| Titel: | Untersuchung einer Melasse von Runkelrübenzucker in Bezug auf Futterwerth; von Dr. Fr. Krocker. | 
| Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. XXXIII., S. 146 | 
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                        XXXIII.
                        Untersuchung einer Melasse von Runkelrübenzucker
                           								in Bezug auf Futterwerth; von Dr. Fr. Krocker.
                        Aus dem Journal für praktische Chemie, 1851 Nr.
                              									5.
                        Krocker, Untersuchung einer Melasse von Runkelrübenzucker in Bezug
                           								auf Futterwerth.
                        
                     
                        
                           Wenn überhaupt die Kenntniß der Bestandtheile eines jeden Futtermittels in der
                              									Landwirthschaft wünschenswerth ist, so wird sie namentlich bei Futterungsversuchen
                              									ein Bedürfniß und hierbei zur Nothwendigkeit, wenn gewisse Nebenproducte technischer
                              									Gewerbe als Futtermittel verwerthet werden sollen, da ja nach Betrieb und Material
                              									sich die Zusammensetzung erheblich ändern kann. Es ist deßhalb auch wohl
                              									unzweifelhaft, daß z. B. Preßrückstände von Runkelrüben, Melasse, Branntweinschlämpe
                              									etc. von verschiedenen Orten leicht einen verschiedenen Werth als Futtermittel
                              									zeigen können. Es sind hierbei nicht nur die Mengen der stickstofffreien und
                              									stickstoffhaltigen Bestandtheile, sondern auch die Art derselben und bei
                              									Futtermitteln, wie Melasse, gewiß ebenfalls die mineralischen Bestandtheile zu
                              									berücksichtigen, um so mehr, als unabweisbare Thatsachen lehren, daß eine gewisse
                              									Menge von Salzen auf den Nahrungseffect eines Futtermittels erheblichen Einfluß
                              									haben kann.
                           Bei den hier in Proskau von Hrn. Administrator Settegast
                              									geleiteten Futterungsversuchen, welche mit drei Hammeln angestellt wurden, ergab
                              									sich, daß diese Thiere sich in gleichem Körpergewicht und normalem
                              									Gesundheitszustand erhielten, wenn täglich statt 2 Pfd. Heu per Stück nur 1 Pfd. Heu mit Zusatz von etwa ⅓ Pfd. einer Melasse
                              									(genau 9⅓ Loth oder 3 Pfd. Heu = 28 Loth Melasse), welche die
                              									Rübenzuckerfabrik in Brieg lieferte, verabreicht wurde. Die Thiere erhielten sich
                              									ebenso in demselben Gesundheitszustande und gleichem Gewicht, wenn per Stück nur ½ Pfd. Heu und 14 Loth Melasse
                              									verfüttert wurden.Näheres hierüber: Jahrbuch des landwirthschaftlichen Vereins zu Oppeln.
                                    											1851. Der Preis stellt sich so vortheilhaft, daß mit Anwendung
                              									dieses Futtermittels bei Schafen im Großen bereits vorgegangen ist.
                           Die chemische Untersuchung dieser als Futtermittel hier verwendeten Melasse war
                              									hiernach überhaupt wünschenswerth und eine Wiederholung der näheren Bestimmung
                              									gewisser Bestandtheile dürfte überdieß nothwendig  erscheinen, als im Laufe der
                              									Zeit die Bestimmungsmethoden für verschiedene in derselben enthaltene Substanzen
                              									bedeutend vervollkommnet wurden.
                           Die Melasse löste sich unter Zurücklassung einer sehr geringen Menge Kieselerde,
                              									Staub etc. klar in Wasser auf, zeigte eine deutliche alkalische Reaction und
                              									enthielt nach qualitativer Prüfung an mineralischen Substanzen: Kalk, Magnesia,
                              									Eisen, Natron, Kali, Ammoniak, Salpetersäure, Schwefelsäure, Chlor, Kieselerde,
                              									Phosphorsäure. Unter den organischen Substanzen wurde besonders der Zuckergehalt
                              									einer näheren Prüfung unterworfen; es fand sich nur Rohrzucker, neben durch die
                              									alkalische Reaction veranlaßten Zersetzungsproducten organischer Verbindungen,
                              									ferner stickstoffhaltige organische Substanzen.
                           A. Quantitative
                                 										Bestimmung der mineralischen Substanzen.
                           1. Der Wassergehalt der Melasse betrug nach mehrtägigem Trocknen bei 110° C.
                              									14,00 Proc.
                           2. 20 Gram. Melasse wurden verkohlt und die Kohle mit Platinschwamm verbrannt. Es
                              									wurden erhalten 2,345 Gram. Asche oder:
                           
                              
                                 
                                 11,725
                                 Proc. ohne Abzug der Kohlensäure,
                                 
                              
                                 oder:
                                 8,630
                                 Proc. nach Abzug der Kohlensäure.
                                 
                              
                           Hiervon waren in Wasser
                           
                              
                                 löslich
                                 2,062
                                 Gram.
                                 =
                                 87,91
                                 Proc. der Asche,
                                 
                              
                                 unlöslich
                                 0,283
                                 Gram.
                                 =
                                 12,09
                                 Proc. der Asche.
                                 
                              
                           Von 100 Theilen der Asche bestand:
                           
                              
                                 der im Wasser lösliche Theil
                                    											aus:
                                 der im Wasser unlösliche Theil
                                    											aus:
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 12,92
                                 Kali
                                 1,70
                                 
                              
                                 Natron
                                 2,34
                                 Natron
                                 0,17
                                 
                              
                                 Kali
                                 47,88
                                 kohlensaure Kalkerde
                                 9,08
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 1,53
                                 Kalkerde, Eisenoxyd und Magnesia mit Phosphorsäure verbunden
                                 0,63
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 0,85
                                 Phosphorsäure
                                 0,29
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 22,39
                                 Kieselerde
                                 0,22
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 87,91
                                 
                                 12,09
                                 
                              
                           
                           Einzelne Bestandtheile der Gesammtasche in 100 Theilen:
                           
                              
                                 
                                 ohne Abzug der Kohlensäure:
                                 nach Abzug der Kohlensäure:
                                 
                              
                                 Chlornatrium
                                 12,92
                                 17,55
                                 
                              
                                 Natron
                                 2,51
                                 3,42
                                 
                              
                                 Kali
                                 49,58
                                 67,35
                                 
                              
                                 Kalkerde
                                 5,08
                                 6,90
                                 
                              
                                 Kalkerde, Eisenoxyd, Magnesia, mitPhosphorsäure verbunden
                                 
                                    
                                    
                                 0,63
                                 0,85
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 0,29
                                 0,39
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 1,53
                                 2,09
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 1,07
                                 1,45
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 26,39
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 160,00
                                 100,00
                                 
                              
                           In 100 Theilen Melasse sind daher enthalten an mineralischen Substanzen:
                           
                              
                                 Chlornatrium
                                 1,51
                                 Proc
                                 
                              
                                 Natron
                                 0,30
                                 —
                                 
                              
                                 Kali
                                 5,82
                                 —
                                 
                              
                                 Kalkerde
                                 0,59
                                 —
                                 
                              
                                 Kalkerde, Eisenoxyd, Magnesia mit Phosphorsäure verbunden
                                 
                                    
                                    
                                 0,07
                                 —
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 0,03
                                 —
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 0,18
                                 —
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 0,13
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 8,63
                                 —
                                 
                              
                           B. Quantitative
                                 										Bestimmung des Zuckers.Siehe die spätere Anmerkung.
                           Es war nach der Kupferprobe nur Rohrzucker vorhanden. In drei verschiedenen
                              									Bestimmungen wurde nach der Methode von Fehling
                              									erhalten:
                           
                              
                                 1
                                 33,8
                                 Proc.
                                 Rohrzucker
                                 
                              
                                 2)
                                 34,8
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 3)
                                 35,2
                                 —
                                 —
                                 
                              
                           Es ergibt sich als Mittel 34,6 Proc. Rohrzucker.
                           Bei einem Versuch in der hiesigen Brennerei die Melasse zur Spiritusfabrication zu
                              									benutzen, ergab sich ein diesem Zuckergehalt zwar entsprechender Spiritusertrag,
                              									doch hatte er als Product einen, wenn auch nur in geringem Grade von dem
                              									Kartoffelspiritus verschiedenen Geruch, welcher durch längeres Lagern sich wohl
                              									vermindern möchte.
                           
                           C. Quantitative
                                 										Bestimmung des Stickstoffs der organischen Substanz sowie des Gehaltes an
                                 										Ammoniak.
                           1. Zur Bestimmung des in der Melasse enthaltenen Ammoniaks wurde die Substanz mit
                              									wenig Wasser verdünnt und mit Weingeist und etwas Salzsäure versetzt. Der in der
                              									filtrirten Flüssigkeit durch Platinlösung erhaltene Niederschlag, welcher das Kali
                              									und Ammoniak enthielt, wurde gewogen und hierauf in beiden Fällen vorsichtig
                              									geglüht; der Rückstand sodann in Königswasser gelöst und im Wasserbade mit
                              									Platinchlorid zur Trockne verdampft, hierauf das erhaltene Kaliumplatinchlorid
                              									gewogen. Die Differenz zwischen der ersten und der zweiten Wägung gab den Gehalt an
                              									Ammoniumplatinchlorid.
                           1) Gramm Melasse gab 0,318 Gram. Platinsalze und hierin 0,298
                              									Gram. Chlorplatinkalium; es bleibt für Chlorplatinammonium 0,020 Gram.
                           2) Gramm Melasse gab 0,319 Gram. Platinsalze und hierin 0,300
                              									Gram. Chlorplatinkalium; es bleibt für Chlorplatinammonium daher 0,019 Gram.
                           In letzterer Bestimmung ist der Kaligehalt sehr nahe gleich (5,78 Proc.) dem in der
                              									Analyse gefundenen, und nehmen wir diese Bestimmung als maaßgebend, so entsprechen
                              									0,019 Gram. Chlorplatinammonium 0,144 Proc. Ammoniak der Melasse, welche 0,118 Gram.
                              									Stickstoff enthalten.
                           2. Der Stickstoffgehalt der organischen Substanz konnte nun durch Verbrennung mit
                              									Natronkalk ermittelt werden.
                           0,376 Gram. bei 110°C. getrockneter Substanz gaben 0,124 Gram. Platinsalmiak
                              									und 0,054 Gram. Platin. Hiernach betrug der sämmtliche Stickstoffgehalt überhaupt
                              									1,774 Proc. für 100 Theile der lufttrockenen Melasse. Nach Abzug der in dem Ammoniak
                              									der Melasse enthaltenen 0,118 Gram. Stickstoff bleibt
                           1,656 Proc.
                           als Stickstoffgehalt der organischen Substanz.
                           Die Melasse enthält mithin:
                           
                              
                                 Rohrzucker
                                 34,60
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Zersetzungsproducte des Zuckers etc. Stickstoffhaltige organische Substanz
                                    											(von 1,656 Stickstoffgehalt für 100 Theile lufttrockne Melasse)
                                 42,63
                                 —
                                 
                              
                                 Mineralische Substanz incl. Ammoniak
                                 8,77
                                 —
                                 
                              
                                 Wasser
                                 14,00
                                 —
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 Proc.
                                 
                              
                           
                           In dem zugleich mit Melasse verfutterten lufttrockenen Heu waren im Mittel 13,9 Proc.
                              									Wasser und 6,02 Proc. mineralische Substanzen (nach Abzug von 0,48 Kohlensäure der
                              									Asche) enthalten. Die Verbrennung mit Natronkalk ergab einen Stickstoffgehalt im
                              									lufttrockenen Heu von 1,25 Proc. Bei fast demselben Wassergehalt enthält die Melasse
                              									eine größere Menge stickstoffhaltiger Substanz, eine größere Menge sämmtlich in
                              									Wasser löslicher Salze und Zucker in erheblicher Menge, sämmtliche Substanzen aber in einer leicht assimilirbaren Form. Aus dem
                              									Stickstoffgehalt allein verglichen mit dem des Heues würde sich kein Futterwerth
                              									berechnen lassen, welcher mit dem wirklichen Effect übereinstimmt, die leichtere
                              									Verdaulichkeit der in der Melasse enthaltenen Substanzen gibt unter den angeführten
                              									Verhältnissen diesem Futtermittel jedenfalls einen relativ höheren Werth.
                           Proskau, im Januar 1851.
                           Anmerkung. Der bedeutende Rohrzuckergehalt zeigt sich als
                              									solcher ebenfalls, wenn die Melasse mit heißem starkem Alkohol behandelt wird. Nach
                              									Verdunsten der alkoholischen Auflösung bleibt ein süß-salzig schmeckender
                              									alkalischer Rückstand, welcher Zucker, Chlor, Alkalien und Kalk enthält, und durch
                              									diese Salze an der deutlichen Krystallisation gehindert ist. Der gelblich gefärbte
                              									Rückstand in Wasser gelöst, dreht die Polarisationsebene rechts. Die Auflösung zeigt
                              									gegen Kalk, sowie Bleisalze das Verhalten der Rohrzuckerlösungen. Die Melasse selbst
                              									mit überschüssigem Kalk geschüttelt, gibt nach Filtration und Erhitzen der Lösung
                              									die Ausscheidung von Zuckerkalk. Eine Auflösung der Melasse mit neutralem
                              									essigsaurem Bleioxyd versetzt, gibt einen starken dunkelfarbigen Niederschlag,
                              									welcher die organischen Säuren enthält, an welche die große Menge des Kali's der
                              									Asche wohl gebunden ist, auch Apoglucinsäure, welche einen großen Antheil an der
                              									dunklen Färbung der Masse hat. Näheres hierüber behalte ich mir vor später
                              									mitzutheilen. Basisch essigsaures Bleioxyd fällt den Zucker.