| Titel: | Beschreibung einer neuen Anordnung für Spiegelteleskope, durch welche dem Beobachter große Bequemlichkeit zugeht; von James Nasmyth. | 
| Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. VII., S. 27 | 
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                        VII.
                        Beschreibung einer neuen Anordnung für
                           								Spiegelteleskope, durch welche dem Beobachter große Bequemlichkeit zugeht; von James Nasmyth.
                        Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Oct.
                              									1850, S. 328.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Nasmyth's Spiegelteleskop.
                        
                     
                        
                           Um die Beschreibung der neuen Anordnung denjenigen Lesern deutlicher zu machen,
                              									welche mit der Behandlung großer Spiegelteleskope nicht vertraut sind, schicken wir
                              									eine Erklärung der bisher angewendeten Teleskop-Systeme voraus.
                           Fig. 44 stellt
                              									das Newton'sche System dar, welches gewöhnlich für die
                              									größten und wichtigsten Instrumente angewandt wird. Aus dieser Skizze ist zu sehen,
                              									daß dem Beobachter das Object dann sichtbar wird, wenn er sein Auge an die Seite der
                              									Röhre, und zwar an dem von dem Spiegel S entferntesten
                              									Ende G bringt. Das Bild des Objectes kann nämlich
                              									deßhalb in dieser Richtung gesehen werden, weil in der Fernröhre selbst ein kleiner
                              									diagonal liegender Planspiegel D angebracht ist. Bei den
                              									Teleskopen dieser Construction befindet sich das Auge des Beobachters mehr an der
                              									Mündung der Fernröhre, wie dieß in Fig. 49 durch den auf
                              									einer Staffelei stehenden Mann angedeutet ist.
                           Deßhalb ist es nothwendig, daß der Beobachter seine Stellung beständig ändert, wenn
                              									er mit dem Teleskope der Bewegung desjenigen Sternes oder astronomischen Objectes,
                              									welches er zu betrachten beabsichtigt, folgen will. Bei Teleskopen von mittelmäßiger
                              									Größe mag dieß gerade nicht sehr unbequem seyn; wendet man aber sehr große und
                              									mächtige Instrumente dieser Art an, so findet man daß die Schwierigkeit, dem Oculare
                              									derselben zu folgen, während man ihre Lage ändert, um entweder ein und dasselbe
                              									Object festzuhalten, oder um das Instrument auf einen andern Stern einzustellen,
                              									sehr bedeutend ist; obgleich nun viele sehr gute Anordnungen vorgeschlagen wurden,
                              									um diese Schwierigkeit zu heben, so bestehen dennoch bei allen bisherigen
                              									Instrumenten so viele Uebelstände und Unbequemlichkeiten für den Beobachter, daß die
                              									Aufmerksamkeit des letztern in nicht geringem Grade in Anspruch genommen, und
                              									zwischen der Sorge um eigene Sicherheit und Bequemlichkeit und der wirklichen
                              									Beobachtung des Objectes getheilt wird.
                           
                           Obgleich diese Uebelstände durch die in Fig. 45 abgebildete Gregorian'sche Anordnung, und die in Fig. 46 versinnlichte Cassegrain'sche Construction zum Theil verringert sind,
                              									bei welchen beiden, wie aus Fig. 50 zu sehen ist, der
                              									Beobachter das Object vom untern Ende der Röhre aus sieht, und obgleich der
                              									Beobachter nicht so oft hohe Leitern zu ersteigen hat, und deßhalb außer Furcht für
                              									seinen Körper seyn kann, was bei Fig. 49 nicht der Fall
                              									ist, so ist doch die beständige Aenderung seiner Stellung und die häusig durch
                              									Bücken, Knieen etc. ungeschickte Lage des Körpers ein Grund, daß derselbe nicht
                              									diejenige Ruhe und Bequemlichkeit hat, welche für genaue Beobachtungen nothwendig
                              									ist, und welche die Betrachtung der am Himmel ausgestreuten Wunder angenehmer
                              									macht.
                           Die vielseitigen Erfahrungen, welche Hr. Nasmyth beim
                              									Gebrauch großer Teleskope machte, veranlaßten ihn eine Anordnung auszudenken, durch
                              									welche die genannten Uebelstände gänzlich beseitigt werden sollten.
                           Der optische Theil seiner Anordnung wird aus dem Durchschnitt Fig. 47 deutlich; durch
                              									die Vereinigung des Cassegrain'schen und Newton'schen Systems, indem der Strahlenkegel durch den
                              									kleinen Convexspiegel C rückwärts reflectirt, und dann
                              									von dem kleinen diagonalen Planspiegel D aufgefangen
                              									wird, werden die Strahlen welche das Bild des Objectes geben, seitwärts durch den
                              									Schildzapfen G hindurch abgelenkt, in welch letzterm
                              									sich das Ocular befindet, durch welches in der That der Beobachter das Object
                              									sieht.
                           Dadurch daß man einen ähnlichen Zapfen T an der
                              									entgegengesetzten Seite der Röhre anbringt, und diese beiden Zapfen als Achse
                              									benützt, um welche das Instrument seine verticale Drehung macht, wird das Ocular G in die Mitte der Bewegung gebracht, so daß, wie groß
                              									auch die verticale Bewegung der Fernröhre seyn mag, das Auge des Beobachters seine
                              									Lage durchaus nicht zu verändern nöthig hat. Die Stellung des Auges in der Achse der
                              									Drehungszapfen bleibt für alle Höhenrichtungen des Instrumentes dieselbe, da es sich
                              									wirklich in der Mitte der Bewegung, d. h. da befindet wo die Bewegung Null ist.
                           Da aber das Teleskop sich auch horizontal bewegen muß, um einem Objecte im Azimuth
                              									folgen zu können, so ist noch zu wünschen, daß der Beobachter auch in dieser
                              									Beziehung seine Lage nicht zu verändern habe. Damit nun derselbe behaglich vor dem
                              									Ocular sitzen bleiben kann, während das Teleskop vertical oder horizontal bewegt  wird, so ist nichts
                              									weiter zu thun nöthig, als das ganze Instrument auf eine Drehscheibe zu stellen, auf
                              									welcher zugleich ein bequemer Sitz für den Beobachter angebracht ist. Auf welchen
                              									Punkt das Instrument nur immer eingestellt werden mag, so braucht bei der neuen
                              									Anordnung der Beobachter sich auf seinem bequemen Sitze nicht zu rühren. Da
                              									allgemein bekannt ist, wie leicht sehr schwere Maschinen, wie Eisenbahnwagen und
                              									Locomotiven, auf gehörig construirten Drehscheiben umgewendet werden können, und wie
                              									leicht eine schwer belastete Waage, die ins Gleichgewicht gestellt ist, in
                              									schwingende Bewegung versetzt werden kann, so wird man sich vorstellen können, daß
                              									der Beobachter ein Instrument, wie dasjenige von Nasmyth,
                              									ohne die geringste Anstrengung zu dirigiren und zu richten im Stande ist. Durch
                              									Handgriffe, welche dicht neben dem Sitze angebracht sind, hat man das Instrument
                              									ganz in seiner Gewalt, und kann dasselbe mit der größten Leichtigkeit auf jeden
                              									beliebigen Punkt hin richten.
                           Das Nasmyth'sche Teleskop, welches in Fig. 48 dargestellt ist,
                              									wiegt etwas über zwei Tonnen, kann mit der Fingerspitze in jeder Richtung bewegt, in
                              									einem Augenblicke umgedreht, und durch eine leichte Bewegung beliebig steil gestellt
                              									werden, so daß der Beobachter im Stande ist sein Object Stunden lang im Auge zu
                              									behalten.
                           Die Bewegung ist so vollkommen ruhig, daß auch nicht das geringste Zittern bemerkbar
                              									ist, selbst wenn man mit einer 450maligen Vergrößerung beobachtet.
                           Gegen die optische Anordnung, durch welche Nasmyth sein
                              									Ocular in die horizontale Achse der Fernröhre brachte, möchte ein Einwurf zu machen
                              									seyn, da bei derselben eine dritte reflectirende Oberfläche, nämlich der kleine
                              									diagonale Planspiegel D, Fig. 47, nothwendig ist,
                              									durch welchen es möglich gemacht wird, das Object durch die hohle Achse G, Fig. 47, oder B, Fig. 48, zu sehen. Ohne
                              									Zweifel geht ein Theil des Lichtes durch diesen dritten Reflector verloren; da man
                              									hingegen so außerordentlich an Bequemlichkeit und Leichtigkeit der Behandlung
                              									gewinnt, so werden die meisten Beobachter diesen Verlust gerne hinnehmen. Bei den
                              									Vortheilen des neuen Instrumentes und bei der Ruhe des Beobachters, eine Folge
                              									seiner vollkommenen körperlichen Sicherheit, werden ohne Zweifel die Beobachtungen
                              									häufiger und sorgfältiger angestellt werden, so daß die Wissenschaft sicherlich
                              									gewinnt.
                           Der Hauptzweck, welchen Nasmyth bei der Construction
                              									seines Teleskops im Auge hatte, war nicht sowohl die Beobachtung von weniger  dichten Objecten, wie
                              									Nebelsterne etc., sondern bestand hauptsächlich darin, eine Reihe von Beobachtungen
                              									fortzusetzen, mit welchen er sich schon mehrere Jahre beschäftigte, und die auf die
                              									Structur der Mondoberfläche Bezug haben. Die nach der Natur von Nasmyth gezeichneten Mondkarten geben den Beweis, daß die
                              									optische Wirkung seines Instrumentes der Bequemlichkeit, mit welcher dieser Koloß
                              									sich regieren läßt, nicht nachsteht.
                           Fig. 48 ist
                              									eine perspectivische Ansicht des Nasmyth'schen bequemen
                              									Teleskops. C ist eine gußeiserne Drehscheibe, welche,
                              									wenn sie gedreht wird, das ganze Instrument nebst dem Beobachter mitnimmt, welcher,
                              									in einem bequemen Sessel sitzend, vollkommene Controle über Elevation und
                              									Azimuthalbewegung seines Instrumentes hat. Die erste dieser Bewegungen wird durch
                              									eine endlose Schraube und das Rad F hervorgebracht; die
                              									zweite durch eine ähnliche Schraube, deren Bewegung durch die Getriebachse E der Drehscheibe mitgetheilt wird. Das Ocular ist bei
                              										G auf der für den Beobachter passendsten Höhe
                              									angebracht. Bei der Leichtigkeit, mit welcher das Instrument bewegt werden kann, hat
                              									Hr. Nasmyth sein Instrument schon oft innerhalb zwei
                              									Minuten auf neun verschiedene Objecte, welche verschiedene Stellungen am Himmel
                              									einnahmen, gerichtet.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
