| Titel: | Ueber Darstellung von schwammigem metallischen Blei und seine Verwendung in der Galvanoplastik; von Professor Dr. Bolley. | 
| Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. LXIX., S. 358 | 
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                        LXIX.
                        Ueber Darstellung von schwammigem metallischen
                           Blei und seine Verwendung in der Galvanoplastik; von Professor Dr. Bolley.
                        Aus dem schweizerischen Gewerbeblatt, Jahrgang VIII, S.
                              268.
                        Bolley, über Darstellung von schwammigem metallischen Blei und
                           seine Verwendung in der Galvanoplastik.
                        
                     
                        
                           Trommsdorff und Herrmann in
                              Erfurt nahmen vor mehreren Jahren in Bayern ein Patent auf ein Verfahren, aus dem
                              schwefelsauren Bleioxyd, das sich häufig als Abfall ergibt, mit Kochsalzlösung und
                              Zink metallisches Blei herzustellen (polyt. Journal Bd. CI S. 75). Dieselben nahmen aber auf
                              einige wissenschaftliche und technische Seiten dieses Verfahrens keine Rücksicht.
                              Ich habe die ersteren in einer kleinen Abhandlung im Jahrbuch für praktische
                              Pharmacie dargelegt und gebe hier im Auszug das technisch Bemerkenswerthe.
                           Das Verfahren zur Darstellung von Bleitafeln, das ich anwandte, war folgendes: auf
                              eine ebene Zinkplatte strich ich in gleichmäßiger Dicke einen starken Zoll hoch
                              einen steifen Brei von mit Wasser angeriebenem schwefelsauren Bleioxyd; die
                              Zinkplatte legte ich in eine Schüssel, die mit nicht ganz gesättigter Kochsalzlösung
                              gefüllt war, so ein, daß sie in dem oberen Theil der Lösung zu liegen kam, jedoch
                              etwas geneigt und tief genug, daß die Salzlösung sie ganz bedeckte. Auf den Brei des
                              schwefelsauren Bleioxyds legte ich gewöhnlich noch eine dünne Zinktafel. Auf diese
                              Weise wurde möglichste Schnelligkeit des Processes erreicht und vermieden, daß die
                              gebildeten Salze sich zwischen das Blei einsetzen konnten, weil sie in die
                              Kochsalzlösung hinabsinken mußten. Nach 3, manchmal aber erst nach 8 bis 10 Tagen
                              war die zolldicke Masse ganz in metallisches Blei verwandelt. Die mit Salzlösung
                              durchdrungene Masse brachte ich noch auf dem Zink liegend zuerst in ein Gefäß mit
                              heißem Wasser, daß die Salze ausgezogen werden konnten. Das Blei, was so erhalten
                              worden, ist eine zusammenhängende, weiche, mit dem Finger bleibende Eindrücke
                              annehmende, durch leichtes Bestreichen mit harten glatten Körpern metallisch
                              glänzend werdende Masse.
                           
                           Unter einer starken Presse läßt sich diese Masse in eine feste biegsame Bleitafel
                              verwandeln. Dieselbe läßt sich in Model eindrücken und gibt das Bild mit großer
                              Schärfe.
                           Es führte die letztere Eigenschaft von selbst schon auf den Versuch einer Anwendung
                              in der Galvanoplastik. Ich habe Siegel, Münzen u.s.w. in diesem Bleischwamm
                              abgepreßt; dieselben versprachen die besten Erfolge als Matrizen zu galvanischen
                              Niederschlägen. Sie waren alle deutlich und eigneten sich recht gut, wenn es darauf
                              ankam, das unmittelbar durch Abdruck erhaltene Bild an und für sich oder auch
                              vergoldet oder versilbert zu zeigen. Dagegen war es mir bei Mangel an Zeit, an
                              Räumlichkeiten und einer stärkeren Presse nie ganz gelungen, gute galvanische
                              Kupferniederschläge auf diesen Bleiabdrücken zu erhalten; alle waren etwas rauh und
                              manchmal wie mit Adern überzogen anzusehen. Die Ursache davon ist die: das Kupfer
                              sucht sich den Weg in die Poren des Bleies, die nur durch sehr starken Druck oder
                              vielleicht durch dem Niederschlagen des Kupfers vorangegangenes Versilbern sich
                              völlig werden verstopfen lassen. Vom gleichen Grunde rührte es auch her, daß beim
                              Auflösen des Niederschlags immer der Bleiabdruck zu Grunde ging, indem Bleitheilchen
                              am Kupfer hängen blieben und nur durch Essigsäure entfernt werden konnten.
                           Ich zweifle nicht im geringsten, daß in einer mit den Manipulationen der
                              galvanoplastischen Kunst erfahreneren Hand die angedeuteten Uebelstände sich
                              beseitigen lassen; die Plasticität des von mir gewonnenen
                              Bleies ist so groß und so sehr in die Augen fallend, daß eine ausgedehnte und
                              glückliche Anwendung dieser Eigenschaft gewiß nicht ausbleiben kann.
                           Ich habe noch eine Eigenthümlichkeit dieses Bleischwammes zu erwähnen. Trommsdorff sagt schon, daß das von ihm erhaltene Blei
                              wegen leichter Oxydirbarkeit sich gut zur Bleizuckerfabrication eigne, und ebenso
                              zur Bleiweißfabrication, indem es unter Anwesenheit von etwas essigsaurem Bleioxyd
                              in kohlensäurereicher Atmosphäre bald in kohlensaures Oxyd (Bleiweiß) übergeführt
                              werde. Ich habe oft bemerkt, daß Abfälle des nicht gepreßten Bleischwammes, feucht
                              liegen bleibend, in kurzer Zeit beinahe durch und durch weiß geworden waren, was nur
                              vom Bleioxydhydrat nebst kohlensaurem Bleioxyd, das sich bildete, herrührte.
                           Merkwürdiger ist aber folgender Oxydationsvorgang: während die recht stark gepreßten
                              Bleiplatten sich ganz unverändert hielten, bemerkte ich an allen weniger starker
                              Pressung unterlegenen, daß sie ihre Biegsamkeit verloren, spröde, brüchig und
                              auf dem Bruch matt wurden; bei einzelnen, daß sie sich neben dieser Erscheinung
                              etwas wölbten (warfen). Einmal war es mir geschehen, daß ich einen Abdruck mit einem
                              Oellappen leicht rieb und ihn zur Seite legte; nach etwa 10 Minuten faßte ich ihn
                              wieder an, er war so heiß geworden, daß ich ihn kaum halten konnte. Diese letztere
                              Erscheinung habe ich nur einmal noch, obschon nicht mit solcher Heftigkeit der
                              Wärmeentwickelung, hervorrufen können; mehreremale mißlang der Versuch.
                           Diese Phänomene sind nichts anders, als „freiwillige“ langsame
                              Verbrennung zu Suboxyd.
                           Daß der schwarze Körper Suboxyd ist, wie es durch Erhitzen des oxalsauren Bleioxyds
                              gewonnen werden kann, scheint mir unzweifelhaft. Derselbe läßt sich mit dem Pistill
                              zu Pulver zerdrücken. Quecksilber nimmt nichts davon an, und im Glasrohr erhitzt,
                              zerfällt er in metallisches Blei und in gelbes Bleioxyd.
                           Das in der beschriebenen Form erhaltene metallische Blei verdient gewiß, sowohl wegen
                              der Erweiterung, die es unsern Einsichten in die Schweißbarkeit der Metalle gewährt,
                              als wegen der am Blei bis jetzt nicht wahrgenommenen Verbrennlichkeit und der
                              unmittelbaren, die ganze Masse ergreifenden Umwandlung in Suboxyd, die volle
                              Beachtung der Chemiker.