| Titel: | Beschreibung und Anwendung des Goniograph von Collardeau. | 
| Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. XXXIX., S. 197 | 
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                        XXXIX.
                        Beschreibung und Anwendung des Goniograph von
                           									Collardeau.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Jan.
                              									1850, S. 34.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. III.
                        Collardeau's Goniograph.
                        
                     
                        
                           Dieses Instrument ist in Fig. 30 dargestellt.
                           A B C D ist eine quadratische Messingplatte von einem
                              									Decimeter Seitenlänge, aus deren Mitte ein Kreis b d
                                 									p′ a′ ausgedreht ist, welcher genau
                              									gleichen Abstand von den Seiten und von den Winkeln des Quadrates A B C D hat.
                           Der Umfang dieses Kreises ist, von dem Durchmesser b
                                 									p′ angefangen, welcher parallel zu den Seiten A
                                 										D und B C des Quadrates liegt, in Grade
                              									getheilt. Die Gradnummern auf jedem der beiden Halbkreise b d
                                 										p′, p′ a′ b laufen in der nämlichen Richtung
                              									von 0 bis 180° fort, so daß zwei Punkte der Peripherie, die gleiche Nummern
                              									haben, sich in einem und demselben Durchmesser befinden. Der Durchmesser, welcher
                              									durch die Theilpunkte 90° geht, ist also parallel zu den Seiten A B und C D des
                              									Instrumentes. Die Seiten A B und A D, welche den Winkel A des Quadrates A B C D einschließen, sind endlich noch jede in 100
                              									Millimeter eingetheilt, die von 10 zu 10 numerirt sind, und zwar so, daß der
                              									Nullpunkt der Theilungen mit dem Punkte A
                              									zusammenfällt.
                           Die zwei Hauptprobleme, für welche das Instrument bestimmt ist, werden auf folgende
                              									Weise gelöst.
                           Erstes Problem. Den Winkel abzumessen, welchen zwei gerade
                              									Linien auf einem Plane einschließen.
                           Zur Lösung dieser Aufgabe kann man auf zweierlei Weise verfahren, wovon die erste
                              									folgende ist: den Durchmesser, auf welchem sich die beiden Nullpunkte der Theilung
                              									befinden, legt man an eine der zwei gegebenen Geraden an, und wenn in dieser Lage
                              									der Kreis des Instrumentes die zweite Gerade nicht trifft, so verschiebt man
                              									dasselbe einem Lineal entlang, das man vorläufig schon an eine der Quadratseiten
                              									angelegt hatte, oder man kann nöthigenfalls das Instrument auch noch senkrecht auf
                              									die vorige Richtung verschieben, wenn man das Lineal an eine anstoßende Seite
                              									angelegt hat. Auf diese Weise wird man immer von der erstern Geraden auf die zweite
                              									übergehen können, welches Stück der letztern auch gezeichnet seyn oder welche Lage
                              									sie haben mag.
                           
                           Ist dieß geschehen, und schneidet die zweite Gerade a′ a einen der Halbkreise des Goniographen,
                              									z. B. den Halbkreis b
                              									a′ p′ in den
                              									Punkten a a′, so wird der abzumessende Winkel a′ a p′ als
                              									Maaß die Hälfte des Bogens p′ c′ a′ weniger
                              									den Bogen b a haben. Diese Bogen haben aber als
                              									respective Werthe n und (180° - n′) Grade, wobei die Zahlen n und n′ den
                              									Durchschnittspunkten a′ a der zweiten Geraden entsprechen. Der zu messende Winkel wird deßhalb als
                              									Maaß Textabbildung Bd. 117, S. 198 oder n + n′/2 - 90° haben. Geht die zweite Gerade b b′ durch einen der Nullpunkte der Theilung, z. B. durch b, so ist der Winkel b′b p′ = dem durch die beiden
                              									gegebenen Linien eingeschlossenen Winkel, und sein Maaß wird die Hälfte des Bogens
                              										p′ c′ b′ seyn, oder die Hälfte der Zahl n von Geraden, welche zwischen o und b′, dem Durchgangspunkte der
                              									zweiten geraden Linie, liegen, also n/2.
                           Schneidet die zweite Gerade d d′ die beiden
                              									Umfanghälften des Goniographen, so sind die Scheitelwinkel d′ d, p′ und b d′ d gleich dem zu messenden Winkel, und da sie als Maaß die halbe Summe der
                              									Bogen p′ d′
                              									und b d haben, welche sie einschließen und welche durch
                              									die Gradzahlen n, n′ ausgedrückt sind, die den
                              									Durchgangspunkten d′ d entsprechen, so folgt daraus, daß der gesuchte Winkel gleich ist n + n′/2 oder der
                              									halben Summe der Grade, welche zwischen 0 und den Durchschnittspunkten der zweiten
                              									geraden Linie auf dem Instrumente liegen.
                           Falls die beiden Zahlen n, n′ die nämlichen sind,
                              									drückt jede derselben den Werth des zu messenden Winkels in Graden aus, wobei dann
                              									die zweite Gerade mit einem Durchmesser des Instrumentes zusammenfällt und durch die
                              									Mitte 0 desselben geht.
                           Die zweite Art das Problem zu lösen, ist in dem Falle passend, wo der Goniograph auf
                              									einmal an beiden Linien angelegt werden kann, was bei jeder Größe des Instrumentes
                              									dann geschehen kann, wenn der Durchschnittspunkt der beiden Geraden nicht weit von
                              									den gezeichneten Stücken der Geraden entfernt liegt.
                           Diese zweite Art besteht darin, daß man die beiden Nullpunkte der Theilung auf zwei
                              									Punkte der beiden Geraden bringt, welche den zu messenden Winkel einschließen.
                           Ist der zu messende Winkel q r ein spitzer, so fällt der
                              									Scheitel q desselben außerhalb des
                              									Goniographen-Kreises, während die Schenkel p q
                              									und r g durch die Nullpunkte b und p′ gehen.
                           
                           Im Falle die zweiten Durchschnittspunkte p′ a′ der Schenkel mit dem getheilten Kreise des
                              									Instrumentes nicht in eine Hälfte desselben fallen, so sieht man, daß wenn man mit
                              										n und n′ die
                              									Anzahl der Grade bezeichnet, die diesen Punkten entsprechen, der Werth des gesuchten
                              									Winkels n - n′/2
                              									Grade beträgt; dieß ist die halbe Differenz der Gradzahlen, die zwischen den nicht
                              									mit den Nullpunkten zusammenfallenden Durchschnittspunkten der geraden Linien
                              									liegen.
                           Wäre der Goniograph so gelegt, daß die beiden Schenkel p′ v, b v des
                              									spitzen Winkels p′ v
                                 										b, die durch die Nullpunkte b und p′ gehen, eine und dieselbe Hälfte des
                              									Instrumentes b d e p ′ schneiden, und zwar in den
                              									Punkten e und d, die n und n′ Graden
                              									entsprechen, so wäre das Maaß des zu messenden Winkels die Hälfte der Differenz
                              									zwischen dem Halbkreise a a′ p′ und dem Bogen d e,
                              									oder 90° - n - n′/2, das heißt ein rechter Winkel, weniger der halben Differenz der
                              									Gradzahlen, welche durch die beiden Geraden auf ein und demselben Halbkreise des
                              									Instrumentes abgeschnitten wurden.
                           Ist der zu messende Winkel s t u ein stumpfer, so
                              									befindet sich der Scheitel t desselben innerhalb des
                              									Goniographen-Kreises, während die Schenkel s t
                              									und u t durch die Nullpunkte p′ und b gehen. Die verlängerten
                              									Schenkel schneiden dann den dem Scheitel zunächst liegendem Halbkreis in den Punkten
                              										s′ und c′,
                              									welchen Punkten die Zahlen n und n′ entsprechen. Der stumpfe Winkel s t
                                 										u hat deßhalb als Maaß den Halbkreis b d
                                 									p′ und die Hälfte des Bogens c′ b′ s′, der n - n′ Graden gleich
                              									ist, das heißt 90° + n - n′/2, oder einen rechten Winkel plus
                              									der halben Differenz der Gradzahlen, die bei den Durchschnittspunkten mit den
                              									geraden Linien stehen.
                           Fiele der Scheitel des zu messenden Winkels auf den Kreisumfang selbst, während die
                              									Schenkel durch die Nullpunkte gehen, so wäre der Winkel ein rechter.
                           Zweites Problem. Durch einen gegebenen Punkt auf einer
                              									Geraden oder außerhalb ihrer Richtung sey eine zweite Gerade unter irgend einem
                              									bestimmten Winkel zu ziehen.
                           Die Lösung dieses Problems gründet sich auf das Vorhergehende; denn es wird, um den
                              									Zweck zu erreichen, hinreichen, den Goniographen an die gegebene Linie so anzulegen,
                              									daß die auf der gegebenen  Geraden liegenden Gradnummern dem zu construirenden Winkel entsprechen. Die durch
                              									die Nullpunkte des Instrumentes gezogene Gerade wird dann die verlangte Neigung
                              									haben. Da nun die Seiten des Quadrates parallel zu dem die Nullpunkte enthaltenden
                              									Durchmesser sind, so sind sie auch parallel zu der zu ziehenden Linie, und da man
                              									mittelst der zwei auf einander senkrechten Bewegungen an einem Lineal den
                              									Goniographen überall hin verschieben kann, so ist es immer möglich, eine Seite
                              									desselben zu dem gegebenen Punkte zu bringen, und so eine gerade Linie zu ziehen,
                              									welche unter dem verlangten Winkel durch den gegebenen Punkt geht.
                           
                        
                     
                  
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