| Titel: | Ueber Raffination des Rohzuckers, insbesondere nach Scoffern's Verfahren; von Professor W. Th. Brande. | 
| Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. LVIII., S. 265 | 
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                        LVIII.
                        Ueber Raffination des Rohzuckers, insbesondere
                           								nach Scoffern's
                           								Verfahren; von Professor W. Th.
                              									Brande.Prof. Brande hielt über diesen Gegenstand an der
                                 											Royal Institution in London eine mit Versuchen begleitete Vorlesung, deren
                                 										wesentlichen Inhalt wir nach dem Repertory of Patent-Inventions,
                                    											März 1850, S. 174 mittheilen.
                        Brande, über Raffination des Rohzuckers.
                        
                     
                        
                           Von den verschiedenen Zuckerarten kommen in technischer Hinsicht hauptsächlich zwei
                              									in Betracht, der Rohrzucker und der Traubenzucker.
                           Den Rohrzucker, wie es sein Name andeutet, gewann man früher ausschließlich aus dem
                              									Zuckerrohr (arundo saccharifera); er ist aber auch im
                              									Saft vieler anderen Pflanzen, z. B. mehrerer Palmenarten, insbesondere der
                              									Dattelpalme (phoenix dactylifera), im Saft des
                              									Kokosnußbaums, der Runkelrübe, mehrerer Ahornarten und des Türkischkorns (Mais)
                              									enthalten.
                           Der Traubenzucker findet sich in dem Saft vieler süßen
                              									Früchte, hauptsächlich der Weintrauben; er bildet die weiße Kruste auf alten
                              									Rosinen, getrockneten Feigen, Pflaumen etc.; er ist der Hauptbestandtheil des
                              									Honigs, und man kann das Stärkmehl, sogar den Pflanzenfaserstoff durch Behandlung
                              									mit verdünnter Schwefelsäure in der Siedhitze in solchen Zucker verwandeln. Auch im
                              										Malz ist er enthalten, und beim Maischen erzeugt ihn
                              									das sogenannte Diastas durch seine Einwirkung auf die schleimigen und
                              									stärkmehlartigen Bestandtheile des Getreides.
                           Die Elementar-Zusammensetzung dieser Zuckerarten ist folgende:
                           
                           Rohrzucker.
                           
                              
                                 
                                 Atome.
                                 Procente.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 12
                                 42,1
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 11
                                 6,4
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 11
                                 51,5
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1
                                 100,0
                                 
                              
                           Traubenzucker.
                           
                              
                                 
                                 Atome.
                                 Procente.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 12
                                 36,4
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 14
                                 7,1
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 14
                                 56,5
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1
                                 100,0
                                 
                              
                           Beide Zuckerarten bestehen also einerseits aus Kohlenstoff und andererseits aus
                              									Wasserstoff und Sauerstoff im Verhältniß der Wasserbildung; man kann sich den
                              									Rohrzucker als eine Verbindung von 12 Atomen Kohlenstoff mit 11 At. Wasser, und den
                              									Traubenzucker als eine Verbindung von 12 At. Kohlenstoff mit 14 At. Wasser
                              									vorstellen. Daraus folgt, daß 2 Atome Wasser (nämlich seiner Elemente) sich mit 1
                              									At. Rohrzucker verbinden müssen, um denselben in Traubenzucker zu verwandeln; und
                              									daß (die Elemente von) 2 At. Wasser dem Traubenzucker entzogen werden müssen, um ihn
                              									in Rohrzucker überzuführen. Es ist gar nicht schwer, den Rohrzucker in Traubenzucker
                              									umzuwandeln; aber die umgekehrte Veränderung, diejenige des Traubenzuckers in
                              									Rohrzucker, ist noch nicht gelungen.
                           Die charakteristischen Eigenschaften des Rohr- und Traubenzuckers sind
                              									folgende: der Rohrzucker ist krystallisirbar und man erhält ihn leicht in breiten
                              									sechsseitigen Prismen (Kandis), während der Traubenzucker zu kleinen faserigen
                              									Gruppen halbkugelförmiger Knollen erstarrt, welche aus nadelförmigen Krystallen
                              									bestehen. Zwei Theile Rohrzucker süßen eine Flüssigkeit, z. B. Thee, eben so stark
                              									als fünf Theile Traubenzucker. Ein Hauptunterschied beider Zuckerarten ist ihr
                              									Verhalten zu einer Auflösung von weinsteinsaurem Kupferoxyd in kohlensaurem Natron.
                              									Setzt man dieser blauen Flüssigkeit Rohrzucker zu, so verändert er deren Farbe nicht
                              									unmittelbar, aber nach einiger Zeit entsteht ein blauer Niederschlag, besonders beim
                              									Erwärmen der Mischung, welcher eine Verbindung von Zucker mit Kupferoxyd ist.
                              									Versetzt man diese Probeflüssigkeit hingegen mit Traubenzucker, so verwandelt sich
                              									ihre dunkelblaue Farbe fast augenblicklich in eine grasgrüne, welche beim Erwärmen
                              										 in Braun übergeht,
                              									und es entsteht dann ein reichlicher brauner Niederschlag von Kupferoxydul mit
                              									Antheilen metallischen Kupfers.
                           Die oben erwähnte Umwandlung des Rohrzuckers in Traubenzucker kann auf verschiedene
                              									Weise bewerkstelligt werden, am schnellsten durch die Wirkung der Fermente; wenn
                              									nämlich eine Rohrzucker enthaltende Flüssigkeit in Gährung versetzt wird, so ist das
                              									erste Stadium des Processes stets der Uebergang des Rohrzuckers in Traubenzucker,
                              									und letzterer zerfällt dann in Kohlensäure und Alkohol.
                           Es gibt aber noch eine andere Veranlassung zur Umwandlung des einen Zuckers in den
                              									andern, welche bei der Fabrication eine Hauptrolle spielt und die wir daher näher
                              									betrachten müssen; denn es ist klar, daß alle Operationen, durch welche der
                              									krystallisirbare Rohrzucker in unkrystallisirbaren und nutzlosen Traubenzucker
                              									verwandelt wird, sowohl dem Rohzucker-Fabrikant als dem Raffinateur höchst
                              									nachtheilig sind. Der Fall auf welchen ich anspiele, ist die beständige Einwirkung
                              									der Hitze auf den Syrup. Wenn man einen verdünnten und
                              									farblosen Syrup (also eine wässerige Auflösung von Rohrzucker) einige Stunden kocht,
                              									so bekommt sie allmählich eine braune Farbe und einen brenzlichen Geruch; setzt man
                              									das Kochen fort und gießt gelegentlich Wasser zu, um das verdampfte zu ersetzen, so
                              									finden auch diese Veränderungen in höherem Grade statt; am Ende hat sich ein
                              									beträchtlicher Theil des ursprünglichen Rohrzuckers in Traubenzucker verwandelt, so
                              									daß man aus dem Syrup keinen krystallisirbaren Zucker mehr erhalten kann und
                              									derselbe mit der erwähnten Kupferprobe sich als Traubenzucker erweist. Der
                              									ursprüngliche Syrup wird also durch den bloßen Einfluß des andauernden Kochens
                              									— wozu unter dem atmosphärischen Druck ein höherer Temperaturgrad als zum
                              									Sieden des Wassers erforderlich ist — schon verderben. Viel schneller und
                              									zerstörender sind aber die so durch Wärme bewirkten Veränderungen, wenn man dem
                              									Rohrzuckersyrup ein wenig Säure oder Alkali zusetzt. Wenn man schwache Syrupe einige Stunden
                              									mit Zusatz weniger Tropfen von Salzsäure, Salpetersäure oder Schwefelsäure gekocht
                              									hat, so ist in allen Traubenzucker gebildet worden und es haben noch andere
                              									verwickeltere Veränderungen in mehr oder weniger hohem Grade stattgefunden; der mit
                              									Salzsäure versetzte Syrup ist braun und unkrystallisirbar geworden; der mit
                              									Salpetersäure versetzte ist braun, klebrig und auffallender verändert; der mit
                              									Schwefelsäure versetzte ist durchsichtig und unkrystallisirbar. In allen diesen
                              									Fällen erfolgen mit der andauernden Hitze weitere Zersetzungen; einige der neuen
                              									Producte, welche einen sauren Charakter haben, bilden  mit den vorhandenen basischen
                              									Substanzen dunkelbraune unauflösliche Verbindungen; andere sind der Ulminsäure und
                              									Humussäure analog. Selbst die Pflanzensäuren bewirken in einigen Fällen derartige
                              									Veränderungen; die meisten von ihnen, besonders Essigsäure, Weinsteinsäure und
                              									Citronensäure, verhindern die. Krystallisation des Rohrzuckers, und mit Beihülfe der
                              									Wärme erzeugen sie in ihm noch weitergehende chemische Veränderungen.
                           Kali und Natron verändern den Zucker bedeutend; selbst Kalkwasser thut dieß, denn
                              									wenn man Zucker in Kalkwasser auflöst und die Flüssigkeit kocht, so erhält sie eine
                              									braune Farbe und setzt in der Ruhe kleine Krystalle von kohlensaurem Kalk ab, nebst
                              									einem Niederschlag, welcher aus Kalk in Verbindung mit einem sauren Product besteht,
                              									das durch die gemeinschaftliche Wirkung der Hitze und des Kalks auf den Zucker
                              									entstand. Der Baryt bewirkt ähnliche Veränderungen in höherem Grade.
                           Da die Wärme, Säuren und Alkalien auf den krystallisirbaren oder Rohrzucker einen
                              									zerstörenden Einfluß ausüben, so muß man sowohl bei der Darstellung des Rohzuckers
                              									aus dem Saft der Pflanze, als bei dem Raffiniren desselben eine hohe Temperatur,
                              									lange andauerndes Kochen und die Gegenwart von freien Säuren und Alkalien so viel
                              									als möglich zu vermeiden suchen.
                           Der Zweck des Raffinirens ist, aus den verschiedenen Sorten Rohzucker möglichst viel
                              									reinen Zucker in der kürzesten Zeit und mit den geringsten Kosten zu produciren.
                              									Nach dem alten Verfahren beschickt man eine kupferne Pfanne mit Kalkwasser, welches
                              									mit Rinderblut gemischt ist; dieser Mischung wird der Zucker beigegeben; man läßt
                              									sie behufs des Auflösens eine Nacht stehen; am anderen Tag in der Frühe macht man
                              									ein Feuer unter die Pfanne; wenn die Flüssigkeit kocht, coagulirt der Eiweißstoff
                              									des Bluts und bildet mit den von ihm eingeschlossenen mechanischen Unreinigkeiten
                              									des Zuckers einen Schaum, welchen man beständig beseitigt; dieses Abschäumen setzt
                              									man fort, bis eine mit einem mit kleinen Löchern versehenen Schaumlöffel
                              									herausgenommene Probe klar erscheint; hierauf wird die Flüssigkeit (das Klärsel)
                              									rasch eingekocht, bis sie von solcher Consistenz ist, daß sie sich zwischen dem
                              									Finger und Daumen in Fäden zieht; nun wird das Feuer gelöscht und der Syrup in das
                              									sogenannte Kühlgefäß geschafft, worin man ihn mit hölzernen Stäben umrührt, bis er
                              									sich körnt; in diesem körnigen Zustande schüttet man ihn in die conischen Formen. In
                              									letzteren erstarrt die Masse zu körnig-krystallinischem Zucker, dessen Poren
                              									mit mehr oder weniger reinem  Syrupe angefüllt sind. In den Formen wird nun das Decken
                              									vorgenommen; man läßt nämlich Zuckersyrup durch das Brod filtriren, dessen wässerige
                              									Theile auf ihrem Wege die rückständigen auflöslichen Substanzen auflösen und mit
                              									denselben geschwängert vom Brod abfließen. Auf diese Weise wird sowohl die Farbe des
                              									Brodes als dessen Tertur verbessert; erstere durch die Entfernung gewisser
                              									auflöslichen Substanzen, letztere durch den Zucker welchen der durchfließende Syrup
                              									absetzt. Nachdem die Brode aus den Formen genommen wurden, hackt man ihre Basis und
                              									Spitze ab und trocknet sie hierauf bei hoher Temperatur
                              									aus.
                           Ueber Seoffern's Raffinirmethode.
                           Dr. Scoffern's Verfahren
                              									bezweckt das schädliche Erhitzen der Rohzucker-Auflösung mit Kalkwasser und
                              									Blut und das darauffolgende Klären durch Abschäumen zu umgehen.
                           Beim Naffiniren des Rohzuckers handelt es sich darum: 1) den Farbstoff zu beseitigen
                              									und 2) andere Bestandtheile, welche die Krystallisation des Zuckers behindern;
                              									letztere verursachen bisweilen selbst die dunkle Farbe des Rohzuckers; man kann aber
                              									braunen Syrupen ihre Farbe benehmen und dennoch ein Product erhalten, welches
                              									entweder gar nicht krystallisirt oder doch nicht die körnige feste Masse der
                              									Zuckerbrode bildet.
                           Nun ist einleuchtend, daß wenn wir ein Agens besäßen, welches nicht nur den Rohzucker
                              									bleicht, sondern ihm auch die extractiven und sauren Bestandtheile entzieht, welche
                              									die Reinheit des Korns beeinträchtigen, dasselbe folgende Vortheile gewähren würde:
                              									1) man könnte einen Rohzucker von so geringer Qualität, daß er nach dem bisherigen
                              									Verfahren das Raffiniren nicht lohnt, dann als Material verwenden; 2) da die
                              									Anwendung von Kalk und Blut wegfiele, so bliebe der Zuckerantheil erhalten, welchen
                              									diese Agentien bisher verdarben oder zerstörten; 3) der ganze Reinigungsproceß würde
                              									in kürzerer Zeit beendigt. Diese Zwecke werden mittelst Dr. Scoffern's Verfahren bereits wirklich im
                              									Großen erzielt.
                           Zur bloßen Entfärbung des Zuckers hat man bisher die
                              									Knochenkohle mit dem besten Erfolg angewandt; durch geeignete Behandlung mit
                              									derselben kann man einen braunen Syrup farblos machen und daraus einen Zucker von
                              									fast blendender Weiße erhalten. Aber abgesehen  davon, daß die Knochenkohle kostspielig ist und durch die
                              									unvermeidlichen Filtrationen viel Zeit verloren geht, kann sie diejenigen
                              									Substanzen, welche hauptsächlich die Krystallisation des Zuckers verhindern,
                              									demselben niemals entziehen; auf diese Substanzen wirkt beim alten Verfahren
                              									hauptsächlich der Kalk, und es wurden zu ihrer Abscheidung schon seit längerer Zeit
                              									gewisse Bleiverbindungen in Vorschlag gebracht. Versetzt man nämlich einen braunen
                              									Syrup mit einer Auflösung von essigsaurem Blei, so wird nicht nur der größte Theil
                              									des Farbstoffs niedergeschlagen, sondern auch die erwähnten Verbindungen, welche das
                              									Korn des Zuckers benachtheiligen. Nun entstand aber die Schwierigkeit das Bleioxyd
                              									(ohne im geringsten den Zucker zu benachtheiligen) vollständig wieder abzuscheiden,
                              									so daß der filtrirte Syrup keine Spur von diesem Metall
                              									enthält. Dieses wichtige Problem blieb praktisch ungelöst, bis Dr. Scoffern die schweflige Säure
                              									anwandte, welche mit dem Bleioxyd ein vollkommen unauflösliches Salz bildet, während
                              									sie den Zucker selbst durchaus nicht verändert und zugleich mittelst bloßen
                              									Erwärmens leicht aus demselben verjagt werden kann, wenn man sie im Ueberschuß
                              									angewandt hat (was zur Sicherheit des Erfolgs nöthig ist).
                           Die schweflige Säure ist in Wasser sehr löslich; der Syrup absorbirt daher das
                              									schwefligsaure Gas in großer Menge, welches durch Erwärmen wieder gänzlich
                              									ausgetrieben werden kann. Leitet man schwefligsaures Gas in eine Auflösung von
                              									essigsaurem oder basisch-essigsaurem Blei, so schlägt es alles Bleioxyd
                              									nieder, mit welchem es einen dichten weißen unauflöslichen Niederschlag bildet, und
                              									alle Essigsäure bleibt in der überstehenden Flüssigkeit, welche, wenn die Operation
                              									gehörig geleitet wurde, keine Spur Blei mehr enthält, wovon man sich leicht durch
                              									das Probiren derselben mit Schwefelwasserstoff überzeugen kann.
                           Um die Anwendung dieser chemischen Thatsachen zur Reinigung des Zuckers durch
                              									Versuche im Kleinen zu zeigen, versetze man eine Auflösung von sehr unreinem
                              									Rohzucker mit einer Auflösung von basischessigsaurem Blei. Man erhält einen
                              									reichlichen schmutzigbraunen Niederschlag, welchen man abfiltrirt; die filtrirte
                              									Flüssigkeit ist blaß und durchsichtig, wird aber durch Zusatz von
                              									Schwefelwasserstoff-Wasser sogleich geschwärzt, was beweist daß, obgleich ein
                              									Theil des Bleies in Verbindung mit verschiedenen Bestandtheilen des Rohzuckers den
                              									(abfiltrirten) Niederschlag bildete, ein anderer Theil in der klaren Flüssigkeit
                              									zurückgehalten wurde; es ist in der That in dem hellen Syrup aufgelöst. Wenn man nun
                              									einen Strom von schwefligsaurem Gas durch den siltrirten  Syrup leitet, so wird er
                              									sogleich trüb, weil sich unauflösliches schwefligsaures
                                 										Blei bildet; filtrirt man nun wieder, so erhält man einen vollkommen klaren
                              									und farblosen Syrup, aus welchem man die überschüssige schweflige Säure durch mäßige
                              									Wärme austreibt; setzt man dann eine Auflösung von Schwefelwasserstoff zu, so
                              									entsteht nicht die geringste Färbung, ein Beweis, daß alles Blei abgeschieden wurde; der gereinigte Zucker bleibt unversehrt und
                              									bildet beim Abdampfen eine körnige Masse.
                           So kann man Schritt für Schritt in Probirgläsern die Details von Dr. Scoffern's Verfahren
                              									zeigen, wie es im Großen ausgeführt wird. Ich habe nur noch beizufügen, daß bei der
                              									Zersetzung des basischessigsauren Bleies eine kleine Menge Essigsäure frei wird;
                              									diese könnte, wenn man sie in dem Zucker ließe, später dessen Krystallisation
                              									benachtheiligen; um diese freie Essigsäure zu binden, versetzt man daher die
                              									Flüssigkeit mit einer kleinen Menge Kreide, um
                              									essigsauren Kalk zu bilden, welcher gar nicht nachtheilig ist und bei der späteren
                              									Behandlung der Zuckerbrode ausgewaschen wird.
                           Die Verwandtschaft des Bleioxyds zu den Farbstoffen von
                              									Rohzuckern, in welcher Hinsicht es die Knochenkohle ersetzt, ist eine
                              									beachtenswerthe Thatsache; wenn nicht eine außerordentliche Weiße verlangt wird, ist
                              									es der Anwendung von Knochenkohle vorzuziehen; und wo diese Weiße verlangt wird,
                              									wird weniger Kohle erforderlich seyn.
                           Bei der Anwendung des von mir wissenschaftlich erklärten Reinigungsverfahrens im
                              									großen Maaßstab sind die Operationen in Kürze folgende. Man löst den Rohzucker in
                              									einer mittelst Dampf erwärmten Pfanne (dem sogenannten blow-up) in Wasser auf und versetzt ihn darin mit der geeigneten
                              									Menge basisch-essigsauren Bleies. Nachdem der Inhalt dieser Pfanne durch
                              									Umrühren gut gemischt worden ist, schafft man ihn auf die Filter, um die
                              									niedergeschlagenen Substanzen abzusondern. Durch die klare filtrirte Flüssigkeit
                              									leitet man einen Strom schwefligsaures Gas; nachdem dieses lange genug fortgesetzt
                              									worden ist, filtrirt man die Flüssigkeit wieder, entweder durch Knochenkohle oder
                              									durch Beutelfilter, worauf man eine herausgenommene kleine Portion mit
                              									Schwefelwasserstoff auf einen Bleigehalt probirt (würde sich ein solcher zeigen, so
                              									müßte durch die Flüssigkeit wiederholt schwefligsaures Gas geleitet werden); dann
                              									setzt man ein wenig Kreide zu und kocht den klaren Syrup in der Howard'schen Vacuumpfanne zur gehörigen Concentration
                              									(Probe) ein; hierauf läßt man ihn in die sogenannte  Wärmpfanne (heater) ab, körnt ihn und füllt in die Formen, worauf
                              									der Proceß durch Decken mit Zuckersyrup auf oben angegebene Weise beendigt
                              										wird.Die Details des Verfahrens enthält Scoffern's
                                    											Patentbeschreibung im polytechn. Journal Bd. CX S. 261.
                           Schließlich muß ich mich noch über die Natur des Niederschlags aussprechen, welcher
                              									beim ersten Einrühren des basisch-essigsauren Bleies in die dunkle Auflösung
                              									des Rohzuckers entsteht; er ist von schmutzig brauner Farbe, nach dem Trocknen
                              									pulverig und fast geschmacklos. Er besteht aus braunem Extractivstoff und gewissen
                              									gefärbten Substanzen von saurem Charakter in Verbindung mit Bleioxyd. In Wasser ist
                              									dieser Niederschlag unauflöslich, in Alkohol löst er sich aber in geringer Menge
                              									auf; zertheilt man ihn in Alkohol und leitet dann schwefligsaures Gas hinein, so
                              									bildet sich weißes schwefligsaures Blei und die Substanzen, welche vorher mit dem
                              									Bleioxyd verbunden waren, bilden mit dem Alkohol eine dunkelbraune Tinctur; wenn
                              									diese geistige Auflösung filtrirt und abgedampft wird, hinterläßt sie einen
                              									dunkelbraunen Rückstand, nämlich die Farbstoffe, Melasse etc., womit der
                              									krystallinische Zucker ursprünglich verunreinigt war.
                           Dr. Scoffern's Verfahren wird
                              									in der Zuckerraffinerie der HHrn. Goodhart, Sohn und Patrick in London,
                              									sowie der HHrn. Thwaites in Cork angewandt. Es eignet
                              									sich für die schlechtesten Sorten von Rohzucker, welche nach dem bisherigen
                              									Verfahren nicht mit Vortheil raffinirt werden konnten, z. B. den sogenannten Khoar sugar, welchen man in Ostindien durch Abdampfen
                              									des Safts der Dattelpalme gewinnt.