| Titel: | Analytische Untersuchung der in der Porzellanmalerei gebräuchlichen rothen Farben; von Salvétat, Chemiker an der Porzellanfabrik zu Sèvres. | 
| Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. LXXV., S. 367 | 
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                        LXXV.
                        Analytische Untersuchung der in der
                           Porzellanmalerei gebräuchlichen rothen Farben; von Salvétat, Chemiker an der
                           Porzellanfabrik zu Sèvres.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, Novbr. 1849, S.
                              333.
                        Salvétat, über die in der Porzellanmalerei gebräuchlichen
                           rothen Farben.
                        
                     
                        
                           Die rothen Farben sind für die Porzellanmalerei von großer Wichtigkeit; mittelst
                              ihrer bringen die Figurenmaler die Fleischfarbe hervor; durch die rothen Farben mit
                              Beihülfe der aus Gold bereiteten, werden von den Blumenmalern die rothen und
                              rosenrothen Blumen dargestellt; selbst die Landschaftmaler bedienen sich derselben
                              häufig.
                           Man bereitet sie mit Eisenoxyd, welches je nach dem gewünschten Ton verschiedenen
                              Temperaturen ausgesetzt wurde. Bekanntlich wechselt die Farbe des Eisenoxyds von
                              Orangeroth bis zum dunklen Violettroth je nach der Temperatur auf welche es erhitzt
                              wurde. Man vermengt das Oxyd vom verlangten Ton mit seinem dreifachen Gewicht Fluß für Grau, welcher aus 1 (calcinirtem) Borax, 2 Sand
                              und 6 Mennige besteht, und reibt sie zusammen, ohne zu schmelzen.
                           Ungeachtet dieser einfachen Verhältnisse und der leichten Bereitung des Eisenoxyds in
                              reinem Zustande, werden die rothen Porzellanfarben unter diejenigen gerechnet,
                              welche sehr schwer mit allen zu wünschenden Eigenschaften darzustellen sind.
                           Die ersten schönen rothen Farben wurden von Dihl
                              dargestellt, welcher sie aus einem Oxyd bereitete, das er, wie man sagt, aus Preußen
                              kommen ließ; der Chemiker Bourgeois zu Paris bereitete
                              solche ebenfalls sehr schön; den größten Ruf erwarben sich aber die von Hrn.
                              Pannetier für Madame Jaquotot bereiteten rothen Farben, welche in den
                              Meisterwerken dieser Künstlerin in ihrem vollen Glanze zu sehen sind. Die
                              ausgezeichnetsten Maler erkennen einstimmig die Lebhaftigkeit, die Durchsichtigkeit
                              und den Schmelz dieser Farben an, welche die rothen Farben anderer Chemiker nicht
                              besitzen.
                           Die Reihe der rothen Farben des Hrn. Pannetier besteht aus eilf Nüancen, welche sich von Orange bis zum
                              Grau in folgender Ordnung abstufen:
                           
                           
                              
                                 
                                 Benennung zu Sèvres.
                                 
                              
                                 Orange
                                 Nr.
                                 55 Orangeroth.
                                 
                              
                                 Roth Nr. 1
                                 „
                                 56 Kapuzinerkreßroth.
                                 
                              
                                 Roth Nr. 2
                                 „
                                 58 Blutroth.
                                 
                              
                                 Roth Nr. 3
                                 „
                                 62 Fleischroth.
                                 
                              
                                 Roth Nr. 4
                                 „
                                 63 Karminroth.
                                 
                              
                                 Roth Nr. 5
                                 „
                                 64 Lackroth.
                                 
                              
                                 Eisenviolett Nr. 6
                                 „
                                 66 Blaßviolettroth.
                                 
                              
                                 Eisenviolett Nr. 7
                                 „
                                 66 A Violettroth.
                                 
                              
                                 Eisenviolett Nr. 8
                                 „
                                 66 B Dunkelviolettroth.
                                 
                              
                                 Eisenviolett Nr. 9
                                 „
                                 66 C sehr dunkles Violettroth.
                                 
                              
                                 Eisengrau Nr. 10
                                 „
                                 66 D Eisengrau.
                                 
                              
                           Diese Nüancen, von der ersten bis zur letzten, bilden eine Reihe von Typen, welchen
                              man sich wohl hie und da anzunähern vermochte, von denen man aber oft, besonders bei
                              Bereitung der äußersten Glieder, sehr entfernt blieb; in der That hat man bis auf
                              den heutigen Tag noch nichts dargestellt, was sich dem fraglichen Orangeroth oder
                              Eisengrau näherte.
                           Ich hielt es von Interesse zu wissen, ob das Eisenoxyd allein diese mit dem
                              Orangeroth Nr. 55 beginnende und mit dem Eisengrau Nr. 66 D endende Farben-Abstufung hervorzubringen vermag, und falls diese
                              Nüancen nur durch Gemische erzielt werden könnten, welcher Art dieselben sind und
                              wie man sie zusammensetzen müsse. Auch schien es mir von Nutzen zu ermitteln, ob Hr.
                              Pannetier ganz denselben
                              Fluß anwandte wie die anderen Chemiker; endlich war ich begierig zu erfahren, ob das
                              Verhältniß zwischen dem Fluß und dem färbenden Stoff dasselbe ist wie es in den
                              Lehrbüchern der technischen Chemie angegeben wird.
                           Aus diesen Gründen unternahm ich die Analyse der Pannetier'schen rothen Farben und die erhaltenen Resultate setzten mich in
                              Stand, die rothen Palettefarben von Sèvres bedeutend zu verbessern.
                           
                        
                           I. – Orangeroth (Pannetier). – Nr. 55 Orangeroth (Sèvres).
                           Orange. – Erster Farbenkreis
                              (chromatische Sphäre) von Chevreul.
                           Diese Farbe entspricht in ihrer Nüance dem Orange des
                              ersten Chevreul'schen Farbenkreises.
                           Meines Wissens hat bisher kein Chemiker außer Hrn. Pannetier mittelst Eisen eine dem normalen
                              Orange so nahekommende Nüance dargestellt; alle Versuche, welche ich selbst früher
                              mit reinem Eisenoxyd anstellte, gaben mir stets eine zu rothe Farbe, welche mit dem
                              darauffolgenden Kapuzinerkreßroth übereinstimmte. Durch die Analyse überzeugte ich
                              mich, daß in Pannetier's
                              Orange Zinkoxyd enthalten ist, wodurch sich der schwach ockerige Ton dieses Roth
                              vollkommen erklärt. Mit dem Orange des ersten Chevreul'schen Farbenkreises verglichen, ist Pannetier's Orangeroth in der That
                              durch Spuren von Braun gebrochen.
                           Durch Behandlung der Farbe mit Flußsäure entdeckte ich darin Kieselerde, Borsäure,
                              Natron und Bleioxyd, welche den Fluß ausmachen; ferner Eisenoxyd und Zinkoxyd mit
                              Spuren von Thonerde, die den Farbstoff bilden.
                           Die quantitative Analyse ergab folgende Bestandtheile:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 17,48
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 51,54
                                 
                              
                                 Borax
                                 13,08
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 14,10
                                 
                              
                                 Zinkoxyd
                                 3,80
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Mittelst einer nach diesen Daten bereiteten Verbindung von Zink- und Eisenoxyd
                              konnte ich ohne Anstand das Pannetier'sche Orange mit dem
                              gelben Ton erzeugen, welchen mit reinem Eisenoxyd hervorzubringen mir nie
                              gelang.
                           Man vermischt zu diesem Behufe die kalt bereiteten Auflösungen von 10 Theilen
                              metallischen Eisens und 5 Theilen destillirten Zinks in Salzsäure, präcipitirt die
                              Mischung mit kohlensaurem Natron, wascht den grünlichen Niederschlag aus und
                              trocknet ihn nicht eher, als bis er in Berührung mit der Luft und dem Waschwasser in
                              vollkommenes Oxyd übergegangen ist. Man läßt ihn dann trocknen und setzt das Oxyd
                              der dunkeln Rothglühhitze aus; endlich vermengt man 1 Thl. dieses zinkhaltigen Oxyds
                              mit 1 Theil des vierten orangerothen Oxyds.
                           Dieses zusammengesetzte Oxyd wird mit dem Fluß, welcher aus 1 Sand, 3/4 geschmolzenem
                              Borax und 3 Mennige besteht, im Verhältniß von 475 Theilen Fluß auf 100 Theile Oxyd
                              vermengt. Erst weiter unten werden wir uns mit der Vergleichung dieses Flusses mit
                              dem Fluß für Grau beschäftigen, und bemerken nur noch, daß der größere Flußzusatz
                              hier den Zweck hat, die Entwickelung der dem kieselsauren Blei und Eisen
                              eigenthümlichen gelben Nüance zu begünstigen.
                           
                        
                           
                           II. Roth Nr. 1 (Pannetier). – Nr. 56. Kapuzinerkreßroth (Sèvres).
                           Viertes Orangeroth. – Erster
                              Farbenkreis (Chevreul).
                           Dieses Roth, welches für das Auge weniger Gelb enthält als das vorige und sich
                              folglich mehr dem reinen Roth nähert, entspricht dem vierten Orangeroth des ersten
                              Chevreul'schen Farbenkreises, mit welchem Namen ich
                              es zu bezeichnen vorschlage. Man erhält es leicht mit reinem Eisenoxyd. Es ist dieß
                              das am meisten in Orange stechende Roth, welches bis jetzt mittelst reinen
                              wasserfreien Eisenoxyds erhalten werden konnte; ich sage wasserfreiem und reinem,
                              denn das Eisenoxydhydrat, in welchem das Wasser durch Zinkoxyd, wahrscheinlich auch
                              durch andere Oxyde ersetzt werden kann, ohne daß seine Farbe dadurch, selbst bei
                              starker Rothglühhitze verändert wird, bildet eine mehr gelbe Nüance, die unter dem
                              Namen Ocker oder Gelbbraun
                              bekannt ist.
                           Die Analyse ergab in diesem Roth dieselben Bestandtheile wie im obigen, mit Ausnahme
                              des Zinkoxyds, welches ganz fehlt; auch Spuren von Thonerde wurden gefunden. Es
                              besteht aus:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,60
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 50,39
                                 
                              
                                 Borax
                                 12,51
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 20,50
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Das Eisenoxyd von der angegebenen Nüance bereitet man durch Calciniren des
                              schwefelsauren Eisenoxyduls (Eisenvitriols) bei möglichst niedriger Temperatur; es
                              muß jedoch erwähnte Nüance auch bei einer Temperatur von 800° C. noch
                              behalten. Es schadet nicht, wenn man diesen Hitzgrad nicht erreicht; es ist sogar
                              besser, darunter zu bleiben. Man wäscht das Oxyd mit warmem Wasser aus und trocknet
                              es.
                           
                        
                           III. Roth Nr. 2 (Pannetier). – Nr. 58. Blutroth (Sèvres).
                           Drittes Orangeroth. – Erster
                              Farbenkreis (Chevreul).
                           Das Blutroth ist entschiedener roth und enthält für das Auge noch weniger Gelb als
                              das Kapuzinerkreßroth; es entspricht dem dritten Orangeroth des ersten Farbenkreises
                              Chevreul's. Mit dieser
                              Farbe konnte ich die Normalfarbe dieses ersten Kreises darstellen; ich benenne sie
                              daher drittes Orangeroth.
                           
                           Man erhält sie mit dem reinen Eisenoxyd, welches durch Calciniren des Eisenvitriols
                              bei etwas intensiverer Hitze als bei Bereitung des vierten orangerothen Oxyds
                              dargestellt wurde.
                           Ich konnte in dieser Farbe kein anderes Oxyd als im Roth Nr. 1 entdecken. Die
                              quantitative Analyse ergab als Bestandtheile:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,90
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 49,51
                                 
                              
                                 Borax
                                 13,39
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 19,70
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 0,50
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           IV. Roth Nr. 3 (Pannetier). – Nr. 62. Fleischroth (Sèvres).
                           Zweites Orangeroth. – Erster
                              Farbenkreis (Chevreul).
                           Die Benennung Fleischroth bezeichnet den Ton dieser Farbe hinlänglich; sie ist röther
                              als die vorige und entspricht dem zweiten Orangeroth des ersten Chevreul'schen Farbenkreises; ich benenne sie daher
                              zweites Orangeroth. Es verdient erwähnt zu werden, daß diese Farbe das reinste Roth
                              ist, welches man für Porzellan zuwegegebracht hat; umsomehr gereicht es den
                              Künstlern zum Lobe, daß sie durch geschickte Zusammensetzungen und glückliche
                              Gegensätze nicht nur ohne diese Farbe zurecht kamen, sondern noch glauben machten,
                              sie besäßen dieselbe. Wir müssen gestehen, daß es für die Palette des
                              Porzellanmalers an rothen Farben fehlt und daß alle Töne, welche dem 1sten
                              Orangeroth, Orangeroth, 5ten, 4ten, 3ten, 2ten, 1sten Roth, Roth, 5ten, 4ten, 3ten
                              Rothviolett entsprechen, bis jetzt nicht in verglasbaren Farben dargestellt werden
                              konnten; es ist dieß eine zur Zeit schwer auszufüllende Lücke; aber es ist die
                              einzige; von den 72 Farben, welche der Kreis enthält, ist es mir gelungen die 60
                              übrigen durch sehr einfache Mittel darzustellen, welche ich demnächst mittheilen
                              werde, um die Anwendung der Farbentafel, welche für die Künste und Wissenschaften so
                              nützlich zu werden verspricht, mehr zu verbreiten.
                           In dem Roth Nr. 3 von Pannetier fand ich:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,60
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 49,18
                                 
                              
                                 Borax
                                 14,22
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 20,00
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           
                           V. Roth Nr. 4 (Pannetier). – Nr. 63. Karminroth (Sèvres).Ein Gemenge von ungefähr gleichen Theilen Roth Nr. 2, 3 und 4 wurde mit
                                    Flußsäure behandelt; ich fand:Bleioxyd50,06Borax12,12Eisenoxyd20,50
                              
                           Die in Sèvres für dieses und die folgenden Roth gewählte Benennung bezeichnet
                              die Verschiedenheiten ihrer Nüancen hinreichend. Die Zusammensetzung dieser Farbe
                              ist folgende:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,30
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 50,02
                                 
                              
                                 Borax
                                 13,68
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 20,00
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           VI. Roth Nr. 5 (Pannetier). – Nr. 64. Lackartiges Roth (Sèvres).
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,80
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 49,44
                                 
                              
                                 Borax
                                 15,96
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 18,20
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           VII. Eisenviolett (Pannetier). – Nr. 66. Blasses Violettroth (Sèvres).
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,85
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 50,66
                                 
                              
                                 Borax
                                 12,66
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 19,83
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           VIII. Eisenviolett Nr. 7 (Pannetier). – Nr. 66 A. Violettroth (Sèvres).
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,39
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 50,52
                                 
                              
                                 Borax
                                 12,01
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 21,08
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                           Alle diese Oxyde bereitet man auf die Art, daß man die durch Calciniren des
                              Eisenvitriols erhaltenen Oxyde einer immer intensiveren Hitze unterwirft.
                           
                        
                           IX. Eisenviolett Nr. 8 (Pannetier). – Nr. 66 B. Dunkles Violettroth (Sèvres).
                           Das reine Eisenoxyd vermag, im stärksten Feuer geglüht, keinen dunklern Ton mehr
                              anzunehmen als das Violett Nr. 7 ist, welches sonach als Gränze der Intensität zu
                              betrachten ist, die mit dem Eisenoxyd ohne Beihülfe eines andern Oxyds erreicht
                              werden kann. Alle meine Versuche, ein dunkleres Violett zu erhalten, führten zu
                              keinem Resultat. Ich mußte daher untersuchen, ob das Violett Nr. 8 frei ist von
                              andern Oxyden. Ich erkannte darin leicht Manganoxyd, welches ich nicht von dem
                              Eisenoxyd zu trennen suchte; es genügte zu wissen, daß solches vorhanden ist. Ich
                              fand als Zusammensetzung der Farbe:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16 56
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 50,09
                                 
                              
                                 Borax
                                 15,36
                                 
                              
                                 Eisen- und Manganoxyd
                                 17,99
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           X. Eisenviolett Nr. 9 (Pannetier). – Nr. 66 C. Sehr dunkles Violettroth (Sèvres).
                           Diese Farbe ist von einem so dunkeln Ton, daß er für das Auge nur mehr eine schwache
                              Nüance von Blau darbietet. Sie enthält ebenfalls mit dem Eisenoxyd innig verbundenes
                              Manganoxyd, und zwar in größerer Menge als das vorhergehende Violett, was dieser
                              Farbe ihre eigenthümliche Kraft ertheilt. Die Analyse, wobei das Eisen- und
                              Manganoxyd mittelst bernsteinsauren Ammoniaks getrennt wurden, ergab:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 16,40
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 50,60
                                 
                              
                                 Borax
                                 12,14
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 18,71
                                 
                              
                                 Manganoxyd
                                 12,15
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                        
                           XI. Eisengrau Nr. 10 (Pannetier). – Nr. 66 D. Eisengrau (Sèvres).
                           Diese Farbe ist sehr beliebt und da ihr Ton beinahe schwarz und ziemlich intensiv
                              ist, so leistet sie den Figurenmalern sehr gute Dienste um die Fleischtöne zu brechen,
                              ohne befürchten zu müssen, daß solche durch das Brennen schwärzer werden als man
                              beabsichtigte. Sie enthält kein Kobaltoxyd, aber ziemlich viel Manganoxyd. Die
                              Analyse ergab:
                           
                              
                                 Kieselerde
                                 17,09
                                 
                              
                                 Bleioxyd
                                 47,30
                                 
                              
                                 Borax
                                 17,01
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Manganoxyd
                                 18,60
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Die Oxyde zu den mit Nr. 66 B, 66 C und 66 D bezeichneten Farben werden auf
                              dieselbe Weise bereitet, wie die vorhergehenden Roth. Die Einverleibung des Mangans
                              ist eine Operation, welche sehr große Umsicht erfordert. Ich werde den geeignetsten
                              Zustand des Manganoxyds zu diesem Zweck später in einer besondern Abhandlung
                              erörtern.
                           Aus vorstehenden Analysen ersieht man, daß die Eisenfarben des Hrn. Pannetier alle fast dieselben
                              Bestandtheile haben, welche in denselben Verhältnissen verbunden sind, besonders
                              wenn man bei jeder Farbe die Thonerde, das Eisenoxyd, Zink- und Manganoxyd
                              zusammenrechnet. Man sieht sogleich, daß der Fluß derselbe bleibt; nur der Ton des
                              Farbstoffs wechselt, und ich habe gezeigt, daß diese Verschiedenheit entweder von
                              der Intensität der Hitze abhängt, welcher das Oxyd ausgesetzt wurde, oder von der
                              Natur der Bestandtheile, oder endlich von den Verhältnissen, in welchen eben diese
                              Bestandtheile mit einander verbunden sind.
                           Das Mittel aller Analysen gibt folgende Zahlen:
                           
                              
                                 
                                 Verhältnisse.
                                 
                                 
                                 
                                 Verhältnisse.
                                 
                                 
                              
                                 KieselerdeBleioxydBorax
                                 133/4
                                   16,72  49,93  13,82
                                 
                                    
                                    
                                   80,47
                                 4
                                 Fluß
                                 
                              
                                 Oxyde (Eisenoxyd,
                                    Manganoxyd,    Thonerde, Zinkoxyd)
                                 „
                                   19,53
                                 
                                   19,53
                                 1
                                 Oxyd
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 –––––
                                 ––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00
                                 
                                 100,00
                                 5
                                 
                                 
                              
                           Die Berechnung würde nach diesen Verhältnissen ergeben:
                           
                              
                                 
                                 Verhältnisse.
                                 
                                 
                                 
                                 Verhältnisse.
                                 
                                 
                              
                                 KieselerdeBleioxydBorax
                                 133/4
                                   16,85  50,55  12,60
                                 
                                    
                                    
                                   80
                                 4
                                 Fluß
                                 
                              
                                 Oxyde (Eisenoxyd,
                                    Manganoxyd,    Thonerde, Zinkoxyd)
                                 „
                                   20,00
                                 
                                   20
                                 1
                                 Oxyd
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 ––––
                                 –––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00
                                 
                                 100
                                 5
                                 
                                 
                              
                           
                           Diese Zahlen stimmen so viel als möglich überein. Nur bei dem Borax ergeben die
                              Versuche einen kleinen Ueberschuß. Bei zwei directen Bestimmungen des Borax fand ich
                              12,51 und 12,12, welche Zahlen sich der theoretischen weit mehr nähern, die als die
                              richtigere zu betrachten ist.
                           Da wir nun hinsichtlich der Zusammensetzung der fraglichen rothen Farben im Reinen
                              sind, so können wir sie mit jenen anderer Chemiker vergleichen. Letztere haben
                              folgende Zusammensetzung.
                           
                              
                                 
                                 Verhältnisse.
                                 
                                 
                                 
                                 Verhältnisse.
                                 
                              
                                 KieselerdeBleioxydBorax
                                 131/2
                                   16,67  50,00    8,33
                                 
                                    
                                    
                                   75
                                 3
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 „
                                   25,00
                                 
                                   25
                                 1
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 –––
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 100,00
                                 
                                 100
                                 4
                                 
                              
                           Vergleicht man diese Zahlen mit den vorhergehenden, so sieht man, daß das Verhältniß
                              des Bleioxyds und des Sands constant bleibt, und eine gewisse Menge des Oxyds in den
                              ersteren durch ein gleiches Gewicht Borax ersetzt ist. Der Einfluß dieser
                              Stellvertretung auf die Schmelzbarkeit der Farbe ist einleuchtend.
                           Der Unterschied zwischen beiden Farbenreihen läßt sich noch deutlicher zeigen. In den
                              Pannetier'schen Farben besteht nämlich der Fluß aus 1
                              Sand, 3/4 Borax und 3 Mennige, einer schmelzbarern Verbindung als die nur 1/2 Borax
                              enthaltende. Ferner enthalten sie auf 1 färbendes Oxyd 4 Fluß, während die andern
                              Farben auf 1 färbendes Oxyd nur 3 Fluß enthalten; es ist daher einleuchtend, daß
                              jene leichter schmelzen.
                           Ich gehe nun auf den Glanz und die Lebhaftigkeit der Pannetier'schen Farben über. Ich sagte, daß die Verschiedenheit der
                              Nüance, welche das Eisenoxyd erhält (es ist hier nur von reinem Eisenoxyd die Rede),
                              von der Temperatur abhängt, auf welche es erhitzt wurde, und bemerkte, daß je höher
                              die Temperatur, desto kräftiger der Ton ist. Ich erinnere noch daran, daß alle
                              Farben, welche das Oxyd annimmt, vom Orange bis zum Violett wechseln, d.h. daß sie
                              sich in Gelb, Roth und Blau zersetzen können – einfache Farben, welche ein
                              mehr oder weniger dunkles Grau geben, je nach dem Intensitätsgrad der drei
                              Grundfarben. Je niederer die Temperatur ist, desto mehr Gelb bleibt zurück, je höher
                              sie ist, desto mehr Blau tritt hinzu.
                           Daraus geht hervor, daß die Farbe um so reiner seyn wird, je mehr das Oxyd, welches
                              sie erzeugt, aus Theilchen besteht, welche bei gleicher Temperatur modificirt
                              worden, daher identisch sind. Die Nüance wird mithin eine vollkommen reine seyn,
                              wenn alle Molecule die zu ihrer Entwickelung nothwendige Hitze erlitten, keines entweder eine zu
                              schwache, wobei zu viel Gelb zurückblieb, oder eine zu heftige, wodurch das Blau
                              vorwaltend wurde.
                           Der Kunstgriff besteht also darin, daß man die Farbe nur aus Oxydtheilchen
                              zusammensetzt, welche derselben Temperatur ausgesetzt wurden. Diesen Zweck erreicht
                              man leicht dadurch, daß man nur kleine Mengen auf einmal in Arbeit nimmt und die
                              Masse beständig umrührt. Man hält mit dem Feuer inne, wenn die Temperatur lange
                              genug gleich erhalten wurde; prüft alle nach einander erhaltenen Präparate und
                              vermengt nur diejenigen, welche hinsichtlich der Nüance ganz gleich sind; hiezu ist
                              ein geübtes und sehr empfindliches Auge erforderlich und ernstliche Kunststudien
                              müssen hiebei das chemische Wissen nothwendig ergänzen. Nur auf diesem Wege konnte
                              Pannetier es so weit bringen.
                           Ich untersuchte aufmerksam die Rolle der Thonerde, welche einige Chemiker für
                              vortheilhaft, ja für unentbehrlich zur leichten Bereitung recht durchsichtiger
                              rother Farben erachten. Ich kam bald zu der Ueberzeugung, daß sie gar keine Rolle
                              dabei spielt. Die Pannetier'schen rothen Farben (mit
                              Ausnahme jedoch des Orange, wovon eine Probe ziemlich viel Thonerde anstatt Zinkoxyd
                              enthielt) enthalten nur Spuren von Thonerde; und Oxyde, bei deren Bereitung ich eine
                              gewisse Menge Thonerde einverleibte, zeigten keinen besondern Vorzug im Vergleich
                              mit rothen Farben aus Oxyden die keine Thonerde enthielten.
                           Um allen Zweifel zu heben, untersuchte ich vier Proben sogenannter Mars-Oxyde von Hrn. Colcomb Bourgeois, der sie sehr gut bereitet.
                              Dieselben enthielten:
                           
                              
                                 
                                 Nr. 1.Orange.
                                 Nr. 2.Roth.
                                 Nr. 3.Lackroth.
                                 Nr. 4.Violett.
                                 
                              
                                 Sand
                                     6,80
                                     7,04
                                     2,80
                                     9,00
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                   88,00
                                   85,66
                                   82,70
                                   76,00
                                 
                              
                                 Thonerde
                                     5,00
                                     7,04
                                   14,00
                                   14,40
                                 
                              
                                 Kalk
                                   –
                                   –
                                   –
                                     0,50
                                 
                              
                                 Verlust
                                     0,20
                                     0,26
                                     0,50
                                     0,10
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Ich vermengte dieselben mit vier Theilen des Pannetier'schen Flusses und brannte die so erhaltenen Farben auf
                              Sèvres'schem Porzellan ein. Das Resultat war nicht verschieden von demjenigen
                              mit Oxyden ohne Thonerde; und doch war der Thonerdegehalt bedeutend, besonders in
                              Nr. 3 und 4. – Ich will damit der Thonerde nicht allen Einfluß absprechen,
                              welchen sie in den Marsfarben etwa für die Miniatur- oder die Oelmalerei durch Verdünnung
                              oder Belebung der Farbe haben mag; glaube aber behaupten zu können, daß sie bei der
                              Bereitung der verglasbaren Farben von gar keinem Nutzen ist.
                           Im Wesentlichen glaube ich dargethan zu haben:
                           1) daß die Pannetier'schen Farben schmelzbarer sind als
                              diejenigen anderer Chemiker, theils weil sie einen schmelzbarern Fluß haben, theils
                              weil sie weniger Farbstoff enthalten; ich habe die Zusammensetzung dieses Flusses
                              und die Verhältnisse angegeben, in welchen er dem Oxyde beizumengen ist;
                           2) daß das reine Eisenoxyd, je nach dem Grade, in welchem es calcinirt wird, vom
                              vierten Orangeroth bis zum Violettroth variiren kann, ohne aber bis zum Orange
                              herunter kommen oder an Kraft eine gewisse Gränze überschreiten zu können; in diesen
                              beiden Fällen sind Zusähe nothwendig, und zwar von Zinkoxyd oder Thonerde, um Orange
                              zu erhalten, und von Manganoxyd in steigendem Verhältniß für zunehmend dunklere
                              Violett;
                           3) daß die Thonerde, im Widerspruch mit der herrschenden Meinung, auf die Reinheit
                              und Lebhaftigkeit der Nüance, welche das reine Eisenoxyd unter den angeführten
                              Umständen annimmt, ohne Einfluß ist.
                           Die Farben, welche nicht durch andere verwandelt sind, suchte ich mit bestimmten
                              rationelleren Namen zu bezeichnen, indem ich sie mit den Chevreul'schen Normalfarben verglich; ich glaube, die Bezeichnungen:
                              Orange, viertes, drittes, zweites Orangeroth verdienen den Vorzug vor den vagen
                              Benennungen: Orangeroth, Kapuzinerkreßroth, Blutroth und Fleischroth. Hoffentlich
                              wird die von Chevreul vorgeschlagene gewissermaßen
                              mathematische NomenclaturDie Farbenharmonie, in ihrer Anwendung bei der
                                    Malerei, bei der Fabrication von farbigen Waaren jeder Art, bei der Anlegung
                                    von Gärten, bei der Decoration von Kirchen, Theatern, Wohngebäuden etc. Ein
                                    praktisches Lehrbuch zur Kenntniß der physikalischen Gesetze, nach welchen
                                    Farben neben einander gestellt werden müssen, um einen wohlgefälligen
                                    Eindruck zu machen. Aus dem Französischen des E. Chevreul. Stuttgart 1840. Verlag von Paul Neff. künftig sowohl in der Wissenschaft als in der Technik die in den
                              Laboratorien und Fabriken jetzt gebräuchlichen willkürlichen Benennungen
                              verdrängen.