aber ein weites Feld für
                              Untersuchungen und Entdeckungen. Hätte Newton die
                              Eigenschaften des Lichts, welche es bei den Erscheinungen der Photographie zeigt,
                              gekannt, so hätte er ohne Zweifel eine vollständigere Theorie des Lichts und der
                              verschiedenen Strahlen, woraus es zusammengesetzt ist, hinterlassen.
                           Seit der Entdeckung der Photographie haben die Optiker neue Combinationen von Linsen
                              versucht, um die Beleuchtungskraft zu erhöhen, ohne zugleich die Abweichung wegen
                              der Kugelgestalt zu vergrößern. Die Gerechtigkeit erfordert es zu sagen, daß der
                              Optiker, welcher zuerst die besten Linsen für die Photographie lieferte, Hr. Voigtländer in Wien ist, und noch sind seine Linsen die
                              besten, deren sich der Photograph, besonders für Porträts, bedienen kann. In England
                              hat ein sehr verdienstvoller Optiker, Hr. A. Roß, Linsen
                              nach denselben Principien construirt und einige geliefert, welche eben so schnell
                              ihren Dienst thun und ein in jeder Hinsicht ebenso gutes Bild liefern. In Paris ist
                              Hr. Lerebours rühmlich bekannt wegen seiner Linsen mit
                              größerer Brennweite, welche zum Aufnehmen von Ansichten besser geeignet sind, als
                              irgend welche die ich versucht habe.
                           Vom Anbeginn der Photographie war es bekannt, daß die wirksamen Strahlen, welche die
                              brechbarsten sind, einen kürzern Focus haben, als diejenigen, welche weißes Licht
                              hervorbringen; aus diesem Grunde empfahl Daguerre selbst
                              die Anwendung achromatischer Linsen, weil bei denselben alle Strahlen ziemlich in
                              einen Focus zusammenfallen. Jede Camera obscura wurde
                              daher mit achromatischen Linsen versehen und so construirt, daß die Platte genau in
                              dieselbe Entfernung gebracht werden kann, wie das mattgeschliffene Glas, worauf das
                              Bild am schärfsten erschien. Mit einer solchen Camera
                                 obscura war es aber sehr schwer, ein photographisches Bild so vollkommen zu erhalten, wie das auf
                              dem matten Glas gesehene, und nur hie und da, gewissermaßen zufällig, wurden gute
                              Bilder erhalten.
                           Ich bemerkte diese Unregelmäßigkeit bald und dachte, sie rühre von etwaigen Fehlern
                              in der respectiven Stellung der beiden Rahmen her, wovon der eine das matte Glas,
                              der andere die Platte hält, indem sie durch Schwinden oder sonst eine Ursache in
                              andere Abstände vom Objectivglas verschoben worden seyn konnten.
                           Da ich keine andere Fehlerquelle aufzufinden vermochte, construirte ich eine Camera obscura, worin das matte Glas und die Platte in
                              einen und denselben Rahmen gebracht wurden. Dadurch hoffte ich den geringsten
                              Fehler, die geringste Abweichung zu vermeiden. Allein zu meinem Erstaunen konnte
                              ich, je genauer ich mit der Zurichtung verfuhr, umsoweniger ein Lichtbild mit
                              scharfen Umrissen erhalten. Daraus folgerte ich, daß ich nach einer andern Ursache
                              der Schwierigkeit forschen müsse; ehe ich aber weiter schritt, entschloß ich mich zu
                              versuchen, ob der gewöhnliche Focus mit dem photogenischen Focus wirklich
                              übereinstimme oder nicht. Zu diesem Behufe stellte ich vor die Camera obscura Schirme, welche mit schwarzen Linien
                              überzogen waren, die ich auf dem matten Glas sehr deutlich sehen konnte. Ich suchte
                              den Focus bei einem dieser Schirme und fand zu meiner Verwunderung und Freude, daß
                              seine Linien, welche auf dem matten Glase mit Schärfe sichtbar waren, auf der
                              Daguereotyp-Platte immer wirre zum Vorschein kamen, und umgekehrt. Daraus
                              konnte ich mit Grund auf die Ursache der Schwierigkeiten schließen, daß nämlich der
                              Gesichtsfocus mit dem photogenischen Focus nicht zusammenfiel. Das Auffallendste
                              dabei war aber, daß der photogenische Focus länger war als der Gesichtsfocus. Man
                              sollte glauben, daß er kürzer seyn müsse, weil die photographischen Strahlen die
                              brechbarsten sind. Obwohl ich nun vorerst die Ursache dieser Anomalie nicht einsehen
                              konnte, war es mir genügend zu wissen, daß ich, um ein scharf gezeichnetes
                              Daquerreotypbild zu erhalten, nur den Focus eines Objects am mattgeschliffenen Glas
                              näher an die Camera zu bringen habe, nämlich auf den
                              durch den Versuch mit den verschiedenen Schirmen angezeigten Abstand. Bei der
                              Fortsetzung meines Versuchs fand ich einige Linsen, bei denen der photogenische
                              Focus kürzer war, und wieder andere, bei denen beide zusammenfielen.
                           Ich theilte im Mai 1844 darüber Royal Society und der
                              französischen Akademie der Wissenschaften eine Abhandlung mit, und seitdem waren die
                              Photographen im Stande, den wahren photogenischen Focus ihrer Camera
                              aufzufinden; Optiker,
                              welche vorher die Thatsache in Abrede stellten, haben zuletzt den Gegenstand studirt
                              und versucht, Linsen zu construiren, in welchen die beiden Brennpunkte
                              zusammenfallen.
                           Hr. Lerebours zu Paris war der erste, welcher auf meine
                              Veranlassung den Gegenstand näher untersuchte; er überreichte der französischen
                              Akademie eine Abhandlung, worin er die Ursache des Unterschieds der Brennpunkte
                              erklärte. Er behauptete, daß er durch Abänderung des Verhältnisses zwischen den
                              Winkeln, welche die Curven entweder des Kron- oder des Flintglases bilden,
                              den photogenischen Focus nach Belieben länger oder kürzer als den Gesichtsfocus
                              machen, und durch dasselbe Mittel sie auch auf einen Punkt vereinigen könne. Es ist
                              keine Frage, daß Hr. Lerebours Recht hatte, insofern das
                              Resultat von der chromatischen Correction abhängt; wenn aber, je nach der
                              Dichtigkeit der beiden Gläser gewisse Krümmungen erforderlich sind, um die
                              sphärische Aberration zu corrigiren, so können diese Krümmungen nicht ohne
                              Nachtheil, bloß in der Absicht verändert werden, den brechbarsten Strahlen andere
                              Richtungen zu geben. Aus diesem Grunde zog ich stets Linsen vor, bei welchen die
                              sphärische Aberration möglichst vollkommen beseitigt ist, ohne mich darum zu
                              kümmern, ob die photogenischen Strahlen mit den Gesichtsstrahlen zusammenfallen oder
                              nicht, indem ich Mittel besitze mich zu versichern, daß ich auf meiner
                              Daguerreotyp-Platte die Bilder mit der größten Schärfe erhalte. Da nach
                              meinen Beobachtungen die rothen, orangefarbigen und gelben Strahlen den
                              photogenischen entgegenwirken, und die letztern größere Kraft besitzen, wenn von
                              ersteren verhältnißmäßig wenigere vorhanden sind, so bin ich der Ansicht, daß wenn
                              nur die photogenischen Strahlen auf der Platte condensirt, die andern aber in dem
                              von dem photogenischen Punkt mehr oder weniger entfernten Raum zerstreut werden, die
                              Wirkung eine raschere ist. Raschheit ist aber bei der Photographie eine Hauptsache,
                              und ich ziehe daher Linsen vor, in welchen die beiden Brennpunkte getrennt sind,
                              obwohl die Operation etwas schwieriger ist und große Aufmerksamkeit erfordert.
                           Die Frage hinsichtlich des photogenischen Focus ist noch in ein anderes Geheimniß
                              gehüllt, welches einige Aufmerksamkeit verdient. Ich habe gefunden, daß bei
                              denselben Linsen ein beständiges Wechseln im Abstand der beiden Brennpunkte
                              stattfindet. Dieselben bleiben nie im gleichen Verhältniß zu einander und sind
                              manchmal mehr oder weniger von einander entfernt; bei manchem Licht stehen sie sehr
                              weit von einander ab, bei anderem sind sie sich sehr nahe und fallen sogar zusammen.
                              Aus diesem Grunde ermittle ich immer vor der Operation ihre Lage. Die Ursache dieser
                              sonderbaren Erscheinung konnte ich nicht entdecken; daß sie aber stattfindet, kann
                              ich behaupten. Anfangs dachte ich, daß Veränderungen in der Dichtigkeit der
                              Atmosphäre den Wechsel in dem Abstand der beiden Brennpunkte hervorbringen dürften;
                              oder daß wenn die gelben Strahlen in mehr oder weniger großer Menge vorhanden sind,
                              die Gesichtsstrahlen an verschiedenen Punkten auf der Achse der Brennpunkte
                              gebrochen werden, je nach der mittleren Brechbarkeit der Strahlen, woraus das weiße
                              Licht in diesem Augenblick besteht. Aber ein neuer Versuch zeigte mir, daß dieß
                              nicht die wahren Ursachen der Abweichung seyn können. Ich bediene mich in der Regel
                              zweier Objectivgläser: eines von kürzerer Brennweite für kleine Bilder, und eines
                              anderen von längerer Brennweite für größere Bilder. In beiden ist der photogenische
                              Focus länger als der Gesichtsfocus; aber wenn sie bei dem einen weit auseinander
                              sind, so sind sie es weniger bei dem andern; manchmal sind sie, wenn sie bei dem
                              einen zusammenfallen, beim anderen sehr weit von einander entfernt, und manchmal
                              fallen beide zusammen. Ich habe dieß in den letzten 12 Monaten alle Tage versucht,
                              und immer dieselben Veränderungen wahrgenommen. Die Dichtigkeit der Atmosphäre oder
                              die Farbe des Lichts scheinen mit dieser Erscheinung nichts zu schaffen zu haben,
                              sonst müßte dieselbe Ursache bei beiden Linsen dieselbe Wirkung hervorbringen. Ich
                              muß bemerken, daß ich meine täglichen Versuche mit den beiden Objectivgläsern zur
                              selben Zeit und mit jedem immer in gleicher Entfernung vornehme, denn jede
                              Veränderung im Focal-Abstand würde die photogenischen Strahlen mehr oder
                              weniger zerstreuen, wie ich mich davon überzeugte. Das Verlängern oder Verkürzen der
                              Brennweite nach Maßgabe der Entfernung des abzubildenden Objectes hat eine
                              Modification in dem Achromatismus der Linsen zur Folge. Der Optiker kann, nach Lerebour's Berechnung, beim Combiniren der beiden Gläser,
                              aus welchen eine achromatische Linse besteht, zwar nach Belieben solche Krümmungen
                              oder Winkel bei denselben wählen, daß der Gesichtsfocus mit dem photogenischen Focus
                              zusammenfällt, aber er kann dieß nur für eine Focuslänge.
                              Sobald der Abstand verändert wird, fallen auch die beiden Brennpunkte wieder
                              auseinander, weil die Sehstrahlen und die photogenischen Strahlen bei ihrem Austritt
                              aus der Linse in verschiedenen Winkeln gebrochen werden müssen, um in dem für den
                              einen Abstand vom Object gegebenen Focus zusammenzutreffen. Wird der Abstand
                              geändert, so wird der Focus entweder länger oder kürzer; und da der Winkel, in
                              welchem verschiedene Strahlen gebrochen werden, nahezu derselbe bleibt, so können
                              sie im neuen Focus nicht zusammentreffen und erzeugen zwei Bilder. Würden die Gesichts- und
                              die photogenischen Strahlen parallel zu einander gebrochen, so würden sie bei ihrem
                              Austritt aus der Linse für jeden Focus immer zusammenfallen; dieß ist aber nicht der
                              Fall.
                           Es scheint sonach unmöglich, daß Linsen construirt werden können, in welchen die
                              beiden Brennpunkte für alle verschiedenen Abstände übereinstimmen, bis wir zwei
                              Glassorten entdeckt haben, bei welchen die Dichtigkeiten in demselben Verhältniß
                              sind wie ihr Zerstreuungsvermögen. In der Photographie gibt es keine Frage von
                              größerer Wichtigkeit als die der Auffindung des wahren photogenischen Focus jeder
                              Linse für verschiedene Abstände. Ich habe das Verfahren beschrieben, welches ich
                              dazu befolge; mittelst dieses sehr einfachen Instruments kann jeder Photograph immer
                              mit jedwedem Objectivglas scharf begränzte Bilder erhalten. Es gibt aber noch ein
                              Verfahren, den Unterschied zwischen den beiden Brennpunkten zu ermitteln, welches
                              vor kurzem erst von Hrn. G. Knight in London erfunden
                              wurde. Derselbe war so gefällig, mir den eben so sinnreichen als einfachen Apparat
                              mitzutheilen, mittelst dessen er nicht nur die Differenz zwischen dem Gesichtsund
                              dem photogenischen Focus genau finden, sondern auch die Daguerreotyp-Platte
                              auf den Punkt einstellen kann, wo sich der photogenische Focus befindet. Für die
                              wissenschaftliche Erörterung des Gegenstandes wird Knight's Apparat dem Optiker von großem Werthe seyn, da er ihn in Stand
                              setzt, die Erscheinung mit mathematischer Genauigkeit zu studiren.
                           Knight's Apparat besteht in einem Gestell mit zwei Ruthen
                              oder Fälzen, einem verticalen, in welchen er das mattgeschliffene Glas stellt, und
                              einem mit ersterem einen Winkel bildenden, welcher die Platte aufzunehmen hat; die
                              Ebenen der Falze durchschneiden sich in der Mitte. Nachdem er den Focus auf dem
                              matten Glas eingestellt hat, wird letzteres entfernt und die Platte in den geneigten
                              Falz eingesetzt. Bringt man nun eine Zeitung oder sonst ein groß gedrucktes Blatt
                              Papier vor die Camera, so erzeugt sich das Bild
                              derselben auf der geneigten Platte, und natürlich treffen die verschiedenen Punkte
                              der Platte bei ihrer Neigung mit einem verschiedenen Focus zusammen; der Mittelpunkt
                              der Platte wird in Folge ihrer Neigung mit dem Gesichtsfocus zusammenfallen. Sie
                              wird in einer Richtung an einem mehr oder weniger vom Centrum entfernten Punkt mit
                              dem photogenischen Focus zusammenfallen, wenn dieser kürzer ist als der
                              Gesichtsfocus, und in der andern Richtung, wenn er länger ist. Das Gestell ist mit
                              einer eingetheilten Scala versehen, deren Null sich in der Mitte befindet. Wird das
                              Bild auf der Daguerreschen Platte dargestellt, so kann der Operator eine andere
                              bewegliche Scala von gleicher Eintheilung wie jene an dem Apparat anbringen und so
                              ermitteln, bei welcher Abtheilung über oder unter Null das Bild am schärfsten
                              begränzt erscheint; nachdem er das Versuchsgestell von der Camera entfernt und den Focus wie gewöhnlich auf das matte Glas
                              eingestellt hat, braucht er nur die Röhre des Objectivglases mittelst der Zahnstange
                              und des Getriebes hinein- oder herauszutreiben, um so viel als die Abtheilung
                              der Scala beträgt, welche die Abweichung des wahren photogenischen Focus anzeigt; zu
                              diesem Behufe ist die Röhre des Objectivglases mit derselben Scala versehen.
                           Schließlich möchte ich noch einmal die Aufmerksamkeit aller, die sich mit Optik
                              befassen, auf die von mir beobachtete besondere Thatsache hinsichtlich der
                              beständigen Abweichung der beiden Brennpunkte lenken. Die Ursache derselben konnte
                              ich nicht auffinden und ich muß ihre Erforschung andern überlassen.