| Titel: | Bemerkungen über das Zerspringen gewisser Dampfapparate; vom Bergwerksingenieur Meugy. | 
| Fundstelle: | Band 122, Jahrgang 1851, Nr. II., S. 22 | 
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                        II.
                        Bemerkungen über das Zerspringen gewisser
                           Dampfapparate; vom Bergwerksingenieur Meugy.
                        Aus den Annales des mines, 1851, Bd. XIX S.
                              419.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Meugy, über das Zerspringen gewisser Dampfapparate.
                        
                     
                        
                           Man wendet in der Industrie Apparate von verschiedenartiger Form an, in welchen man
                              den Dampf zur Hervorbringung verschiedener Wirkungen circuliren läßt; wir erwähnen
                              beispielsweise die kupfernen Kessel mit doppeltem Boden, welche in den
                              Zuckerfabriken gebraucht werden, die Trocknen-Cylinder, die sogenannten retours-d'eau zum Speisen der Dampfkessel mit
                              Condensationswasser, die Dampfbehälter etc. Obleich diese Apparate nicht denselben
                              Ursachen der Zerstörung ausgesetzt sind, wie die Kessel auf welche die Flammen und
                              die heißen Gase der Oefen unmittelbar einwirken, so beanspruchen sie dennoch gewisse
                              Vorsichtsmaaßregeln zur Vermeidung von Unfällen; in der That sind die meisten
                              derselben verschlossen oder können nach Belieben von dem Arbeiter, der ihren Betrieb
                              leitet, verschlossen und längere oder kürzere Zeit in Verbindung mit den Kesseln
                              gesetzt werden, welche den Dampf erzeugen; sie müssen daher, je nach den
                              verschiedenen Fällen, wie letztere mit einer Druckpumpe probirt werden oder mit
                              Ventilen versehen seyn, die mit einem bestimmten Gewicht belastet sind; zuweilen ist
                              es auch zweckmäßig, die flachen Böden mit denen sie oft versehen sind, mit Armaturen
                              zu verstärken. Alle diese Maaßregeln haben aber keinen andern Zweck, als diesen Apparaten eine solche
                              Einrichtung zu geben, daß sie einer Spannung widerstehen können, welche derjenigen
                              wofür der Generator gestempelt ist, gleich oder geringer als dieselbe ist; sie
                              würden aber zur Verhinderung von Brüchen nicht hinreichen, wenn die Ursachen
                              derselben nicht gleichförmig und ununterbrochen, sondern augenblicklich wie eine
                              Feder wirkten, die sich plötzlich ausdehnt.
                           In mehreren Fabriken des französischen Nord-Departements, welche mit
                              Dampfmaschinen versehen sind, haben sich ziemlich häufig Unfälle ereignet, die weder
                              einem zu hohen Dampfdruck, noch einem Fehler der Construction zugeschrieben werden
                              können. So vergeht fast kein Jahr, wo die Zuckerfabriken nicht der Schauplatz von
                              Ereignissen dieser Art wären; und daß diese Vorfälle kein Aufsehen erregen, ja oft
                              gänzlich unbekannt bleiben, kommt daher, weil sie keine nachtheiligen Folgen haben
                              und nur leichte Verwundungen veranlassen. Jedoch ist dieß nicht immer der Fall; erst
                              vor wenigen Jahren wurde in einer Papierfabrik des Departements der Seine und Marne
                              durch das Zerspringen eines Trocknen-Cylinders ein Mann getödtet und ein
                              anderer schwer verwundet. Ein ähnlicher Unfall ereignete sich in einer Weberei im
                              Seine-Departement.
                           Die Gewerbtreibenden sind im höchsten Grade dabei interessirt, daß geeignete
                              Maaßregeln gegen diese Unfälle ergriffen werden, welche ihnen überdieß Zeitverlust
                              und Kosten durch die Betriebseinstellung und Reparaturen veranlassen.
                           Ehe wir aber weiter gehen, wollen wir eine kurze Uebersicht von den Dampfapparaten
                              geben, welche – außer den Generatoren – in dem Nord-Departement
                              gebräuchlich sind.
                           1. Die Trocknen-Cylinder (Fig. 13), welche in den
                              Färbereien und Kattundruckereien angewendet werden. Sie sind gewöhnlich aus Kupfer
                              verfertigt und haben gußeiserne Böden. Zuweilen sind sie mit einem kleinen
                              atmosphärischen Ventil versehen, welches sich von außen nach innen öffnet und den
                              Zweck hat Zusammendrückungen des Cylinders zu verhindern, wenn sich eine Luftleere
                              durch die Condensation des Dampfes bildet. Dieser gelangt mittelst einer durch den
                              Boden gehenden Röhre in den Cylinder und entweicht durch eine andere, welche an dem
                              andern Boden angebracht ist. Diese Röhren sind mit Hähnen versehen, welche der
                              Arbeiter zu seiner Verfügung hat und womit das Ein- und das Ausströmen des
                              Dampfes regulirt wird. Es kann daher vorkommen, daß derartige Cylinder Dampf von
                              derselben Spannung wie
                              der Kessel enthalten, wenn man nämlich den Ausströmungs-Hahn verschließt,
                              wenigstens wenn nicht ein Ventil auf dem Wege vom Generator zu dem Cylinder, die
                              Spannung welche in dem Innern des letztern entstehen kann, beschränkt.
                           2. Die Wasser-Vorwärmer (retours-d'eau), Fig. 14, dienen zum
                              Speisen der Generatoren in den Färbereien, Spiritusbrennereien und in vielen andern
                              Gewerbszweigen, wo man keine Triebkraft und doch Kessel mit Dampf von gewisser
                              Spannung hat. Sie dienen ferner zum Sammeln des Wassers, welches von den
                              verdichteten Dämpfen herrührt, die zu irgend einem heizenden Zweck gedient haben,
                              und welches man wieder in den Generator zurückführen will. Die Construction dieser
                              Cylinder ist dieselbe wie diejenige der Dampfkessel; sie stehen mit letztern durch
                              zwei Röhren in Verbindung, von denen die eine von ihrem obern Theile bis zu dem
                              Dampfbehälter führt, während die andere bis zum Boden des Generators reicht und von
                              dem Boden des Vorwärmers ausgeht. Um den Generator zu speisen, braucht man bloß die
                              an den Röhren befindlichen Hähne zu öffnen, und da das in dem Cylinder
                              eingeschlossene Wasser alsdann einen gleichen Druck von dem darüber und darunter
                              befindlichen Dampf erhält, so fließt es durch sein eigenes Gewicht aus. Man ersieht
                              daraus, daß die Vorwärmer zu gewissen Zeiten und nur dann mit den Kesseln in
                              Verbindung gesetzt werden, wenn man letztere speisen will; während der Dauer dieser
                              Operation, mag sie noch so kurz seyn, umschließt der Cylinder Dampf, dessen Spannung
                              gleich derjenigen im Generator ist.
                           3. Die kupfernen Kessel mit doppelten Böden, welche man
                              hauptsächlich in den Runkelrübenzuckerfabriken anwendet, haben die Kessel mit
                              Schlangenröhren ersetzt, die zwar eine größere Heizoberfläche hatten, sich aber nur
                              schwer reinigen ließen. Es gibt zwei Arten dieser Kessel mit doppelten Böden, je
                              nachdem letztere beide nach einer Seite, oder nach entgegengesetzten Seiten gebogen
                              sind. Die erstern welche man Kuppelkessel genannt hat, in
                              Fig. 15
                              a im Durchschnitt dargestellt, sind die gefährlichsten,
                              weil der Dampf auf den convexen Theil ihrer Oberfläche drückt und der Widerstand
                              entweder gänzlich aufhört oder doch sehr vermindert wird, sobald diese Oberfläche
                              die geringste Veränderung erleidet.
                           Die zweite Art, die sogenannten Linsenkessel (Fig. 15
                              b), bei denen beide Böden ihre concaven Flächen der
                              Einwirkung des Dampfs darbieten, haben diese Nachtheile nicht, dennoch findet man
                              die Kuppelkessel noch
                              häufig und man gibt ihnen sogar oft den Vorzug, weil ihr räumlicher Inhalt mit der
                              Heizoberfläche zunimmt, während dieß bei den Linsenkesseln der entgegengesetzte Fall
                              ist.
                           Der untere Boden besteht aus Gußeisen, ist 30 Millim. (13 Linien) stark und mit dem
                              oberen kupfernen Boden durch einen starken eingeschraubten Stehbolzen verbunden. Die
                              Dicke des Kupferblechs ist jetzt weit stärker als es noch vor einigen Jahren der
                              Fall war, weil die Fabrikanten es für zweckmäßig erachteten ihm eine Dicke von 10
                              Millim. (4 1/2 Linien) zu geben. Die doppelten Böden sind mit zwei Röhren verbunden,
                              nämlich einer durch welche der Dampf einströmt, dann einer durch welche er
                              ausströmt, oder durch welche das Wasser abgeführt wird, endlich mit einer dritten
                              kleinen Röhre, die nach außen führt und mit einem kleinen Hahn (Lufthahn) versehen
                              ist. Der Betrieb eines solchen Kessels besteht daher darin, daß man zuvörderst den
                              Lufthahn öffnet, dann denjenigen Hahn durch welchen die Dämpfe einströmen, und
                              zuletzt den Wasser- und hierauf den Lufthahn verschließt.
                           Letzterer hebt die mehr oder minder vollkommene Luftleere auf, welche in dem
                              doppelten Boden im Augenblick des Einströmens von Dampf existiren kann; da nun das
                              Wasser, welches sich nach und nach auf dem doppelten Boden verdichtet, oben und
                              unten einem gleichen Druck ausgesetzt ist, so muß es in den Kessel zurücklaufen. Man
                              sieht, daß derartige Zuckersiedekessel wie die vorhergehenden Apparate Dampf von
                              derselben Spannung enthalten können, welche im Generator stattfindet, und daß sie
                              daher sehr fest eingerichtet seyn müssen, um den höchsten Druck ertragen zu können,
                              auf welchen sie nach der französischen Vorschrift gestempelt sind.
                           Wir wollen jetzt annehmen, daß die fraglichen Apparate während einer gewissen Zeit zu
                              wirken aufhören, und daß man sie von neuem mit dem Generator in Verbindung setzt. In
                              diesem Augenblicke, d.h. beim Beginn des Betriebes, entstehen meistens die Unfälle.
                              Solche Kessel mit doppelten Böden zersprangen zuweilen deßhalb, weil der Arbeiter
                              den Lufthahn zu öffnen vergessen hatte; es ist aber auch schon der Fall gewesen, daß
                              sie einige Augenblicke, nachdem sie in Betrieb gesetzt waren, zersprangen oder die
                              Form verloren, ohne daß irgend eine Fahrlässigkeit begangen worden war.
                           Die Ursache dieser Unfälle ist leicht aufzufinden. Die Dampfhähne werden mittelst
                              Schlüsseln gedreht, welche Hebel bilden; oft sind diese Hähne sehr dicht
                              eingezwängt, damit kein Dampf durch sie entweicht, und der Arbeiter muß daher oft
                              seine ganze Kraft anwenden um sie zu öffnen; sobald aber die Adhäsion überwunden
                              ist, gibt der Hahn plötzlich nach; der Dampf strömt nun mit Gewalt ein und veranlaßt
                              durch eine unmittelbare Zunahme der Spannung in dem Apparat ähnliche Wirkungen wie
                              sie durch einen Stoß erfolgen, und welche nur durch die Reibung des Dampfs an den
                              Röhren vermindert werden können.
                           Diese Wirkungen müssen um so fühlbarer seyn, je mehr der Druck in dem Generator von
                              demjenigen in dem Apparat, in welchem der Dampf circulirt, verschieden ist, und sie
                              würden folglich am stärksten seyn, wenn der Dampf in einen Raum eindringt, in
                              welchem die Condensation Veranlassung zu einer mehr oder weniger vollkommenen
                              Luftleere gegeben hat. Jedenfalls muß ein wahrer Dampfhammer entstehen, wenn man den Hahn, welcher den Generator mit dem zu
                              heizenden Apparat verbindet, plötzlich öffnet; wenn nun auch die durch die
                              plötzliche Spannungsveränderung erzeugte Wirkung nicht unmittelbar einen Bruch oder
                              eine Formveränderung der Oberflächen auf welche der Dampf drückt, hervorbringt, so
                              leidet doch offenbar darunter die Festigkeit des Metalles aus welchem diese Flächen
                              bestehen.
                           Um dieses plötzliche Oeffnen der Hähne zu vermeiden, hat man versucht denselben eine
                              solche Einrichtung zu geben, daß sie nur nach und nach geöffnet werden, wozu man
                              einen gezahnten Quadranten mit einer endlosen Schraube anwandte, welche Einrichtung
                              in Fig. 16
                              abgebildet ist.
                           Auf meinen Rath wurden solche Hähne in einer Zuckerfabrik zu Lille eingeführt und
                              eine zweijährige Erfahrung spricht sehr zu ihren Gunsten. Ich habe es daher für
                              zweckmäßig gehalten, diese einfache Vorrichtung zu veröffentlichen, um andere
                              Fabriken zu ihrer Annahme zu veranlassen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
