| Titel: | Verfahrungsarten um die Baumwollfaser behufs des Druckens und Färbens der Gewebe und Garne mit animalischen Substanzen vorzubereiten; von Ch. A. Broquette, Chemiker in Paris. Patentirt für England am 21 April. 1849. | 
| Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XV., S. 66 | 
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                        XV.
                        Verfahrungsarten um die Baumwollfaser behufs des
                           Druckens und Färbens der Gewebe und Garne mit animalischen Substanzen vorzubereiten; von
                           Ch. A. Broquette,
                           Chemiker in Paris. Patentirt für England am 21 April.
                              1849.
                        Nach dem Repertory of Patent-Inventions, Dec. 1849, S. 375.
                        Broquette's Verfahren um die Baumwollfaser mit animalischen
                           Substanzen vorzubereiten.
                        
                     
                        
                           Die Erfindung betrifft: 1) die Anwendung animalischer Substanzen in Verbindung mit
                              Kalk beim Drucken und Färben der Baumwolle; 2) die Anwendung solcher animalischer
                              Substanzen, welche durch bloße Hitze oder durch chemische Agentien in geronnenen
                              Zustand versetzt werden können, als Beizmittel der Baumwollfaser.
                           Durch das Imprägniren mit animalischer Substanz wird die Baumwolle befähigt die
                              Farbstoffe leichter anzunehmen und zurückzuhalten; sie kann dann sowohl für sich
                              allein, als auch mit Wolle und Seide verwoben, in viel satteren und lebhafteren
                              Farben gedruckt und gefärbt werden.
                           Die animalischen (stickstoffhaltigen) Substanzen zu diesem Zweck gewinne ich entweder
                              aus Milch oder aus dem Fleisch (den Muskeln) der Thiere.
                           
                        
                           Bereitung der animalischen Substanz aus
                                 Milch.
                           Nachdem die Milch gut abgerahmt wurde und sauer geworden ist – sey es nun mit
                              der Zeit oder durch Zusatz gährungerregender Agentien – hat sich daraus
                              Käsestoff (Caseïn) abgesetzt; diesen läßt man auf einem Tuch abtropfen, bis
                              die Masse die Consistenz eines festen Teigs erlangt hat; nach Verlauf einiger
                              Stunden muß man diese Masse zertheilen, indem man sie durch ein Drahtsieb von 8 bis
                              10 Löchern auf den Zoll reibt. Das Product wird dann in kochendes Wasser gebracht
                              und etwa 25 Minuten lang in der Siebhitze erhalten; man nimmt es hierauf vom Feuer,
                              gibt es in heißem Zustande auf ein Zeugfilter und wascht es auf demselben aus, bis
                              das abtropfende Wasser das Lackmuspapier nicht mehr röthet. Die zurückbleibende
                              feste Substanz wird nun wieder durch ein Drahtsieb, aber mit viel engeren Löchern
                              (20 bis 25 auf den Zoll) gerieben und hierauf das Product getrocknet. Ich benutze
                              Siebe von verzinktem (galvanisirtem) Eisendraht.
                           
                        
                           
                           Bereitung der animalischen Substanz mit
                                 Fleischfibrin.
                           Um die animalische Substanz mit Fibrin zu bereiten, zerreibe ich gehacktes Fleisch
                              mit Wasser und wasche es bis es eine gelblichweiße Farbe annimmt. Man läßt dann das
                              Wasser gut von demselben abtropfen und löst das Product in schwacher kaustischer
                              Kalilauge (von 1,010 spec. Gewicht) bei einer Temperatur etwas unter der Siedhitze
                              auf; es muß dabei ein Theil des Fibrins unaufgelöst zurückbleiben, nachdem die Lauge
                              bereits gut gesättigt ist. Wenn diese Auflösung durch einen Zeug geseiht worden ist,
                              kann sie zu meinem Zweck angewandt werden.
                           Ich ziehe es jedoch vor, mit dieser Auflösung einen Niederschlag zu bereiten, indem
                              ich sie mit einer Säure (vorzugsweise Essigsäure) versetze. Der so erhaltene
                              Niederschlag wird ausgewaschen, bis das ablaufende Wasser Lackmuspapier nicht mehr
                              röthet, dann das feste Product getrocknet. Um das so erhaltene Fibrin wieder
                              aufzulösen, zerreibe ich es in kaltem Wasser, welches Ammoniak enthält (aber etwas
                              mehr als unten zum Auflösen der aus Milch bereiteten animalischen Substanz angegeben
                              ist). Nachdem die Mischung gallertartig geworden ist, was nach einigen Stunden der
                              Fall ist, kocht man sie, um sie in flüssigen Zustand zu versetzen und gibt ihr vor
                              dem Erkalten Oel nebst gelöschtem Kalk (siehe unten) zu; dieß geschieht am besten,
                              während die Temperatur der Flüssigkeit 24° Reaumur beträgt, worauf man sie
                              beständig umrührt bis sie kalt ist.
                           
                        
                           Verbindung der Druckfarben mit den
                                 animalischen Substanzen (für nicht vorbereitete baumwollene Garne und
                                 Gewebe).
                           Die animalischen Producte müssen zu meinem Zweck mit (gelöschtem) Kalk verbunden
                              werden, damit sie beim Dämpfen auf oder in dem Gewebe der Baumwolle gerinnen können,
                              dasselbe folglich animalisiren, so daß es die Farben oder Farbstoffe –
                              insbesondere der Orseille – besser annimmt und
                              zurückhält.
                           Zuerst löse ich 10 Pfund der einen oder anderen animalischen Substanz in 50 bis 60
                              Pfd. heißem Wasser und 1 Pfd. flüssigem Aetzammoniak auf. Ich gebe nämlich die
                              animalische Substanz in ein irdenes oder hölzernes Gefäß mit etwa der Hälfte des
                              Wassers, setze die Ammoniakflüssigkeit zu und hierauf das übrige Wasser unter
                              beständigem Umrühren des Ganzen. Wenn diese Auflösung kalt wird, versetze ich sie
                              mit etwa 3 Procent Olivenöl, welches ich gut einrühre, damit die sich bildende Seife (Emulsion)
                              ganz gleichmäßig in der Masse vertheilt wird. Das so erhaltene Product versehe ich
                              mit 2 Proc. (des Ganzen) kaltem gelöschtem Kalk, welcher gut damit zusammengerührt
                              werden muß.
                           In diesem Zustand eignet sich das Präparat als Zusatz zu den Druckfarben für die
                              baumwollenen Gewebe und Garne, um letztern einen animalischen Charakter zu
                              ertheilen, welchen sie früher nicht besaßen.
                           Den Kalk und die Farben darf man dem Präparat erst kurz vor seiner Anwendung
                              zusetzen. Natürlich lassen sich auch nur solche Farben anwenden, welche durch den
                              Kalk und das Ammoniak nicht benachtheiligt werden.
                           Sind die anzuwendenden Farben unauflöslich, so verwandle ich sie in ein feines
                              Pulver, um sie der Auflösung von animalischer Substanz mit Kalk und Oel leichter
                              einverleiben zu können.
                           Die bedruckten Gewebe und Gespinnste müssen natürlich gedämpft werden.
                           
                        
                           Anwendung der animalischen Substanzen
                                 zum Beizen oder Vorbereiten der baumwollenen Gewebe und Gespinnste.
                           Will man das Präparat zum Beizen von Geweben und Gespinnsten benutzen, damit solche
                              nach dem Dämpfen einen animalischen Charakter besitzen, so wendet man bei seiner
                              Bereitung anstatt 3 Procent Oel etwa 15 Procent an.
                           Damit sich das Präparat mit den Geweben und Gespinnsten leicht verbinden kann, müssen
                              dieselben in gebleichtem Zustande seyn.
                           Baumwollgarn, welches vor dem Weben mit diesem Präparat behandelt und dann gedämpft
                              wurde, läßt sich – es mag nun für sich allein oder mit Wolle oder Seide
                              verwoben worden seyn – in viel feurigeren Farben drucken und färben.
                           Das Vorbereiten der baumwollenen Kette (für Wollmuslin) mit meinem Präparat wird auf
                              dieselbe Art ausgeführt wie jetzt das Schlichten, nur darf man dabei kein
                              messingenes Riet anwenden; die Kette wird hierauf gedämpft.
                           
                        
                           Vorbereiten der baumwollenen Garne und
                                 Gewebe mit Eiweiß.
                           Wenn man Eiweiß, Serum etc. zur Verfügung hat, welche beim Dämpfen in geronnenen
                              Zustand versetzt werden, kann man solche zum Beizen der Gewebe und Gespinnste
                              benutzen, indem man keinen Kalk zusetzt, sondern das Eiweiß bloß mit Oel vermischt und
                              nöthigenfalls mit Gummi verdickt.
                           Um nach meiner Methode ein baumwollenes Stück zu färben, dessen Garn nicht auf
                              angegebene Weise vorbereitet wurde, sättige ich das Stück mit dem Präparat, dämpfe
                              es und färbe es dann in der kochenden Flotte.
                           
                        
                           Zusatz.
                           Hr. Broquette hat bekanntlich ein neues Princip in der
                              Wollendruckerei eingeführt, indem er die reinen Lacke, welche man beim
                              Niederschlagen der Absüde von Cochenille, Gelbholz, Wau, Orseille etc. mit
                              Zinnchlorid erhält, als Druckfarben anwandte.Polytechn. Journal Bd. CIX. S.
                                       139. Diese Farben sind aber zum Drucken der mit Zinnoxyd gebeizten halbwollenen
                              Zeuge (Wollmusline) nicht anwendbar, weil jene Lacke behufs ihrer Vereinigung mit
                              dem Gewebe mit Zusatz von Kleesäure aufgedruckt werden müssen, welche beim
                              nachherigen Dämpfen der gedruckten Stücke (zur Fixirung der Farben) deren
                              baumwollene Kette schwächt oder mürbe macht. Um diesen Umstand zu beseitigen,
                              verfiel Broquette auf das Auskunftsmittel, der
                              (gebleichten) baumwollenen Kette für die Wollmusline einen animalischen Charakter zu
                              ertheilen, indem er sie mit der auflöslichen Verbindung von Käsestoff oder
                              Fleischfibrin und Kalk tränkt (schlichtet), welche animalische Verbindung dann durch
                              Dämpfen des Garns unauflöslich gemacht und so auf demselben fixirt werden kann.
                           Die bloß aus Baumwolle bestehenden Gewebe kann man natürlich mit solchen Farben,
                              welche von Ammoniak und Kalk nicht afficirt werden, unmittelbar bedrucken, indem man
                              die Verbindung von Käsestoff oder Fleischfibrin mit Kalk der Druckfarbe selbst
                              beimischt. Insbesondere liefert der Lack von Orseille-Pigment mit Zinnoxyd
                              auf baumwollenen Geweben, welche mit der Auflösung von Fleischfibrin oder Käsestoff
                              in Kalk vorbereitet wurden, Farben von auffallender Intensität und Lebhaftigkeit.
                              Jedenfalls eröffnet die Idee von Broquette für den
                              Zeugdruck und die Färberei ein neues Feld.
                           Die Verbindung von Fleischfibrin mit Kalk läßt sich nach den neuesten Versuchen von Liebig
                              Annalen der Chemie und Pharmacie, Januarheft 1850, S. 125. auf einem einfacheren Weg als dem von Broquette
                              eingeschlagenen darstellen. Wenn man nämlich sehr feingehacktes Ochsenfleisch durch Ausziehen mit
                              kaltem Wasser und Pressen von allen darin enthaltenen löslichen Theilen befreit hat,
                              so bleibt ein weißer geschmackloser Rückstand, welcher aus eigentlicher Muskelfaser,
                              Nerven- und Bindegewebe besteht. Bringt man denselben in Wasser, welches ein
                              Zehntel Procent Salzsäure enthält, so löst er sich schon bei gewöhnlicher Temperatur
                              größtentheils sogleich und vollkommen zu einer durch Fetttheile schwach getrübten
                              Flüssigkeit auf, die sich, ihrer dicklichen Beschaffenheit wegen, schwierig aber
                              vollkommen durch Filtriren von den ungelösten Theilen trennen läßt. Die Lösung
                              gerinnt bei der Neutralisation zu einem dicken, weißen, gallertartigen Brei, der
                              sich in überschüssigen Alkalien leicht löst. Der durch Neutralisation der salzsauren
                              Lösung des Fleischfibrins erhaltene Riederschlag löst sich in Kalkwasser auf und
                              diese Lösung gibt beim Sieden eine Gerinnung wie eine verdünnte Eiweißlösung. Wird
                              der Niederschlag aber vorher mit Wasser gekocht, so ist er unlöslich in
                              Kalkwasser.
                           Ein Verfahren um sich nicht-coagulirtes Eiweiß als
                              Beizmittel für die Baumwolle wohlfeil verschaffen zu können, liefert folgende
                              Beobachtung von Liebig über das Blutfibrin. Wenn man
                              Blutfibrin (welches man durch Schlagen aus dem Blut in Fasern sich absetzen ließ)
                              wohl auswascht, hierauf in einem verschließbaren Gefäß mit Wasser übergießt, so daß
                              es davon ganz bedeckt ist, und verschlossen an einem warmen Orte sich selbst
                              überläßt, so tritt sehr bald Fäulniß ein. Nach und nach verliert es unter Färbung
                              seinen Zusammenhang und löst sich nach etwa drei Wochen beinahe ganz auf zu einer
                              kaum gefärbten Flüssigkeit, in welcher einige schwarze Flocken schwimmen, deren
                              Farbe von Schwefeleisen herrührt; die letzteren können durch Filtration von der
                              Flüssigkeit leicht getrennt werden. Die Auflösung, welche man in dieser Weise
                              erhält, läßt sich von einer Albuminlösung nicht
                                 unterscheiden; sie gerinnt beim Erhitzen zu einer gallertartigen Masse,
                              welche alle Eigenschaften, sowie die Zusammensetzung des Albumins besitzt.
                           
                              E. D.