| Titel: | Sichere Uebertragung der drehenden Bewegung einer Welle auf eine zweite mittelst Krummzapfen und Zugstange, und zwar durch Anwendung einer einzigen Hülfskurbel; von C. Walther, Lehrer der praktischen Mechanik und der Maschinenkunde in Augsburg. | 
| Autor: | C. Walther | 
| Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. XIV., S. 96 | 
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                        XIV.
                        Sichere Uebertragung der drehenden Bewegung einer
                           								Welle auf eine zweite mittelst Krummzapfen und Zugstange, und zwar durch Anwendung einer
                           								einzigen Hülfskurbel; von C.
                              									Walther, Lehrer der praktischen Mechanik und der Maschinenkunde in
                           									Augsburg.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									II.
                        Walther's Mechanismus zum Fortpflanzen der kreisförmigen Bewegung
                           								einer Kurbel.
                        
                     
                        
                           Bei den Locomotiven mit gekuppelten Rädern dient zum Fortpflanzen der drehenden
                              									Bewegung einer Radachse auf die zweite eine einfache Zugstange, deren Augen auf zwei
                              									Krummzapfenfinger aufgesteckt sind, welche genau gleiche Entfernung von den
                              									Räderachsen haben. Diese Verbindung zweier paralleler Achsen, welche den Zweck hat,
                              									dieselben so von einander abhängig zu machen, als wenn die Verbindung durch gezahnte
                              									Räder geschehen wäre, geht besonders bei Locomotiven gut an, weil bei diesen nicht
                              									nur die schwere Masse der Räder über die sogenannten todten Punkte weghilft, sondern
                              									auch noch die Adhäsion der getriebenen Räder an den Schienen, in deren Folge die
                              									Winkelgeschwindigkeit gleich großer Räder ohnehin dieselbe bleibt. In anderen Fällen
                              									jedoch, wo die getriebene Achse weder in Folge der Trägheit, noch aus sonst einem
                              									Grunde über die todten Punkte weggeht, reicht eine einfache Zugstange mit zwei
                              									Krummzapfen nicht mehr hin; es müßten deren mindestens zwei mit zwei
                              									Krummzapfenpaaren angewandt werden, wobei jedoch die letzteren einander nicht gerade
                              									gegenüber stehen dürfen, sondern irgend einen Winkel, der kleiner als 180°
                              									ist, einschließen müssen. Diese beiden Zugstangen wirken bei jeder Achsenumdrehung
                              									theils durch Zug, theils durch Schub, und zwar so, daß bei gewissen
                              									Krummzapfenstellungen beide zugleich schieben. Wäre nun die Entfernung der beiden
                              									Achsen beträchtlich, so könnte man die Zugstangen kaum stark genug machen, um ein
                              									Durchbiegen zu vermeiden, weßhalb gewöhnlich drei Zugstangen mit drei Kurbelpaaren
                              									angewandt, und die drei Kurbeln auf jeder Achse dann so gestellt werden, daß je zwei
                              									derselben einen Winkel von 120° mit einander einschließen. Auf diese Weise
                              									erreicht man, daß mindestens eine Zugstange immer durch Zug wirkt, so daß ohne
                              									Verlängerung dieser ein Durchbiegen der übrigen unmöglich ist.
                           
                           Die Skizze Fig.
                                 										1 wird das eben Gesagte deutlicher machen; aus derselben ersieht man aber
                              									auch, daß eine Verlängerung der getriebenen Welle nur mittelst einer
                              									Krummzapfen-Kuppelung bewerkstelligt werden kann, und daß ein Theil der Achse
                              									zur Aufnahme von Rädern, Riemscheiben etc. untauglich wird. Außerdem hat die
                              									Vorrichtung neben dem Nachtheile einer gekröpften Welle noch das Unangenehme, daß
                              									sie sehr schwierig richtig auszuführen ist, weil nicht nur die drei Zugstangen
                              									vollkommen genau gleiche Länge haben müssen, sondern auch je zwei durch eine
                              									Zugstange mit einander verbundene Krummzapfen, während überdieß je zwei zusammen
                              									gehörende Krummzapfen vollkommen genau parallel zu einander stehen müssen. Die
                              									Schwierigkeit der Ausführung erhöht sich noch dadurch, daß je zwei zusammen
                              									gehörende Krummzapfen sich genau in derselben Ebene bewegen, und alle
                              									Krummzapfenfinger (sechs an der Zahl) sammt der getriebenen Welle genau parallel zur
                              									treibenden stehen müssen. Daß die Erfüllung aller dieser
                              									Bedingungen große Schwierigkeit haben muß, ist leicht einzusehen, und doch darf,
                              									wenn die Vorrichtung ohne Spannung gehen soll, auch nicht eine einzige unerfüllt
                              									bleiben. Die Kosten von sechs Krummzapfen und drei Zugstangen, so wie die Reibung
                              									der vielen beweglichen Theile sind ebenfalls noch eine Schattenseite der erwähnten
                              									Vorrichtung.
                           Bei der bekannten von Böhm in München erfundenen und in
                              										Fig. 2
                              									skizzirten Fortleitungsweise einer kreisförmigen Bewegung fallen zwar einige der
                              									erwähnten Uebelstände, wie die gekröpften Wellen, der große Raum welchen die drei
                              									Kurbeln einnehmen etc. weg, es treten dagegen wieder andere, nicht weniger
                              									erhebliche ein, welche in der Hauptsache in Folgendem bestehen: die getriebene Achse
                              									kann nicht unmittelbar über oder neben der treibenden liegen, ja der Anfang der
                              									getriebenen ist nicht einmal in die nämliche Ebene zu bringen, in welcher das Ende
                              									der treibenden sich befindet, weil zwischen den Enden der beiden Achsen Raum genug
                              									für die schief liegenden Zugstangen bleiben muß. Das bewegte Achsenstück kann mit
                              									einem zweiten welches sich direct neben oder über der bewegenden Achse befindet, gar
                              									nicht gekuppelt werden, weil die Zugstangen vor der Mitte der Achse vorbeigehen und
                              									die Krummzapfenfinger unter den Zugstangen hindurch schlüpfen müssen.
                           Ein weiterer Uebelstand, welcher der Vorrichtung von Böhm
                              									eigen ist, besteht in der schiefen Lage der Zugstangen, in deren Folge die
                              									getriebene Welle beständig ein Bestreben hat sich in der Richtung ihrer Länge zu
                              									verschieben, was eine bedeutende Reibung der Achsenansätze  an den Lagern hervorbringt.
                              									Außerdem legen die Augen der Verbindungsstangen, deren Richtung eine andere ist als
                              									die der Stangen selbst, bei starkem an denselben wirkenden Zuge sich schief auf die
                              									Krummzapfenfinger auf und vermehren daselbst die Reibung wesentlich.
                           Der in Fig. 3
                              									skizzirte neue Mechanismns zum Fortpflanzen der kreisförmigen Bewegung einer Kurbel
                              									ist bedeutend einfacher als die beiden vorher genannten, und die an letzteren
                              									gerügten Uebelstände fallen zum Theil ganz weg, zum Theil sind sie bedeutend
                              									verringert.
                           Die Kurbel A, von welcher die Bewegung ausgeht, ist nur
                              									durch eine einfache Zugstange B mit der zu treibenden
                              									Kurbel C in Verbindung. Ein zur Zugstange B rechtwinkelig gestellter Arm D ist aus einem Stücke mit derselben, und durch die Strebe E noch so gestützt, daß Zugstange und Arm beständig
                              									rechtwinkelig zu einander bleiben müssen. Das Auge am Ende des Armes D steckt auf der Warze der Hülfskurbel F, so daß D gleichsam eine
                              									Zugstange für die Krummzapfen A und F bildet. Fällt die Richtung der Zugstange B mit der Richtung der Krummzapfen A und C zusammen, so daß,
                              									wenn A sich dreht, die Kurbel C weder eine Bewegung rechts noch links bekommt, d. h. stehen die
                              									Krummzapfen A und C auf den
                              									todten Punkten, so haben die Kurbeln A und F die günstigste Lage zum Arm D, d. h. sie stehen rechtwinkelig zu demselben, und die geringste
                              									Bewegung, welche A macht, wird auf die Kurbel F übertragen, so daß sich der Arm D nur parallel mit sich selbst bewegen kann. Da nun die Zugstange B beständig rechtwinkelig zum Arme B bleibt, so muß auch das auf die Warze der Kurbel C aufgesteckte Auge den nämlichen Weg machen, welchen
                              									die Warze von F und A macht,
                              									und folglich über den todten Punkt weggeführt werden.
                           Liegen die Kurbeln A und F in
                              									ein und derselben geraden Linie, mit welcher dann auch der Arm D zusammenfällt, in welchem Falle sie sie sich keine
                              									Bewegung mittheilen könnten, so stehen die Krummzapfen A
                              									und C rechtwinkelig zur Zugstange B, so daß jetzt die Kurbel C zur Leitkurbel
                              									wird, welche der Kurbel F über den todten Punkt
                              									weghilft.
                           Dieser höchst einfache Mechanismus gestattet die Verbindung zweier Wellen nicht bloß
                              									wenn dieselben direct neben einander oder über einander liegen, sondern auch wenn,
                              									wie dieß durch punktirte Linien angegeben ist, die getriebene Welle in der Ebene
                              									ihren Anfang hat, in welcher die treibende endigt, weil in beiden Fällen die Warze
                              										 des
                              									Krummzapfenfingers C die nämliche Lage hat. Daß man die
                              									Strebe E vom Auge F an bis
                              									zum Auge C hinauf reichen lassen kann, in welchem Falle
                              									man ein durchbrochenes Dreieck hätte, oder daß man statt desselben eine massive
                              									irgend wie gestaltete Platte anwenden kann, versteht sich von selbst. Jeder
                              									beliebige Punkt dieser Platte wird sich dann in einem Kreise vom Halbmesser der
                              									Kurbeln bewegen, so baß irgend eine Anzahl beliebig vertheilter paralleler Achsen
                              									von dieser Platte aus in drehende Bewegung versetzt werden könnte. Es braucht kaum
                              									erwähnt zu werden, daß man das Gewicht des Gestänges, oder der Platte und Kurbeln,
                              									leicht durch den Kurbeln gegenüberstehende Gegengewichte erhalten kann, so daß sür
                              									jeden gleichen Drehungswinkel gleiche Kraft erforderlich wird. Kann man die
                              									Entfernung A F so groß machen wie die Entfernung A C, so ist dieß um so besser.
                           Bei der eben beschriebenen Vorrichtung vertritt eine
                              									Zugstange oder Platte die Stelle von drei Zugstangen, die
                              									bei den Vorrichtungen Fig. 1 und 2 nothwendig sind, und die
                              									Anfertigung dieser einen Zugstange macht sicherlich weniger Schwierigkeiten, als die
                              									Anfertigung von drei genau gleichen. Ferner vertritt eine
                              									Hülfskurbel die Stelle von vier Krummzapfen, welche bei den Vorrichtungen Fig. 1 und 2 erforderlich
                              									sind, so daß der neue Mechanismus nur drei Kurbeln statt sechs hat, die natürlich
                              									auch um die Hälfte billiger zu stehen kommen und viel leichter richtig zu stellen
                              									sind. Das Kuppeln der getriebenen Welle hat keine Schwierigkeit, weil immer ein Ende
                              									frei ist, die Welle mag sich nach der einen oder anderen Richtung hin erstrecken.
                              									Wollte man eine gekröpfte Welle wie in Fig. 1 anwenden, oder
                              									statt derselben eine Krummzapfen-Kuppelung, so könnte die Verbindung mit der
                              									treibenden Welle selbst in der Mitte der getriebenen stattfinden.
                           Das einzige Unangenehme, welches die neue Vorrichtung mit den beiden frühern
                              									gemeinschaftlich hat, ist, daß die Winkelgeschwindigkeit durch dieselbe nicht
                              									verändert werden kann, wie dieß bei gezahnten Rädern der Fall ist.
                           
                        
                     
                  
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