| Titel: | Ueber die Wirkung chemischer Agentien auf das schwefligsaure Blei, in Bezug auf Scoffern's Verfahren den Rohzucker zu raffiniren; von Professor Redwood. | 
| Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. LXVII., S. 308 | 
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                        LXVII.
                        Ueber die Wirkung chemischer Agentien auf das
                           								schwefligsaure Blei, in Bezug auf Scoffern's Verfahren den Rohzucker zu raffiniren; von Professor
                           									Redwood.
                        Aus der Chemical Gazette, 1850, Nr.
                              								194.
                        Redwood, über die Wirkung chemischer Agentien auf das
                           								schwefligsaure Blei.
                        
                     
                        
                           Professor Redwood stellte Versuche an, um zu ermitteln in
                              									welchem Grade das schwefligsaure Blei durch gewisse Agentien zersetzt und auflöslich
                              									gemacht werden kann, mit welchen es zusammentrifft wenn man es täglich mit der
                              									Nahrung (Zucker) einnimmt. Bekanntlich ließ sich Dr. Scoffern ein Verfahren patentiren, um die Unreinigkeiten
                              									in Zuckerlösungen durch basisch-essigsaures Blei niederzuschlagen und dann
                              									jeden Blei-Ueberschuß durch einen Strom schwefligsauren Gases aus der Lösung
                              									zu entfernen.Polytechn. Journal Bd. CXVII S. 269. Das aufgelöst
                              									gebliebene Blei wird dabei in schwefligsaures Blei verwandelt, welches so
                              									unauflöslich ist, daß auf diese Weise jede Spur von Blei abgeschieden wird. Dennoch
                              									trugen viele Zuckerfabrikanten Bedenken, eine so schädliche Substanz wie Bleiessig
                              									anzuwenden, weil durch Unvorsichtigkeit, durch Unvollkommenheit der Apparate oder
                              									des Verfahrens selbst, die Gesundheit der Zuckerconsumenten gefährdet werden könnte.
                              									In dem so raffinirten Zucker selbst wurden bei den in Auftrag der Behörden
                              									angestellten Versuchen höchst kleine, in der Melasse größere Mengen von Blei
                              									gefunden; die Gerichtsärzte sprachen sich in ihrem Gutachten dahin aus, daß der
                              									tägliche Genuß des eine solche Menge Bleies enthaltenden Zuckers schädlich sey. Es
                              									ließen sich aber auch entgegengesetzte Ansichten vernehmen. Dr. GregoryPolytechn. Journal Bd. CXVIII S. 219. stellte
                              									einige Versuche mit Thieren an, welchen er schwefligsaures Blei beibrachte, und  kam, in
                              									Uebereinstimmung mit Prof. Brande, zu dem Schluß, daß
                              									dasselbe vollkommen unschädlich sey und so harmlos wie eine
                                 										gleiche Menge Kreide. „Dieß beruht, sagt er, auf der
                                 										außerordentlichen Unauflöslichkeit und sehr stabilen Natur jenes Bleisalzes,
                                 										eine Folge der starken Verwandtschaft der schwefligen Säure zum Bleioxyd; es
                                 										kann sich deßwegen kein kohlensaures Blei (Bleiweiß) bilden, welches eigentlich
                                 										die giftige Bleiverbindung ist.“ Diese und ähnliche Behauptungen
                              									veranlaßten folgende Versuche, bei welchen es sich darum handelte zu entscheiden,
                              									nicht nur ob das schwefligsaure Blei dem destillirten Wasser gegenüber unauflöslich
                              									ist, was für die vorliegende Frage von sehr geringer Bedeutung wäre, sondern ob die
                              									chemischen Agentien, welchen es im Magen begegnen kann, eben so geringe Einwirkung
                              									darauf haben.
                           1. Wirkung von Wasser und Essigsäure auf das schwefligsaure
                                 										Blei. — Das schwefligsaure Blei wurde bereitet, indem man
                              									schwefligsaures Gas durch eine Auflösung von essigsaurem Blei strömen ließ. Alles
                              									Blei war niedergeschlagen und es konnte keine Spur davon in der Flüssigkeit entdeckt
                              									werden, selbst nachdem sie mehrere Tage mit dem Niederschlag in Berührung geblieben
                              									war.
                           2. Wirkung der Salzsäure auf das schwefligsaure Blei.
                              									— Mit Salzsäure angesäuertes Wasser zersetzt das schwefligsaure Blei rasch;
                              									nachdem die Flüssigkeit eine Zeit lang gestanden hat, gibt sie auf Zusatz von
                              									kohlensaurem Natron einen Niederschlag von kohlensaurem Blei und mit
                              									Schwefel-Ammonium einen reichlichen schwarzen Niederschlag.
                           3. Wirkung des Chlorammoniums und Chlornatriums auf das
                                 										schwefligsaure Blei. — Als man schwefligsaures Blei in einer
                              									Auflösung von Salmiak maceriren ließ, wurde die Flüssigkeit stark bleihaltig, denn
                              									sie gab mit kohlensaurem Natron und Schwefelammonium Niederschläge. Die Einwirkung
                              									des Kochsalzes war eine viel schwächere, indem die Reagentien nur einen geringen
                              									Bleigehalt anzeigten.
                           4. Wirkung der Milchsäure auf das schwefligsaure Blei.
                              									— Beim Maceriren des Bleisalzes in einer schwachen Auflösung dieser Säure
                              									entstand eine Flüssigkeit, welche etwas mehr Blei enthielt als die Kochsalzlösung
                              									aufgenommen hatte.
                           5. Da das schwefligsaure Blei von Salzsäure schnell aufgelöst wird, folgerte ich, daß
                              									freie Salzsäure, einer verdünnten Lösung eines auflöslichen Bleisalzes zugesetzt,
                              									die Fällung des Bleies durch schweflige Säure verhindern würde; was auch wirklich
                              									der Fall war. Eine solche  Lösung, in welcher schweflige Säure keinen Niederschlag hervorbrachte, gab
                              									Niederschläge mit kohlensaurem Natron und Schwefelammonium.
                           6. Wirkung des kohlensauren Natrons auf schwefligsaures
                                 										Blei. — Um zu ermitteln, ob die Verwandtschaft zwischen der
                              									schwefligen Säure und dem Bleioxyd eine so starke ist, daß sie die Bildung
                              									kohlensauren Bleies verhindert, wie Dr. Gregory behauptet, wurden 10 Gr. schwefligsaures Blei
                              									einer Lösung von 20 Gr. kohlensauren Natrons in 4 Unzen destillirten Wassers
                              									zugesetzt. Nach zweibis dreitägigem Stehen ohne Anwendung von Wärme wurde das
                              									unauflösliche Salz auf einem Filter gesammelt und mit verdünnter Essigsäure
                              									behandelt. Die so erhaltene Flüssigkeit gab mit kohlensaurem Natron und
                              									Schwefelammonium reichliche Niederschläge, ein Beweis, daß das schwefligsaure Salz
                              									durch Einwirkung einer schwachen kalten Lösung von kohlensaurem Natron zum Theil in
                              									kohlensaures Salz verwandelt worden war.