| Titel: | Ueber Entfuselung des Kartoffelbranntweins; von Evarist Hourier. | 
| Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XV., S. 68 | 
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                        XV.
                        Ueber Entfuselung des Kartoffelbranntweins; von
                           Evarist
                              Hourier.
                        Aus dem Agriculteur-praticien, Decbr. 1849, S.
                              78.
                        Hourier, über Entfuselung des Kartoffelbranntweins.
                        
                     
                        
                           Von der Aufmerksamkeit, mit welcher die Destillation geführt wird, der Zweckmäßigkeit
                              des Apparats und der Sorgfalt, mit welcher man von dem Destillationsproducte den
                              Nachlauf trennt, hängt hauptsächlich die Güte des Kartoffelbranntweins ab; so
                              sorgfältig man aber auch verfahren mag, hat das Product doch immer einen
                              eigenthümlichen Geruch, welcher durch ein bei der Destillation mit übergegangenes
                              ätherisches Oel, das Fuselöl, verursacht wird. Von diesem Geruch muß man den
                              Kartoffelbranntwein befreien, weil er sonst für manche Anwendung untauglich ist.
                           Die zum Entfuseln des Branntweins (in Frankreich) gebräuchlichen Agentien sind
                              ätzende alkalische Erden und Alkalien, welche das dem Branntwein beigemischte übelriechende fette Oel
                              verseifen, und die Holzkohle, welche als absorbirender und desinficirender Körper
                              ebenfalls zur Entfuselung beiträgt. Unter den erstem sind der Aetzkalk, das Aetzkali
                              und -Natron die zweckmäßigsten; von den Kohlen, die Weiden-, die
                              Lindenkohle und überhaupt die Kohlen von leichten Holzarten.
                           Die Bereitung der Holzkohle nimmt man in der Regel in verschlossenen Gefäßen vor. Man
                              kann sich dazu eines alten, gußeisernen, wohlverschlossenen Topfes bedienen, an
                              welchem man nur eine Oeffnung läßt, durch welche die beim Brennen des Holzes sich
                              entwickelnden Gase entweichen können. Diesen Topf füllt man mit möglichst gleich
                              großen Holzstücken an, versieht ihn mit seinem gut schließenden Deckel und verklebt
                              ihn sorgfältig mit Ausnahme der Oeffnung, aus welcher die Gase entweichen
                              sollen.
                           Man erhitzt den Topf stark, und fährt damit so lange fort, als sich noch Gase
                              entwickeln; nachdem dieß aufgehört hat, ist die Kohle fertig. Man läßt den Topf
                              (ohne den Deckel abzunehmen), nachdem man zuvor seine Oeffnung verschloß, erkalten.
                              Nach völliger Erkaltung nimmt man die Kohle aus dem Topf, stößt sie zu feinem Pulver
                              und bewahrt sie, vor dem Zutritt von Luft und Feuchtigkeit geschützt, auf, bis man
                              ihrer bedarf.
                           
                           Andererseits bereitet man gelöschten Kalk in Form eines unfühlbaren Pulvers. Der
                              reinste Kalk, fetter Kalk, verdient den Vorzug. Man gibt den zu löschenden Kalk in
                              einen Korb und taucht ihn so in einen Zuber mit warmem Wasser; eine halbe Minute
                              andauerndes Eintauchen ist gewöhnlich hinreichend. Den aus dem Wasser gezogenen Kalk
                              leert man in eine Ecke der Werkstätte aus; er zerfällt bald in ein feines Pulver,
                              welches man durchsiebt und, vor der Luft geschützt, bis zur Anwendung
                              aufbewahrt.
                           Die Entfuselung des Destillationsproducts geschieht auf zweierlei Weise, je nachdem
                              der Branntwein oder Spiritus als solcher verkäuflich ist, oder erst noch einer
                              Rectification unterzogen werden muß.
                           A. Im erstem Fall gibt man in das den Branntwein oder
                              Spiritus enthaltende Faß das Kohlenpulver und den gelöschten Kalk, nämlich 500 Gr.
                              Kohle und 100 Gr. Kalk per Hektoliter der zu
                              entfuselnden Flüssigkeit. Wenn der Branntwein recht fuselig ist, wie in Jahrgängen
                              wo die Kartoffeln schlecht ausgefallen sind, nimmt man etwas mehr von diesen
                              Substanzen; sobald sie im Faß sind, rollt man dieses, um alles gut zu mengen; ist
                              das Faß zu groß, so bewerkstelligt man die Mischung durch starkes Umrühren. Hierauf
                              läßt man ruhen und zieht nach einigen Tagen die klare Flüssigkeit ab. Wenn eine
                              frische Portion Branntwein entfuselt werden soll, so gießt man ihn über den im Faß
                              gebliebenen Satz, welchem man noch eine weitere, um ein Viertel oder Drittheil
                              kleinere Dosis Kalk und Kohle zusetzt.
                           Man fährt so fort, bis die Menge des Bodensatzes so groß ist, daß sie unbequem wird;
                              in diesem Falle nimmt man letzteren aus dem Faß und läßt ihn abtropfen, wascht ihn
                              zur Gewinnung des allenfalls noch darin enthaltenen Alkohols mit Wasser aus und
                              gießt die so gewonnene Flüssigkeit entweder in der Blase noch einmal über, oder läßt
                              sie auch durch bloßes Absetzen sich klären.
                           Wenn gehörig verfahren wurde, Kalk und Kohle gut bereitet und aufbewahrt waren,
                              namentlich auch gut gemischt wurde, so erhält man ein vom übeln Geschmack und Geruch
                              freies und ganz helles Product.
                           B. Hat man es mit einem Product zu thun, welches noch
                              einmal destillirt werden soll, um höher concentrirt zu werden, so wird die
                              Vermischung mit Kalk und Kohle in der Destillirblase vorgenommen, und das Ganze der
                              Destillation unterzogen. Das zuerst Ueberlaufende, welches die Unreinigkeit aus den
                              Schlangenröhren mitnimmt, und das zuletzt Ueberlaufende, welches nicht mehr stark genug ist,
                              werden besonders gesammelt, um sie bei einer folgenden Rectification zuzusetzen. Die
                              so erhaltenen Producte sind von der größten Reinheit.
                           Wenn die Holzkohle nicht gut bereitet, oder der Kalk nicht gut war, so nimmt man
                              etwas mehr von denselben; doch darf dieß nicht übertrieben werden, weil man sonst
                              eine zu große Masse Bodensatz bekäme.In Deutschland wird zum Entfuseln des Getreide- und
                                    Kartoffelbranntweins bloß Holzkohle angewandt; da
                                    dieselbe durch Ausglühen zu demselben Zweck wieder geeignet wird, so ist
                                    dieses Verfahren offenbar wohlfeiler als die Behandlung des Branntweins mit
                                    Kalk und Kohle. Wir verweisen auf die Methode von Peters im polytechn. Journal Bd.
                                       CVIII S. 79, welcher die Fässer wie gewöhnlich mit gut
                                    ausgeglühter Holzkohle beschickt, in die Mitte dieser Beschickung aber eine
                                    Schichte von 1 Th. Braunsteinpulver mit 2 Th. Knochenkohle einschaltet; ein
                                    solches Faß soll 12 bis 15 Monate wirksam bleiben.
                              
                           Man entfuselt den Kartoffelbranntwein auch mittelst Aetzkali's, welches viel kräftiger zu wirken scheint als der Kalk. 100 bis
                              200 Gramme (3 1/3 bis 6 2/3 Unzen) käufliche Potasche mit Kalk ätzend gemacht,
                              reichen zur Entfuselung eines Hektoliters Branntwein oder Spiritus hin. Die
                              Aetzkalilösung wird in den zu reinigenden Branntwein geschüttet, und Alles in den
                              Destillir-Apparat zurückgebracht. Man kann dieses Verfahren nur bei
                              denjenigen Producten anwenden, welche noch einmal destillirt werden sollen, weil das
                              in der Flüssigkeit aufgelöst bleibende Kali nur auf diesem Wege von dem Weingeist
                              getrennt werden kann.
                           Man kann den Kartoffelbranntwein auch schon während seiner Bereitung entfuseln, indem
                              man die Weingeistdämpfe vor ihrer Verdichtung eine Reihe von Gefäßen passiren läßt,
                              welche Aetzkali-Lösungen enthalten. (Ein derartiger Apparat wurde in
                              Frankreich patentirt; da sich in den Kalilösungen, durch welche die Weingeistdämpfe
                              streichen, viel Wasser verdichtet, so muß ein beständiges Abfließen der Kalilösungen
                              aus den obern in die untern Vorlagen, und von letztern nach außen stattfinden
                              können.)