| Titel: | Neues Verfahren zur Photographie auf Papier; von H. Bayard. | 
| Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. LXI., S. 290 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        LXI.
                        Neues Verfahren zur Photographie auf Papier; von
                           									H.
                              								Bayard.
                        Aus den Comptes rendus, April 1851, Nr.
                              								15.
                        Bayard's Verfahren zur Photographie auf Papier.
                        
                     
                        
                           Man ist jetzt dahin gelangt, Lichtbilder auf Papier darzustellen, deren Kraft und
                              									Harmonie der Töne, in Verbindung mit der unbestreitbaren Genauigkeit der Zeichnung,
                              									ihnen eine auffallende Ueberlegenheit gegen die Erzeugnisse der Kupferstecherkunst
                              									und Lithographie ertheilen. Die Photographie auf Papier kann aber nur dann mit
                              									Vortheil gegen die zwei letzteren Künste ankämpfen, wenn sie durch leichte
                              									Copirmethoden der negativen Bilder dahin gebracht wird, an und für sich einen
                              									wahrhaft industriellen und commerciellen Productionszweig zu bilden.
                           Nach diesem Ziel sind auch gegenwärtig alle Anstrengungen der Photographen gerichtet;
                              									hierzu war aber ein großes Hinderniß zu besiegen, nämlich die Unmöglichkeit, worin
                              									man sich bisher befand, nach Belieben, bei jeder Witterung und schnell, eine
                              									positive Copie der auf Glas oder auf Papier erzeugten negativen Bilder zu
                              									erhalten.
                           Das in dieser Hinsicht zu lösende Problem schien mir folgendes zu seyn: das positive Papier für ein verhältnißmäßig sehr schwaches
                                 										Licht sehr empfindlich zu machen. Diesen Zweck glaube ich durch das nun zu
                              									beschreibende Verfahren erreicht zu haben. Die Zubereitung welche ich dem positiven
                              									Papier ertheile, ist von solcher Empfindlichkeit, daß man jetzt die Copie der
                              									negativen Bilder in einer Secunde an der Sonne, und in weniger als einer Stunde am
                              									Licht einer Carcel'schen Uhrlampe bewerkstelligen kann.
                              									Zwischen diesen zwei Gränzen liegt ein solcher Raum, daß es natürlich leicht seyn
                              									muß, zu allen Jahreszeiten, bei jeder Witterung, zu allen Tagesstunden, sowohl im
                              									Freien als in einem Zimmer, und nöthigenfalls sogar bei künstlicher Beleuchtung, die
                              									Operation vorzunehmen.
                           Mein für Darstellung positiver Copien zubereitetes Papier dient aber auch um negative
                              									Bilder in der camera obscura zu erzeugen, und da es trocken angewandt werden muß, so sind die Photographen
                              									der mit der Anwendung nassen Papiers verbundenen Uebelstände in Zukunft
                              									überhoben.
                           
                           Mein Verfahren ist folgendes:
                           Erste Zubereitung. — Man löst in einem Kilogr.
                              									destillirten Wassers auf:
                           1) sieben Gramme Jodkalium;
                           2) zwei Gramme Bromkalium;
                           3) zwei Gramme Salmiak;
                           4) einen Gramm Cyankalium.
                           Man taucht das Papier in diese Auflösung, Blatt für Blatt, so daß keine Luftblasen
                              									eingeschlossen werden; man läßt es wenigstens eine Viertelstunde darin weichen, und
                              									hängt es dann zum Trocknen auf. Es ist besser diese Zubereitung in der Wärme zu
                              									machen, wenn man Maschinenpapier anwendet; dasselbe tränkt sich dann gleichförmiger
                              									und tiefer; die Operation gelingt noch besser, schon in der Kälte, und mit jeder
                              									Papiersorte, wenn man nach Regnault's Vorschlag die
                              									Luftpumpe anwendet. Nachdem das Papier recht trocken ist, legt man es in eine Mappe,
                              									um sich desselben nach Bedarf zu bedienen.
                           Man kann die Verhältnisse der Salze mannichfach abändern und auch andere Salze
                              									anwenden, wenn nur das Jodkalium immer vorherrschend ist. Man kann sogar, besonders
                              									wenn man englisches Watmann-Papier anwendet, diese Zubereitung unterlassen
                              									und das Papier unmittelbar den Dämpfen der Salzsäure (auf nun zu beschreibende
                              									Weise) aussetzen; in diesem Fall ist aber das Papier für das Licht etwas weniger
                              									empfindlich.
                           Zweite Zubereitung. — Man versetzt 200 Gramme
                              									reiner Salzsäure mit 10 bis 12 Grammen Jod, und zwölf Stunden später, wenn man
                              									unterdessen die Flasche häufig geschüttelt hat um die Sättigung der Säure mit Jod zu
                              									befördern, gibt man 75 Gramme destillirtes Wasser zu. Nachdem die Flüssigkeit
                              									erkaltet ist, gießt man davon in eine Schale von Glas oder Porzellan, mit eben
                              									geschliffenen 2 Zoll hohen Rändern, soviel daß deren Boden von ihr bedeckt wird; man
                              									deckt die Schale mit einer matten Glastafel zu, welche größer als ihre Mündung ist,
                              									damit sich die Dämpfe nicht außerhalb verbreiten; dann nimmt man ein Blatt jodirtes
                              									Papier, welches auch größer als die Schale seyn muß, damit es leicht auf deren
                              									Rändern aufliegt, und schiebt es unter das Glas, welches man auf einer Seite aufhebt
                              									und dann gleich wieder an seine Stelle bringt. Das Papier bleibt vier bis fünf
                              									Minuten lang den sauren Dämpfen ausgesetzt, je nach seiner Dicke und der Temperatur
                              									der Atmosphäre; man hebt dann das  Glas ab, und nimmt das Papier weg; letzteres schwenkt man
                              									ein wenig in der Luft, um die überschüssigen Dämpfe zu zerstreuen, und legt es nun
                              									auf ein Bad von salpetersaurer Silberlösung (1 Th. salpetersaures Silber auf 12
                              									Theile destillirtes Wasser). Nachdem es fünf bis sechs Minuten auf dem Bad verweilt
                              									hat, und sobald die Färbung welche sich auf dem Papier zeigte, gänzlich verschwunden
                              									ist, nimmt man es weg und läßt es trocknen, indem man es an einem Eck aufhängt.
                           Das Papier muß vollkommen trocken seyn, bevor man es dem Licht aussetzt. Es behält
                              									seine Empfindlichkeit mehrere Tage lang. Dem Focus des Normalobjectivs von Daguerre ausgesetzt, gibt es ein negatives Bild in vier
                              									bis fünf Minuten an der Sonne. Mit einem angedrückten ähnlich präparirten Papier,
                              									wie oben angegeben wurde, erhält man positive Bilder in einer Secunde an der Sonne,
                              									und am Licht einer Carcel'schen Lampe in einer Stunde,
                              									wenn die negativen Bilder in gehörigem Zustande sind.
                           Man macht die Bilder durch Gallussäure nach der gewöhnlichen Methode sichtbar, und
                              									fixirt durch unterschwefligsaures Natron, nachdem man sie mehrmals mit Wasser
                              									gewaschen hat.