| Titel: | Ueber neue Verfahrungsweisen und Mittel zum Conserviren thierischer und pflanzlicher Substanzen; von Ed. Robin. | 
| Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. XLV., S. 219 | 
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                        XLV.
                        Ueber neue Verfahrungsweisen und Mittel zum
                           								Conserviren thierischer und pflanzlicher Substanzen; von Ed. Robin.
                        Aus den Comptes rendus, Nov. 1850, Nr.
                              								21.
                        Robin, über das Conserviren thierischer und pflanzlicher
                           								Substanzen.
                        
                     
                        
                           Durch eine große Reihe von Versuchen überzeugte sich Hr. Robin, daß die künstlich erzeugten flüchtigen Körper, welche entweder
                              									ausschließlich oder doch wesentlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen, eine
                              									eigene Classe von Agentien bilden, welche, indem sie die Wirkung des feuchten
                              									Sauerstoffs Paralysiren, die thierischen Substanzen trotz der Gegenwart dieses Gases
                              									conserviren. Hierher gehören der Schwefeläther, das Chloroform, das Steinöl, das
                              									rohe und rectificirte 
                              									Steinkohlenöl, das Schieferöl, der Essigäther, das Benzin, Naphthalin, Holzgeistöl,
                              									Kautschuköl, Kartoffelöl, Bittermandelöl und der Iodwasserstoffäther.
                           Thierische Substanzen, welche in diese Flüssigkeiten getaucht sind, erleiden darin
                              									keine Veränderung durch Fäulniß. Auch der Dunst dieser Flüssigkeiten schützt sehr
                              									gegen Fäulniß. Stücke Fleisch, welche man in verschlossene Gefäße bringt, auf deren
                              									Boden man einen mit conservirender Substanz getränkten Schwamm legt, behalten das
                              									Blut, welches sie in frischem Zustand enthielten, in sich, und zeigen keine Spur von
                              									Fäulniß. Der Verfasser conservirt so in Gläsern mit eingeriebenen Stöpseln seit acht
                              									Monaten mittelst der Dünste, welche sich aus den mit Schwefeläther, Chloroform,
                              									rohem und rectificirtem Steinkohlenöl getränkten Schwämmen entwickeln, Stücke
                              									Fleisch von ½ und 1 Pfd., welche sich vollkommen gut erhielten. In Wasser,
                              									welches mit dem Dampfe dieser Kohlenwasserstoffverbindungen geschwängert ist,
                              									scheint sich das Fleisch ebenfalls unbestimmte Zeit lang zu conserviren.
                           Hr. Robin hat nun, von der Aehnlichkeit der chemischen
                              									Zusammensetzung geleitet, aus welcher er auf ähnliche Eigenschaften schließen zu
                              									können glaubte, eine zweite Reihe von Körpern entdeckt, weiche die fäulnißwidrige
                              									Kraft in hohem Grade besitzen. Dieß sind die binären Verbindungen von Kohlenstoff
                              									und einem andern Metalloid als dem Wasserstoff. Er hat durch Versuche nachgewiesen,
                              									daß der Schwefelkohlenstoff, der Chlorkohlenstoff, Kohlenstickstoff, die sogenannte
                              									holländische Flüssigkeit und die Blausäure, ebenso die organischen Materien sehr gut
                              									conserviren. Die in verschlossenen Gefäßen bei gewöhnlicher Temperatur entwickelten
                              									Dünste dieser Körper vermögen darin eingeschlossene thierische Substanzen
                              									unbegränzte Zeit lang zu conserviren. Um so mehr ist dieß der Fall, wenn die
                              									thierischen Substanzen in jene Flüssigkeiten selbst getaucht werden.
                           Eine zu conservirende organische Substanz soll aber nicht nur der Fäulniß vollkommen
                              									widerstehen und ihre Gestalt, ihr Volum und ihre Consistenz beibehalten, sondern
                              									soviel wie möglich auch ihre Farbe. In dieser Beziehung übertreffen das Chloroform,
                              									der Chlorkohlenstoff und das rectificirte Steinkohlenöl wohl bei weitem alle bisher
                              									angewandten Mittel, kommen aber der Cyanwasserstoffsäure
                              									(Blausäure) lange nicht gleich.
                           Von dem Augenblick an, wo der von dieser Säure bei gewöhnlicher Temperatur
                              									entwickelte Dunst die in einem verschlossenen Gefäße enthaltene Luft sättigt, ist
                              									jede Veränderung der zu conservirenden Artikel  unmöglich gemacht; die thierische Substanz verbleibt in
                              									dem Zustand, in welchem sie der Dunst angetroffen, es findet keine Veränderung,
                              									weder in ihrer Farbe, noch in einer ihrer physischen Eigenschaften mehr statt.
                           Kleine Stücke Muskelfleisch, welche seit acht Monaten in Flaschen mit eingeriebenen
                              									Stöpseln aufgehängt sind, auf deren Boden sich ein mit Cyanwasserstoffsäure zu einem
                              									Siebentel getränkter Schwamm, oder die flüssige Säure selbst befindet, zeigen noch
                              									die ganze Frische und alle äußern Eigenschaften, welche sie beim Beginn des
                              									Versuches besaßen.
                           Dennoch fand Hr. Robin hinsichtlich der vereinigten
                              									Eigenschaften eines mäßigen Preises, starker gährungverhindernde Kraft, der
                              									Raschheit der Operation und der Conservirung der physischen Eigenschaften, unter
                              									allen Kohlenwasserstoffarten und den ihnen analogen flüssigen Verbindungen von
                              									Kohlenstoff mit einem andern Metalloid als dem Wasserstoff, keine Substanz, welche
                              									die Vorzüge des Steinkohlenöls in gleich hohem Grade
                              									darbietet.
                           Der aus einem Schwamm, welcher mit dem rohen oder rectificirten Steinkohlenöl
                              									getränkt ist, sich verflüchtigende Dunst conservirt die in einem wohlverstopften
                              									Gefäße befindlichen Fleischstücke in ihrer Gestalt, ihrem Volum, ihrer Biegsamkeit,
                              									und mit hübscher, rothbrauner Farbe. Es fließt keine Flüssigkeit aus denselben aus
                              									und man kann sie nach Belieben aus dem Gefäße nehmen, untersuchen und seciren.
                           Thierische Substanzen, welche durch hinlänglichen Aufenthalt unter Steinkohlenöl oder
                              									in dem Dunste desselben genügend davon durchdrungen wurden, sind für alle Zukunft
                              									vor der Fäulniß an freier Luft geschützt. Aus der Flüssigkeit oder dem Dunste
                              									genommen, trocknen sie aus und werden an freier Luft nach und nach hart wie Holz; in
                              									verschlossenen Gefäßen hingegen, in welchen keine Verdunstung des Wassers
                              									stattfinden kann, behalten sie ihr Volum und ihre Consistenz bei.
                           Gut rectificirtes Steinkohlenöl hat vor dem rohen den Vorzug, die Farbe nicht so zu
                              									verändern und dem Fleisch ein auffallendes Aussehen von Frische zu erhalten. Da es
                              									übrigens nicht sehr theuer ist, kann es überall in Anwendung kommen, wo es sich
                              									darum handelt, daß die Farbe der Gegenstände möglichst erhalten bleiben soll.
                           Die Präparirung kann nöthigenfalls sehr beschleunigt werden, indem man die
                              									Verdunstung der Flüssigkeit durch Wärme unterstützt; man erhält so einen dichteren
                              									und durchdringenderen Dampf.
                           
                           Hr. Robin glaubt, daß das rohe oder rectificirte
                              									Steinkohlenöl mit Vortheil zum Einbalsamiren der Leichname und zu ihrer Conservirung
                              									behufs der Section, zum Aufbewahren anatomischer Präparate, zum Gerben des Leders
                              									und zur Bereitung des Juchtenleders, zur Vertilgung der Insecten welche
                              									naturhistorische Sammlungen, Holz, Getreide und verschiedene Samenkörner angreifen,
                              									ferner zum Conserviren des Holzes, und endlich des Getreides, überhaupt aller Samen,
                              									angewandt werden könnte.