| Titel: | Bereitung der Pfund- oder Preßhefe. | 
| Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. LXI., S. 307 | 
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                        LXI.
                        Bereitung der Pfund- oder
                           Preßhefe.
                        Aus Leuchs' polytechn. Zeitung, 1850 Nr.
                              6.
                        Bereitung der Pfund- oder Preßhefe.
                        
                     
                        
                           Unter den Namen Pfund- oder Preßhefe begreift man eine in teigartigem Zustande
                              in den Handel kommende, daher nach dem Gewicht verkauft werdende Hefe. Man nennt sie
                              auch Preßhefe, weil sie durch Auspressen vom überflüssigen Wasser befreit wird.
                           Zur Darstellung derselben wird vornehmlich Roggenschrot benutzt. Weizenschrot eignet
                              sich nicht, wahrscheinlich weil es zu kleberhaltig ist, um das Wasser durch Pressen
                              entfernen zu lassen. Kartoffeln können zwar mit angewendet werden, geben aber eine
                              weniger wirksame und weniger haltbare Hefe. Die Herstellung der Preßhefe geschieht
                              gewöhnlich in den Branntweinbrennereien, da man die gährende Flüssigkeit nach
                              geschehener Abnahme der Hefe auf Branntwein benutzen kann und aus ihr eben so viel
                              Branntwein erhält, als wenn die Hefe nicht abgenommen wurde. Nur wenn das
                              Einmaischen nicht gehörig vorgenommen wird oder man zu dick einmaischt und auch
                              mehlige Theile mit der Hefe entfernt, oder wenn man zu lange gähren und dadurch auch
                              Säure entstehen läßt, vermindert sich der Ertrag an Branntwein.
                           Mischungsverhältnisse. Nach den bis jetzt gemachten
                              Erfahrungen erhält man um so mehr Hefe, jemehr rohes Getreide man anwendet. Man gibt
                              daher nur so viel Malz zu als zur Verzuckerung nöthig ist, muß dann aber vollkommen
                              gut einmaischen, d.h. so wenig als möglich Malz (Diastase) durch Kochen oder zu
                              heißes Ueberbrühen unwirksam machen. Will man dieß nicht, so muß man mehr Malz
                              nehmen. Ein Theil Malz genügt bei vollkommenem Einmaischen auf 18 Thl. Mehl. Man
                              kann dann 1 Pfd. Gerstenmalzschrot auf 10 Pfd. Roggenmehl oder selbst 1 Maaß
                              Gerstenmehl auf 10 Maaß Roggenmehl nehmen, während bei unvollkommener Einmaischung,
                              d.h. wenn man die Hitze über 50° R. oder selbst bis zum Kochen kommen läßt,
                              mehr Malz nöthig ist (2, 3, 4, ja selbst bis 10 Pfd. auf 10 Pfd. Roggenmehl). Das
                              Getreide oder das Malz kann als feines Schrot angewendet
                              werden. Scheut man aber die Mehrkosten des Mahlens und die Mehrarbeit nicht (Mehl
                              erfordert sorgfältigeres Rühren als Schrot, da es sich leichter zusammensetzt), so
                              ist es besser es als grobes Mehl zu verwenden, da man dann mehr Hefe erhält.
                              Uebrigens muß man, wenn Mehl angewendet wird, stets weniger heiß einmaischen, als
                              bei Schrot. Von Malz
                              nimmt man stets Luftmalz, da dieses kräftiger ist als das (stark gedörrte) Darrmalz.
                              Grünes Malz (frisches nicht getrocknetes Malz) läßt sich auch anwenden, muß aber
                              sehr gut zerquetscht werden, erfordert größere Sorgfalt beim Einmaischen und geht
                              leichter in saure Gährung über.
                           Einmaischen. Das Einmaischen oder Anrühren der
                              Schrot- oder Mehlmischung mit warmem Wasser hat den Zweck, das Stärkmehl
                              durch die Diastase des Malzes zu verzuckern. Es geschieht am besten bei einer Wärme
                              von 48–50° R. Um diese Wärme zu erreichen, muß man aber das Wasser
                              heißer nehmen, da die Schrotmischung es in dem Maaße abkühlt, als sie selbst kälter
                              ist, im Winter also mehr als im Sommer. Nimmt man z.B. das sechsfache Gewicht Wasser
                              und will 47–49° R. Wärme erreichen, so muß man, wenn das Malzschrot
                              1° R. hat, Wasser von 65° R. anwenden; wenn es 10° R. hat,
                              Wasser von 60°; wenn es 14° R. hat, Wasser von 58°. Auch ist es
                              nöthig die Gefäße, wenn sie kalt sind, vorher durch Ausbrühen mit heißem Wasser zu
                              erwärmen. Von Wasser nimmt man das sechsfache Gewicht des angewendeten Mehles oder
                              Schrotes. Wenn alles durch anhaltendes Rühren vollkommen gemischt ist, läßt man die
                              Mischung bedeckt oder offen 2–6 Stunden ruhig, in welcher Zeit, wenn das Malz
                              kräftig war, die Verzuckerung vollkommen erfolgt ist. Daß richtig eingemaischt wird,
                              erkennt man daran, daß die Flüssigkeit süß geworden ist.
                           Abkühlen und Hefengeben. Die Maische kommt, wenn sie sich
                              selbst überlassen wird, zwar von selbst in Gährung, in Folge des Wachsens der in ihr
                              enthaltenen Hefenkeime. Da hierzu aber viel Zeit erforderlich ist, beschleunigt man
                              dieß durch Zugeben von bereits gebildeter Hefe; diese Zugabe darf indessen nicht
                              eher geschehen, als bis die Maische auf 18–22° R. abgekühlt ist
                              (stellrecht ist)Ist zu stark abgekühlt, so kann man durch Wärmflaschen nachhelfen. Zugießen
                                    von heißem Wasser ist nicht gut., da größere Hitze die bereits entwickelten Hefenpflanzen tobtet. Man läßt
                              daher die Maische auf 18–22° R. abkühlen, befördert dieses Abkühlen,
                              das bei großen Massen zu viel Zeit erfordern würde, durch Umrühren, oder durch
                              Zugeben von kalter Schlämpe oder von kaltem Wasser, rührt dann die HefeDie Hefe soll dieselbe Wärme haben wie die Maische, da sie sich dann leichter
                                    mit ihr mischt. Man kann sie daher vorher mit etwas warmem Wasser
                                    verdünnen. gut ein (stellt mit Hefe) und überläßt das Ganze der Gährung, wobei man die
                              Wärme auf 18–20° R. zu erhalten sucht.
                           
                           Man kann nun gleich auch etwas Kohlensäure in der Flüssigkeit entwickeln (durch
                              Zugeben von kohlensaurem NatronAm besten ist doppelt-kohlensaures Natron, da dieses mehr Kohlensäure
                                    entwickelt und da es kein freies Alkali hat, auch nicht nachtheilig auf die
                                    Hefenkeime wirkt. Man erhält es billig im Handel, kann es aber durch
                                    Einleiten von Kohlensäure in eine Lösung von gewöhnlichem kohlensauren
                                    Natron bereiten. Sorgfältig muß aber darauf gesehen werden, daß nicht mehr
                                    Kali oder Natron zugesetzt wird, als von der vorhandenen Säure gesättigt
                                    werden kann. Auch Kreide ist anwendbar, hat aber
                                    den Nachtheil, daß sie sich, weil sie zu Boden fällt, nicht so leicht und
                                    schnell mit der Flüssigkeit mischt als eine Lösung von kohlensaurem
                                    Natron. oder Kali und Schwefelsäure, oder wenn die Maische selbst schon sauer ist,
                              durch bloßes Zugeben von kohlensaurem Natron), und erreicht hiedurch zwei Vortheile:
                              einmal daß die Hefenpflanzen gleich etwas Nahrung erhalten, dann daß dieselben in
                              die Höhe getrieben werden, und dadurch mehr mit der Flüssigkeit in Berührung kommen;
                              oder man kann diesen Zusatz erst anwenden, wenn die Gährung bereits in voller
                              Entwickelung ist, wo er bloß den Zweck hat, die gebildete Hefe mehr in die Höhe zu
                              treiben, damit sie leichter abgenommen werden kann. Gewöhnlich nimmt man auf 100
                              Pfd. Mehl 1/2 Loth Potasche und 1/2 Loth Schwefelsäure, oder 1/2 Pfd.
                              krystallisirtes kohlensaures Natron und 6 Loth Schwefelsäure; oder je nach der Säure
                              1/4–1/2 Pfd. kohlensaures Natron oder Kreide.
                           Abnehmen der Hefe. Sowie sich Schaum in Menge auf der
                              Oberfläche zeigt, nimmt man denselben mit Schaumlöffeln ab. Dieser Augenblick ist
                              nicht zu übersehen, da der Schaum später wieder zurückfällt und dann die Hefe
                              verloren geht, oder doch als Unterhefe weniger Werth hat. Man fährt mit der Abnahme
                              fort und benutzt zuletzt die übrigbleibende gegohrene Flüssigkeit auf Branntwein,
                              Essig, oder mit Mehl vermischt, als Viehfutter.
                           Reinigung der Hefe. Der abgeschöpfte Schaum ist die Hefe.
                              Man befreit sie durch Hindurchtreiben durch ein Haarsieb, wobei man mit kaltem
                              Wasser nachhilft, oder durch Ringen in leinenen Beuteln von den HülsenWenn man statt Schrot Getreidemehl anwendet, so kommen keine Hülsen mit in
                                    die Hefe, dieselbe wird weißer und reiner. (welche als Viehfutter verwendet werden), übergießt sie in einem Gefäß mit
                              kaltem Wasser, und läßt sie 8–12 Stunden ruhig. Die Hefe setzt sich zu Boden.
                              Das Wasser wird abgelassen (durch Zapfenlöcher); die Hefe nochmals mit frischem
                              Wasser übergossen, gerührt, das Wasser nach 8 Stunden wieder abgelassen, oder die
                              Hefe vorher nochmals
                              durch ein Sieb getrieben, oder durch Säcke, um die übrigen Hülsen vollends zu
                              entfernen.
                           Auspressen des Wassers. Die gewaschene Hefe wird in
                              doppelte leinene Beutel gefüllt, die man zubindet und unter einer Presse oder durch
                              Beschweren mit Gewichten zwischen gekerbten Brettern, zuerst schwach, dann stärker
                              preßt. Ist alles Wasser ausgepreßt, so nimmt man die Hefe heraus. Man bewahrt sie
                              als Teig an kühlen Orten. Sie hält sich 3–4 Wochen gut. Oder man verpackt sie
                              in Papiersäcke, die 1 bis höchstens 4 Pfd. fassen. Ist die Hefe gut, so muß sie sich
                              leicht von den Säcken ablösen, so trocken seyn, daß sie zerbröckelt, und einen
                              angenehmen obstartigen Geruch besitzen. Ist sie zähe, so ist sie nicht gelungen und
                              muß bald verbraucht werden.
                           Ertrag. 100 Pfd. Getreideschrot geben 5–7 Pfd.
                              Preßhefe.