| Titel: | Ueber die Anwendung der durch die chemische Analyse bestimmten Aequivalente bei der Substitution der Futtergattungen für die Thiere; von J. L. Lassaigne. | 
| Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XLIV., S. 232 | 
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                        XLIV.
                        Ueber die Anwendung der durch die chemische
                           Analyse bestimmten Aequivalente bei der Substitution der Futtergattungen für die Thiere;
                           von J. L.
                              Lassaigne.
                        Aus dem Journal de Chimie médicale, 1849, Nr.
                              8.
                        Lassaigne, über die Substitution der Futtergattungen.
                        
                     
                        
                           Thaer, Einhoff und Block haben
                              schon längst die Quantitäten verschiedener Nahrungsstoffe angegeben, welche sich
                              nach ihren eigenen praktischen Versuchen bei der Ernährung der Thiere wechselseitig
                              ersetzen können. Die von ihnen erhaltenen, in vielen Werken aufgezeichneten
                              Resultate, wurden von den meisten Landwirthen als geltend angenommen. Boussingault bestimmte bei einer im Jahr 1837
                              angestellten Untersuchung den Stickstoffgehalt der verschiedenen zur Fütterung der
                              Thiere dienenden vegetabilischen Nahrungsstoffe und leitete aus den Resultaten deren theoretischetheorerische Aequivalente ab. Vergleicht man die von den erstgenannten Schriftstellern
                              angegebenen Zahlen, welche die praktischen Aequivalente bezeichnen, mit den von Boussingault berechneten Zahlen, so findet man daß die
                              aus der Praxis abgeleiteten Zahlen in ziemlich constantem Verhältniß mit dem
                              Stickstoffgehalt der Pflanzen stehen, woraus man schließen muß, daß ihre Nährkraft
                              auf dem größeren oder geringeren Gehalt an stickstoffhaltiger Substanz beruht.
                           Es ist zu bedauern, daß bei den späteren Versuchen über die Ersetzung der
                              gewöhnlichen Nahrungsmittel durch andere, die Ergebnisse der Analyse nicht immer zu
                              Rathe gezogen wurden; man hätte dann gewiß richtigere Resultate erhalten, und in
                              Zukunft werden alle Erörterungen über den relativen Werth der pflanzlichen
                              Nahrungsmittel auf dieser Basis geführt werden müssen.
                           Hinsichtlich der Fütterung der Pferde beantwortete ich schon öfter an mich gestellte
                              Fragen mittelst der über die theoretischen Aequivalente erschienenen Tabellen, und
                              mein Rath hatte in der Regel den besten Erfolg.
                           Ueber einen Punkt sind die Physiologen einig: daß nämlich das einzuführende
                              zusammengesetzte Nahrungsmittel nicht nur in hinlänglicher Menge gereicht werden,
                              sondern auch alle zur Wiedererzeugung der Flüssigkeiten und der thierischen Gebilde
                              erforderlichen Bestandtheile enthalten müsse; da nun die stickstoffhaltige Materie
                              in den Pflanzen in
                              geringerer Menge verbreitet ist, als die andern Wasserstoff- und
                              kohlenstoffhaltigen Materien, so muß ihr Vorhandenseyn und ihr Mengenverhältniß bei
                              einer guten Ernährung von größtem Einfluß seyn.
                           Man könnte daher an diejenigen, welche das Brod bei der Pferdefütterung an die Stelle
                              eines Theiles der täglichen Pferderation setzen wollen, mit Recht die Frage stellen,
                              ob dieses Quantum substituirten Brodes genau so viel stickstoffhaltige Substanz
                              enthalte, wie die durch dasselbe ersetzte Portion Habers und Heues.
                           Die tägliche Futterration eines Reitpferdes besteht nach einigen Schriftstellern
                              aus:
                           
                              
                                 Heu
                                 4 Kilogr.
                                 
                                 
                              
                                 Stroh
                                 5     –
                                 
                                 
                              
                                 Haber
                                 3,2  –
                                 oder 8 Liter.
                                 
                              
                           Diese Ration, welche ein Pferd, das keine zu angestrengte Bewegung hat, in gutem
                              Gesundheitszustand erhalten soll, enthält, wie leicht zu berechnen, 110,80 Gramme
                              Stickstoff, nämlich:
                           
                              
                                 in 4  Kil. Heu
                                   40,0 Gr.
                                 
                              
                                  „
                                    5    „    Stroh
                                   10,0  „
                                 
                              
                                  „ 3,2
                                    „    Haber         
                                   60,8  „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 110,8.
                                 
                              
                           Soll nun diese tägliche Ration zum Theil oder ganz durch eine oder mehrere andere
                              Substanzen ersetzt werden, so muß man vor allem wissen, in welchem Quantum dieser
                              letztern die entsprechende Menge Stickstoff enthalten ist, um deren Aequivalent
                              bestimmen zu können. Wollte man also eine gewisse Zeitlang jene Ration durch Brod
                              ersetzen, so müßte von letzterm ein Quantum angewandt werden, welches 110,80 Gr.
                              Stickstoff enthält. Nun ist aus der Analyse des Brodes bekannt, daß es im trocknen,
                              ganz wasserfreien Zustand 2,10 Procent Stickstoff enthält. Wie man es aus den
                              Bäckereien bekommt, enthält es aber im Mittel 38 bis 40 Procent Wasser; in diesem
                              Zustand vermindert sich also der Stickstoffgehalt auf 1,28. Hiernach würde die Menge
                              Brods, welche gereicht werden müßte, um 110,8 Gr. Stickstoff zu liefern, per Tag 8 Kilogr. 600 Gramme (nahezu 17 Pfund 6 Loth)
                              betragen.
                           Bei jedem andern Nahrungsmittel müßte ebenso mit Hülfe der Boussingault
                              'schen Tabellen (polytechn. Journal Bd. LXXXVI S. 382) verfahren werden.
                           Uebrigens kann der Uebergang von einer Futterungsweise zur andern meines Crachtens
                              nicht ohne allen Nachtheil für die Gesundheit der Thiere rasch vorgenommen werden; er muß allmählich,
                              etwa mit einiger Unterbrechung geschehen, um zu verhüten, daß in den Organen und den
                              von ihnen secernirten Flüssigkeiten schädliche Veränderungen vorgehen.
                           Die Berechnung bei Substituirung einer Gewächsart für eine andere als Futter ist
                              einfach. Gesetzt, man wolle 4 Kilogr. Haber der Ration in Gerste verwandeln, so
                              sucht man in der Tabelle wieviel Stickstoff die Gerste im nicht ausgetrockneten
                              Zustande, wie sie im Handel vorkömmt, enthält; nach Boussingault's Analyse enthält sie 0,017
                              Stickstoff, während im Haber 0,019 enthalten sind; folgende Proportion ergibt das
                              gesuchte äquivalente Quantum:
                           0,017 : 0,019 = 4 Kil. : x = 4,470
                              Kil.
                           4,470 Kil. Gerste würden also in der Pferderation 4 Kil. Haber ersetzen.