| Titel: | Ueber telegraphische Leitungen und Apparate; von Werner Siemens. | 
| Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. V., S. 24 | 
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                        V.
                        Ueber telegraphische Leitungen und Apparate; von
                           									Werner
                              								Siemens.
                        Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1850, Nr.
                              									4.
                        Siemens, über telegraphische Leitungen und Apparate.
                        
                     
                        
                           Die Störungen und gänzlichen Unterbrechungen des Dienstes, die bei den elektrischen
                              									Telegraphen, namentlich auf längeren Linien, bisher so häufig eintraten, finden
                              									größtentheils ihren Grund in Schwankungen der Stärke und Dauer der die
                              									telegraphischen Apparate in Bewegung setzenden elektrischen Ströme, die durch die
                              									langen, störenden Einflüssen aller Art preisgegebenen Leitungsdrähte veranlaßt
                              									werden. Es boten sich zwei Wege um diese Störungen zu beseitigen und der
                              									elektrischen Telegraphie dadurch den Grad von Sicherheit, Schnelligkeit und steter
                              									Schlagfertigkeit zu geben, deren sie bedarf, wenn sie die allgemeine Verbreitung und
                              									Anwendung gewinnen und die Dienste leisten soll, welche man bisher vergeblich von
                              									ihr erwartete. Der erste Weg besteht darin, die Leitung zu vervollkommnen und sie
                              									den störenden Einflüssen aller Art, denen sie ausgesetzt ist, möglichst zu
                              									entziehen; der zweite dagegen darin, den telegraphischen Apparaten eine derartige
                              									Einrichtung zu geben, daß sie einen möglichst großen Grad von Ungleichmäßigkeit der
                              									sie bewegenden Ströme ertragen können, ohne dadurch in Unordnung zu kommen.
                           Gegenstand dieses ersten Aufsatzes ist der erste, die Leitungen betreffende Theil der
                              									Aufgabe.
                           Ich werde zuerst versuchen die Gründe der Störungen, welche man bei den, mit
                              									alleiniger Ausnahme der neueren preußischen Telegraphenanlagen, bisher
                              									ausschließlich angewendeten überirdischen Leitungen so häufig zu beobachten
                              									Gelegenheit hat, in kurzer Uebersicht zusammen zu stellen und zugleich die Mittel
                              									anführen, die neuerdings mit einigem Erfolg zu ihrer Beseitigung in Anwendung
                              									gekommen sind.
                           Die unvollkommene Isolation der Leitungsdrähte war bis auf neuere Zeit ein
                              									hauptsächliches Hinderniß einer sicheren und directen telegraphischen  Verbindung der Endpunkte langer
                              									Linien. Bei feuchter Witterung bilden die den Draht tragenden Pfosten eine leitende
                              									Verbindung desselben mit dem Erdboden. Bilden mithin Draht und Erde den
                              									Schließungskreis einer Säule, so tritt jeder feuchte Pfosten als Nebenschließung
                              									derselben auf, und bewirkt eine Verstärkung des Stromes in dem der Säule näher
                              									liegenden und eine Schwächung desselben in dem entfernteren Theile des
                              									Leitungsdrahts. Die hierdurch bewirkte, bei schlecht isolirten Leitungen schon bei
                              									wenig Meilen langen Linien oft sehr beträchtliche Ungleichheit der Stromstärke an
                              									den beiden Enden des Leitungsdrahtes und in den dort eingeschalteten Spiralen der
                              									Elektromagnete, würde wenig schädlich seyn, wenn sie constant bliebe. Da sie aber
                              									durchaus abhängig von der Witterung an den verschiedenen Punkten der Leitung, mithin
                              									stets veränderlich ist, so veranlaßt sie stete Störungen der Angaben und des
                              									regelmäßigen Ganges der telegraphischen Apparate. Bei rotirenden Telegraphen sucht
                              									man diese veränderliche Ungleichheit der Stromstärke in den Spiraldrähten der
                              									correspondirenden Apparate durch Vertheilung der wirkenden Säule zu vermindern. Wenn
                              									dieser Zweck hierdurch auch theilweise erreicht wird, so entsteht dadurch dagegen
                              									der für alle bisherigen Telegraphen noch größere Uebelstand, daß die Unterbrechung
                              									der Kette an einem Ende der Leitung nicht die vollständige Unterbrechung des Stromes
                              									in dem Spiraldrahte des am anderen Ende derselben befindlichen Telegraphen zur Folge
                              									hat, da der dort befindliche Theil der Säule durch die vorhandenen Nebenschließungen
                              									geschlossen bleibt.
                           Die früher benutzten Isolationsmittel, durch welche man den Draht von den feuchten
                              									Stangen zu isoliren suchte, wie Glas- oder Porzellanringe, durch welche er
                              									gezogen wurde, Umwickeln des Drahts an den Berührungsstellen mit Kautschuk etc.,
                              									Anbringung eines schützenden Daches auf den Stangen, konnten nur unvollkommene
                              									Dienste leisten, da die leitende Verbindung des Drahts mit der Erde bei Regenwetter
                              									über das naßwerdende Isolationsmittel hinweg hergestellt war. Die neuerdings
                              									angewandten Trichter von Glas, Porzellan oder Steingut erfüllen dagegen den Zweck
                              									der Isolation in sehr vollkommenem Grade. Bei der von mir im Winter des vorigen
                              									Jahres ausgeführten 42 Meilen langen überirdischen Leitung zwischen Eisenach und
                              									Frankfurt a. M. über Kassel, wurden oben geschlossene Porzellantrichter angewendet,
                              									die auf eiserne Stangen so aufgekittet wurden, daß die Glocke nach unten gerichtet
                              									war. Die eiserne Stange wurde an das obere Ende der hölzernen Pfosten geschraubt und
                              									der Draht an der äußeren Fläche des Trichters durch Umwinden um den oberen dünnen
                              									Theil desselben befestigt. Die innere  Fläche des Trichters bildet hier die stets trocken
                              									bleibende isolirende Schicht zwischen dem Draht und der Stange. Die Isolation dieser
                              									Leitung war selbst bei dem ungünstigsten Wetter (feuchtem Schneefall) noch so
                              									vollständig, daß bei dem benutzten wenig empfindlichen Galvanometer mit einfacher
                              									Nadel kein Strom wahrzunehmen war, wenn an dem einen Ende der Leitung eine Säule von
                              									acht Daniell'schen Elementen und das Galvanometer zwischen Leitungsdraht und Erde
                              									eingeschaltet und das andere Ende des Leitungsdrahts isolirt war.
                           Je vollkommener aber die Isolation überirdischer Leitungen hergestellt ist, desto
                              									störender treten die Einflüsse der atmosphärischen Elektricität auf. Diese
                              									Erscheinung erklärt sich dadurch, daß bei unvollkommen isolirten Leitungen die dem
                              									Drahte durch die geladenen ihn umgebenden Luftschichten, oder durch die vertheilende
                              									Wirkung der sich demselben nähernden oder von ihm entfernenden Wolken mitgetheilten
                              									Ladungen sich durch die vorhandenen Nebenschließungen ausgleichen können, ohne ihren
                              									Weg durch die Spiralen der Magnete der an den Enden der telegraphischen Leitung
                              									befindlichen Instrumente zu nehmen, daß ferner diese Ladungs- und
                              									Entladungsströme bei unvollkommen isolirten Leitungen auch wahrend der Unterbrechung
                              									der Kette an einem oder an beiden Enden der Leitung ihren Fortgang haben, während
                              									bei vollkommener Isolirung sich während der Unterbrechung freie Elektricität im
                              									Drahte ansammelt, welche darauf beim Schließen der Kette ihren Weg durch die
                              									Magnetspiralen zur Erde nimmt und hierdurch den regelmäßigen Strom der Säule am
                              									einen Ende schwächt, am anderen dagegen verstärkt. In gebirgigen Gegenden ist
                              									namentlich die freie Elektricität der Luft eine Quelle steter Störungen.
                           Bei der oben erwähnten Leitung zwischen Eisenach und Kassel, welche der Eisenbahn
                              									folgend aus dem Werra- ins Fulda-Thal übergeht, deren Wasserscheide
                              									gleichzeitig die Wasserscheide für die dortige Gegend bildet, zeigt ein ohne
                              									Batterie in die Leitung eingeschaltetes Galvanometer fast zu jeder Zeit ziemlich
                              									heftige Ströme von veränderlicher Stärke und Richtung an, die im Sommer während der
                              									Mittagszeit häufig so heftig und veränderlich werden, daß der Dienst der Linie auf
                              									mehrere Stunden dadurch unterbrochen wird. Sind beide Enden des Leitungsdrahts
                              									isolirt, so zeigt er immer eine beträchtliche Ladung freier Elektricität. Diese
                              									Ladungen werden noch bedeutend starker, wenn an einer Stelle der Leitung Negen oder
                              									Schnee fällt. Namentlich im letzteren Falle ist die Ladung des Drahts so stark, daß
                              									man demselben Funken von 1 bis 2 Millimeter Länge entziehen kann, die dann in
                              									schneller Reihenfolge hinter einander überspringen und jedesmal den Anker des
                              									Elektromagnets  zur
                              									Anziehung bringen. Noch intensiver sind die in den Drähten durch Gewitterwolken
                              									erzeugten Ströme. In den Sommermonaten hört in der Regel bei längeren Linien der
                              									regelmäßige Gang der correspondirenden Apparate schon auf, wenn sich Gewitterwolken
                              									am Himmel zeigen. Auch diese Erscheinungen sind in bergigen Gegenden viel heftiger
                              									wie in der Ebene. Besonders auffallend stark sind die bei Entladungen der Wolken
                              									auch in kurzen Leitungen sich zeigenden Ströme. Dieselben scheinen nicht durch
                              									Freiwerden der durch die Wolken im Draht durch Vertheilung angesammelten
                              									Elektricität erklärt werden zu können, da selbst dann, wenn das Gewitter schon
                              									mehrere Meilen weit von der Drahtleitung entfernt ist, noch bei jedem Blitze ein
                              									sehr heftiger Strom sich zeigt. Es scheint ein Theil des durch die Entladung im
                              									Erdboden selbst hervorgerufenen Stromes seinen Weg durch den schneller leitenden
                              									Draht zu nehmen.
                           Bei einer längeren überirdischen Leitung vergeht fast kein Sommer, ohne daß der Blitz
                              									in sie einschlägt, die Instrumente beschädigt und die Leitung theilweise zerstört.
                              									Bei der oben erwähnten überirdischen Leitung ist mit gutem Erfolge die Verbreitung
                              									des in den Leitungsdraht einschlagenden Blitzes dadurch verhindert, daß von Zeit zu
                              									Zeit und namentlich in der Nähe der Endpunkte der Leitung Metallstücke, welche durch
                              									die Höhlung der Trichter vor dem Naßwerden geschützt sind, möglichst nahe einander
                              									gegenüber gestellt wurden. Das eine derselben ward mit dem Leitungsdraht, das andere
                              									mit dem Erdboden leitend verbunden. Diese Anordnung bietet der elektrischen
                              									Entladung einen kürzeren Weg zur Erde von geringem Widerstande und leitet dadurch
                              									den am Draht fortlaufenden Blitz zur Erde ab. Sind die einander genäherten
                              									Metallmassen groß und der Abstand von einander möglichst klein, so dienen sie auch
                              									zur Entladung der durch Vertheilung dem Drahte mitgetheilten schwachen Ladungen.
                              									Dadurch wird der nachtheilige Einfluß derselben auf den Gang der Apparate
                              									vermindert, doch entsteht durch die häufig in schneller Reihenfolge zwischen zwei
                              									Punkten überspringenden Funken leicht eine leitende Verbindung der beiden
                              									Metallmassen. Es ist daher rathsam, bei überirdischen Linien im Freien von Zeit zu
                              									Zeit Blitzableiter in oben beschriebener Art, jedoch mit etwas größerem Abstände der beiden Metallmassen von einander, anzubringen, um
                              										heftige Schläge abzuleiten, und dagegen in den
                              									Zimmern große Metallplatten mit möglichst geringem Abstande von einander zu
                              									placiren, um die schwachen Ladungen des Drahtes
                              									unschädlich zu machen. Hr. Professor Meißner in
                              									Braunschweig, unter dessen Leitung die dortigen Telegraphen-Anlagen
                              									ausgeführt sind, hat dieß Mittel ebenfalls  mit großem Erfolg in Anwendung gebracht und häusig
                              									beobachtet, daß der Gang der in Gebrauch befindlichen Telegraphen ungehindert blieb,
                              									während der enge Zwischenraum zwischen den angewendeten Platten durch fortwährend
                              									übergehende Funken hell erleuchtet erschien. Wenn sich auch durch die beschriebenen
                              									Vorkehrungen der störende Einfluß der atmosphärischen Elektricität beträchtlich
                              									vermindern läßt, so läßt er sich doch nie ganz beseitigen. Namentlich werden
                              									Gewitter stets vorübergehende Unterbrechungen des Dienstes bei überirdischen
                              									Leitungen mit sich führen. Der größte und nicht zu beseitigende Uebelstand der
                              									überirdischen Leitungen besteht aber in der allen äußeren zerstörenden Einflüssen
                              									völlig preisgegebenen Lage derselben. Bei der oft erwähnten Linie von Eisenach bis
                              									Frankfurt a. M. fand längere Zeit fast täglich eine Unterbrechung der Leitung durch
                              									Muthwillen, Diebstahl, Zufall oder durch Naturereignisse statt, und nur durch ein
                              									starkes, auf der ganzen Linie vertheiltes Wärtercorps ist es möglich geworden, eine
                              									ziemliche Regelmäßigkeit des Dienstes durch schnelle Reparatur der vorhandenen
                              									Beschädigungen zu erhalten.
                           Diese Unsicherheit des Dienstes der Telegraphen mit überirdischen Leitungen rief
                              									daher schon seit längerer Zeit das allgemeine Bestreben hervor, die Drähte, mit
                              									einer isolirenden Masse bekleidet, unter dem Boden fortzuführen. Die ausgedehntesten
                              									Versuche in diesem Sinne sind bekanntlich von Jacobi
                              									(Poggendorff's Annalen Bd. LVIII S. 409) angestellt.
                              									Derselbe versuchte zuerst den Draht durch Glasröhren, die mit Kautschuk verbunden
                              									wurden, zu isoliren; doch die Röhren zerbrachen und die Verbindung zeigte sich als
                              									undicht. Ebenso schlug ein zweiter Versuch, welcher in Bekleidung des Drahtes in
                              									seiner ganzen Länge mit Kautschuk bestand, gänzlich fehl, weil die Leitung mit der
                              									Zeit die anfänglich vorhandene Isolation größtentheils verlor. Kautschuk ist auch
                              									schon deßwegen als Isolationsmittel bei Kupferdraht nicht anwendbar, weil dasselbe
                              									bei längerer Berührung mit dem Kupfer sich zersetzt und eine leitende Verbindung mit
                              									demselben bildet. Die in Preußen zur Anstellung von Versuchen und zu Ermittelungen
                              									über elektrische Telegraphen früher bestehende Commission wiederholte unter einigen
                              									Modificationen die Jacobi'schen Versuche, ohne ein
                              									besseres Resultat zu erzielen. In England und Amerika hat man sich häufig eiserner
                              									oder bleierner Röhren bedient, um die eingeschlossenen übersponnenen Drähte vor dem
                              									Zutritt der Feuchtigkeit zu schützen. Die großen Kosten dieses Verfahrens, sowie die
                              									mit der vollkommenen Dichtung dieser Röhren verbundenen Schwierigkeiten machten es
                              									natürlich nur für ganz kurze Leitungen durch Flüsse etc. anwendbar. Es zeigte sich
                              										 ferner, daß die den
                              									Draht eng umschließenden Bleiröhren häufig nach Verlauf einiger Zeit mit demselben
                              									in Berührung kamen. Wahrscheinlich war die ungleiche Ausdehnung von Blei und Kupfer,
                              									bei Temperaturveränderung, die Veranlassung dieser Erscheinung.
                           Es schien in der That, als seyen die Schwierigkeiten, welche sich der Isolation der
                              									ganzen Oberfläche der Drähte entgegenstellten, ohne übermäßige Kosten nicht zu
                              									lösen, als ein bisher nicht bekanntes Material, die Gutta-percha, auftauchte.
                              									Ich erhielt die ersten Proben dieser Masse im Herbste 1846, während ich gerade
                              									ebenfalls mit Versuchen über unterirdische Leitungen beschäftigt war, und dehnte
                              									dieselben sogleich auf dasselbe aus. Es ergab sich, daß auch die dünnsten Blättchen
                              									der entwässerten Masse eine für den vorliegenden Zweck hinreichende
                              									Isolationsfähigkeit besaßen. Da nun ferner durch die Eigenschaft der
                              									Gutta-percha, bei mäßiger Erwärmung plastisch zu werden und an einander zu
                              									kleben, auch die Schwierigkeit der dichten Verbindung der einzelnen Theile der
                              									Umhüllung beseitigt erschien, so gewann ich bald die Ueberzeugung, daß dieß Material
                              									zur Lösung des vorliegenden technischen Problems geeignet sey. Ich setzte mich daher
                              									mit dem Hrn. Pruckner, Mitbesitzer der hiesigen
                              									Gutta-percha- und Gummiwaaren-Fabrik von L. Fonrobert und Pruckner, in
                              									Verbindung und stellte in Gemeinschaft mit demselben weitere Versuche an. Das
                              									günstige Resultat derselben veranlaßte mich bei der schon genannten Commission die
                              									Anstellung umfassender Versuche in diesem Sinne zu beantragen. Sie ging darauf ein
                              									und beauftragte mich mit der Leitung der Arbeiten zur Ausführung einer
                              									Versuchsleitung von einer Meile Länge. Im Herbst 1847 war dieselbe vollendet. Die
                              									Isolation des Drahtes erwies sich, trotz der noch mangelhaften Methode, welche zur
                              									Bekleidung desselben mit der Gutta-percha angewendet war, schon so
                              									ausreichend, daß die Verlängerung der Leitung bis auf die Länge von 2½ Meilen
                              									(von Berlin bis Groß-Beeren) beschlossen ward. Im Frühjahr 1848 war auch
                              									diese Arbeit vollendet, und die Leitung ward nun zur telegraphischen Correspondenz
                              									zwischen den genannten Orten benutzt. Die Bekleidung der Drähte geschah in der
                              									Fabrik der HHrn. Fonrobert und Pruckner. Es ward hiezu reine, durch erhitzte Walzen vollständig
                              									entwässerte Gutta-percha verwendet. Die erwärmte Masse ward durch gekehlte
                              									Walzen um den Draht gepreht. Die vorhandenen Isolationsfehler wurden mit Hülfe eines
                              										Neef'schen Inductors aufgesucht und durch Beklebung
                              									mit erwärmten Gutta-percha-Bändern ausgebessert. Darauf ward die
                              									Isolation eines jeden Drahtes, von etwa 700′ Länge, mittelst eines äußerst
                              									empfindlichen Galvanometers geprüft und derselbe nur dann zur weiteren  Verwendung genommen, wenn das
                              									zwischen dem Draht und das ihn umgebende Wasser mit einer Säule von acht
                              									Daniell'schen Elementen eingeschaltete Galvanometer keine Spur von Ablenkung zeigte.
                              									Zu größerer Sicherheit ward der Draht beim Einlegen in den 2′ tiefen Graben
                              									auf dem Planum der Eisenbahn noch mit einer Mischung von Marineleim,
                              									Steinkohlentheer und Colophonium überzogen. Die Drahtenden wurden mit Zinn
                              									zusammengelöthet und die Löthstellen durch Umkleben mit erwärmten
                              									Gutta-percha-Platten ebenfalls isolirt. Der zweite Ueberzug des
                              									Drahtes schien nöthig, weil Versuche gezeigt hatten, daß die reine
                              									Gutta-percha bei längerem Liegen im Wasser an der Oberfläche eine Rückbildung
                              									in weißes Hydrat erleidet und hierdurch die Gefahr entstand, daß die Isolation sich
                              									mit der Zeit vermindern würde. Diese Eigenschaft der Gutta-percha tritt
                              									besonders bei längerem Liegen im Meerwasser hervor. Bei einer Minenanlage, die ich
                              									im Sommer 1848 im Kieler Hafen in Gemeinschaft mit Prof. Himly in Kiel ausführte, waren die mit reiner Gutta-percha
                              									bekleideten Drähte, welche zur Entzündung der auf dem Grunde des Fahrwassers
                              									liegenden Pulvermassen dienen sollten, nach circa 6
                              									Monaten mit einer dünnen Lage weißer Gutta-percha bekleidet. Die weiße Farbe
                              									verschwand wieder, wenn die Drähte einige Tage der Luft ausgesetzt waren. Es wurde
                              									aus diesem Grunde und der größeren Härte der Masse wegen, bei sämmtlichen später
                              									angefertigten Drähten geschwefelte Gutta-percha in Anwendung gebracht.
                           Mehrfache Untersuchungen der oben erwähnten Leitung von Berlin nach
                              									Groß-Beeren im Frühjahr und Sommer des Jahres 1848 ergaben, daß die Isolation
                              									der Leitung in unveränderter Güte blieb, und daß auch die Gutta-percha sich
                              									unverändert erhielt. In Folge dessen erklärte sich die Commission für die Anwendung
                              									dieser Leitungen zu den vom preußischen Staate beabsichtigten
                              									Telegraphen-Anlagen, und es warb nun ein bisheriges Mitglied derselben, der
                              									Regierungs- und Baurath Nottebohm, mit der
                              									Oberleitung des Baues derselben betraut.
                           Die bisherigen Erfahrungen hatten gezeigt, daß die bis dahin angewandte Methode der
                              									Bekleidung der Drähte mit Gutta-percha noch sehr mangelhaft war. Die in Form
                              									zweier schmaler Rieme um den Draht gewalzte Masse klebte häusig nicht fest an
                              									einander und es bildeten sich dadurch Canäle, welche die Feuchtigkeit des Bodens mit
                              									der Zeit bis zum Draht gelangen ließen. Ferner stellte sich heraus, daß die Nähte
                              									nach einiger Zeit ihre anfängliche Festigkeit verloren und leicht von einander zu
                              									lösen waren, wodurch die dauernde Isolation der Drähte  gefährdet erschien. Ich entwarf
                              									daher in Gemeinschaft mit Hrn. Halske eine Maschine,
                              									mittelst welcher die Gutta-percha fortlaufend und ohne Naht durch Pressung um
                              									den Draht geformt ward. Dieselbe besteht aus einem Cylinder, welcher mit erwärmter
                              									Gutta-percha gefüllt und durch ein Dampfbad vor Abkühlung geschützt wird.
                              									Durch eine starke Schraube, welche durch eine Dampfmaschine langsam gedreht wird,
                              									wird ein in den Cylinder passender Stempel in denselben hinabgedrückt. Der offene
                              									Boden des Cylinders ist durch ein rechtwinklig ausgehöhltes Metallstück geschlossen,
                              									dessen Höhlung mit dem inneren Raume des Cylinders communicirt. Dieß Metallstück ist
                              									von neun in einer geraden Linie neben einander liegenden, senkrechten Löchern
                              									durchbohrt. Der Durchmesser dieser Löcher entspricht in der unteren Wand des
                              									Metallstücks der Dicke des zu bekleid enden Drahts und in
                              									der oberen der Dicke des bekleid eten Drahts. Die mit
                              									großer Gewalt im Cylinder zusammengedrückte plastische Masse füllt den inneren Raum
                              									des beschriebenen Metallstücks und quillt aus den in demselben vorhandenen Löchern
                              									hervor. Die Drähte treten nun durch die unteren engeren Löcher in den mit
                              									Gutta-percha angefüllten Raum und kommen mit Gutta-percha bekleidet
                              									aus den oberen, weitern heraus. Sie werden darauf senkrecht so hoch hinaufgeführt,
                              									daß die Gutta-percha während des Weges hinlänglich erkalten kann, und dann
                              									auf Trommeln gewickelt. Die spätere Operation des Aufsuchens fehlerhafter Stellen
                              									und die Untersuchung der Isolation der fertigen Drahtenden sind bereits oben
                              									beschrieben. Die zweite Bekleidung des Drahtes beim Einlegen in den Graben, wie sie
                              									anfänglich zur Anwendung kam, konnte bei der geschwefelten Gutta-percha
                              									fortfallen, da diese Masse die Eigenschaft, sich in Hydrat zurückzubilden, nicht
                              									besitzt. In der That sind die seit 1½ Jahren ohne zweiten Ueberzug im Boden
                              									liegenden Drähte noch durchaus unverändert geblieben und von frisch fabricirten
                              									Drähten nicht zu unterscheiden.
                           Ueberall da wo der Draht nicht mindestens 2 Fuß tief mit Erde bedeckt liegen kann,
                              									wird er durch eiserne Röhren vor äußerer Beschädigung geschützt. Dieß geschieht
                              									namentlich stets beim Uebergang über Brücken, beim Einführen der Drähte in die
                              									Stationszimmer etc. Um den mit dem Einlegen des Drahts beschäftigten Arbeitern
                              									jederzeit Gelegenheit zu geben, sich die Ueberzeugung zu verschaffen, daß der Draht
                              									bis dahin nicht beschädigt sey, wird an dem Ende, von dem die Arbeit ausgeht, ein
                              									Uhrwerk aufgestellt, welches abwechselnd die leitende Verbindung des Drahtes mit der
                              									Erde herstellt und unterbricht. Durch Einschaltung eines Galvanometers und einer
                              									galvanischen Säule zwischen  Draht und Erde läßt sich dann am Arbeitsorte, aus der
                              									Ablenkung der Nadel, auf die Güte des bis dahin gelegten Drahtes schließen.
                           Trotz aller angewendeten Vorsicht ereignet es sich indeß häufig, daß der Ueberzug des
                              									Drahtes auf dem Transport oder bei der Arbeit des Einlegens leichte Verletzungen
                              									bekommt. Solche in feinen Schnitten, Rissen oder abgescheuerten Stellen bestehende
                              									Beschädigungen sind, namentlich wenn die Arbeit bei trockenem Wetter ausgeführt
                              									wird, nicht gleich zu entdecken und auszubessern. Man muß daher in der Regel nach
                              									einiger Zeit, nachdem durch starke Regengüsse der den Draht umgebende Erdboden
                              									wieder vollständig durchnäßt ist, die Leitung einer Revision unterwerfen und die
                              									vorhandenen Nebenschließungen aufsuchen und ausbessern. Es kommt auch bei älteren
                              									Leitungen bisweilen, wenn auch selten, vor, daß der Ueberzug des Drahtes durch
                              									unvorsichtig ausgeführte Erdarbeiten beschädigt oder gar die Drahtleitung selbst
                              									zerstört wird.
                           Das von mir zur Aufsuchung beschädigter Stellen der Leitung angewendete Verfahren ist
                              									folgendes:
                           Ist die leitende Verbindung des Drahtes selbst zwischen den beiden benachbarten
                              									Telegraphenstationen nicht unterbrochen, aber der Ueberzug desselben irgendwo
                              									beschädigt, so kann die Lage der Beschädigung annähernd durch Rechnung bestimmt
                              									werden.
                           Als bekannt oder vorher durch Versuche ermittelt, wird vorausgesetzt:
                           Die Länge des Leitungsdrahtes zwischen den Stationen, von denen aus die Ermittelung
                              									der Lage der Beschädigung geschehen soll. Der Widerstand der benutzten Säulen und
                              									der beiden zu den Messungen benutzten Galvanometer, deren Angaben vergleichbar seyn
                              									müssen. Der Widerstand des Drahtes, welcher die leitende Verbindung mit der
                              									entsprechenden, im Wasser oder im feuchten Boden liegenden Metallplatte herstellt
                              									und der Widerstand der diese Platte umgebenden Flüssigkeitsschichten bis zur
                              									unendlichen Ausbreitung des Stroms.
                           Sämmtliche Widerstände seyen auf den Widerstand des Drahtes reducirt.
                           Es seyen x und y die
                              									Widerstände der Theile des Leitungsdrahts von den Endpunkten A und B bis zu der beschädigten Stelle.
                           m die reducirte Summe der Widerstände des bei A eingeschalteten Galvanometers, der dort
                              									eingeschalteten Säule, des Verbindungsdrahtes  mit der Endplatte und des oben definirten
                              									Uebergangswiderstandes des Stroms von der Platte zur Erde.
                           n dieselbe Summe für das Ende B der Leitung.
                           Ferner sey z der Widerstand des Ueberganges von der
                              									bloßgelegten Stelle des Drahtes zur Erde oder der Widerstand der
                              									Nebenschließung.
                           Endlich sey s die gemessene oder berechnete Stärke des
                              									durch die unbeschädigte Leitung gehenden Stromes der bei A und B befindlichen Säulen, von denen jede
                              									die elektromotorische Kraft e hat, s′ die bei A
                              									gemessene Stromstärke der dort eingeschalteten Säule, wenn die Leitung bei B unterbrochen ist, s″ dagegen die bei B gemessene Stromstärke,
                              									wenn die Leitung bei A unterbrochen ist; so ist:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 32
                              
                           aus diesen drei Gleichungen e und
                              										z eliminirt gibt
                           s · s″ (x + y +
                              										m + n) - 2s′ · s″
                              										(m + x)
                           = s · s′ (x + y +
                              										m + n) - 2s′ · s″
                              										(n + y),
                           woraus
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 32
                              
                           Da die Summe x + y gleich der Länge der Leitung, mithin bekannt ist, so
                              									ergibt sich aus dieser Gleichung sofort die Lage der Beschädigung.
                           Es ist bei Anstellung der Messungen der Stromstärke bei A
                              									und B die Vorsicht zu beobachten, die Säulen immer so
                              									zwischen Leitungsdraht und Endplatte einzuschalten, daß die beträchtliche
                              									Polarisation des Drahtes an der beschädigten Stelle stets in gleichem Sinne
                              									auftritt, und die Ablesung erst dann vorzunehmen, wenn die Polarisation ihr Maximum
                              									erreicht und die Ablenkung der Nadel dadurch möglichst constant geworden ist.
                           Genauere Resultate gibt ein anderer Weg der Berechnung der Lage einer Beschädigung,
                              									bei welchem die Polarisation weit weniger störend auftritt und welche unabhängig von
                              									der Größe der elektromotorischen Kraft der angewandten Säulen ist.
                           
                           Es sey die Bedeutung der Buchstaben x, y, m, n und z die oben angegebene. Ferner seyen s und s′ die bei A und B gemessenen
                              									Stromstärken der bei A eingeschalteten Säule, während
                              									die bei B befindliche durch einen Metalldraht von
                              									gleichem Widerstände ersetzt und die leitende Verbindung mit der Endplatte
                              									hergestellt ist. Ferner seyen σ und σ′ die gleichzeitig
                              									gemessenen Stromstärken bei B und A; wenn die Säule bei B eingeschaltet und bei
                              										A durch einen gleichen Widerstand ersetzt ist, so
                              									ist, da sich in verzweigten Schließungsbogen die Stromstärken umgekehrt wie die
                              									Widerstände der Zweige verhalten
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 33
                              
                           woraus
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 33
                              
                           oder
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 33
                              
                           Ferner aus demselben Grunde
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 33
                              
                           also auch
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 33
                              
                           Die Gleichung 2 durch die Gleichung 1 dividirt, gibt
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 33
                              
                           wodurch die Lage der Beschädigung bestimmt ist.
                           Es ist kaum nöthig zu erwähnen, daß die eben entwickelten Formeln zur Bestimmung der
                              									Lage beschädigter Stellen der Leitung nur dann anwendbar sind, wenn nur eine solche
                              									Stelle zwischen den Punkten, von denen die Messung ausgeht, vorhanden ist.
                           Ob dieß der Fall sey oder nicht, kann man leicht durch Wiederholung der Messungen bei
                              									Einschaltung eines bekannten Widerstandes an einem Ende der Leitung erkennen, da die
                              									Rechnung in diesem Falle nur dann dieselbe Lage der Beschädigung ergeben kann, wenn
                              									nur eine Nebenschließung vorhanden ist. Auf dem angedeuteten Wege, nämlich durch
                              									Einschaltung bekannter Widerstände und jedesmalige Messung der  gleichzeitigen Stromstärken an
                              									den beiden Enden der Drahtleitung, erhält man nun zwar die nöthigen Data zur
                              									gleichzeitigen Bestimmung der Lage zweier oder mehrerer vorhandener
                              									Nebenschließungen und zur Controle ihrer Richtigkeit, doch werden die Formeln für
                              									die praktische Anwendung zu schwerfällig und ihre Angaben ungenau. Es ist daher in
                              									der Regel zweckmäßiger, in dem Falle wo die Controle auf das Vorhandenseyn mehrerer
                              									Beschädigungen schließen läßt, entweder dieselbe Bestimmung für beliebige
                              									Abtheilungen der Leitung vorzunehmen, oder gleich auf die unten beschriebene Weise
                              									durch fortgesetzte Theilung die Beschädigungen aufzusuchen.
                           Hinsichtlich der mit m und n
                              									bezeichneten Constanten ist noch zu erwähnen, daß dieselben bei der hier
                              									hauptsächlich in Betracht kommenden annähernden Bestimmung der Lage einer
                              									Beschädigung einer ausgedehnten telegraphischen Leitung, ohne große Beeinträchtigung
                              									der Genauigkeit derselben, ganz vernachlässigt werden können, wenn man große, im
                              									freien Wasser liegende Endplatten und Säulen und Galvanometer von geringem
                              									Widerstände anwendet. Bei Endplatten, welche im feuchten Erdboden liegen, ist der
                              									Widerstand des Ueberganges der Elektricität von den Platten zum unbegränzten
                              									feuchten Leiter, als welcher die Erde auftritt, natürlich unverhältnißmäßig viel
                              									größer, doch kann man dann, wenn man an beiden Enden gleiche und unter gleichen
                              									Verhältnissen befindliche Platten hat, für jede ohne Nachtheil den halben gemessenen
                              									Erdwiderstand annehmen. Andernfalls müßte man den Widerstand des Ueberganges für
                              									jede einzelne Platte mit Hülfe einer dritten, hinlänglich entfernt von beiden
                              									liegenden, bestimmen.
                           Um durch fortgesetzte Theilung der Leitung möglichst schnell die vorhandenen
                              									Beschädigungen des Ueberzuges der Drähte aufzufinden, verfahre ich
                              									folgendermaßen:
                           Die Enden der Leitung werden isolirt. Die mit dem Aufsuchen und Ausbessern der
                              									Beschädigungen beauftragten Arbeiter sind mit einem hinlänglich empfindlichen
                              									Galvanometer, einer transportabeln Säule und einer Metallplatte ausgerüstet. Durch
                              									Durchschneidung des Drahtes an einer beliebigen Stelle der Leitung und Einschaltung
                              									des Galvanometers und der Säule zwischen das eine Ende desselben und die Erde,
                              									erfahren sie, in welchem Stücke der Leitung die Beschädigung zu suchen ist. Ist nur
                              										eine Beschädigung vorhanden und die Lage derselben
                              									durch Rechnung annähernd bestimmt, so stellen sie den ersten Versuch an der
                              									berechneten Stelle an. Sie verbinden und isoliren darauf den Draht wieder, wie
                              									früher beschrieben, stellen in einiger Entfernung von dieser  Stelle einen zweiten gleichen
                              									Versuch an und fahren hiemit so lange fort, bis sie den Ort der Beschädigung passirt
                              									haben. Darauf halbiren sie das zwischen den letzten beiden Versuchsstellen liegende
                              									Drahtstück und so fort, bis die Lage der Beschädigung auf einige Ruthen begränzt
                              									ist. Dieß Stück des Drahtes wird dann bloßgelegt und die aufgefundene Beschädigung
                              									ausgebessert. Um den Draht für diese Versuche leichter zugänglich zu machen, wird
                              									derselbe bei der Anlage neuer Leitungen, genau jedem Stationssteine der Eisenbahn
                              									gegenüber, mit einem platten Steine bedeckt und dieser dann mit Erde beschüttet.
                              									Geübte Arbeiter bedürfen zur Anstellung eines solchen Versuchs nur weniger Minuten,
                              									die Wiederherstellung der beschädigten Leitung ist daher sehr schnell
                              									bewerkstelligt.
                           Hat die ungefähre Leitung der Beschädigung nicht durch Rechnung ermittelt werden
                              									können, so müssen sich die Arbeiter der Eisenbahnzüge bedienen, um zu finden,
                              									zwischen welchen Eisenbahnstationen die Beschädigung zu suchen ist. Häufig ist die
                              									Zeit des Anhaltens der Züge zur Anstellung eines Versuchs hinreichend, und die erste
                              									Eingränzung dann schnell bewerkstelligt. Durch 10 bis 15 Versuche ist die
                              									Beschädigung dann im ungünstigsten Falle aufgefunden. Können die Arbeiter sich einer
                              									Dräsine zur schnelleren Fortbewegung bedienen, so genügen einige Stunden, um die
                              									Verletzung zwischen zwei Eisenbahnstationen, also auf eine Entfernung von 2 bis 3
                              									Meilen, aufzusuchen und auszubessern.
                           Ist die leitende Verbindung des Drahtes selbst unterbrochen, so ist die Reparatur
                              									durch das beschriebene Theilungsverfahren noch schneller auszuführen, da das
                              									Durchschneiden des Drahtes dann nicht erforderlich ist. Das eine Ende des Drahtes
                              									wird isolirt und zwischen das andere Ende und die Erde eine kräftige Säule
                              									eingeschaltet. Die Arbeiter brauchen jetzt nur den Draht bloßzulegen und eine feine
                              									Nadel durch die Gutta-percha zu stechen, so daß die Spitze derselben den
                              									Draht metallisch berührt. Durch Berührung dieser Nadel mit der Zunge erfahren sie
                              									bann, ob der Draht zwischen der Untersuchungsstelle und der eingeschalteten Säule
                              									unterbrochen sey oder nicht. Ist die Nadel hinlänglich fein, so schließt sich das
                              									Loch wieder vollständig. Andernfalls muß die Oberfläche der Gutta-percha
                              									etwas erwärmt werden, um die Oeffnung zu schließen. Die Untersuchung kann hierbei
                              									von beliebig vielen Orten gleichzeitig ausgehen, und ist daher auch sehr schnell zu
                              									beendigen.
                           
                           Die Isolation der Leitung wird jetzt in einem sehr vollkommenen Grade erreicht. Bei
                              									neu angelegten Leitungen darf der Nebenstrom bei am anderen Ende geöffneter, 10
                              									Meilen langer Leitung nicht über 2½ Proc. des bei geschlossener Kette
                              									vorhandenen Stromes betragen; der reducirte Widerstand der auf die Länge einer Meile
                              									gestatteten Nebenschließungen muß daher mindestens dem einer circa 4000 Meilen langen Drahtleitung entsprechen. Eine solche
                              									Nebenschließung ist auch für die empfindlichsten Apparate noch unschädlich, da sie
                              									constant ist und nicht, wie bei überirdischen Leitungen, stets veränderlich. Da nun
                              									ferner die unterirdischen Leitungen durch die leitende Erdschicht, welche sie
                              									bedeckt, den so störenden Einflüssen der atmosphärischen Elektricität fast ganz
                              									entzogen sind, so bleiben nur die bei Entladungen der Wolken sie durchlaufenden und
                              									die durch Schwankungen des Erdmagnetismus in ihnen inducirten, nur bei starken
                              									Nordlichten einigermaßen beträchtlichen Ströme als veränderliche Elemente, welche
                              									den regelmäßigen Dienst der benutzten telegraphischen Apparate stören könnten. Da
                              									diese Ströme jedoch die ganze Drahtleitung in gleichbleibender Stärke durchlaufen,
                              									so lassen sie sich, wie später gezeigt werden wird, durch zweckmäßige Construction
                              									der Apparate unschädlich machen. Die unterirdischen Leitungen sind ferner der
                              									gewaltsamen Zerstörung durch Muthwillen, Diebstahl, Blitzschläge und zufällige
                              									Ereignisse aller Art durch ihre Lage entzogen. Die Haltbarkeit derselben ist nach
                              									Erfahrungen fast als unbegränzt zu betrachten, während die überirdischen Leitungen
                              									einer Erneuerung nach Verlauf von 10 bis 15 Jahren bedürfen, da die Drähte spröde
                              									werden und rosten, die Pfähle verfaulen und die isolirenden Glocken nach und nach
                              									zerbrechen. Die Kosten der unterirdischen Leitungen übersteigen schon jetzt die der
                              									solide angelegten überirdischen nicht mehr und werden sich wahrscheinlich noch
                              									beträchtlich vermindern. In diesem Augenblicke sind bereits über 400 Meilen
                              									unterirdischer Leitungen in regelmäßiger Benutzung.
                           Die unterirdischen Leitungen bieten manche interessante Erscheinungen, auf welche ich
                              									nach Beendigung ihrer Untersuchung zurückkommen werde. Eine derselben, welche die
                              									Anwendung dieser Leitungen anfangs wesentlich erschwerte, besteht darin, daß der
                              									isolirende Ueberzug der Drähte als kolossale Leidener Flasche auftritt, deren
                              									Belegungen der Draht und die Feuchtigkeit des Erdbodens bilden und welche durch die
                              									Elektricität der zwischen sie eingeschalteten Säule geladen wird. Bei langen
                              									Leitungen bringen diese Ströme kräftige mechanische Effecte hervor, deren Intensität
                              									der Länge des Drahtes und der elektromotorischen Kraft der eingeschalteten Säule
                              									nahe proportional ist und mit der vollkommeneren  Isolation des Drahtes zunimmt.
                              									Mit Polarisationsströmen können diese Ladungs- und Entladungsströme daher
                              									durchaus nicht verwechselt werden. Durch diese Annahme finden alle oft fast
                              									wunderbaren Eigenthümlichkeiten, welche die unterirdischen Leitungen bei ihrer
                              									praktischen Benutzung zeigen, nicht nur ihre vollständige Erklärung, sondern es ist
                              									mit Hülfe derselben sogar gelungen, dieselben vollständig zu beherrschen und sogar
                              									nützlich zu verwenden. Bei der Beschreibung der von mir construirten Apparate werde
                              									ich mehrfach darauf zurückkommen.
                           Eine der auffallendsten Eigenthümlichkeiten der unterirdischen Leitungen ist die, daß
                              									die Apparate bei ihnen mit schwächerer Batterie in gleich schnellen Gang kommen, wie
                              									bei überirdischen mit beträchtlich stärkerer, obgleich die Leitungsfähigkeit des
                              									unterirdischen Drahts um ¼ geringer ist. Die Erklärung dieser Erscheinung
                              									fällt bei Annahme der oben definirten Ladungsströme nicht schwer. Da nämlich die
                              									Elektricität der Säule, welche im Drahte gebunden wird, auf der ganzen Oberfläche
                              									sich vertheilt, so hat nur ein kleiner Theil derselben den ganzen Widerstand des
                              									Drahtes zu überwinden.
                           Ist der Widerstand der angewendeten Säule sehr klein im Vergleich zu dem Widerstände
                              									der Leitung, so bleibt die elektrische Spannung des mit dem Leitungsdrahte
                              									verbundenen Pols unverändert, wenn das andere Ende des Drahts mit der Erde verbunden
                              									wird.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 117, S. 37
                              Bezeichnet a
                                 										c in nebenstehender Figur den Leitungsdraht, a
                                 										b die Spannung der Elektricität der zwischen a und der Erde eingeschalteten Säule, und ist c mit der Erde leitend verbunden; verbindet man dann
                                 											b mit c durch eine
                                 										gerade Linie, so bilden die Senkrechten auf a
                                 										c bis zum Schneidepunkte mit b
                                 										c das Maaß der elektrischen Spannungen, mithin auch
                                 										der Ladungen der zugehörigen Punkte des Drahtes a
                                 										c.
                              
                           Der Inhalt des Dreiecks a b c bezeichnet also die Größe
                              									der Ladung. Ist bei c auch eine Säule von gleicher
                              									Stärke zwischen Draht und Erde so eingeschaltet, daß beide Säulen im gleichen Sinne
                              									wirken, so bezeichnet die Linie c d die hier abgegebene
                              									Spannung des Punktes c, und es ist jetzt die Linie b
                              									d die Curve der elektrischen Spannungen des Drahtes. Der
                              									gleichförmig cylindrische Draht ist mithin von a bis zur
                              									Mitte mit positiver und von dort bis c mit negativer
                              									Elektricität geladen. Wird nun bei a und c gleichzeitig die Verbindung  des Drahtes mit der Säule
                              									aufgehoben, so gleichen sich die Ladungen von entgegengesetzter Elektricität im
                              									Drahte selbst aus. Wird die Verbindung gleichzeitig wieder hergestellt, so entsteht
                              									im ersten Momente ein Strom von großer Stärke, da die Ladungsströme einen
                              									beträchtlich geringeren Widerstand zu überwinden haben. Bei der schnellen
                              									Aufeinanderfolge der Unterbrechungen und Schließungen, wie sie bei den
                              									telegraphischen Apparaten vorkommen, ist es daher erklärlich, daß die angewendeten
                              									Säulen einen größeren mechanischen Effect bei unterirdischen Leitungen geben.