| Titel: | Ueber rohe Potasche und deren Prüfung auf ihren Gehalt an reinem kohlensaurem Kali; von Dr. Mohr. | 
| Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XXIII., S. 120 | 
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                        XXIII.
                        Ueber rohe Potasche und deren Prüfung auf ihren
                           Gehalt an reinem kohlensaurem Kali; von Dr. Mohr.Aus des Verfassers Commentar zur preußischen Pharmakopöe, Bd. II S. 17.
                           
                        Mohr, über rohe Potasche und deren Prüfung auf ihren
                           Gehalt.
                        
                     
                        
                           Die organische Natur bietet uns kein einziges Material dar, aus dem mit Vortheil
                              kohlensaures Kali gewonnen werden könnte, obschon ungeheure Mengen von Kali in
                              Felsarten, namentlich im Feldspathe enthalten sind. Nichtsdestoweniger rührt alles
                              Kali, welches wir uns verschaffen können, aus der unorganischen Natur her. Die obere
                              Schicht der Erde, die sogenannte Dammerde, ist durch Zertrümmerung und Zerreibung
                              von Felsen entstanden, und enthält in Gestalt von seinem Pulver oder kleinen
                              Steinstückchen das Kali an Kieselsäure gebunden. Durch Verwitterung, welche Frost,
                              Regen, Sonnenhitze bewirken, zerfallen die größeren Stückchen in Staub, und dieser
                              wird durch Wirkung von Wasser und Kohlensäure zersetzt. Die löslichen Bestandtheile
                              werden von den Wurzeln der Pflanzen aufgenommen, und in der Pflanze selbst
                              niedergelegt. Nach der Verbrennung der Pflanzen bleiben diese Bestandtheile als
                              Asche zurück. In welcher Verbindung sie in der Pflanze, namentlich in der Holzfaser enthalten sind, ist
                              nicht überall genau bekannt.
                           Die Pflanzen haben je nach ihrer Natur eine specifische Anziehungskraft für einzelne
                              Bestandtheile des Bodens. Einige nehmen mehr Kalisalze, andere Kalksalze, noch
                              andere Kieselsäureverbindungen in sich auf. Daß diese Bestandtheile einen
                              wesentlichen Antheil an dem Wachsthum und Leben der Pflanzen haben, ist, wenn auch
                              durch unzählige Thatsachen des Ackerbaues schon längst dargethan, doch erst durch
                              Liebig deutlich und unumwunden ausgesprochen und
                              bewiesen worden.
                           Die Pflanzen unterscheiden sich sowohl durch die Menge der Asche welche sie geben,
                              als auch durch die Zusammensetzung derselben. Die Stämme geben die wenigste Asche,
                              mehr geben die Rinden und Blätter. Gesträuche geben mehr als Bäume, Kräuter mehr als
                              Gesträuche, Blätter mehr als Stengel. Die Buche gibt 0,58, die Eiche 1,2, die
                              Weinrebe 3,4, die gemeine Nessel 10,6, die gemeine Distel 4, das Farrenkraut 5 Proc.
                              Asche von der trocknen Pflanzensubstanz. An in Wasser löslichen Bestandtheilen sind
                              in der Asche der Eiche 15 Proc., der Buche 25 Proc., der Linde 11, der Birke 16, der
                              Fichte 14 Procent enthalten.
                           Die erste Bearbeitung der Asche auf Potasche geschieht von eigenen Fabriken, welche
                              mit Vortheil nur in sehr holzreichen Gegenden, wie Rußland, Illyrien, Amerika
                              angelegt werden können. In gut bewohnten Gegenden nimmt man nur die Asche, welche
                              durch Verbrennung des Holzes zu anderen Zwecken erhalten worden ist. In holzreichen
                              und schwach bewohnten Gegenden wird auch wohl das Holz eigens, um die Asche zu
                              gewinnen, verbrannt. In allen Fällen wird die Holzasche zuerst mit Wasser
                              ausgelaugt. Um hier nun wieder starke Flüssigkeiten zu erhalten und weniger Wasser
                              beim Eindampfen verflüchtigen zu müssen, wird das Wasser successive auf mehrere
                              Fässer, in denen sich die auszulaugende Asche befindet, ausgegossen. Der erste
                              Auszug ist gewöhnlich so concentrirt, daß er für sich allein eingedampft werden
                              kann; der zweite Auszug ist schon etwas dünner und wird auf das zweite Faß
                              aufgegeben; der dritte Auszug des ersten Fasses ist sehr dünn, und wird erst auf das
                              zweite, dann von diesem auf das dritte Faß aufgegossen. Nun wird das erste Faß
                              entleert und mit neuer Asche gefüllt, dann der zweite und dritte Auszug des dritten
                              Fasses und zum letztenmal reines Wasser aufgegeben. In dieser Art ist der Inhalt
                              eines jeden Fasses dreimal ausgezogen, und die Lösungen sind alle so concentrirt, wie
                              der erste Auszug aus einem frischen Fasse. Diese Flüssigkeiten werden nun in
                              gußeisernen oder kupfernen Kesseln eingedampft. Entweder läßt man hierbei die schwer
                              löslichen Salze, wie das schwefelsaure Kali heraus krystallisiren, in welchem Falle
                              die Potasche gehaltreicher wird, oder man dampft alles zusammen ein, wo sie dann
                              verhältnißmäßig ärmer an Potasche wird.
                           Die ersten Auszüge sind von unverbrannten Holzresten in der Asche, von den Kübeln und
                              Fässern immer sehr braun gefärbt. Die erste rohe Salzmasse ist ebenfalls dunkelbraun
                              gefärbt. Diese organischen Farbstoffe werden durch Verbrennen zerstört. Die
                              erhaltene rohe Potasche wird in Flammenöfen auf einem ebenen Herde, über welchen die
                              Flamme schlägt, unter Umarbeiten mit einer eisernen Krücke bis zum Glühen erhitzt,
                              bis alles Wasser verjagt und die organische Materie verbrannt ist.
                           In diesem Zustande wird die Potasche in den Handel gebracht. Sie führt den Namen
                              gebrannte, calcinirte Potasche (cineres clavellati.)
                           Die rohe Potasche ist sehr ungleich rein. Die meiste enthält lösliche und unlösliche
                              Bestandtheile. Die löslichen sind kohlensaures Kali, schwefelsaures Kali,
                              kieselsaures Kali und Chlorkalium; die unlöslichen kohlensaurer Kalk, Asche,
                              Steinchen des Ofens etc. Einige Potaschen sind ganz frei von unlöslichen
                              Bestandtheilen, wie namentlich die illyrische Potasche, welche eine schon halb
                              gereinigte Potasche, und besonders zum pharmaceutischen Gebrauch sehr nutzbar ist.
                              Die amerikanische Potasche enthält viel Aetzkali, sogar etwas Schwefelkalium; die
                              deutsche enthält viel schwefelsaures Kali; die illyrische enthält bis zu 85 Procent
                              reines kohlensaures Kali. Letztere ist blendend weiß, die amerikanische aber
                              grünlich von mangansaurem Kali. Da das reine kohlensaure Kali ein sehr
                              wasserbegieriges Salz ist, so theilt es diese Eigenschaft auch der Potasche mit.
                              Gute Potasche zerfließt leicht in der Luft. Erst wird sie feucht und klümperig,
                              zuletzt aber verwandelt sie sich in eine flüssige Masse. Schlechte Potasche wird nur
                              feucht. Obgleich die Zerfließlichkeit ein Zeichen der Güte der Potasche ist, so wird
                              man sich doch hüten, feuchte Potasche zu kaufen, weil man nicht Wasser für Potasche
                              bezahlen will.
                           Um die Potasche auf ihren Gehalt an reinem kohlensaurem Kali zu prüfen, hat man
                              verschiedene Methoden in Anwendung gebracht. Die directeste und am wenigsten von
                              subjectiver Beurtheilung abhängige ist die Bestimmung des Verlustes an Kohlensäure,
                              wenn man die Potasche durch eine stärkere Säure zersetzt. Hierbei müssen nun die
                              Bedingungen erfüllt
                              werden, daß keine anderen kohlensauren Salze in der Potasche enthalten sind, und daß
                              das Kali als einfach-kohlensaures Salz und nicht als Aetzkali, noch als
                              doppelt- oder anderthalb-kohlensaures Salz vorhanden sey.
                           Außer der absoluten Reinheit der Potasche kommt noch ihr Gehalt an Wasser zur
                              Sprache. Er vermindert den Gehalt an wirklichem kohlensaurem Kali, ist aber nicht
                              als eine Verunreinigung anzusehen. Den Wassergehalt findet man durch einen
                              Glühversuch. Man wägt etwas Potasche in einem kleinen Platintiegel genau ab und
                              bestimmt den Gewichtsverlust nach dem Glühen. Mit diesem Versuche kann man zugleich
                              jene Vorbedingung erfüllen, alles in der Potasche enthaltene Aetzkali und
                              Schwefelkalium in einfach-kohlensaures Kali zu verwandeln.
                           Um dieß zu erreichen, betröpfelt man die abgewogene Potasche mit einer concentrirten
                              Lösung von kohlensaurem Ammoniak in dem Platintiegel selbst, dampft vorsichtig zur
                              Trockne ab, und glüht nachher das Salz in schwacher Rothglühhitze. Das Gewicht des
                              Rückstandes gibt nun die Menge der feuerbeständigen Bestandtheile, worin die
                              Potasche nun im normalen Zustande als einfach-kohlensaures Kali enthalten
                              ist. Wenn die Potasche im Wasser ganz löslich ist, so kann man die geglühte Probe
                              ohne weiteres zur Gewichtsbestimmung der Kohlensäure nehmen; ist sie dieß aber
                              nicht, so muß man sie in Wasser lösen und durch ein kleines Filter filtriren, dieses
                              aber mit destillirtem Wasser genügend nachwaschen.
                           Man kann nun zur Bestimmung der austreibbaren Kohlensäure mit mehr oder weniger
                              Genauigkeiten sich anschicken. Besitzt man keine passenden Apparate, so bedient man
                              sich eines hohen Becherglases, welches man mit einer Glasplatte bedeckt. In das
                              Becherglas bringt man die geglühte Potasche, übergießt sie mit einem gleichen oder
                              doppelten Gewichte destillirten Wassers und stellt das Glas auf eine gute Waage.
                              Daneben stellt man ein mit gutem Ausgusse und gläsernem Stöpsel versehenes Glas,
                              welches eine mehr als zur vollständigen Zersetzung der Potasche nöthige Menge
                              verdünnter Schwefelsäure oder Salpetersäure enthält. Man bringt nun die Waage durch
                              Tara ins Gleichgewicht. Dann gießt man aus dem kleinen Glase, welches die Säure
                              enthält, allmählich in das große Becherglas, welches die Potasche enthält, indem man
                              die bedeckende Glasplatte nur wenig zur Seite schiebt. Man sorge dafür, daß sich das
                              Ganze nicht zu sehr erwärme, damit keine Wasserdämpfe verflüchtigt werden. Wenn bei
                              gutem Schütteln und frischen Zusätzen von Säure kein Aufbrausen mehr entsteht, so
                              ist die Zersetzung beendigt. Nachdem man die Glasplatte eine kurze Zeit abgehoben und das Glas in der
                              Luft bewegt hat, um die gasförmige Kohlensäure daraus zu vertreiben, werden beide
                              Gläser wieder auf die Waage gebracht, und der Gewichtsverlust, welcher in
                              Kohlensäure besteht, genau bestimmt. Das reine kohlensaure Kali besteht in 100
                              Gewichtstheilen genau aus 31,8 Kohlensäure und 63,2 Kali. Chemisch reines
                              kohlensaures Kali kann also bei der Operation nur 31,8 Procent seines Gewichts an
                              Kohlensäure verlieren. Ein unreines wird um so weniger verlieren, je weniger
                              kohlensaures Kali es enthält. Kennt man nun den Verlust irgend eines bestimmten
                              Gewichts Potasche an Kohlensäure, so kann man daraus leicht den Gehalt an reinem
                              kohlensaurem Kali berechnen.
                           31,8 Kohlensäure entsprechen 100 kohlensaurem Kali, also eine gefundene Menge
                              Kohlensäure entspricht nach einer einfachen Proportion dieser oder jener Menge
                              kohlensauren Kalis. Man hat also den Verlust an Kohlensäure mit 100 zu multipliciren
                              und das Product mit 31,8 zu dividiren. Der Quotient zeigt die Procente an reinem
                              kohlensaurem Kali an.
                           Um dieser letztern Rechnung überhoben zu seyn, kann man gerade eine solche Menge
                              Potasche nehmen, daß, wenn sie reines kohlensaures Kali wäre, gerade 100 Theile
                              Kohlensäure daraus frei werden müßten. Die Frage ist also einfach, welche Menge von
                              reinem kohlensaurem Kali enthält 100 Th. Kohlensäure.
                           31,8 Kohlensäure sind in 100 kohlensaurem Kali enthalten, also sind 100 Kohlensäure
                              in 314 kohlensaurem Kali enthalten. Nimmt man also 314 Gewichtseinheiten
                              kohlensaures Kali in Arbeit, so entspricht jede Gewichtseinheit entweichender
                              Kohlensäure einem Procente reinen kohlensauren Kalis. Als Gewichtseinheit paßt sich
                              sehr gut das Centigramm, in welchem Falle 314 Centigramme oder 3,14 Gramme Potasche
                              abzuwiegen sind. Sollte die Waage nicht sehr empfindlich seyn, so nimmt man die
                              doppelte Menge Potasche oder 6,28 Gramme, in welchem Falle man auch doppelt so viel
                              Procente erhält und sie also mit 2 dividiren muß.
                           Die Verbesserungen dieser Methode bestehen wesentlich darin, daß man zwei
                              Fehlerquellen ausschließt, die sich glücklicherweise zum Theil compensiren. Das
                              kohlensaure Gas entweicht in einem etwas feuchten Zustande. Der Gewichtsverlust ist
                              deßhalb etwas größer als er seyn sollte. Dagegen bleibt in der Flüssigkeit etwas
                              Kohlensäure aufgelöst, und der Gewichtsverlust ist dadurch etwas zu gering. Gerade
                              weil sich diese beiden
                              Fehler zum Theil aufheben, ist diese einfache Methode zu solchen Bestimmungen genau
                              genug.
                           Man vermeidet den ersten dieser Fehler dadurch, daß man die Zersetzung der Potasche
                              in einem Kölbchen vornimmt, in dessen Korke eine mit entwässertem Chlorcalcium
                              gefüllte Röhre angebracht ist. Indem das feuchte Gas durch diese Röhre geht, setzt
                              es seinen Wassergehalt an das Chlorcalcium ab. Den zweiten Fehler hebt man dadurch
                              auf, daß man durch Erwärmen von außen die Kohlensäure aus der Flüssigkeit austreibt
                              und durch Ansaugen an der Chlorcalciumröhre aus dem Kölbchen entfernt. Zu einem
                              gewöhnlichen alkalimetrischen Versuche ist die einfachere Methode genau genug.
                           Eine andere und ältere Methode, den Gehalt an kohlensaurem Kali zu bestimmen, besteht
                              darin, daß man die Menge einer Säure von bestimmter Stärke ermittelt, die zur
                              Sättigung einer bestimmten Menge Potasche erforderlich ist. Diese letztere Methode
                              hat mehrere sehr wesentliche Fehler. Erstlich ist sie subjectiv. Die Sättigung wird
                              an der Farbenveränderung von Lackmustinctur erkannt. Da aber die Lackmustinctur
                              nicht plötzlich aus Blau ins Roth übergeht, sondern eine Menge von Zwischenstufen
                              durchläuft, so hängt das richtige Treffen von einer Beurtheilung ab, die sehr
                              schwankend ist. Zweitens erheischt die Ausübung dieser Methode eine große Uebung,
                              weil ein Ueberschuß der zugesetzten Säure den Versuch unbrauchbar macht. Drittens
                              muß man Lackmustinctur vorräthig haben, die sehr leicht verdirbt, und eine genau
                              titrirte Säure. Die Richtigstellung dieser Säure macht allein mehr Mühe, als eine
                              ganze Reihe von Versuchen nach der ersten objectiven Methode.