| Titel: | Ueber Knochenmühlen. | 
| Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XXXIV., S. 181 | 
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                        XXXIV.
                        Ueber Knochenmühlen.
                        Aus dem Notizblatt des hannover'schen
                                 Gewerbevereins.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Ueber Knochenmühlen.
                        
                     
                        
                           Bereits seit längerer Zeit bemerkt man auch in der Stadt Hannover herumziehende
                              Personen, namentlich Kinder, welche die in den Hauswirthschaften aufgesammelten
                              Knochen entweder für eine Kleinigkeit an Geld oder auf sonstige Weise an sich zu
                              bringen suchen. Diese Knochen werden in größeren Massen verkauft, nach England
                              gesandt, als Knochenmehl wieder in Hannover eingebracht und namentlich als
                              Düngmittel an Landwirthe zu nicht geringem Preise verkauft. Es dürfte daher nicht
                              nutzlos seyn, auf die Maschinen aufmerksam zu machen, womit man das Zerkleinern und
                              Verwandeln in Mehl derartiger Knochen bewirkt.
                           Die gedachten Maschinen sind, soweit uns bekannt, folgende:
                           
                              1) Stampfwerke (Pochstempel, die durch Daumenwellen bewegt
                                 werden), oder
                              2) aufrechtgehende Mühlsteine (wie zum Mahlen des Oelsamens
                                 etc.), oder
                              3) Kreisraspeln, oder auch
                              4) gezahnte Walzen, oder endlich
                              5) horizontalgehende (französische) Mühlsteine.
                              
                           1) Stampfwerke von übrigens längst bekannter
                              Constructionsart wendet man bereits auch in mehreren Gegenden Deutschlands zur
                              Bereitung des Knochenmehles an; indeß fördern sie verhältnißmäßig wenig und
                              consumiren, wie alle Stoßwerke, einen bedeutenden Theil von Arbeitskraft für die
                              nothwendige (nicht bezahlte) Nebenarbeit.
                           2) Aufrecht gehende Mühlsteine erfordern meistentheils ein
                              vorhergegangenes Zerkleinern der Knochen (bereiten eigentlich nur das Mehl) und
                              können daher als allein ausreichende Maschinen nicht gebraucht werden.
                           3) Kreisraspeln bestehen hauptsächlich aus einer
                              stählernen (cylindrischen) Walze, die an ihrer Oberfläche wie eine Raspel gehauen
                              ist und in Umdrehung versetzt wird, während man die Knochen auf geeignete Weise
                              gegen dieselbe preßt. Eine derartige Knochenmühle ist bereits im Septemberhefte 1826
                              des Bulletin de la Société d'Encouragement
                              und hieraus im polytechnischen Journal Bd. XXIII
                                 S. 242 beschrieben und abgebildet.
                           Hierbei ist ein hohler, stählerner Cylinder (Walze) von einem Fuß Durchmesser und von
                              ebensoviel Länge, der an seiner Oberfläche wie eine Holzraspel gehauen ist, an dem
                              Ende einer Welle befestigt, mit der er sich zugleich umdreht. Ueber dieser Raspel
                              ist ein starkes Stück Holz angebracht, in welchem sich ein viereckiges Loch
                              befindet, das hier als Rumpf dient, von welchem die zu zerkleinernden Knochen
                              aufgenommen werden, die man dann gegen die Raspel mittelst eines prismatischen,
                              unten mit Eisen beschlagenen Gleitbackens (poussoir) und
                              eines mit einem Gewichte versehenen Hebels andrückt. So lange die Zähne an dieser
                              Raspel noch neu sind, soll ein Kubikfuß Knochen (so viel faßt nämlich der Rumpf) in
                              zwei bis drei Minuten zu einem sehr feinen Mehle gerieben werden.Bemerkt wird insbesondere, daß man sehr harte Knochen, als nachtheilig für
                                    die Raspel, beseitigen müsse.
                              
                           Für eine vortheilhafte, fabrikmäßige Bereitung des Knochenmehles dürfte diese
                              Maschine ebenfalls nicht wohl zu empfehlen seyn.
                           4) Gezahnte Walzen, höchst wirksam für Knochenmühlen, sind
                              in England bereits seit längerer Zeit im Gange, in Deutschland aber wenig oder gar nicht bekannt. Es
                              wird daher zweckmäßig seyn, eine derartige Knochenmühle zu beschreiben. Wir wählen
                              hierzu diejenige Gattung, welche neuerdings insbesondere von der anerkannten
                              Maschinenbauanstalt von Constantin Pfaff in Chemnitz
                              (Königreich Sachsen) erbaut wird, und wovon unter anderm in Uebigau bei Dresden ein
                              Exemplar im Gange ist.
                           Von den gezahnten Walzen mit horizontalliegender Achse zeigt Fig. 24 eine derselben in
                              der Längen- und Fig. 25 in der
                              Seitenansicht. Ein Paar dieser sich gleichen Walzen wirkt stets zusammen und es
                              werden die Knochen zwischen denselben vorzugsweise zum Brechen zerkleinert. Jede der
                              Walzen ist auf folgende Art zusammengesetzt:
                           Auf die Welle oder Achse A, A, mit den Lagerstellen B, C, sind Scheiben gesteckt und befestigt, wovon jede
                              aus zwei verschiedenen Theilen (Y), einem am Umfange
                              verzahnten (stählernen oder verstählten) Ringe D, D
                              (Fig. 26)
                              und einem glatten Ringe E, E (einer rund abgedrehten
                              Platte) von geringerem Durchmesser wie D besteht.
                              Sämmtliche auf die Welle A gebrachte Scheiben werden
                              durch vier Bolzen F, F zu einem einzigen Körper
                              vereinigt, wozu noch die festen Ansätze G, G dienen,
                              gegen welche sich resp. die Köpfe und Muttern an den Enden der Bolzen F, F lehnen. Die Gestalt der Zähne erhellt besonders aus
                              Fig. 27,
                              woselbst solche in wahrer Größe gezeichnet sind. In Bezug auf Fig. 24 wird kaum zu
                              bemerken nöthig seyn, daß von den gedachten Ringpaaren D,
                                 E nur die an den Enden der Welle aufgebrachten angegeben, die mittleren (5)
                              aber, der Deutlichkeit halber, weggelassen sind.
                           Wie schon bemerkt, ist die zweite Walze, welche mit der beschriebenen
                              zusammenarbeitet, im allgemeinen mit jener von gleicher Form, im Besonderen jedoch
                              mit dem Unterschiede, daß während die erstere Walze neun Ringpaare D, E enthält, die zweite zehn derselben hat; ferner die
                              Ringpaare derartig verschoben sind, daß die Zahnringe der einen Welle in die glatten
                              cylindrischen Räume m, n (Fig. 24) der andern
                              eingreifen können.
                           In der Knochenmehlfabrik zu Uebigau befinden sich zwei
                              Paar solcher Walzen übereinander, wovon das obere Paar zum (ersten) Brechen, das
                              untere Paar zum Mehlmahlen (Pulverisiren) bestimmt ist, zu welchem letzteren Zwecke
                              die unteren Walzen auch Ringe mit feineren Zähnen besitzen, wie speciell aus Fig. 28 und
                              29
                              ersichtlich, woselbst eine Scheibe des unteren Walzenpaares gezeichnet ist. Die Zahl
                              der Scheibenringe der letztern Walze beträgt resp. 14 und 15.
                           
                           Ueber dem ersten oder oberen Walzenpaare ist ein entsprechendes Rumpfzeug zur
                              Aufnahme und Zuführung der Knochen angebracht. Unter dem zweiten Walzenpaare
                              befindet sich ein Schiebwerk, sowie auch ein Hebezeug, um die nicht bis zur
                              gewünschten Feinheit gemahlenen Knochenstücke dem erwähnten Rumpfe wieder
                              zuzuführen.
                           Neuerdings baut die Pfaff'sche Werkstatt derartige
                              Knochenmühlen mit drei Paaren resp. unter- und übereinanderliegender Walzen,
                              wobei das Gestell die Treppenform besitzt, das Mahlgut jedes Walzenpaares ein
                              besonderes Sieb enthält etc.
                           Die zwei Walzenpaare der Uebigauer Knochenmühle liefern in 20 Stunden 40 Centner
                              fertiges Knochenmehl und bedürfen dazu als Triebkraft eine Dampfmaschine von circa 8
                              Pferden (Maschinenpferden).
                           Ob sich der etwas hohe Preis derartiger Knochenmühlen, im Verbande mit der nicht
                              geringen Bewegkraft, durch die Leistung und sonstigen Vortheile ausgleicht, sind wir
                              außer Stande mit Bestimmtheit anzugeben.
                           5) Horizontalgehende (französische) Mühlsteine, in der Hauptsache wie zum Mahlen des Getreides nur mit
                              durchaus stärkeren Dimensionen angeordnet, dürften jedenfalls gut wirksame und
                              ökonomisch vortheilhafte Knochenmühlen abgeben, zumal wenn wir ein uns nahe
                              liegendes analoges Beispiel (im hannöver'schen Lande) zum Vergleiche nehmen, nämlich
                              die Mühle einer Cementfabrik, woselbst die gebrannten (verhältnißmäßig aber dennoch
                              recht harten) Cementsteine, zwischen den ebenen Flächen entsprechend behauenen
                              französischen großen Steinen (Compositionssteine), ebenso leicht wie schnell in Mehl
                              verwandelt werden.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
