| Titel: | Ueber einige Erscheinungen bei der Färbung des Glases durch Metalloxyde; von G. Bontemps. | 
| Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. LXXXIX., S. 431 | 
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                        LXXXIX.
                        Ueber einige Erscheinungen bei der Färbung des
                           Glases durch Metalloxyde; von G.
                              Bontemps.
                        Aus dem Philosophical Magazine, Dec. 1849, S.
                              439.
                        Bontemps, über Färbung des Glases durch Metalloxyde.
                        
                     
                        
                           Während einerseits die meisten Verbesserungen im Fabrikwesen neuen Anwendungen der
                              Wissenschaft zu verdanken sind, muß man andererseits auch zugeben, daß die
                              Beobachtung bei der Fabrication vorkommender Erscheinungen schon zu vielen
                              wissenschaftlichen Entdeckungen geführt hat.
                           Die Wiederherstellung der Glasmalerei und die Fabrication des gefärbten Flintglases
                              zuerst in Böhmen, dann in allen Theilen Deutschlands, in Frankreich und England,
                              lenkte vorzüglich die Aufmerksamkeit der Glasfabrikanten vor ungefähr fünfzehn
                              Jahren auf die Färbung des Glases durch Metalloxyde. Sie hielten sich dabei an die
                              in den Werken von Neri, Merret, Kunkel, Ferrand, Haudiquer de
                                 Blancourt etc. angeführten Vorschriften, welche aber häufig nicht das
                              gewünschte Resultat gaben, wo sich dann die Fabrikanten zu dem Schlusse berechtigt
                              glaubten, daß die Erfinder selbst nicht die Resultate erhalten hätten, welche sie
                              mittheilen. Die Wahrheit aber ist, daß man nicht unter gleichen Umständen operirte. Jene Recepte hatten jedenfalls nur einen
                              empirischen Werth; die Chemie war damals noch keine Wissenschaft, sondern nur eine
                              Anhäufung von Thatsachen ohne alle systematische Ordnung; und die Physik war
                              gleichfalls nicht besser im Stande die beobachteten Erscheinungen zu erklären. Erst
                              in neuerer Zeit setzte uns die chemische Wissenschaft in Stand, die Metalloxyde und
                              ihre verschiedenen Verbindungen mit Säuren zu analysiren. Man hat das Glas der Analogie nach, als ein Salz mit einer oder
                              mehreren Basen betrachtet und hinsichtlich der Färbung desselben durch Metalloxyde
                              allgemeine Principien aufgestellt. So sagt man z.B. das kieselsaure Kali und Natron seyen farblos; das kieselsaure Kali oder Natron und Manganoxydul-purpurroth; das kieselsaure
                                 Kali oder Natron und Kobaltoxyd – blau; das kieselsaure Kali und Kupferoxyd – blau; das kieselsaure Kali und Kupferoxydul – roth; das kieselsaure Kali und Goldoxydul – purpurroth etc. Solche
                              Annahmen sind für diejenigen vollkommen hinreichend, welche nur einer
                              oberflächlichen Kenntniß bedürfen; wenn man aber auf die Erscheinungen bei dem Färben des Glases durch
                              Metalloxyde tiefer eingeht, so überzeugt man sich bald, wie fruchtbar dieses Feld
                              der Beobachtung und wie weit man noch mit der Erklärung der Erscheinungen zurück
                              ist.
                           Wir betrachten hier nur einige der durch verschiedene Metalle hervorgebrachten
                              Erscheinungen.
                           
                        
                           1. Eisen.
                           Man nimmt allgemein an, daß Eisenoxyd dem Glas eine grünliche Farbe ertheilt; in der
                              That wird aber diese Farbe nur unter gewissen Umständen erzeugt.
                           Den Fabrikanten von Porzellan-, Steingut- und Töpfergeschirr ist wohl
                              bekannt, daß das Eisenoxyd die färbende Substanz des feinen purpurrothen in der Muffel gebrannten Emails ist. Wird dabei zu stark
                              gefeuert, so verliert das Email seinen purpurrothen Ton und nimmt einen orangerothen an. Man kann also drei Farben des Spectrums
                              durch Eisenoxyd erzeugen, und zwar bei Hitzgraden, welche im Vergleiche mit der
                              Temperatur der Glasschmelzöfen, die wir jetzt betrachten wollen, niedrig zu nennen sind.
                           Wenn wir in einen Glashafen, welcher geschmolzenes weißes Glas oder Flintglas
                              enthält, während des Glasblasens ein kleines Stück Eisen hineinwerfen, so fällt es
                              in Folge seines Eigengewichts zu Boden; wird nun der Hafen nach dem Blasen aus dem
                              Ofen genommen, so werden wir an dem zum Theil oxydirten Eisen das Glas orange bis gelb gefärbt
                              finden. Von der Erzeugung der gelben Farbe durch
                              Eisenoxyd haben wir auch ein Beispiel bei der Fabrication des künstlichen Aventuringlases. Bekanntlich wird dieses Glas erzeugt,
                              indem man weiches Glas, das einen großen Antheil Kupfer- und Eisenoxyd
                              enthält, einer Temperatur unter seinem Schmelzpunkt aussetzt; dabei reducirt sich
                              das Kupfer zu metallischen Krystallen und das Glas, welchem nur das Eisenoxyd eine
                              Farbe ertheilt, wird bräunlichgelb; je mehr Kupfer
                              reducirt wurde, desto gelber erscheint das Glas.
                           Gehen wir nun zu den gewöhnlichen Umständen der Färbung des Glases durch Eisenoxyd
                              über, so finden wir, daß bei einer nicht sehr hohen Temperatur, z.B. in bedeckten
                              Häfen für Flintglas, das Eisenoxyd eine grüne Farbe gibt,
                              die sich mehr dem Gelb nähert als dem Blau. Alle Nüancen von Grün werden in der
                              Regel durch Vermischung des Eisenoxyds mit Kupferoxyd (welches Blau gibt)
                              hervorgebracht. Die
                              grünliche Farbe des Bouteillenglases muß auch der Verbindung von Eisenoxyd nebst den
                              im Glassatz enthaltenen kohligen Substanzen zugeschrieben werden. Wenn wir aber bei
                              hoher Temperatur schmelzen, wie z.B. bei der Fabrikation des Fensterglases, so
                              bemerken wir, daß der Zusatz einer kleinen Menge Eisenoxyds zur Mischung dem Glas
                              eine bläuliche Farbe ertheilt. Den
                              Bouteillenglas-Fabrikanten ist auch bekannt, daß wenn das Glas im Hafen
                              erkaltet, es vor dem Entglasen undurchsichtig blau
                              wird.
                           Aus vorstehenden Bemerkungen geht hervor, daß das Glas durch
                                 Eisenoxyd alle Farben des Spectrums annimmt, ferner daß diese Farben bei
                                 zunehmender Temperatur in ihrer natürlichen Ordnung hervorgebracht
                                 werden.
                           
                        
                           2. Mangan.
                           Es ist allgemein bekannt, daß das Manganoxyd dem Glase eine rosen- oder
                              purpurrothe Farbe ertheilt, welche Eigenschaft zur Fabrication eines purpurrothen
                              Glases benutzt wird. Hauptsächlich dient deßwegen auch das Mangan als Glasseife zum (Reinigen der Glasmasse durch)
                              Neutralisiren der blaßgrünlichen Farbe, welche kleine Mengen Eisens und
                              kohlenstoffhaltiger Substanzen erzeugen, die in den Materialien zum weißen oder
                              Flintglas enthalten sind. Es ist aber sehr merkwürdig, daß die durch Manganoxyd
                              hervorgebrachte blaßrothe Farbe sich so leicht verändert; wenn das Glas zu lang in
                              dem Schmelzofen, und dann im Kühlofen bleibt, so geht das Purpur zuerst in blaßes Braunroth, dann in Gelb und zuletzt in Grün
                              über.
                           Ich muß hierbei einer interessanten Thatsache hinsichtlich des Mangangehaltes des
                              Glases erwähnen. Weißes Glas, welches eine kleine Menge Mangan enthält, wird, dem
                              Lichte ausgesetzt, gelb. Als ich für Fresnel das Glas zu
                              seinen ersten polyzonalen Linsen schmolz, das ein vorzüglich weißes seyn mußte,
                              wurden die prismatischen Stücke des Glases nach kurzer Zeit gelb, ohne ihre Durchsichtigkeit und Politur einzubüßen. Mit Recht schrieb
                              ich diese Färbung der Gegenwart des Mangans zu und wirklich trat sie nicht mehr ein,
                              als ich das Manganoxyd aus dem Satz wegließ. Um zu beweisen, daß diese Färbung
                              wirklich durch die Einwirkung des Lichtes hervorgebracht wurde, brach ich einen aus
                              manganhaltigem Glase frisch verfertigten prismatischen Ring in zwei Stücke; das eine
                              wurde, nachdem ich es ein paar Wochen dem Lichte ausgesetzt hatte, gelb; das andere
                              hingegen, welches in einer Schublade eingeschlossen blieb, hatte gar nichts an seiner Weiße
                              verloren.
                           Auch ist bekannt, daß manche Sorten Fensterglas, namentlich das böhmische, nach
                              längerer Zeit am Lichte eine blaß purpurrothe Farbe annehmen. Dasselbe geschieht bei
                              Fenster- oder Flintglas, welche eine kleine Menge Mangan enthalten, wenn sie
                              so lange im Streck- oder Kühlofen bleiben, daß eine anfangende Entglasung
                              eintreten kann; in diesem Fall wird das Innere des Glases undurchsichtig weiß,
                              während es äußerlich einen röthlichen Ton annimmt.
                           Ich gebe zu, daß einige der erwähnten Farbenerscheinungen durch die verschiedenen
                              Oxydationsstufen erklärt werden können, daß z.B. das Mangan einen Theil seines
                              Sauerstoffs verliert, wenn das Glas von Purpurroth in Gelb übergeht; diese Annahme
                              reicht aber nicht aus, um die Erscheinungen zu erklären, welche ich photogenische nennen möchte, und die in dem festen Glase
                              eintreten.
                           
                        
                           3. Kupfer.
                           Das Kupfer, auf dem Maximum der Oxydation, ertheilt ganz eisenfreiem Glase eine himmelblaue Farbe, welche sich mehr zum Grün hinneigt als
                              zum Purpurroth; auf seinem niedersten Oxydationsgrad ertheilt es dem Glase eine rothe Farbe. Zu allen Zeiten, wie noch jetzt, wurde das
                              rothe Fensterglas mittelst Kupferoxyduls gefärbt; es ist aber nicht leicht diese
                              Farbe hervorzubringen, wozu man gerade den rechten Augenblick treffen muß; dieser
                              Umstand gab zu vielen interessanten und merkwürdigen Beobachtungen Veranlassung.
                              Wenn dieses rothe Glas in dem gehörigen Zustand ist, um
                              es blasen zu können, und dann im Wasser plötzlich abgekühlt wird, so nimmt es eine
                              gelblichgrüne Farbe an; wird dieses gelblichgrüne
                              Glas bis zum Schmelzen erhitzt und dann langsam abgekühlt, so nimmt es die rothe Farbe in dem Grade als es abkühlt, wieder an und
                              wird vom schönsten Roth, welches sich mehr in Orange als
                              Purpur neigt. Zuweilen ist diese Färbung so delicat, daß sie bei der Abkühlung des
                              Glases auf gewöhnliche Weise nicht zum Vorschein kommt, und der verfertigte
                              Glasgegenstand der Temperatur des Kühlofens ausgesetzt werden muß, wo man dann die
                              rothe Farbe allmählich zunehmen steht, bis sie ihre größte Intensität erreicht hat;
                              ist die Temperatur dieses Ofens zu hoch, oder wird das verfertigte Rubinglas in eine
                              zu stark erhitzte Muffel gebracht, so geht die glänzend orangerothe Farbe zuerst in Carmesinroth und
                              dann in Purpurroth
                               über; bei noch stärkerer Hitze nimmt sie eine bläuliche Nüance an und wird dann ganz entfärbt; es ist übrigens
                              anerkannt, daß man das Rubinglas möglichst niedriger Temperatur aussetzen muß, um
                              die glänzendste Farbe zu erhalten. Wir können aus diesen Beobachtungen den Schluß
                              ziehen, daß Glas, in welchem Kupfer durch Zusatz von Zinn oder kohlenstoffhaltiger
                              Substanzen im Oxydulzustande erhalten wird, nacheinander alle
                                 Farben des Spectrums annehmen kann, und zwar unter Umständen welche auf
                              keine Veränderung der Oxydationsstufe zu deuten scheinen.
                           
                        
                           4. Silber.
                           Silberoxyd wird den in Glasöfen zu schmelzenden Mischungen (Glassätzen) selten
                              zugesetzt; allgemein wird es aber angewandt um das Glas durchsichtig gelb zu färben,
                              wozu man es auf dessen Oberfläche aufträgt und einbrennt. Diese Farbe wird ohne
                              allen Zusatz eines Flußmittels hervorgebracht; man
                              braucht nur auf die Oberfläche des Glases eine kleine Menge Silberoxyd oder irgend
                              eines Silberfalzes in sehr fein zertheiltem Zustand, gemengt mit einem neutralen
                              Vehikel, z.B. gepulvertem Thon oder rothem Eisenoxyd, aufzutragen und das Glas der
                              Hitze einer Muffel auszusetzen; das Vehikel wird nachher von der Oberfläche des
                              Glases weggebürstet und das Glas besitzt nun eine gelbe Farbe, welche zwischen Citronen- oder Grünlichgelb und dunkel Orange wechselt, je
                              nach der Menge des Silbers, besonders aber nach der Beschaffenheit des Glases;
                              selbst eine rothe Farbe kann man erhalten, wenn man das
                              Glas zweimal der Muffelhitze aussetzt. Dumas hat durch
                              genaue Analysen gefunden, daß das Glas, welches die tiefen Töne dieser Farben
                              anzunehmen vermochte, in ziemlich bestimmten stöchiometrischen Verhältnissen
                              zusammengesetzt ist, was mit der Beobachtung übereinstimmt, daß das Glas durch
                              langes Schmelzen bei hoher Temperatur von allem überschüssigen Kali befreit seyn
                              muß, um tiefe Töne von Orange und Roth anzunehmen.
                           Es ist wichtig, die Temperatur der Muffel nicht zu hoch zu steigern, weil sonst die
                              Oberfläche des Glases, auf welche das Silber gebracht wurde, opalescirend wird,
                              obgleich die Farbe des durchsichtigen Glases gelb oder orange bleibt; beim
                              auffallenden Lichte erscheint dieses Glas blau, und noch höherer Temperatur
                              ausgesetzt, kann es dann im durchgehenden Lichte purpurroth erscheinen, obwohl die Undurchsichtigkeit der Oberfläche noch
                              zugenommen hat und dieselbe bräunlichgelb wird.
                           
                           Wenn man, anstatt das Glas in der Muffel zu erhitzen, Silber zu Flintglas setzt, das
                              in bedeckten Häfen in möglichst kurzer Zeit geschmolzen wird, so entsteht eine
                              achatartige halbdurchsichtige Masse, welche im durchgehenden und auffallenden Lichte
                              alle Farben des Spectrums zeigt; man bemerkt dieß am
                              deutlichsten, wenn die Oberfläche des Glases, die gewöhnlich gelblichgrün und
                              undurchsichtig ist, an verschiedenen Stellen verschieden tief geschnitten ist. Diese
                              Erscheinungen werden durch die Ungleichheiten beim Abkühlen hervorgebracht, wie wir
                              schon beim Mangan und Kupfer gesehen haben.
                           
                        
                           5. Gold.
                           Das Goldoxyd ertheilt dem Glase eine röthliche Farbe, welche bei größerer Menge des
                              Goldes bis zum Purpurroth gehen kann. Man setzt zu diesem
                              Behufe dem Flintglassatze eine kleine Menge Cassius'schen Goldpurpur zu; bei der
                              ersten Schmelzung gibt diese Mischung jedoch nur ein farbloses durchsichtiges Glas,
                              welches neuerdings erhitzt werden muß, um eine purpurrothe Farbe anzunehmen. Wenn
                              z.B. ein kleiner voller Cylinder aus diesem zum erstenmal geschmolzenen Glas
                              gebildet wurde, so ist derselbe nach dem Erkalten ganz weiß; wird dieser Cylinder
                              aber von neuem in dem Arbeitsloche des Ofens erhitzt, so sieht man, wie er in dem
                              Grade als ihn die Wärme durchdringt, die rothe Farbe annimmt, und diese Farbe
                              verbleibt ihm, wenn er nun im Kühlofen allmählich wieder abgekühlt wird.
                           Auch habe ich beobachtet, daß durch Veränderung des Grades der Temperatur beim
                              Erhitzen und Wiedererkalten eines Stückes solchen Glases sehr viele Farben, die von
                              Blau bis zum Purpurroth, Roth, Dunkelgelb und Grün wechseln, hervorgebracht werden
                              können. Doch bin ich nicht sicher, ob diese Erscheinung nicht von Silbertheilchen in
                              dem angewandten Golde herrührt; soviel steht fest, daß die rosenrothe Farbe bei
                              Glas, welches Gold enthält, erst bei einer zweiten Erhitzung
                                 zum Vorschein kömmt.
                           Zu diesen Resultaten der Färbung durch Metalloxyde füge ich eine beim Färben des
                              Glases mit Holzkohle beobachtete Erscheinung, welche sich der beim Färben des Glases
                              durch Kupfer und Gold erwähnten anschließt.
                           Ueberschüssige Kohle ertheilt dem Kaliglase eine gelbe Farbe, welche nicht so
                              glänzend ist wie das durch Silber erzeugte Gelb, aber doch gut genug für
                              Kirchenfenster; manchmal kann diese gelbe Farbe, je nach der Natur des Holzes, von
                              welchem die Kohle herrührt, und nach der Zeit zu welcher das Holz gefällt wurde, durch ein zweites Erhitzen in ein dunkles Roth verwandelt
                                 werden.
                           Ich glaube daß die wenigsten der von mir erwähnten Thatsachen durch die verschiedenen
                              Oxydationsstufen der Metalle erklärt werden können. Die Mannichfaltigkeit der
                              Farben, welche größer als die Anzahl der von jedem Metall bekannten Oxydationsstufen
                              ist, muß uns zu der Betrachtung führen, ob diese Erscheinungen nicht Folge physikalischer Gesetze sind.
                           Die verschiedenen beim Färben des Glases beobachteten Thatsachen, welche besonders
                              unter dem Einfluß verschiedener Temperaturen hervorgebracht werden, sind höchst
                              wahrscheinlich Veränderungen in der Anordnung der kleinsten
                                 Theilchen zuzuschreiben, welche ihrerseits Veränderungen in der Reflexion
                              und Refraction der Lichtstrahlen bewirken. In der That treten auch einige der erwähnten Färbungen unter Umständen ein, welche das
                                 Glas in einen Zustand der Krystallisation zu versetzen scheinen.
                           Im vorigen Jahrhundert stellte Edward Hussy Delaval, auf
                              Newton's Untersuchungen über die Färbung dünner
                              Plättchen fußend, einige Versuche über die Ursache der Farbenveränderungen der
                              Körper an; damals war aber die Chemie als Wissenschaft noch nicht so weit
                              vorgeschritten, daß er seine Beobachtungen auf rationelle Experimente hätte gründen
                              können. In unserer Zeit brauchen wir aber nur eine hinlängliche Anzahl genau
                              beobachteter Thatsachen zu sammeln, um die wissenschaftliche Erklärung daraus
                              ableiten zu können, welche meistens zu neuen Verbesserungen in der Technik
                              führt.
                           Beim Glas sind die Beobachtungen hinsichtlich der Constitution seiner kleinsten
                              Theilchen äußerst delicat. Dieß beweist die Verschiedenheit der Einwirkung des
                              Lichtes auf dasselbe, je nach der Art seiner Kühlung. Bekanntlich reicht ein
                              schwacher Druck auf einen Punkt seiner Oberfläche schon hin, um ihm die doppelte
                              Brechung zu verleihen, welche ihm auch durch unvollkommes Kühlen ertheilt wird; dieß
                              ist nicht nur der Fall bei einem Glase welches schnell von der Rothglühhitze bis auf
                              die gewöhnliche Temperatur abgekühlt wurde, und daher geneigt ist von selbst zu
                              zerbrechen, sondern auch bei Glasstücken von einiger Dicke, die als gut gekühlt zu
                              betrachten sind und für den gewöhnlichen Gebrauch es auch wären. Es ist Thatsache,
                              daß der größte Theil
                              eines solchen Glases die Erscheinungen der Polarisation zeigt; dieß hat die
                              Schwierigkeiten bei der Fabrication von Glas zu optischen Zwecken noch vermehrt.