| Titel: | Ueber das Bleichen der Stearinsäure und das Gießen der Kerzen aus derselben. | 
| Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XIV., S. 66 | 
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                        XIV.
                        Ueber das Bleichen der Stearinsäure und das
                           Gießen der Kerzen aus derselben.
                        Aus dem Journal de Chimie médicale, Febr. 1850, S.
                              69.
                        Ueber das Bleichen der Stearinsäure und das Gießen der Kerzen aus
                           derselben.
                        
                     
                        
                           Die reine Stearinsäure ist sehr leicht zu bleichen. 1 Kil. Oxalsäure, in 2000 Kil.
                              Wasser aufgelöst, reicht zum Bleichen von 1000 Kilogr. Stearinsäure hin, indem man
                              durch directes Einleiten von Dampf eine ganze Stunde lang kochen läßt.
                           Verfahren. Die Stearinsäure wird in Broden oder Stücken
                              in das kalte Wasser in der Kufe geworfen. Man leitet Dampf ein; die Säure schmilzt
                              nach und nach und verbindet sich mit allen im Wasser enthaltenen Alkalien; bald ist
                              alle Säure geschmolzen, sie zeigt dann ein trübes Ansehen; man nimmt nun einen
                              kleinen Bottich mit heißem Wasser, rührt Oralsäure hinein, welche dabei ein
                              knisterndes Geräusch gibt, schüttet die (trübe) Auflösung in die Kufe und bringt zum
                              Kochen.
                           Nach dreiviertelstündigem Kochen bilden sich in der Mischung lange Fäden; die
                              Flüssigkeit, welche ein grauliches wolkiges Aussehen hatte, wird schwarz (optische
                              Wirkung ihrer vollkommenen Durchsichtigkeit), die Fäden vereinigen sich zu kleinen
                              Blättchen und in diesem Augenblick muß man mit dem Feuern aufhören; man läßt drei
                              bis vier Stunden ruhen und gießt in die Abkühlgefäße.
                           Zufällige Umstände. – Wenn man die im Handel
                              vorkommende Stearinsäure anwendet (welche immer Talg enthält), so ist dieses
                              Bleichverfahren nicht ganz verlässig; wurde nämlich die Stearinsäure mit Eiern
                              gebleicht, bildet sie den erwähnten fadigen und hernach blätterigen Niederschlag
                              nicht. Die kleinste Menge Eiweiß verursacht einen griesigen Niederschlag, welcher in
                              der Flüssigkeit suspendirt bleibt und von dem sie schwer zu befreien ist; derselbe
                              setzt sich nie vollkommen ab, und wenn noch so wenig Eiweiß suspendirt bleibt, kann
                              die Kerze nicht brennen.
                           Um die Ablagerung des Niederschlags zu erzwingen, ist es manchmal gut, eine Quantität
                              klaren Kalkwassers zuzusetzen, welches, indem es sich mit der Oralsäure, die in
                              jedem in der Flüssigkeit schwebenden Häutchen enthalten ist, verbinden muß, deren
                              Gewicht vermehrt und sie so zum Absetzen bringt.
                           
                           In andern Fällen gelingt dieß augenblicklich, wenn man 1 oder 1/2 Kil. Weinsteinsäure
                              zusetzt; sollten sich nach diesem Zusatz die großen Flocken nicht bilden, so
                              beschleunigt man ihre Bildung und Ablagerung durch einen Zusatz von kaltem Wasser.
                              Die Wirkung desselben ist überraschend; bisweilen ersetzt es sogar in gewissem Grade
                              die Weinsteinsäure.
                           Jedenfalls sind die Kerzen, je reiner die Stearinsäure ist, um so schwieriger so zu
                              gießen, daß sie durchsichtig und fest sind; man kann sie nie von einem Zimmer in das
                              andere tragen, ohne daß sie ablaufen; ferner werden die Zinnformen, weil die
                              Stearinsäure von der Oralsäure nie ganz gereinigt werden kann, von letzterer sehr
                              bald angegriffen.
                           Um diesem dreifachen Uebelstande zu begegnen, muß die Kerze nothwendig auf zweimal
                              gegossen werden und dabei verfährt man wie folgt: Man setzt die
                              Stearinsäure-Brode ungefähr einen Monat lang der Sonne aus, ein Theil der
                              fremdartigen Substanzen oxydirt sich dann in Berührung mit Luft und Licht, und die
                              gebleichte Stearinsäure nimmt bald eine mehr oder weniger schmutzige Farbe an. Man
                              bringt die oxydirten Brode in eine kleine Kufe, schmilzt
                              sie über Wasser, welches Schwefelsäure von 5° Baumé enthält, setzt 10
                              Procent schönes weißes Wachs zu, läßt 1/2 Stunde lang kochen, hält dann mit dem
                              Kochen ein und setzt Eiweißflüssigkeit zu, auf 50 Kilogr. Stearinsäure das Weiße von
                              zwei Eiern. Diese Eiweiße werden geschlagen und jedes derselben in 2 Kil. Wasser
                              gehörig vertheilt. Diese Flüssigkeit wird in die, auf 48° Reaumur
                              zurückgebrachte, Kufe geschüttet, deren Inhalt tüchtig umgerührt und zum Kochen
                              gebracht; die Flüssigkeit in der Kufe wird bald durchsichtig, was man an ihrem
                              schwarzen Ansehen erkennt.
                           Diese mit Wachs vermengte Stearinsäure benutzt man um die äußere Hülle der Kerze zu
                              bilden; diese Hülle ist vom schönsten Weiß und sehr durchsichtig. Da letztere
                              Stearinsäure keine Oralsäure enthält, so greift sie die Formen nicht an, und da sie
                              minder leicht schmilzt als die gewöhnliche Stearinsäure, so verhindert sie das
                              Abfließen der Kerze.
                           Dieser Ueberzug kann sehr warm gegossen werden, ohne zu krystallisiren; das Innere
                              der Kerze, welches durch den Ueberzug vor der zu schnellen Erstarrung durch directe
                              Berührung der Form gesichert ist, kann ohne Anstand warm gegossen werden, wodurch,
                              außer einer Weiße wie Schnee, auch eine Durchsichtigkeit erreicht wird, wie sie
                              durch kein anderes Verfahren zu erzielen ist.