| Titel: | Chemische Analyse des Humus und über die Rolle des Düngers bei der Ernährung der Pflanzen; von E. Soubeiran. (Eine von der Ackerbau-Gesellschaft zu Rouen gekrönte Preisschrift.) | 
| Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. LXXVII., S. 373 | 
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                        LXXVII.
                        Chemische Analyse des Humus und über die Rolle
                           								des Düngers bei der Ernährung der Pflanzen; von E. Soubeiran. (Eine von der
                           								Ackerbau-Gesellschaft zu Rouen gekrönte Preisschrift.)
                        Aus dem Journal de pharmacie, Juli 1850, S.
                              								5.
                        (Schluß von Seite 73 in diesem Bande des
                           								polytechn. Journals )
                        Soubeiran's Analysen von Düngerarten.
                        
                     
                        
                           Zweiter Theil. — Analyse einiger
                                 										Düngerarten.
                           Dieser zweite Theil meiner Abhandlung entspricht minder streng der gestellten
                              									Preisfrage, ist ihr jedoch durchaus nicht fremd. Ein Dünger ist nämlich ein
                              									zusammengesetztes Nahrungsmittel, dessen Bestandtheile alle zu demselben Zwecke
                              									beitragen — zur Ernährung der Pflanzen. Der Humus ist unter ihnen das
                              									eigentliche Nahrungsmittel; er steht aber nebenbei unter dem Einfluß der ihn
                              									begleitenden Substanzen, welche entweder zu seiner Erzeugung beitragen, oder ihn in
                              									den Zustand der Auflöslichkeit versetzen, ohne welchen er nicht absorbirt werden
                              									kann.
                           Dieser zweite Theil meiner Arbeit, welcher nur eine praktische und specielle
                              									Anwendung zu gestatten scheint, hat indessen auch an allgemeinem Interesse gewonnen.
                              									Ich werde nämlich nachweisen, baß man bisher ein fehlerhaftes Verfahren zur
                              									Stickstoffbestimmung einschlug, deßhalb fehlerhafte Analysen und eine unrichtige
                              									Aequivalententafel der verschiedenen Düngerarten erhielt. Ferner, daß man den
                              									Zustand, in  welchem
                              									sich der Stickstoff im Dünger befindet, nicht genugsam in Betracht gezogen hat,
                              									indem es keineswegs gleichgültig ist, ob er sich darin im Zustand fäulnißfähiger
                              									thierischer Materie oder in Form ammoniakalischer Salze, und zwar entweder
                              									auflöslicher Salze oder als phosphorsaure Ammoniak-Bittererde befindet.
                              									Dieser Umstand wurde bloß von Hrn. Jacquemont bei der
                              									Analyse des Staubmists (der Poudrette) berücksichtigt; ein Fehler in der Analyse
                              									führte ihn aber auf irrige Folgerungen.
                           Ich werde noch einmal darthun, daß es ein großer Fehler ist, den Werth eines Düngers
                              									durch seinen Stickstoffgehalt ausdrücken zu wollen, und daß die nach diesem Principe
                              									aufgestellten Aequivalente einander durchaus nicht entsprechen. Es ist vielmehr
                              									nothwendig, die salzigen Bestandtheile, die Ammoniaksalze und ihre eigenthümliche
                              									Zusammensetzung, die thierische Materie und ihre mehr oder weniger veränderliche
                              									Natur zu berücksichtigen. Daß die Gegenwart des Humus, dieses wesentlich
                              									conservirenden Körpers, wichtig ist um die Zersetzung der fäulnißfähigen Substanzen
                              									zu mäßigen, die physische Beschaffenheit des Bodens zu verbessern, das Ammoniak zu
                              									fixiren, und der Pflanze eine substanzielle Nahrung zu geben, habe ich bereits
                              									auseinandergesetzt.
                           Nach der Theorie ist der beste Dünger derjenige, welcher zugleich eine gewisse Menge
                              									von auflöslichen, erdigen oder alkalischen Salzen, Ammoniaksalzen, ferner
                              									stickstoffhaltiger thierischer Materie (die durch ihre langsame Zersetzung jeden Tag
                              									ein gewisses Maaß kohlensauren Ammoniaks liefert), überdieß schon gebildeten Humus
                              									und in Umwandlung begriffenes Pflanzengewebe enthält. Alle diese Stoffe sind, besser
                              									als irgendwo anders, im gegohrenen landwirthschaftlichen Dünger (Stalldünger)
                              									vereinigt, und geben ihm einen unbestreitbaren Vorzug vor allen andern
                              									Düngerarten.
                           Bei der Düngeranalyse sind sonach dreierlei Hauptbestandtheile zu ermitteln: die
                              									Menge des Humus oder der Materie, welche ihn zu bilden fähig ist; die Art und Menge
                              									der Salze; die Menge der stickstoffhaltigen Materie.
                           Ehe ich die Zusammensetzung der von mir analysirten Dünger mittheile, muß ich das von
                              									mir befolgte analytische Verfahren beschreiben.
                           Bestimmung des Stickstoffs. — Diese erstreckt sich
                              									auf den Stickstoff der thierischen Materie und denjenigen der Ammoniaksalze. Der
                              									Stickstoffgehalt der thierischen Materie läßt sich nach dem Verfahren  von Varrentrapp und Will bestimmen, wobei man das
                              									Ammoniak, statt es als Platinsalmiak zu fällen, durch eine Säure sättigen kann.
                           Hinsichtlich des Stickstoffs der Ammoniaksalze muß man unterscheiden zwischen
                              									demjenigen der auflöslichen Salze, die man durch Wasser ausziehen kann, und
                              									demjenigen der phosphorsauren Ammoniak-Bittererde, eines schwerlöslichen
                              									Salzes, welches vorzugsweise im Erdreich zurückbleibt und von der Pflanze nur
                              									allmählich und je nach ihrem Bedarf aufgesogen wird. Der Versuch hat sich also
                              									zuerst auf das Waschwasser des Düngers zu erstrecken, worauf man den ausgewaschenen
                              									Dünger mit salpetersäurehaltigem Wasser in Berührung bringt, um auch die
                              									phosphorsaure Ammoniak-Bittererde aufgelöst zu erhalten. Die beiden
                              									Flüssigkeiten werden übrigens nach derselben Methode behandelt. Es sey z. B. der
                              									Stickstoffgehalt der Ammoniaksalze des Staubmists von Montfaucon zu bestimmen.
                           Ein erster Versuch ergab, daß 100 Thle. desselben bei 80° R. Temperatur 28
                              									Thle. Wasser verlieren.
                           Man nimmt nun 100 weitere Gramme Staubmists, bringt sie in ein tarirtes Gefäß und
                              									rührt sie darin mit so viel Wasser an, daß ein weicher Teig entsteht; hierauf gießt
                              									man portionenweise Salpetersäure hinzu, soviel daß die Flüssigkeit nach
                              									zwölfstündiger Berührung stark sauer bleibt. Man setzt nun Wasser zu, um 400 Gramme
                              									Flüssigkeit (nämlich: Wasser des Staubmists 28 Gr., Salpetersäure und Wasser 372
                              									Gr.) voll zu machen, rührt um und läßt absetzen. 100 Kubikcentimeter dieser
                              									Flüssigkeit repräsentiren 25 Gramme Staubmist.
                           Man gießt 200 Kubikcentim. Flüssigkeit ab und bringt sie in einen graduirten
                              									Probecylinder, setzt concentrirte Auflösung von neutralem essigsaurem Blei hinzu,
                              									bis sich kein Niederschlag mehr bildet, und dann noch so viel Wasser, bis 300
                              									Kubikcentimeter voll sind. Man filtrirt 200 Kubikcentimeter ab, welche 33,3
                              									Staubmist darstellen und gießt in diese Flüssigkeit so viel concentrirte Auflösung
                              									von kohlensaurem Kali, daß sie eine sehr deutliche alkalische Reaction behält; es
                              									entsteht ein weißer Niederschlag. Das Ganze, Flüssigkeit und Niederschlag, bringt
                              									man durch die Tubulatur in eine gläserne Retorte, welche nur zum dritten Theil davon
                              									angefüllt werden darf. Diese Retorte muß mittelst einer Weingeistlampe erhitzt
                              									werden können. Man steckt ihren Hals in ein Cylinderglas, worin sich 10
                              									Kubikcentimeter nicht rauchender Salzsäure von bekanntem Gehalt befinden, welche man
                              									mit ihrem acht-bis zehnfachen Volum Wassers verdünnte. Der Hals der Retorte
                              									taucht so  in die Säure,
                              									daß keine Blase sich entwickeln kann, ohne durch sie hindurch zu treten. Gegen das
                              									Ende der Operation läßt man den Hals der Retorte nur sehr wenig mehr in die saure
                              									Flüssigkeit reichen; auf diese Weise steigt, wenn sich ein luftverdünnter Raum zu
                              									bilden beginnt, die Flüssigkeit ein wenig in dem Hals auf; bald dringt aber wieder
                              									eine Luftblase hindurch und stellt das Gleichgewicht her.
                           Mittelst einer Weingeistlampe läßt sich das Kochen der Flüssigkeit leicht reguliren.
                              									Nach einer halben Stunde hat die Flüssigkeit in der Retorte ihr Ammoniak vollständig
                              									verloren. Man trennt nun die Retorte von dem Cylinderglas so, daß von der Säure
                              									nichts verloren geht. Man steckt den Retortenhals in ein Gefäß, welches etwas Wasser
                              									enthält; dieses steigt in dem Maaß, als die Retorte erkaltet, in ihrem Hals auf, und
                              									wenn es die Höhe erreicht hat, bis zu welcher die Säure während der Destillation
                              									gestiegen war, so hebt man die Retorte höher, um wieder Luft eintreten zu lassen.
                              									Diese Operation wiederholt man dreimal mit neuem Wasser und gießt dann, wenn alle
                              									diese Flüssigkeiten vereinigt sind, noch Wasser hinzu, bis 500 Kubikcentimeter voll
                              									sind.
                           Von dieser Flüssigkeit nimmt man 50 Kubikcentimeter, bringt sie in ein Glasgefäß,
                              									setzt einige Tropfen Lackmustinktur hinzu und sättigt sie, indem man mittelst des
                              										Gay-Lussac'schen Maaßgläschen (burette) eine klare Auflösung von Zuckerkalk von
                              									bekanntem Gehalt tropfenweise hineinfallen läßt. Da man nur den zehnten Theil der
                              									Säure anwandte, so muß man die abgelesene Anzahl von Abtheilungen mit 10
                              									multipliciren. Diese von Péligot vorgeschlagene
                              									acidimetrische Flüssigkeit ist äußerst bequem, weil sie eine Auflösung von ätzendem
                              									Alkali darstellt, dessen Sättigungsvermögen durch die Luft nicht verändert wird, und
                              									vor den kohlensauren Alkalien den Vorzug hat, den Sättigungspunkt auf das Schärfste
                              									zu bezeichnen.
                           Bestimmung der phosphorsauren Salze. — Ich bediente
                              									mich der Fresenius'schen Methode in Verbindung mit der
                              										Raewsky'schen, um die Menge der phosphorsauren Salze
                              									zu bestimmen; denn die Düngerasche enthält fast immer ein Gemenge von Thonerde und
                              									Eisenoxyd, was ihre Analyse erschwert. Ich habe indessen seit Veröffentlichung
                              									dieser Arbeit durch directe Versuche gefunden, daß jene Methoden ein zu niedriges
                              									Resultat geben — die Raewsky'sche, weil sich immer
                              									etwas phosphorsaure Thonerde bildet, welche durch das mangansaure Kali nicht
                              									entdeckt wird, und die Fresenius'sche, weil ein Theil der
                              									phosphorsauren Ammoniak-Bittererde in den Flüssigkeiten aufgelöst  bleibt. Die Folge davon ist,
                              									daß das Verhältniß der phosphorsauren Salze bei allen Bestimmungsweisen etwas zu
                              									gering ausfallt. Uebrigens hat mich von allen bis jetzt bekannt gewordenen Methoden
                              									keine befriedigt. Ein verlässiges Verfahren zur Bestimmung der phosphorsauren Salze
                              									muß erst noch ermittelt werden.
                           Es scheint mir bequemer, die Phosphorsäure stets in Form von phosphorsaurem
                              									Knochensalz aufzuführen. Dieß ist ihr gewöhnlicher Zustand im Boden und in den
                              									Gewächsen; obgleich die Zusammensetzung dieses Salzes nicht durchaus constant ist,
                              									so entfernt sie sich doch immer nur sehr wenig von derjenigen, welche Raewsky für den phosphorsauren Kalk 3Ca O + P O5 fand.
                           PoudretteoderStaubmiftvonMontfaucon.
                           Mir sind nur zwei Analysen desselben bekannt. Die eine ist von Boussingault und Payen, welche den
                              									Stickstoffgehalt im feuchten Staubmist zu 1,56 Procenten angeben (im trocknen 2,67
                              									Proc.); die andere Analyse ist von Jacquemont, welcher
                              									den Stickstoff in Form von schwefelsaurem Ammoniak bestimmte und behauptet, die
                              									Hälfte desselben befinde sich im Zustand von Ammoniaksalzen im Staubmist, während
                              									die andere Hälfte der thierischen Materie angehöre. Die Salze seyen hauptsächlich
                              									phosphorsaures Ammoniak, phosphorsaurer Kalk und kohlensaures Ammoniak. Letzteres
                              									betrage ⅞ der Ammoniaksalze. Hier obwaltet offenbar ein Irrthum, welcher in
                              										Jacquemont's analytischem Verfahren seinen Ursprung
                              									hat; er betrachtete nämlich alles Alkali, welches sich während der Erhitzung des
                              									Staubmists von 200 bis 240° R. entwickelte, als im Zustand von kohlensaurem
                              									Ammoniak präexistirend; dasselbe entsteht aber, wie ich zeigen werde, großentheils
                              									erst durch doppelte Zersetzung des im Staubmift reichlich vorhandenen kohlensauren
                              									Kalks und der verschiedenen Ammoniaksalze.
                           Ist stellte meine Versuche mit Staubmift an, welchen ich mir im Monat October 1847
                              									selbst in Montfaucon holte, wo ich ihn von einem gewöhnlichen Haufen nahm, von
                              									welchem eben auf die Wägen der Landleute aufgeladen wurde. Derselbe war noch warm.
                              									Ich brachte ihn in ein verschlossenes Gefäß und nahm ihn am andern Tag in
                              									Arbeit.
                           Ein bekanntes Gewicht wurde so lange in einem auf 36° R. erwärmten
                              									Trockenbehälter gelassen, bis er nichts mehr an Gewicht verlor. Der Verlust, welcher
                              									als bloß von Wasser herrührend betrachtet werden kann, betrug 28 Procente.
                           
                           Der Montfaucon'sche Staubmist enthielt im feuchten Zustand, wie er an die Käufer
                              									abgeliefert wird, in 100 Theilen:
                           
                              
                                 
                                 Stickstoff
                                 Ammoniak
                                 
                              
                                 in der thierischen Materie
                                 1,18
                                 1,440
                                 
                              
                                 in der phosphorsauren Ammoniak-Bittererde
                                 0,36
                                 0,440
                                 
                              
                                 in den auflöslichen Ammoniaksalzen
                                 0,24
                                 0,293
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 1,78
                                 2,173
                                 
                              
                           Von kohlensaurem Ammoniak enthält der Staubmist nur wenig.
                           Man wird bemerken, daß die Stickstoffmenge, welche ich im Staubmist fand, von der
                              									Angabe Boussingault's und Payen's wenig abweicht; das Resultat dieser Chemiker bedarf einer
                              									Correction, denn sie berücksichtigten weder die Verflüchtigung des im Staubmist
                              									präexistirenden kohlensauren Ammoniaks, noch denjenigen Antheil dieses Salzes,
                              									welcher bei der Doppelzersetzung der Ammoniaksalze und des kohlensauren Kalks
                              									entsteht. Ich habe eine größere Differenz hinsichtlich des Wassers gefunden; allein
                              									der Staubmist ist hierin sehr verschieden. Boussingault
                              									und Payen fanden 49 Proc. Wasser. Ich fand in einer vom
                              									Haufen zu Montfaucon, aber zu einer andern Zeit genommenen Probe 32 Procent.
                           100 Theile trockenen Staubmists hinterließen 59,5 Asche (43 Proc. des als feucht
                              									angenommenen Staubmists). Diese Asche enthielt in 100 Theilen:
                           
                              
                                 auflösliche alkalische Salze
                                 1
                                 
                              
                                 kohlensauren Kalk
                                 9
                                 
                              
                                 schwefelsauren Kalk
                                 9
                                 
                              
                                 Phosphorsäure (in Form von Salzen)
                                 8
                                 
                              
                           100 Thle. Staubmistasche rühren von 232 Thln. frischen Staubmists her, welche 15,30
                              									phosphorsaure Ammoniak-Bittererde enthalten, worin 4,28 Phosphorsäure. Von
                              									den 8 Thln. Phosphorsäure gehören sonach 4,28 der phosphorsauren
                              									Ammoniak-Bittererde an und 3,72 anderen phosphorsauren Salzen, welche
                              									letztere 8,1 phosphorsaures Knochensalz repräsentiren.
                           Der Staubmist, wie er den Landwirthen am 6. Novbr. 1847 geliefert wurde, bestand
                              									aus:
                           
                           
                              
                                 Wasser
                                 280
                                 
                              
                                 organischer Materie
                                 290
                                 
                              
                                 auflöslichen alkalischen Salzen
                                 4,3
                                 
                              
                                 kohlensaurem und schwefelwasserstoffsaurem Ammoniak
                                 unbestimmte Menge
                                 
                              
                                 kohlensaurem Kalk
                                 38,7
                                 
                              
                                 schwefelsaurem Kalk
                                 38,7
                                 
                              
                                 phosphorsaurer Ammoniak-Bittererde
                                 65,5
                                 
                              
                                 phosphorsauren Salzen, als Knochensalz berechnet
                                 34,6
                                 
                              
                                 erdigen Snbstanzen
                                 248,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––––
                                 
                              
                                 
                                 1000,0
                                 
                              
                           Ich habe oben das Verhältniß der verschiedenen stickstoffhaltigen Substanzen im
                              									Staubmist angegeben; dasselbe ist bei der Beurtheilung eines Düngers von hoher
                              									Wichtigkeit, weil diese Substanzen eine sehr verschiedene Wirkung haben. Die
                              									auflöslichen Ammoniaksalze werden nämlich schnell aufgesaugt, können aber durch
                              									Regenfälle großentheils weggeführt werden. Die phosphorsaure
                              									Ammoniak-Bittererde ist von günstiger Wirkung, was durch Boussingault's Versuche außer Zweifel gestellt wurde; sie
                              									verdankt dieselbe ihrer geringen Auflöslichkeit und der langsamen Zersetzung, welche
                              									vielleicht die kalkartigen Bestandtheile des Bodens veranlassen. Thierische Materie
                              									ist im Staubmist wenig vorhanden und seine kräftige Zersetzung beginnt kaum vor dem
                              									Monat Mai, zu welcher Zeit der Staubmist seinen Reiz auffallend erneuert.
                           Der Staubmist ist den Ansichten von Liebig günstig,
                              									welcher die Wirkungen der Düngerarten größtentheils den salzigen Bestandtheilen
                              									zuschreibt; eine wesentliche Eigenschaft aber fehlt ihm — die Nachhaltigkeit
                              									der Wirkung. Die vegetabilisch-organische Materie mangelt ihm. Auch reicht er
                              									zum aufeinanderfolgenden Anbau mehrerer Ernten nicht hin, denn der Boden wäre, wenn
                              									man nicht Stalldünger auf ihn folgen ließe, bald erschöpft.
                           LandwirthschaftlicherStalldünger.
                           Hr. Philippar, damals Professor an der Schule zu Grignon,
                              									überschickte mir eine Portion Dünger von einem Haufen, den man eben auf die Felder
                              									zu führen im Begriff war. Es war dieß ein fertiger Stalldünger, der jedoch bei
                              									weitem noch nicht in dem Zustande vorgeschrittener Zersetzung war, wo ihn die
                              									Landwirthe schwarze
                              									Butter (beurre noir)
                              									benennen. Er wird in Grignon durch Vermengung des Mistes aus
                              									Pferde-Rindvieh-,Schaf- und Schweineställen bereitet.  Man häuft ihn in einen
                              									rechteckigen Haufen auf, der von Zeit zu Zeit mit flüssigem Dünger (purin) begossen wird.
                           Der Mist verliert beim Trocknen 69,4 Proc. an Gewicht; 100 Theile frischen Düngers
                              									repräsentiren sonach 30,6 trockenen Düngers, und 100 Thle. trockenen Düngers werden
                              									aus 326 Theilen frischen Düngers erhalten.
                           Um den Stickstoffgehalt in den Ammoniaksalzen kennen zu lernen, wurden 500 Gramme
                              									frischen Düngers mit Wasser behandelt, welches mit Salpetersäure angesäuert war; man
                              									hatte also:
                           
                              
                                 Wasser und Säure
                                 1,000
                                 Gramme
                                 
                              
                                 Wasser des Düngers
                                 347
                                 Gramme
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––
                                 
                              
                                 Wasser
                                 1,347
                                 Gramme
                                 
                              
                           6000 Kubikcentimeter dieser Flüssigkeit, welche 222 Gramme frischen Düngers
                              									repräsentirten, wurden mit essigsaurem Blei behandelt; die gesammte Flüssigkeit
                              									wurde auf 800 Kubikcentimeter gebracht. Das Ammoniak wurde in 400 Kubikcentimet.
                              									dieser Flüssigkeit, welche 111 Gramme frischen Düngers repräsentiren, durch
                              									kohlensaures Kali ermittelt. Der Versuch ergab 0,257, oder auf 100 Thle. 0,231 Thle.
                              									Stickstoff.
                           Hierauf wurde das Ammoniak im ausgewaschenen Dünger gesucht. Er ergab für die
                              									auflöslichen Ammoniaksalze 0,167 Stickstoff auf 100 Theile Düngers.
                           Das Resultat ist mithin für 100 Thle. frischen Düngers:
                           
                              
                                 Stickstoff der auflöslichen Ammoniaksalze
                                 0,167
                                 
                              
                                 Stickstoff der phosphorsauren Ammoniak-Bittererde
                                 0,064
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                 0,231
                                 
                              
                           Um die Stickstoffmenge in der thierischen Materie kennen zu lernen, wurden 500 Gramme
                              									frischen Düngers ausgetrocknet und dann mit Wasser und Salpetersäure, essigsaurem
                              									Blei u. s. f. behandelt. Die Menge des gefundenen Stickstoffs belief sich für 100
                              									trockenen Düngers auf 0,52.
                           Derselbe trockene Dünger wurde vermittelst der Mischung von Kalk und Natron
                              									analysirt. Er lieferte für 100 Thle. 4,292 Stickstoff. Zieht man hievon den
                              									Stickstoff der Ammoniaksalze ab, so erhält man 4,292 - 0,52 = 3,772 Stickstoff der
                              									thierischen Materie. Im feuchten Dünger beträgt dieß nur 1,16 Proc.
                           100 Thle. frischer Dünger von Grignon enthielten folglich:
                           
                           
                              
                                 Stickstoff der thierischen Materie
                                 1,160
                                 
                              
                                 Stickstoff der auflöslichen Ammoniaksalze
                                 0,167
                                 
                              
                                 Stickstoff der phosphorsauren Ammoniak-Bittererde
                                 0,064
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 Gesammtbetrag des Stickstoffs
                                 1,391
                                 
                              
                           100 Thle. frischen Düngers enthalten, wie bemerkt, 69,4 Theile Wasser; 100 Theile
                              									trockenen Düngers hinterließen 40 Theile Asche; demnach repräsentiren 100 Thle.
                              									Asche 250 Thle. trocknen und 791 Thle. frischen Düngers. 100 Thle. dieser Asche
                              									enthielten:
                           
                              
                                 auflösliche alkalische Salze
                                  6
                                 
                              
                                 kohlensauren Kalk und kohlensaure Bittererde
                                 12
                                 
                              
                                 schwefelsauren Kalk
                                  9
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                  4,20
                                 
                              
                           100 Thle. Düngerasche erhält man von 791 Thln. frischen Düngers, welche 9,1
                              									phosphorsaure Ammoniak-Bittererde enthalten, worin 2,54 Phosphorsäure. Von
                              									den 4,20 Phosphorsäure, welche in der Asche gefunden wurden, gehören, folglich 2,54
                              									der phosphorsauren Ammoniak-Bittererde an; der Rest, nämlich 1,66,
                              									repräsentirt 3,61 phosphorsaure Kalkerde.
                           Der frische Dünger von Grignon war mithin in 1000 Theilen zusammengesetzt aus:
                           
                              
                                 Wasser
                                 694
                                 
                              
                                 organischen Materien
                                 192
                                 
                              
                                 auflöslichen alkalischen Salzen
                                 8,75
                                 
                              
                                 kohlensaurer Kalk- und Bittererde
                                 17,50
                                 
                              
                                 schwefelsaurem Kalk
                                 13,13
                                 
                              
                                 phosphorsaurer Ammoniak-Bittererde
                                 11,50
                                 
                              
                                 phosphorsauren Salzen, hauptsächlich phosphorsaurem Kalk
                                 4,65
                                 
                              
                                 erdigen Substanzen
                                 66,47
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 1000,00
                                 
                              
                           Der Stickstoff beträgt 13,91 und vertheilt sich wie folgt:
                           
                              
                                 Stickstoff der auflöslichen Ammoniaksalze
                                 1,67
                                 
                              
                                 Stickstoff der phosphorsauren Ammoniak-Bittererde
                                 0,64
                                 
                              
                                 Stickstoff der organischen Materie
                                 11,60
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 13,91
                                 
                              
                           Dieser Grignon'sche Dünger war nach vorstehenden Resultaten bei weitem gehaltreicher
                              									als der von Boussingault und Payen als Typus aufgestellte, welcher im feuchten Zustande 0,41 Proc.
                              									Stickstoff und in der That auch 10 Proc. mehr Wasser enthielt als der von mir
                              									analysirte. Es ist aber nicht anders möglich, als daß Dünger verschiedenen Ursprungs
                              									oder in verschiedenen Zustanden ihrer Gährung  auch die verschiedenartigste Zusammensetzung zeigen. Es
                              									ist aber auch zu beachten, daß das von jenen Chemikern befolgte analytische
                              									Verfahren die Stickstoffmenge zu gering ergeben mußte. Ich finde nämlich bei meinen
                              									Versuchen den Stickstoff der Ammoniaksalze im frischen Dünger = 0,231 Proc.; nach
                              									dem Trocknen desselben Gewichts Dünger sinkt das Verhältniß auf 0,16, also auf 3/5
                              									herab. Ich habe gezeigt, daß diese Differenz Folge der Zersetzung der Ammoniaksalze
                              									durch den kohlensauren Kalk ist. Ich kann zwar nicht sagen, wie stark dieser Verlust
                              									bei dem von jenen Chemikern analysirten Dünger war; doch war er immerhin von einer
                              									Bedeutung, wodurch sich das Aequivalent aller andern Düngerarten niedriger stellt.
                              									Wie ich schon oben bemerkte, fand diese Zersetzung der Ammoniaksalze auch bei dem
                              									Staubmist statt; es leuchtet ein, daß sie bei allen gegohrenen Düngern vorkommt.
                              									Daraus folgt, daß die von jenen Chemikern aufgestellte Aequivalententafel in
                              									mehreren Theilen abgeändert werden muß. Ich möchte sie lieber ganz aufgegeben
                              									wissen, oder vielmehr sie nur als ein Verzeichniß der in den Düngerarten enthaltenen
                              									relativen Stickstoffmenge beibehalten sehen. Sie würde dadurch einen großen Theil
                              									der ihr bisher beigelegten Wichtigkeit verlieren, dagegen wäre aber auch nicht mehr
                              									zu befürchten, daß sie zu nachtheiligen Irrthümern Anlaß gäbe. Denn der Stickstoff
                              									ist nur einer von den nützlichen Bestandtheilen des
                              									Düngers, und der Werth eines Düngers wird nicht bloß durch seinen Stickstoffgehalt
                              									bestimmt, sondern auch die Form, in welcher der Stickstoff in ihm enthalten ist,
                              									kann vom größten Einfluß seyn. Derselbe wirkt nicht auf gleiche Weise, wenn er
                              									Bestandtheil einer fäulnißfähigen organischen Materie ist, oder sich im Zustand
                              									eines Salzes befindet; auch können die Ammoniaksalze hinsichtlich ihrer Kraft, ihrer
                              									Nachhaltigkeit und ihrer vortheilhaften Wirkung bei weitem nicht auf gleiche Stufe
                              									miteinander gesetzt werden.
                           Pferdefleisch.
                           Das von mir analysirte Pferdefleisch kam aus der Abdeckerei zu Aubervelliers. Die in
                              									Viertel gehauenen Pferde werden in geschlossenen Gefäßen der Einwirkung des Dampfs
                              									unter einem Druck ausgesetzt, welcher den atmosphärischen übersteigt. Das Fett
                              									scheidet sich hiebei ab, zu gleicher Zeit aber erfährt das Fleisch eine Art
                              									Auswaschung, durch welche ihm der größte Theil seiner Salze entzogen wird.
                           100 Thle. käufliches trockenes Fleisch verloren durch Austrocknen bei 80° R.
                              									10 Procent.
                           
                           Der Stickstoffgehalt wurde mittelst der Varrentrapp-Will'schen Methode bestimmt.
                              									Er betrug in dem bei 80° R. getrockneten Fleische 14,7 Proc.; im käuflichen
                              									Fleische 13,23 Proc. Die vom letztern hinterlassene Asche betrug 5,22 Proc. Diese
                              									Asche enthielt 46 Proc. phosphorsauren Kalk; dieser große Knochensalzgehalt erklärt
                              									sich dadurch, daß die Knochen der kleinen Thiere, der Hunde, Katzen, nach dem Kochen
                              									mit dem Fleische vermengt bleiben.
                           Die Zusammensetzung des käuflichen gekochten Pferdefleisches von Aubervilliers
                              									ist:
                           
                              
                                 Wasser
                                 10
                                 
                              
                                 thierische Materie
                                 84,78
                                 
                              
                                 phosphorsaures Knochensalz
                                  2,40
                                 
                              
                                 erdige Substanz
                                  2,82
                                 
                              
                           Das Perdefleisch ist ein kalter Dünger, weil es sehr wenig alkalische Salze enthält
                              									und Ammoniaksalze ihm durchaus fehlen. Gemeinschaftlich mit Ammoniaksalzen oder
                              									Staubmist angewandt, würde es wirksamer seyn.
                           Pferdeblut.
                           Das von mir analysirte Pferdeblut war aus der Abdeckerei zu Aubervilliers. Das in
                              									Kufen aufgefangene Blut wird daselbst mittelst eines Dampfstroms zum Gerinnen
                              									gebracht und dann an der Luft getrocknet.
                           Es verlor durch das Austrocknen bei 80° R. 17 Proc. Wasser. Der in Form von
                              									Platinsalmiak bestimmte Stickstoff betrug bei dem ausgetrockneten Blute 18 Proc.,
                              									beim käuflichen 15 Proc.
                           100 Thle. ausgetrocknetes Blut hinterließen 6 Asche. Dieß beträgt 5 Asche für das
                              									käufliche Blut. Diese Asche enthält alle Salze des Bluts mit anorganischen Säuren;
                              									von Phosphorsäure enthielt sie 3 Proc., was 6,6 Knochensalz entspricht.
                           100 Thle. käuflichen Blutes enthalten:
                           
                              
                                 Wasser
                                 17
                                 
                              
                                 thierische Materie
                                 78
                                 
                              
                                 phosphorsauren Kalk (Knochensalz)
                                 0,33
                                 
                              
                                 verschiedene Salze und erdige Substanzen
                                 4,67
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                           Torf.
                           Wenn die Zersetzung des Holzstoffs unter dem Wasser unter Umständen stattfindet,
                              									welche der Luft keinen freien Zutritt gestatten, so enthält der veränderte Rückstand
                              									einen Ueberschuß von Wasserstoff und bildet Liebig's weißes
                                 										vermodertes Holz, dessen Formel C33
                              									H27
                              									O24 ist. Den Torf,
                              									welcher sich auf dem Grund der Sümpfe bildet, hält man für das Product einer solchen
                              									Veränderung; bei der Analyse eines solchen fand Regnault
                              									einen Ueberschuß von Wasserstoff.
                           Man weiß, daß das Wasser ohne Wirkung auf den Torf ist, daß die Alkalien einen großen
                              									Theil desselben auflösen, wobei sie braun gefärbt werden, und daß die Säuren, mit
                              									Ausnahme der Essigsäure, diese Auflösung fällen und der Niederschlag alle
                              									Eigenschaften des aus der Dammerde ausgezogenen Humus besitzt; auch ist bekannt, daß
                              									der Torf, welchen sein saurer Zustand unfruchtbar macht, befruchtende Eigenschaften
                              									erlangt, wenn er der Luft ausgesetzt oder mit alkalischen Substanzen (Kali und Kalk)
                              									vermengt wird, oder wenn man ihn die aus dem Miste entweichenden ammoniakalischen
                              									Dünste absorbiren ließ. Diese Beobachtungen stellen eine Aehnlichkeit des Torfs mit
                              									dem Humus heraus und scheinen mit der ihm zugeschriebenen Zusammensetzung im
                              									Widerspruch zu stehen.
                           Ich stellte einige Versuche mit Torf von Mennecy, in der Umgebung von Corbeil, an;
                              									derselbe war sauer. Einhoff schreibt die saure Reaction
                              									des Torfs dem Umstand zu, daß er Essigsäure und Phosphorsäure enthält. Sprengel schreibt die saure Reaction dem Torf selbst zu.
                              									Sicher ist, daß ich ihm durch noch so lange fortgesetztes Auswaschen die Eigenschaft
                              									das Lackmuspapier zu röthen, nicht benehmen konnte.
                           Wenn man den Torf der Luft aussetzt, wirkt er kaum auf dieselbe. Ich ließ frischen
                              									Torf unter einer Glocke über Quecksilber vom 16. August bis zum 20. October in
                              									Berührung mit Luft, ohne daß das Volum dieser letztern sich merklich veränderte und
                              									Kohlensäure sich bildete.
                           Wenn man Torf mit Wasser behandelt, wird dieses nicht gefärbt; nimmt man statt des
                              									Wassers Ammoniak, so färbt sich dasselbe hellbraun. In Berührung mit der Luft wird
                              									die Flüssigkeit immer gehaltreicher und dunkler. Ich befeuchtete frischen Torf mit
                              									Ammoniak und brachte ihn in einer Glocke über Quecksilber. Die Anziehung des
                              									Sauerstoffs erfolgte sehr rasch, später langsamer; nach zwei Monaten war noch etwas
                              									Sauerstoff übrig geblieben. Uebrigens ersieht man  hieraus, daß der Torf sich
                              									gegen Wasser, Luft, Säuren und Alkalien wie die Dammerde verhält.
                           Das Wasser färbt sich in Berührung mit Torf nicht; Ammoniak gibt eine wenig gefärbte
                              									Flüssigkeit; erschöpft man dann den Torf durch Waschen von den auflöslich gewordenen
                              									Substanzen und läßt neuerdings Luft und Ammoniak auf ihn einwirken, so erhält man
                              									wieder gefärbte Flüssigkeiten. Wenn man den Torf zuerst mit Salzsäure und dann mit
                              									Ammoniak behandelt, so erhält man sogleich und ohne daß Berührung mit der Luft
                              									erforderlich wäre, eine sehr dunkle Flüssigkeit, welche von Säuren reichlich gefällt
                              									wird.
                           Hienach enthält der Torf sowie die Dammerde wenig freien Humus; die Salzsäure macht
                              									die viel größere Menge des Humus, welcher an Kalk gebunden darin enthalten ist,
                              									frei. Der Rückstand enthält eine Substanz, welche in Berührung mit Luft und Alkalien
                              									sich verändern kann. Uebrigens hat der aus dem Torf ausgezogene und durch Alkalien
                              									gefällte Humus dieselben Eigenschaften wie der Humus der Dammerde.
                           Ich fand daß der Torf ebenso conservirend wirkt wie die Dammerde. Ich nahm einerseits
                              									100 Gramme getrockneten Pferdefleisches, welche ich befeuchtete und sich selbst
                              									überließ. Es stellten sich alle Erscheinungen der stärksten Fäulniß ein. Ich nahm
                              									dann ebenso viel Fleisch, welches ich befeuchtete und mit seinem sechsfachen
                              									Gewichte frischen Torfs vermengte; die Zersetzung desselben ging langsam vor sich;
                              									die thierische Materie wurde langsam zerstört und bildete mit dem Torf eine
                              									Verbindung, welche den übeln Geruch des gefaulten Fleisches nicht besaß, vielmehr
                              									war der Geruch demjenigen des gährenden Düngers ähnlich.
                           Regnault fand in einem Torf 57 bis 58 Kohlenstoff, 5,6 bis
                              									6,1 Wasserstoff, 30 bis 32 Sauerstoff. Ich erhielt mit dem Torf von Mennecy 54,6
                              									Kohlenstoff und 49 Wasser, d. h. einen Ueberschuß von Wasserstoff. Ich analysirte
                              									denselben Torf nach seiner Erschöpfung mit kochendem Alkohol und mit Aether; er
                              									lieferte mir:
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                 53,5
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 5,4
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 2,4
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 38,7
                                 
                              
                           Es war sonach ein kleiner Ueberschuß von Wasserstoff im Verhältniß zum Sauerstoff
                              									vorhanden.
                           
                           Ein Theil aus diesem Torf mittelst Ammoniak ausgezogenen Humus wurde durch Alkohol
                              									und Aether erschöpft und bei 80° R. getrocknet.
                           Er lieferte 10 Asche und 90 Thle. organischer Materie. Letztere gab bei der
                              									Analyse:
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                 54,00
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 4,64
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 2,40
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 38,96
                                 
                              
                           Bei veränderter Darstellungsweise des Humus aus dem Torf fand ich indessen ebenso
                              									große Unterschiede in seiner Zusammensetzung, wie bei demjenigen der Dammerde.
                           Ist wohl dieser Humus von ganz gleicher Natur mit demjenigen der Dammerde? Ich konnte
                              									keinen Unterschied wahrnehmen. Wenigstens kann ich versichern, daß er die Vegetation
                              									ebenso begünstigt.
                           Ich säete Bohnen in künstliche Erde, der es ganz an organischer Materie fehlte, der
                              									ich aber schwefelsauren und etwas phosphorsauren Kalk zugesetzt hatte. Diese Erde
                              									theilte ich in zwei Portionen ab und säete in jede derselben Bohnen. Nachdem sich
                              									einmal Blätter entwickelt hatten, begoß ich sie täglich, die eine mit einer
                              									Auflösung von humussaurem Ammoniak, die andere mit einer Auflösung von humussaurem
                              									Kalk aus dem Torf. Beide vegetirten sehr gut; die mit humussaurem Kalk begossene
                              									eher noch besser.
                           Wenn es wahr ist, daß der Torf weißes vermodertes Holz mit Ueberschuß von Wasserstoff enthält, so muß
                              									dasselbe gemäß seinem Verhalten gegen Wasser und Alkalien sich bald modificiren und
                              									in den Zustand der kohligen Dammerde übergeführt werden. Wenn man die Dienste
                              									berücksichtigt, welche der im Boden verbreitete Humus der Vegetation leistet, so muß
                              									man bedauern daß der in manchen Gegenden so reichlich vorkommende Torf nicht
                              									häufiger als Zusatz zu andern Düngern gebraucht wird. Durch Luft und Alkalien
                              									gehörig modificirt, würde er sicherlich der Landwirthschaft wichtige Dienste
                              									leisten.
                           Nach einigen Chemikern enthält die Torfasche niemals phosphorsaure Salze, was dem
                              									Umstand zugeschrieben wird, daß der Torf das Product einer sauren Fäulniß ist,
                              									inmitten von Wasser, welches alle auflöslichen phosphorsauren Salze mitnimmt.
                              									Indessen hat Berzelius phosphorsaure Salze in einem Torf
                              									gefunden, und ich habe ihr Vorkommen in dem Torf von Mennecy, freilich nur in
                              									kleiner Menge, nachgewiesen.
                           
                           Folgerungen aus den in dieser Abhandlung
                                 										mitgetheilten Thatsachen und Versuchen.
                           1. Das Holzgewebe, welches sich in Berührung mit feuchter Luft zersetzt, verwandelt
                              									sich in Humus und bildet zugleich Kohlensäure, welche von den Wurzeln der Pflanzen
                              									absorbirt werden kann.
                           2. Der Kohlenstoff beträgt im Humus der Dammerde und des Düngers niemals über 56 bis
                              									57 Proc. Es ist dieß die äußerste Gränze, welche die Zersetzung des Holzstoffs bei
                              									Berührung mit Luft und Feuchtigkeit erreichen kann.
                           3. Der reine Humus enthält 2½ Procent Stickstoff, welche ein wesentlicher
                              									Bestandtheil desselben zu seyn scheinen.
                           4. In Berührung mit Luft verändert sich der Humus kaum.
                           5. Der an und für sich in Wasser kaum lösliche Humus wird in Verbindung mit Kalk
                              									auflöslich; das Hauptagens seiner Auflösung ist aber das kohlensaure Ammoniak,
                              									welches sowohl den freien Humus, als den mit Kalk verbundenen in gleichem Grade
                              									auflöst.
                           6. Der auflöslich gemachte Humus wird von den Wurzeln der
                                 										Pflanzen aufgesaugt. Er dient unmittelbar zum
                                 										Ernähren der Pflanze.
                           7. Der Humus hat ferner eine günstige Wirkung auf die Vegetation, indem er die
                              									Feuchtigkeit der Luft und das Ammoniak anzieht und zurückhält, ferner die Auflösung
                              									des phosphorsauren Kalks erleichtert, die physischen Eigenschaften des Bodens
                              									verbessert und die Zersetzung der fäulnißfähigen thierischen Materie mäßigt und
                              									regulirt.
                           8. Der in Berührung mit Luft, Kalk und alkalischen Substanzen veränderte Torf besitzt
                              									alle Merkmale und Eigenschaften der Dammerde. Mit salzartigen Körpern, salzsauren,
                              									schwefelsauren und phosphorsauren Alkali- und Erdsalzen an welchen es ihm
                              									gewöhnlich gebricht, vorher vermengt, kann er die Vegetation außerordentlich
                              									begünstigen.
                           9. Der beste Dünger ist derjenige, welcher zugleich erdige und alkalische Salze,
                              									Ammoniaksalze, fäulnißfähige thierische Substanz, ausgebildeten Humus, und in
                              									Umwandlung begriffene Pflanzenüberreste enthält.
                           10. Bei Beurtheilung eines Düngers darf man nicht bloß die Stickstoffmenge, welche er
                              									bei der Analyse liefert, in Betracht ziehen, sondern  muß auch den Zustand
                              									berücksichtigen, in welchem sich dieser Stickstoff im Dünger befindet, nämlich ob in
                              									Form eines Ammoniaksalzes oder fäulnißfähiger thierischer Materie, als ein
                              									auflösliches Ammoniaksalz oder als phosphorsaure Ammoniak-Bittererde.
                           11. Die bisherigen Analysen der gegohrenen Dünger sind mangelhaft, weil man den
                              									Verlust nicht berücksichtigte, welcher durch die Einwirkung des kohlensauren Kalks
                              									auf die Ammoniaksalze während der Austrocknung des Düngers entsteht; daraus folgt,
                              									daß alle Tabellen über den Stickstoffgehalt der Düngerarten nur annäherungsweise
                              									richtig sind.
                           12. Man kann den relativen Werth der Düngerarten nicht nach der Stickstoffmenge,
                              									welche sie bei der Analyse gaben, beurtheilen, weil einerseits die
                              									stickstoffhaltigen Materien nicht die einzigen wirksamen Bestandtheile der Dünger
                              									sind, und andererseits auch der Werth der Düngerarten sehr von dem Zustand abhängt,
                              									in welchem der Stickstoff in jenen Substanzen enthalten ist; folglich ist es auch
                              									nicht möglich, eine Aequivalenttafel für die Düngerarten aufzustellen.
                           13. Schließlich muß ich noch die merkwürdige Beobachtung Mulder's anreihen, welcher nachgewiesen hat, daß der Humus den Stickstoff
                              									der atmosphärischen Luft condensirt und in Ammoniak verwandelt.