| Titel: | Ueber eine einfache und sichere Indigo-Probe; von H. Reinsch. | 
| Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XXIX., S. 140 | 
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                        XXIX.
                        Ueber eine einfache und sichere
                           Indigo-Probe; von H.
                              Reinsch.
                        Aus dem Jahrb. für prakt. Pharmacie, Bd. XVIII. S.
                              248.
                        Reinsch, über eine einfache und sichere Indigoprobe.
                        
                     
                        
                           So häufig der Indig in der Färberei gebraucht, so vielfach er von manchen Aerzten in
                              der Medicin angewendet wird, um so weniger hat man sich doch bis jetzt nach einer
                              Probe umgesehen, vermittelst welcher man die Güte desselben, resp. seinen Gehalt an
                              Farbstoff, schnell und sicher erfahren könne. Wenn es auch dahin gestellt bleiben
                              muß, ob seine arzneiliche Wirksamkeit von dem Indigleim, oder einer der drei
                              Farbstoffe, oder der Zusammenwirkung dieser Stoffe bedingt ist, so ist der Wechsel
                              derselben doch so groß, daß in der Medicin immer nur eine Sorte von gleichmäßiger
                              Beschaffenheit angewendet werden sollte. Für den Färber hat nur der blaue Farbstoff
                              Werth, auch wird die Güte des Indigs überhaupt nach dem Gehalt an diesem Farbstoff
                              bestimmt, sowie auch der Werth des Indigs bisher nach seiner Färbekraft geschätzt
                              worden ist. Bisher hat man allgemein den Werth des Indigs nur nach seinem Ansehen
                              bestimmt; wie sehr dieses aber täuschen kann, davon habe ich mich mehrmals
                              überzeugt; es ist dieses äußere Ansehen noch viel täuschender, als der Geschmack der
                              Weinschmecker oder der Bierkiefer, bezüglich dieser geistigen Getränke. Ich nahm, um
                              mich ganz bestimmt zu überzeugen, von ein und demselben Indigo aus einer Kiste ein Stück
                              und zerschlug es in mehrere Stücke, packte diese in Papier und befragte mich bei
                              mehreren tüchtigen Färbern über den Werth dieser Waare, doch so, daß ich diese
                              Proben von ein und derselben Sorte immer zwischen andere Proben schob. Dabei kam
                              denn das sonderbare Resultat heraus, daß ein Bruchstück für einen ausgezeichneten
                              Indig von fff Qualität ausgegeben wurde, wovon
                              gegenwärtig das Pfund sich zu 4 fl. 30 kr., höchstens 5 fl. stellt, während ein
                              anderes Stück für einen Indig pro 3 fl. erklärt wurde.
                              Ein Stück Java-Indig wurde für bengalischen gehalten, weil ich es vorher
                              angehaucht hatte. Dieses beweist wohl hinlänglich, wie höchst täuschend das Ansehen
                              ist. Ja ein Stück Indig, welches ich von der Handlung unter dem Namen
                              „Bengal Nro. III.“ erhalten, und welches sich bei meinen
                              Proben so schlecht herausgestellt hatte, daß es kaum den dritten Theil des
                              Farbstoffgehaltes von dem Bengal Nro. I. zeigte, war von einem Färber, dem eine
                              50jährige Indigpraxis zur Seite stand, für einen ganz guten Indigo erkannt
                              worden.
                           Wenn nun aber dem so ist, was werden unsere Pharmaceuten thun, welchen diese Drogue
                              vielleicht alle Jahre ein Mal unter die Hände kommt? Ich muß gestehen, daß, ob ich
                              gleich in vielen Apotheken Gelegenheit hatte, mich von der Art des Indigs zu
                              überzeugen, ich doch niemals weder prima Sorte Bengal noch Java gefunden habe. Noch
                              bemerke ich hierbei, daß, obgleich es im Handel noch eine Menge anderer Sorten von
                              Indig gibt, es doch diese beiden hauptsächlich sind, welche gesucht und verbraucht
                              werden. Die amerikanischen Sorten kommen seltener vor, wie Guatemala (welcher
                              zuweilen auch „Tissat“ genannt wird) und der Domingo,
                              vielleicht werden sie auch unter der Firma von Bengal und Java verkauft. Es mag
                              dieses etwa so seyn, wie man jetzt überall bayerisches Bier oder ächten Champagner
                              trinkt, welche beide weder Bayern noch die Champagne zum Vaterlande haben. Aus dem
                              Gesagten ergibt sich gewiß hinlänglich, wie wünschenswerth es war, eine Probe zu
                              besitzen, welche den Werth des Indigs nach seinem Farbstoffgehalt angebe; ich hatte
                              mich schon längere Zeit mit der Auffindung einer solchen beschäftigt, da ich mich
                              früher selbst mehrere Jahre mit der Färberei praktisch befaßt hatte. Im Anfang
                              bediente ich mich der kalten Küpe, welche bekanntlich darin besteht, daß man den
                              Indig mit Kalk, Eisenvitriol und Wasser anrührt und absetzen läßt. In diesen Proben,
                              welche je mit 1 Grm. Indig ausgeführt worden, wurde eine gewisse Menge Garn gefärbt,
                              und aus der Farbe auf die Quantität des Farbstoffs in dem Indig geschlossen. Aber
                              diese Probe ist sehr umständlich und ziemlich unsicher. Ganz unausführbar ist eine
                              solche Probe
                              mittelst der warmen Küpe, und eine Probe, welche den reinen Farbstoff auf
                              chemisch-analytischem Wege auszumitteln fähig, ist so umständlich und
                              zeitraubend, daß sie gar nicht gebraucht werden kann.
                           Später nahm ich meine Zuflucht zur Sublimation, indem ich die Indigprobe zwischen
                              zwei Uhrgläsern der Sublimation unterwarf; aber auch diese Probe ist ganz
                              unzuverlässig, da man von ein und derselben Sorte die abweichendsten Resultate
                              erhält, indem das Feuer nie so gleichmäßig regulirt werden kann, daß immer gleiche
                              Mengen reinen Farbstoffes sublimirt werden. Ebenso umständlich, obgleich viel
                              sicherer, ist die Probe mittelst der kalten Küpe, wobei man den Indig, durch
                              fleißiges Bewegen der Flüssigkeit an der Luft, fällt, auswäscht, stark trocknet und
                              dann wiegt. Ein anderer Versuch bestand noch darin, daß ich die verschiedenen
                              Indigproben mit Salzsäure behandelte; je schlechter die Sorte war, um so mehr verlor
                              sie dabei; so verlor z.B. auf diese Weise behandelt:
                           
                              
                                 Java-Indig prima Sorte
                                 13
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Java-Indig, prima Sorte von einer anderen
                                    Quelle
                                 12
                                 „
                                 
                              
                                 Bengal-Indig I.
                                 15
                                 „
                                 
                              
                                 Bengal-Indig I. von einer anderen Bezugsquelle
                                 14
                                 „
                                 
                              
                                 Bengal-Indig, Nro. II., mittel.
                                 20
                                 „
                                 
                              
                                 Bengal.-Indig, Nro. III., geringer
                                 35
                                 „
                                 
                              
                           Das specifische Gewicht kann keinen Anhaltspunkt geben, und das Massengewicht ist
                              stets unsicher. Im Allgemeinen ist aber der Java-Indig leichter und poröser,
                              wovon es auch kommen mag, daß seine Farbe ins Reinblaue schimmert, während der
                              Bengal-Indig einen violetten Schimmer zeigt. Die specifischen Gewichte waren
                              nämlich folgende; dabei muß bemerkt werden, daß die Probe nach dem Abwiegen im
                              Wasser eingetaucht wurde und darin sechs Stunden lang liegen blieb.
                           
                              
                                 
                                 Bengal
                                 Nro. I.
                                 1,180
                                 
                              
                                 Andere Sorte
                                 Bengal
                                 Nro. I.
                                 1,178
                                 
                              
                                 
                                 Java
                                 Nro. I.
                                 1,169
                                 
                              
                                 Andere Sorte
                                 Java
                                 Nro. I.
                                 1,170
                                 
                              
                                 
                                 Bengal
                                 Nro. II.
                                 1,175
                                 
                              
                                 
                                 Bengal
                                 Nro. III.
                                 1,174
                                 
                              
                           Der Wassergehalt war bei den verschiedenen Sorten wenig abweichend, konnte also auf
                              ihre verschiedene Güte wenig influiren, er betrug im Durchschnitt 4 1/2 Procent.
                           
                           Nach diesen verschiedenen Versuchen, um irgend einen Anhaltspunkt für die schnelle
                              und sichere Bestimmung des Werthes des Indigs zu finden, nahm ich meine Zuflucht zur
                              Auflösung desselben in rauchender Schwefelsäure; die dabei erhaltenen Resultate
                              befriedigten mich auch ganz, nur finden dabei einige Erscheinungen statt, welche
                              eine sorgfältige Beachtung verdienen. Es gehört dazu, daß der Indig möglichst fein
                              gerieben und die Schwefelsäure so concentrirt wie möglich sey; merkwürdig ist es,
                              daß die Auflösung von dem Java-Indig und dem Indig, welchen ich mir auf
                              chemischem Wege durch Behandlung mit Säure, Kalilauge, Weingeist und Wasser
                              dargestellt hatte, nicht die reinblaue Farbe zeigte, wie der bengalische, obgleich
                              ich diese Versuche mehrmals wiederholte; ich konnte deßhalb auch keinen Maaßstab
                              bezüglich des gereinigten Indigs anlegen. Ein sehr erfahrener Färber sagte mir, er
                              ziehe den bengalischen Indig zur Auflösung in Schwefelsäure dem Java-Indig
                              vor, da letzterer verbrenne; dieses tritt nämlich dann ein, wenn der Indig nicht
                              reinblau sich auflöst, sondern dessen schwefelsaure Lösung im Wasser eine ins
                              Carmoisinrothe schillernde Farbe bildet. Um nun das relative Färbungsvermögen und
                              den damit in Beziehung stehenden Gehalt des Indigs an blauem Farbstoff kennen zu
                              lernen, wurde 1 Decigrm. jeder einzelnen Probe zuerst fein gerieben, dann 4 bis 5
                              Tropfen rauchende Schwefelsäure zugesetzt, damit fein abgerieben, bis das Ganze eine
                              braune gleichmäßige Masse bildet; man setzt hierauf 1 Grm. Schwefelsäure zu, reibt
                              es einige Zeit, bis eine grüne klare Lösung entstanden ist, und setzt dieser noch 1
                              Grm. rauchende Schwefelsäure zu; zuletzt vermischt man diese Lösung nach und nach
                              mit 10 Grm. Wasser. Man verschafft sich nun zwei ganz gleichweite und gleichgroße
                              Glascylinder von weißem Glase, theilt diese in zwanzig gleiche Theile und nimmt von
                              einer Probe 1 Gramm schwefelsaure Indiglösung (dazu verfertigt man sich ein Maaß,
                              ich bediene mich einer engen Glasröhre, welche an einem Ende zugeblasen ist),
                              vermischt diese Lösung so lange mit Wasser, bis sie eine hellblaue, durchsichtige
                              Flüssigkeit bildet; wird der eine Cylinder durch 1 Gramm Lösung nicht hinlänglich
                              gefärbt, so wird noch etwas mehr davon genommen, bis dieser ganz mit hellblauer
                              Lösung gefüllt ist. Gewöhnlich fülle ich den einen Probecylinder mit der Lösung des
                              anscheinend besten Indigs. Nachdem dieses geschehen, wird in dem zweiten Cylinder
                              eine gleiche Menge Lösung von derselben Probe mit Wasser verdünnt, um zu erkennen,
                              ob die Lösungen vollkommen gleich tief gefärbt sind. Wenn dieses der Fall ist, so
                              gießt man die Lösung aus dem einen Cylinder aus und bringt in diesen eine gleiche
                              Menge von der
                              schwefelsauren Indigolösung und verdünnt diese nach und nach mit Wasser, so lange
                              bis die Lösungen ganz gleichmäßig blau sind. Dabei ist darauf zu achten, daß man die
                              Farben nicht zu dunkel macht, da sich in diesem Falle der Unterschied nicht so
                              leicht finden läßt; jedoch darf die Farbe auch nicht zu lichtblau genommen werden,
                              da die Nüance dann schwerer zu treffen ist. Man beobachtet auch die Gleichartigkeit
                              der Färbung noch dadurch, daß man die beiden Cylinder wechselt, ein Mal in die
                              rechte und das andere Mal in die linke Hand nimmt, den einen bald vor, bald hinter
                              den anderen hält. Sobald also die Lösungen ganz gleichmäßig blau sind, bemerkt man,
                              wie viel man zu der Probe des geringeren Indigs Wasser gebraucht habe, um die
                              gleiche Färbung hervorzubringen. Der Probecylinder, welcher die Normalprobe enthält,
                              sey z.B. mit 1 Grm. der schwefelsauren Indiglösung gefärbt worden. Dazu sind 20
                              Maaßtheile Wasser nöthig gewesen, zu der Probe für den geringeren Indig sind aber
                              nur 15 Maaßtheile Wasser nöthig gewesen, um die gleiche Färbung hervorzubringen,
                              diese Probe wird also um 5/20 oder 1/4 weniger Indigfarbstoff enthalten. Um keiner
                              Täuschung unterworfen zu seyn, ließ ich mir von einem meiner Schüler mehrere solcher
                              Proben machen, unterwarf sie dann der Verdünnung und traf dabei immer die richtige
                              Menge. Die Proben sind so schnell auszuführen, daß jeder Färber, welchem es darum zu
                              thun ist, von der Güte des Indigs, welcher ihm als Probe zum Kauf angeboten ist,
                              sich schnell überzeugen kann. Er braucht sich dazu nur immer eine gewisse Menge
                              Indigolösung von bekannter Güte als Normallösung zu halten, und dann von der Probe
                              eine schwefelsaure Lösung zu machen. Da mir, wie ich schon oben bemerkt habe, der
                              gereinigte Indig nicht die gewünschten Resultate lieferte, so bediente ich mich dazu
                              eines Bengal-Indigs, prima Sorte, welche alle übrigen an Färbekraft übertraf,
                              und welche wenigstens 50 Procent reinen Farbstoffs enthielt.
                           Die Resultate waren folgende:
                           
                              
                                 Bengal-Indig als
                                    Normalprobe = 20.
                                 
                              
                                 
                                 I. Versuch.
                                 II. Versuch.
                                 
                              
                                 Prima Sorte anderer Bezugsquelle von
                                    Bengal-Indig
                                 20
                                 20 1/2
                                 
                              
                                 II. Qualität von Bengal Indig
                                 19
                                      19
                                 
                              
                                 III. Qualität von Bengal-Indig
                                   7
                                        8
                                 
                              
                                 Java-Indig I. Qualität
                                 19
                                 19 1/2
                                 
                              
                                 Java-Indig I. Qualität anderer Bezugsquelle
                                 19
                                 18 1/2
                                 
                              
                                 Java-Indig mittelfein
                                 18
                                      18.
                                 
                              
                           
                           Die III. Qualität von Bengal-Indig lieferte eine ganz schmutzig blaue Lösung;
                              nun habe ich oben angegeben, daß diese Sorte von einem sehr erfahrenen Färber für
                              ganz brauchbar für die warme Küpe erkannt worden sey; da aber das Blau aus der
                              warmen Küpe mehr ein schmutziges Braunblau ist, so ist es allerdings möglich, daß
                              diese Sorte für den Färber bezüglich der warmen Küpe vortheilhaft, daß sie aber für
                              kalte Küpe und sächsisch Blau (schwefelsaure Indiglösung) ganz unbrauchbar sey. Zum
                              arzneilichen Gebrauche ist sie jedenfalls auch zu verwerfen, denn sie ist
                              wahrscheinlich nur der unterste Satz des Indigs. Obige Probe könnte leicht genauer
                              gemacht werden, wenn man die Meßröhren verlängern würde, so daß die Procente
                              angegeben wären; eine solche Röhre müßte dann in 100 Theile getheilt werden; ich
                              glaube jedoch, daß für den beabsichtigten Zweck jene Röhren, wie ich sie oben
                              angegeben habe, hinlänglich sind; je größer die Grade werden, um so sicherer sind
                              auch die Resultate.
                           Noch habe ich einiges über die Verfälschungen des Indigs beizufügen, welche in
                              medicinischer Beziehung gewiß beachtenswerth sind, ob sie gleich bei dem
                              gegenwärtigen, äußerst niedrigen Preise dieses Farbstoffs sehr selten vorkommen
                              mögen. Sie bestehen nicht sowohl in einer Verunreinigung der Masse des Indigs, als
                              dessen Bestäubung. In jeder größeren Indigkiste finden sich nämlich mehrere Pfunde
                              Staub, welcher zuweilen 8 bis 10 Pfund betragen soll. Dieser Staub wird künstlich
                              erzeugt, um das Gewicht des Indigs zu vermehren; man mischt entweder Stärkmehl oder
                              Bleiweiß mit Indigpulver und füllt diese Mischung in
                              die Kisten. Mir ist eine derartige Verfälschung noch nicht vorgekommen; ich begnüge
                              mich damit die Aufmerksamkeit der Pharmaceuten darauf hinzulenken, da eine
                              Bestäubung mit Bleiweiß gewiß höchst nachtheilige Folgen hervorrufen könnte, um so
                              mehr, als der Indig gewöhnlich in größeren Dosen verschrieben wird.
                           Werfen wir noch einen Blick auf den gegenwärtigen Preis des Indigs, so kostet der
                              feinste Bengal per Pfund 4 fl. 30 kr.; feinster Java ebensoviel, doch wird Bengal
                              immer vorgezogen. Die Mittelsorte von Bengal kostet 3 fl., die geringere Sorte Nr.
                              III. 2 fl. 20 kr.; welcher Unterschied findet aber hier in der färbenden Kraft
                              statt! Bengal Nro. II ist fast, wenn nicht ebenso gut wie Nro. I, und sein Preis
                              beträgt nur 2/3 von dem Nro. I; Bengal Nro. III hingegen beträgt 5/9 von Nro. I und
                              ist als Färbematerial nur 1/3 so viel werth. Dieses sind gewiß zu beachtende
                              Verhältnisse, welche für die Färberei von ebenso großer pecuniärer Wichtigkeit sind,
                              als sie es für die Pharmacie in medicinischer seyn würden, wenn erst das wirksame Princip
                              in dem Indig genau nachgewiesen wäre.