| Titel: | Bestimmung der hauptsächlichsten Gesetze und Zahlenverhältnisse, welche bei der Berechnung der Dampfmaschinen in Berücksichtigung kommen; von Hrn. V. Regnault. | 
| Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. II., S. 3 | 
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                        II.
                        Bestimmung der hauptsächlichsten Gesetze und
                           								Zahlenverhältnisse, welche bei der Berechnung der Dampfmaschinen in Berücksichtigung
                           								kommen; von Hrn. V.
                              									Regnault.
                        Regnault, über die Gesetze und Zahlenverhältnisse zur Berechnung
                           								der Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Die folgende Arbeit ist auszugsweise dem höchst wichtigen Werk von Regnault
                              									entnommen, welches den Titel führt: Relation des Expériences entreprises par ordre de M.
                                    											le Ministre des travaux publics, et sur la proposition de la Commission
                                    											centrale des machines à vapeur, pour déterminer les principales lois
                                    											physiques et les données numériques qui entrent dans le calcul des machines
                                    											à vapeur; par M. V.
                                    											Regnault, Ingénieur au Corps des mines etc. Erster Theil,
                              									96 Bogen gr. 4. und 7 Kupfertafeln in Folio. Paris 1847 bei F. Didot.
                           Dieses Werk enthält außer einer Einleitung zehn Abhandlungen, aus denen wir die
                              									hauptsächlichsten Resultate mittheilen wollen.
                           
                        
                           Die physikalische Theorie und die
                                 										vorzüglichsten physikalischen Gesetze der Dampfmaschinen.
                           Die theoretische Berechnung der von den Dampfmaschinen hervorgebrachten Leistungen
                              									ist auf einige unwiderlegbare Grundsätze der allgemeinen Mechanik, sowie auf mehrere
                              									physikalische Gesetze begründet, denen es aber bis jetzt an jeder sichern Basis
                              									fehlte. Die Autoren, welche über die Theorie dieser Maschinen geschrieben haben,
                              									mußten als Fundament ihrer Berechnungen Gesetze annehmen, welche nur als Hypothesen
                              									angesehen werden dürfen, zu denen die Physiker meistens geführt wurden, indem sie
                              									die Gesetze, welche nicht einmal bei den permanenten Gasen genau richtig sind, auch
                              									auf die Dämpfe ausdehnten. Wenn man daher die wirkliche Leistung einer Dampfmaschine
                              									mit derjenigen vergleicht, welche die theoretische Berechnung ergibt, so findet man
                              									stets, selbst bei den besten Maschinen, einen bedeutenden Ausfall. Ein großer Theil
                              									desselben kann freilich den Störungen zugeschrieben werden, welche durch das Spiel
                              									der Apparate selbst bei den physischen Bedingungen veranlaßt worden ist; er rührt
                              									von dem Verlust der lebendigen Kraft her, welcher durch die Abkühlung des Dampfes
                              									herbeigeführt worden ist, von dem Widerstände, der sich während des Betriebes der
                              										 Maschine, indem der
                              									Dampf durch Röhren von unregelmäßigen Formen, und indem er durch mehr oder weniger
                              									enge Oeffnungen strömt, entwickelt. Endlich werden Verluste der lebendigen Kraft
                              									durch Reibungen und Erschütterungen der verschiedenen Maschinentheile veranlaßt. Ein
                              									großer Theil der Differenz kann aber auch den ungenauen Fundamental-Gesetzen,
                              									welche man bei dem Calcul eingeführt hat, zugeschrieben werden.
                           Die Maschinenbauer und alle diejenigen welche sich mit der Theorie und Praxis der
                              									Dampfmaschinen zu beschäftigen haben, empfanden daher schon seit längerer Zeit den
                              									Mangel einer Arbeit, wodurch diese Fundamentalgesetze mittelst einer Reihe directer
                              									Versuche bestimmt wurden, die mit allen Mitteln der Genauigkeit und Schärfe, welche
                              									uns die Physik jetzt darbietet, ausgeführt worden sind. Hr. Regnault hatte schon seit längerer Zeit den Plan zu einer solchen Arbeit
                              									gemacht, und auch nach und nach einige Versuche angestellt; dieselben hatten ihm
                              									aber die Ueberzeugung gewährt, daß genaue Versuche nur mittelst bedeutender Apparate
                              									zu erlangen seyen, deren Kosten die beschränkten Mittel des Laboratoriums eines
                              									Bezirks-Ingenieurs weit übersteigen. Hr. Regnault
                              									würde daher nicht im Stande gewesen seyn, seine Entwürfe auszuführen, wenn nicht der
                              									Minister der öffentlichen Arbeiten auf den Antrag des Hrn.
                              									Unter-Staatssecretärs Legrand die zur Ausführung
                              									dieser langwierigen und schwierigen Arbeit erforderlichen Mittel gewährt hätte.
                           Um einen genauen Begriff von den hauptsächlichsten Gesetzen zu erlangen, auf denen
                              									die Theorie der Dampfmaschinen beruht, ist es erforderlich, die Grundsätze dieser
                              									Theorie darzustellen.
                           Man kann alle bekannten Dampfmaschinensysteme in vier Classen theilen:
                           1) Maschinen ohne Expansion und ohne Condensation.
                           2) Maschinen mit Expansion und ohne Condensation.
                           3) Maschinen ohne Expansion und mit Condensation.
                           4) Maschinen mit Expansion und Condensation.
                           Die drei ersten Classen von Maschinen können in theoretischer Beziehung als besondere
                              									Fälle der vierten Classe angesehen werden, welche den zusammengesetztesten Fall
                              									umfaßt, und den einzigen, mit welchem wir uns hier zu beschäftigen nöthig haben. Wir
                              									nehmen eine ideale Maschine an, welche gar keiner Ursache äußerer Abkühlung, keinem
                              									Verluste lebendiger Kraft durch Reibung, durch Verengungen der Oeffnungen u. s. w.
                              									unterworfen ist. Wir denken uns einen Kessel, dessen  Räumlichkeit in Beziehung zu
                              									derjenigen des Dampfcylinders eine sehr bedeutende ist, so daß der Dampfdruck in dem
                              									Kessel während des Betriebes der Maschine absolut constant bleibt, indem die im Ofen
                              									entwickelte Wärme die von der Maschine verbrauchte Dampfmenge fortwährend wieder
                              									ersetzt.
                           Es seyen:
                           w die Kolbenoberfläche in Quadratmetern ausgedrückt;
                           x der Weg, welchen der Kolben von dem Augenblick, in
                              									welchem der Dampf mit derselben Spannung wie im Kessel in den Cylinder gelangt, bis
                              									zu dem Augenblick den wir untersuchen, zu durchlaufen hat;
                           P der constante Druck des Dampfes in dem Kessel in
                              									Kilogrammen ausgedrückt und auf den Quadratmeter Oberfläche zurückgeführt;
                           T die Temperatur des Dampfes;
                           v die Räumlichkeit in Kubikmetern desjenigen Theils von
                              									dem Cylinder, welchen der Kolben von seinem Ausgangspunkte bis zu der Höhe x durchlaufen hat;
                           V1 der ganze räumliche
                              									Inhalt des Cylinders.
                           I. Ein erstes Gesetz, welches wir kennen müssen, ist das Gesetz welches die Elasticität mit den Temperaturen
                                 										verbindet.
                           Wir unterscheiden zwei Zeiträume bei der Dauer eines Kolbenlaufes. Während der
                              									erstern Periode steht der Cylinder in freier Verbindung mit dem Kessel; der ganze
                              									Dampfdruck auf die Kolbenoberfläche ist P
                              									w.
                           Wenn der Kolben um eine Größe d
                              									x vorrückt, so wird die hervorgebrachte
                              									Elementarleistung seyn
                           P w d x = P d
                                 										v.
                           Die ganze während der ersten Periode, d. h. vom Beginn der Bewegung des Kolbens bis
                              									zu dem Augenblick wo der Dampf einzuströmen aufhört, der einer Räumlichkeit V entspricht, die der Kolben in dem Cylinder durchlaufen
                              									hat, hervorgebrachte Leistung wird ausgedrückt durch
                           P V.
                           Während der zweiten Periode, welche die der Expansion ist, strömen keine Dämpfe aus
                              									dem Kessel herbei, allein die in dem Cylinder befindlichen fahren auf den Kolben zu
                              									drücken fort. In dem Maaß als dieser steigt, nimmt der Dampf einen immer größern
                              									Raum ein, seine Elasticität vermindert sich und die Temperatur sinkt in Folge der
                              									während der Ausdehnung absorbirten latenten Wärme.
                           
                           Auf welchen Gesetzen diese Veränderungen beruhen, ist noch nicht experimentell
                              									entschieden; jedoch kann nur einer von den drei folgenden Fällen stattfinden:
                           Erster Fall. Die von einem Kilogramm flüssigen Wassers
                              									absorbirte Wärmemenge um das Wasser in Dämpfe zu verwandeln, welche wir der
                              									Vereinfachung wegen die totale Wärme des Dampfes nennen,
                              									ist ganz dieselbe, sey der Druck welcher er wolle, vorausgesetzt daß der Dampf seine
                              									höchste Dichtigkeit habe. Ist dieses Gesetz richtig, so wird der Dampf während der
                              									ganzen Periode der Expansion stets im Zustande der Sättigung bleiben, der Druck des
                              									Dampfes wird im umgekehrten Verhältniß der Volumina sich verändern, und er wird
                              									fortwährend mit den Temperaturen Verhältnisse zeigen, welche die Temperaturen des
                              									gesättigten Dampfes mit seiner Elasticität verbinden.
                           Zweiter Fall. Die totale Wärme des Dampfes ist um so
                              									bedeutender, je stärker seine Elasticität ist. Da wir annehmen, daß der Dampf keiner
                              									äußern Ursache der Erkaltung unterworfen sey, so ist es ganz klar, daß in dem Maaß,
                              									in welchem sich der Dampf in einem größern Raum ausdehnt, er eine immer geringere
                              									totale Wärmemenge erfordern wird, um im dampfförmigen Zustande zu beharren. Es wird
                              									daher während der Ausdehnung die Entwickelung einer gewissen Quantität latenter
                              									Wärme stattfinden, welche das Thermometer nachzuweisen vermag, und sie wird die
                              									Temperatur des Dampfes über den Punkt erheben, welcher der Sättigung entspricht. Die
                              									Temperatur des Dampfes wird daher minder rasch sinken als in dem ersten Falle; der
                              									Dampf wird während der Expansion eine Ueberhitzung zeigen, und der Dampfdruck auf
                              									den Kolben wird sich weniger schnell vermindern als es nach dem Mariotte'schen
                              									Gesetz der Fall ist.
                           Dritter Fall. Die totale Dampfwärme ist um so kleiner, je
                              									bedeutender seine Elasticität ist. Wäre dieses Gesetz das wirkliche, so müßte
                              									während der Expansion ein Niederschlag von flüssigem Wasser stattfinden, der Dampf
                              									würde stets gesättigt bleiben, allein seine Elasticität wird rascher abnehmen als
                              									nach dem Mariotte'schen Gesetz.
                           Da entscheidende Versuche fehlten, durch welche die Richtigkeit der einen oder der
                              									andern Hypothese festgestellt werden konnte, nahmen die Maschinenbauer im
                              									Allgemeinen das erstere Gesetz an, welches zugleich das einfachste und genaueste
                              									ist. Diese Hypothese stellt die Expansion des Dampfes in gleiche Linie mit
                              									derjenigen eines permanenten Gases, welches sich in einer beweglichen Umgebung
                              									ausdehnen würde, deren Wände dem Gase fortwährend die Wärmemenge ersetzen, die
                              									während  seiner Expansion
                              									als latente Wärme absorbirt worden ist, so daß seine Temperatur unveränderlich
                              									bleibt.
                           Die während der Expansion entwickelte Leistung läßt sich alsdann auf nachstehende
                              									Weise berechnen:
                           Es sey v das Volum des Dampfes und p sein Druck in einem gegebenen Augenblicke;
                           d x der von dem Kolben durchlaufene Weg, während das
                              									Volum v + d v wird, und es
                              									wird demnach die hervorgebrachte Elementarleistung seyn
                           p w d x = p d
                                 										v.
                           Im Anfang der Expansion ist das Volum V und der Druck P; und da wir das Mariotte'sche Gesetz zwischen dem
                              									Dampfvolum und der Elasticität während der Expansion annehmen, so haben wir
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 7
                              
                           und die Totalleistung, welche während der Zeit hervorgebracht
                              									worden ist, wo das Dampfvolum V in V1 übergeht, ist
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 7
                              
                           Es ist dieß der Ausdruck der Leistung, welche während der Periode der Expansion
                              									hervorgebracht worden ist. Die ganze Leistung während eines vollständigen
                              									Kolbenlaufs ist demnach
                           P V(1 + log
                                 										P/P1).
                           Bisher haben wir uns nur mit demjenigen Druck beschäftigt, welcher auf der einen
                              									Kolbenfläche ausgeübt wird; jedoch ist die andere Fläche stets dem Drucke
                              									unterworfen, welcher in dem Condensator existirt. Wir nehmen letztern Druck als
                              									constant während des ganzen Kolbenlaufs und durch f ausgedrückt an. Die Größe des
                              									Widerstandes, die er während des Kolbenlaufs hervorgebracht hat, wird seyn
                           f V1 = f VP/P1;
                           so daß die Triebkraft ausgedrückt bleibt durch
                           P V(1 + log
                                 										P/P1 - f/P).
                           Wenn n die Anzahl der Kolbenzüge der Maschine in der
                              									Minute ausdrückt, so wird die Leistung in der Zeiteinheit bezeichnet mit
                           
                           n P V(1 + log
                                 										P/P1 - f/P1).
                           Jedoch hängt die Genauigkeit der Formel von der Richtigkeit der weiter oben
                              									angenommenen Hypothese ab, und es ist daher nothwendig, durch directe Versuche zu
                              									bestimmen:
                           II. Die Wärmemengen, welche ein
                                 										Kilogramm Wasser von 0 Grad bedarf, um es in Dämpfe von verschiedenem Druck zu
                                 										verwandeln.
                           Diese Wärmemengen zerfallen in zwei verschiedene Theile: die nöthige Wärme, um die
                              									Temperatur des flüssigen Wassers von 0° bis zu dem Punkt zu erheben, in
                              									welchem ein Wechsel des Zustandes und der latenten Verdampfungswärme stattfindet.
                              									Wenn man diese beiden Theile der totalen Wärme des Dampfes unterscheiden will, so
                              									muß man durch Versuche bestimmen:
                           III. Die Wärmecapacität des
                                 										flüssigen Wassers bei verschiedenen Temperaturen.
                           Endlich wenn die Totalwärme des Dampfes nicht bei jedem Druck constant ist, so muß
                              									man noch zur Berechnung der Expansion kennen:
                           IV. Die specifische Wärme der
                                 										Wasserdämpfe bei verschiedenen Zuständen der Dichtigkeit und bei verschiedenen
                                 										Temperaturen.
                           Man kann die theoretische Leistung einer Dampfmaschine schätzen, wenn man die Größe
                              									der Leistung, welche sie für jedes Kilogramm des verbrauchten Dampfes zu geben fähig
                              									ist, bestimmt.
                           Es sey demnach ω das Gewicht eines Kubikmeters Dampf unter dem Druck P und von der Temperatur T,
                              									π das Gewicht des von der Maschine in einer Minute verbrauchten Dampfes. Wir
                              									haben n
                              									V = π/ω, und folglich wird die Leistung
                              									einer Maschine mittelst eines Kilogr. Dampf ausgedrückt werden durch
                           P π/ω (1 + log P/P1 - f/P1).
                           Um aber den Werth von ω unter allen Umständen berechnen zu können, muß man
                              									kennen:
                           V. Das Gesetz, nach welchem die
                                 										Dichtigkeit des gesättigten Wasserdampfes unter verschiedenem Druck verschieden
                                 										ist.
                           
                           VI. Den Ausdehnungs-Coefficienten des Wasserdampfes unter verschiedenen
                                 										Dichtigkeitszuständen.
                           Die Maschinenbauer nehmen meistentheils an, daß das Gewicht ω des Kubikmeters
                              									Dampf unter dem Druck P und mit der Temperatur T berechnet werden kann, wenn man bei dem gesättigten
                              									Dampf das Mariotte'sche und das Gesetz von der gleichförmigen Ausdehnung der Gase
                              									anwendet. Nun sind aber diese Gesetze selbst für die permanenten Gase nicht ganz
                              									genau, und es ist zu fürchten, daß sie in Beziehung auf gesättigte Wasserdämpfe
                              									gänzlich falsch seyen.
                           Endlich besteht die gebräuchlichste Methode zur Vergleichung der Dampfmaschinen
                              									darin, daß man die Leistungen für jedes Kilogramm verbrannten Brennmaterials angibt.
                              									Man muß zu dem Ende das Gewicht K des Dampfes unter dem
                              									Druck P, welches ein Kilogramm Brennmaterial unter den
                              									anzuwendenden Umständen entwickeln kann, kennen, und hat alsdann für die von einem
                              									Kilogramm Brennmaterial hervorgebrachte Leistung oder den Nutzeffect
                           P K π/ω (1 + log P/P1 - f/P1).
                           Die Größe K hängt von mehreren Umständen ab, welche wir
                              									hier unberücksichtigt lassen müssen, wohin die Beschaffenheit des Brennmaterials,
                              									die Einrichtung des Ofens, diejenige des Kessels etc. gehören.
                           Die theoretische Berechnung der Dampfmaschinen erfordert also die Kenntniß folgender
                              									Gesetze und Data:
                           I. Das Gesetz, welches die Temperatur und die Elasticität
                              									der gesättigten Wasserdämpfe verbindet.
                           II. Die Wärmemenge, welche 1 Kilogramm Wasser von
                              									0° absorbiren muß, um gesättigte Dämpfe unter verschiedenem Druck zu
                              									geben.
                           III. Die Wärmemenge, welche 1 Kilogr. Wasser von
                              									0° absorbiren muß, um seine Temperatur auf diejenige zu erhöhen, bei welcher
                              									es unter verschiedenem Druck verdampft wird.
                           IV. Die specifische Wärme des Dampfes bei verschiedener
                              									Dichtigkeit und bei verschiedenen Temperaturen.
                           V. Das Gesetz, nach welchem die Dichtigkeit des
                              									gesättigten Dampfes unter verschiedenem Druck differirt.
                           VI. Die Ausdehnungs-Coefficienten des Dampfes bei
                              									seinen verschiedenen Dichtigkeitszuständen.
                           
                           Ehe jedoch Hr. Regnault in die Untersuchung dieser Gesetze
                              									einging, mußte er erst lange Voruntersuchungen anstellen, um eine große Menge von
                              									Hülfsdaten zu bestimmen, welche durch die früheren Arbeiten von andern Physikern
                              									fest bestimmt zu seyn schienen und wie die Versuche gezeigt haben, es doch nicht
                              									waren. Diese Untersuchungen bezogen sich hauptsächlich auf die Gesetze der
                              									Ausdehnung und Zusammendrückbarkeit der elastischen Flüssigkeiten. Die sieben ersten
                              									Abhandlungen in dem Werke sind besonders diesen gewidmet und nur in den drei
                              									letzten, der achten, neunten und zehnten, greift Hr. Regnault die eigentliche Frage an, deren Lösung der ursprüngliche Zweck
                              									seiner großen Arbeit war.
                           
                        
                           Wir wollen auch hier die Voruntersuchungen zuerst betrachten, können jedoch nur die
                              									Hauptresultate derselben mittheilen; sie haben natürlich mehr allgemeines
                              									physikalisches als speciell technisches Interesse. Die drei letzten technisch
                              									wichtigen Abhandlungen wollen wir dann in gedrängten Auszügen mittheilen.
                           
                              I. Ueber
                                    											die Ausdehnung der elastischen Flüssigkeiten.
                              Diese Abhandlung zerfällt in drei Abtheilungen: die erstere handelt von der
                                 										Ausdehnung der atmosphärischen Luft unter dem gewöhnlichen Druck der Atmosphäre.
                                 										Hr. Regnault erwähnt zuvörderst der früheren Versuche
                                 										über diesen Gegenstand, die hauptsächlich von den HHrn. Gay-Lussac, Rudberg und Dalton angestellt worden sind; dann theilt er fünf
                                 										Reihen von Versuchen und deren Resultate mit.
                              In der zweiten Abtheilung beschäftigt er sich mit der Ausdehnung einiger andern
                                 										Gase unter verschiedenem Druck, welcher wenig von dem atmosphärischen
                                 										verschieden ist; in der dritten mit der Ausdehnung der Gase unter verschiedenem
                                 										Druck. Diese Abhandlung umfaßt 105 Quartseiten und ist bereits theilweise in dem
                                 										Bd. LV S. 391 und 557 und Bd. LVII S. 115, also bereits vor sieben Jahren in Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie mitgetheilt worden.
                              Die allgemeinen Folgerungen und Resultate, welche Hr Regnault aus den verschiedenen Versuchen über die Ausdehnung der
                                 										elastischen Flüssigkeiten zieht, sind nachstehende:
                              1) Der Ausdehnungs-Coefficient der Luft, welchen die Physiker bis jetzt,
                                 										nach den Versuchen von Gay-Lussac, zu 0,375 annahmen, ist für trockene Luft
                                 										unter gewöhnlichem atmosphärischen Druck viel zu groß.
                              
                              Dagegen ist die Zahl 0,3645, das Mittel aus den von Rudberg angestellten Versuchen, viel zu niedrig.
                              Wenn man den Ausdehnungs-Coefficienten der Lust mittelst des Calculs aus
                                 										den Veränderungen der Elasticität ableitet, welche ein und dasselbe Gasvolum von
                                 										0° bis 100°C. erleidet, so findet man, daß sein Werth 0,3665
                                 										sey.
                              Wenn man aber diesen Coefficienten von den Volumsveränderungen ableitet, welche
                                 										ein und dieselbe Gasmasse von 0° bis 100° erleidet, während ihre
                                 										Elasticität constant bleibt, so findet man einen etwas höheren Werth, nämlich
                                 										0,3670.
                              2) Die Ausdehnungs-Coefficienten der verschiedenen Gase sind nicht gleich,
                                 										wie man es bis jetzt angenommen hatte, sondern sie zeigen wesentliche
                                 										Verschiedenheiten, wie man aus nachstehenden Zahlen ersehen kann.
                              
                                 
                                    
                                    Bei constantem Volum
                                    Unter constantem Druck.
                                    
                                 
                                    Wasserstoffgas
                                    0,3667
                                    0,3661
                                    
                                 
                                    atmosphärische Luft
                                    0,3665
                                    0,3670
                                    
                                 
                                    Stickstoff
                                    0,3668
                                    0,3670
                                    
                                 
                                    Kohlenoxydgas
                                    0,3667
                                    0,3669
                                    
                                 
                                    Kohlensäure
                                    0,3688
                                    0,3710
                                    
                                 
                                    Stickoxydul
                                    0,3676
                                    0,3719
                                    
                                 
                                    Schweflige Säure
                                    0,3845
                                    0,3903
                                    
                                 
                                    Cyan
                                    0,3829
                                    0,3877
                                    
                                 
                              Oft erhält man mit einem und demselben Gase sehr verschiedene Werthe als
                                 										Ausdehnungs-Coefficienten, je nachdem man denselben aus der unmittelbaren
                                 										Beobachtung des Volumwechsels ableitet, welchen eine und dieselbe Gasmasse bei
                                 										Temperaturveränderungen von 0° bis 100° erleidet, während die
                                 										Elasticität constant bleibt; oder aber je nachdem man diesen Coefficienten nach
                                 										den Veränderungen der Elasticität des Gases berechnet, wenn man bei
                                 										gleichbleibendem Volum die Temperatur von 0° bis 100° treibt. Man
                                 										kann diese Verschiedenheiten aus der oben mitgetheilten kleinen Tabelle
                                 										erkennen.
                              3) Die Luft und alle andern Gase, mit Ausnahme des Wasserstoffs, haben um so
                                 										bedeutendere Ausdehnungs-Coefficienten, je größer ihre Dichtigkeit
                                 										ist.
                              4) Die Ausdehnungs-Coefficienten der verschiedenen Gase nähern sich
                                 										umsomehr der Gleichheit, je geringer ihr Druck ist. Das Gesetz, daß alle Gase gleichen Ausdehnungs-Coefficienten haben, kann als ein äußerstes angesehen
                                 										werden, welches sich auf die  Gase in einem Zustande extremer Ausdehnung anwenden
                                 										läßt, das sich aber umsomehr von der Wirklichkeit entfernt, als die Gase mehr
                                 										zusammengepreßt oder dichter sind.
                              
                           
                              II. Von
                                    											der Bestimmung der Dichtigkeit der Gase.
                              Diese Abhandlung umfaßt im Originalwerke 29 Seiten und ist bereits in Bd. LXV S. 395 ff. von Poggendorff's Annalen, jedoch nicht ganz vollständig, mitgetheilt
                                 										worden. Die von Regnault erlangten Resultate sind
                                 										kurz folgende:
                              Er bestimmte das Gewicht eines Liters trockener atmosphärischer Luft bei
                                 										0° und unter 760 Millimeter Druck für Paris zu 1,293187 Grammen; Biot und Arago hatten
                                 										früher dafür 1,299541 Gramme gefunden. Nach dieser Bestimmung von Regnault und den Versuchen desselben über die
                                 										Dichtigkeit anderer Gase, wiegt unter den angeführten Normalumständen 1
                                 										Liter
                              
                                 
                                    
                                    Gramme.
                                    
                                 
                                    Stickgas
                                    1,256167
                                    
                                 
                                    Sauerstoffgas
                                    1,429802
                                    
                                 
                                    Wasserstoffgas
                                    0,089578
                                    
                                 
                                    Kohlensäuregas
                                    1,977414.
                                    
                                 
                              
                           
                              III. Bestimmung des Gewichts eines Liter Luft und der Dichtigkeit des
                                    											Quecksilbers.
                              Diese Abhandlung umfaßt im französischen Original 12 Quartseiten und wurde auch
                                 										bereits in Poggendorff's Annalen Bd. LXXIV S. 203 ff. mitgetheilt. Die Gewichte der Luft
                                 										und verschiedener Gase haben wir unter II angegeben,
                                 										so daß uns hier nur noch übrig bleibt, das specifische Gewicht oder die
                                 										Dichtigkeit des Quecksilbers anzugeben. Sie beträgt bei absolut reinem
                                 										Quecksilber, bei 0°, gegen das specifische Gewicht des Wassers bei
                                 										4° als Einheit, = 13,596, welche Zahl auch neuerlich von Hrn. Kopp (Poggendorff's
                                 										Annalen Bd. LXXII S. 18) bestätigt wurde.
                              
                                 (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)